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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.

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Neue Romane

Güter gekauft, und das vielleicht in der Hand behalten? Betriebskapital und
neu ciufgenommne Gelder wurden zu Meliorationen, die dem Boden, dem
Klima, der Lage durchaus nicht immer entsprachen, und namentlich zu teuern
Bauten verwendet, die den Gebäudewert in ein arges Mißverhältnis setzten
zu dem Werte von Grund und Boden. Milliarden sind in diesem Güter-
Handel verdient oder vielmehr gewonnen worden, und nicht etwa von dem
Schreckgespenst des "städtischen Kapitals," sondern von den Rittergutsbesitzer
selbst und von den technisch tüchtigsten Landwirte ganz besonders -- freilich
zum schweren Schaden der Landwirtschaft. Die Rittergüter und die Ritterguts¬
besitzer sind ohne Zweifel in wirtschaftlicher und sozialer Beziehung von viel¬
fachem großem Segen in den Ostprovinzen gewesen, und noch größere Auf¬
gaben harren ihrer vielleicht für die Zukunft. Gerade deshalb aber ist auch
ihnen zu wünschen und von ihnen zu verlangen, daß sie die Reinertrage richtig
berechnen und darauf gestützt ehrliche Bilanz ziehen. Das wird freilich in
sehr vielen, vielleicht in den meiste" Fällen nicht abgehen ohne kräftige Ab¬
schreibungen von den eingebildeten Vertausswerteu; Hoppenstedt hat dazu in
feiner Arbeit deu Weg gewiesen. Aber nur wer diesen Weg einschlägt, dem
kann der Staat helfen, dem soll der Staat helfen. Eine Hilfe, die den heute
lebenden Gutsbesitzern diesen Weg ersparte, wäre eine Versündigung an der
d G, B. eutschen Landwirtschaft auf ganze Geschlechter hinaus. -




Neue Romane

ans Arnolds Fünf neue Novellen und Der Umzug und
andre Novellen (Stuttgart, Bonz n. Co., 1896, beide in
dritter Auslage) sind Unterhaltnngslitteratur im bessern Sinne.
Man nimmt sie zur Hand, bringt damit angenehm einige
Stunden hin und hat sie dann gelesen. Sie enthalten nie etwas
störendes oder gar anstößiges, unanständiges. Das alles ist fein vermieden,
und wir schlagen das nicht gering an. Aber dafür geht es bei Arnold auch
'"ehe sehr tief hinunter ans den Grund, der unser Leben bewegt. Manchmal
sind es nur Humoresken: Ein Regentag auf dem Lande oder Der nette Student,
Anücitia. Aber auch wo ernsthafte Lebensbilder gegeben werden, fehlt den Ge¬
stalten oft das Überzeugende wirklicher Menschen, sie scheinen zwischen Wahr¬
heit und Dichtung hiu und her zu schwanken. So ist z. B. die schönste und
Reffte unter diesen Erzählungen: Die junge Frau Doktorin, ein kleines Ka-


Grenzbotm II 1896 22
Neue Romane

Güter gekauft, und das vielleicht in der Hand behalten? Betriebskapital und
neu ciufgenommne Gelder wurden zu Meliorationen, die dem Boden, dem
Klima, der Lage durchaus nicht immer entsprachen, und namentlich zu teuern
Bauten verwendet, die den Gebäudewert in ein arges Mißverhältnis setzten
zu dem Werte von Grund und Boden. Milliarden sind in diesem Güter-
Handel verdient oder vielmehr gewonnen worden, und nicht etwa von dem
Schreckgespenst des „städtischen Kapitals," sondern von den Rittergutsbesitzer
selbst und von den technisch tüchtigsten Landwirte ganz besonders — freilich
zum schweren Schaden der Landwirtschaft. Die Rittergüter und die Ritterguts¬
besitzer sind ohne Zweifel in wirtschaftlicher und sozialer Beziehung von viel¬
fachem großem Segen in den Ostprovinzen gewesen, und noch größere Auf¬
gaben harren ihrer vielleicht für die Zukunft. Gerade deshalb aber ist auch
ihnen zu wünschen und von ihnen zu verlangen, daß sie die Reinertrage richtig
berechnen und darauf gestützt ehrliche Bilanz ziehen. Das wird freilich in
sehr vielen, vielleicht in den meiste» Fällen nicht abgehen ohne kräftige Ab¬
schreibungen von den eingebildeten Vertausswerteu; Hoppenstedt hat dazu in
feiner Arbeit deu Weg gewiesen. Aber nur wer diesen Weg einschlägt, dem
kann der Staat helfen, dem soll der Staat helfen. Eine Hilfe, die den heute
lebenden Gutsbesitzern diesen Weg ersparte, wäre eine Versündigung an der
d G, B. eutschen Landwirtschaft auf ganze Geschlechter hinaus. -




Neue Romane

ans Arnolds Fünf neue Novellen und Der Umzug und
andre Novellen (Stuttgart, Bonz n. Co., 1896, beide in
dritter Auslage) sind Unterhaltnngslitteratur im bessern Sinne.
Man nimmt sie zur Hand, bringt damit angenehm einige
Stunden hin und hat sie dann gelesen. Sie enthalten nie etwas
störendes oder gar anstößiges, unanständiges. Das alles ist fein vermieden,
und wir schlagen das nicht gering an. Aber dafür geht es bei Arnold auch
'"ehe sehr tief hinunter ans den Grund, der unser Leben bewegt. Manchmal
sind es nur Humoresken: Ein Regentag auf dem Lande oder Der nette Student,
Anücitia. Aber auch wo ernsthafte Lebensbilder gegeben werden, fehlt den Ge¬
stalten oft das Überzeugende wirklicher Menschen, sie scheinen zwischen Wahr¬
heit und Dichtung hiu und her zu schwanken. So ist z. B. die schönste und
Reffte unter diesen Erzählungen: Die junge Frau Doktorin, ein kleines Ka-


Grenzbotm II 1896 22
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[0177] Neue Romane Güter gekauft, und das vielleicht in der Hand behalten? Betriebskapital und neu ciufgenommne Gelder wurden zu Meliorationen, die dem Boden, dem Klima, der Lage durchaus nicht immer entsprachen, und namentlich zu teuern Bauten verwendet, die den Gebäudewert in ein arges Mißverhältnis setzten zu dem Werte von Grund und Boden. Milliarden sind in diesem Güter- Handel verdient oder vielmehr gewonnen worden, und nicht etwa von dem Schreckgespenst des „städtischen Kapitals," sondern von den Rittergutsbesitzer selbst und von den technisch tüchtigsten Landwirte ganz besonders — freilich zum schweren Schaden der Landwirtschaft. Die Rittergüter und die Ritterguts¬ besitzer sind ohne Zweifel in wirtschaftlicher und sozialer Beziehung von viel¬ fachem großem Segen in den Ostprovinzen gewesen, und noch größere Auf¬ gaben harren ihrer vielleicht für die Zukunft. Gerade deshalb aber ist auch ihnen zu wünschen und von ihnen zu verlangen, daß sie die Reinertrage richtig berechnen und darauf gestützt ehrliche Bilanz ziehen. Das wird freilich in sehr vielen, vielleicht in den meiste» Fällen nicht abgehen ohne kräftige Ab¬ schreibungen von den eingebildeten Vertausswerteu; Hoppenstedt hat dazu in feiner Arbeit deu Weg gewiesen. Aber nur wer diesen Weg einschlägt, dem kann der Staat helfen, dem soll der Staat helfen. Eine Hilfe, die den heute lebenden Gutsbesitzern diesen Weg ersparte, wäre eine Versündigung an der d G, B. eutschen Landwirtschaft auf ganze Geschlechter hinaus. - Neue Romane ans Arnolds Fünf neue Novellen und Der Umzug und andre Novellen (Stuttgart, Bonz n. Co., 1896, beide in dritter Auslage) sind Unterhaltnngslitteratur im bessern Sinne. Man nimmt sie zur Hand, bringt damit angenehm einige Stunden hin und hat sie dann gelesen. Sie enthalten nie etwas störendes oder gar anstößiges, unanständiges. Das alles ist fein vermieden, und wir schlagen das nicht gering an. Aber dafür geht es bei Arnold auch '"ehe sehr tief hinunter ans den Grund, der unser Leben bewegt. Manchmal sind es nur Humoresken: Ein Regentag auf dem Lande oder Der nette Student, Anücitia. Aber auch wo ernsthafte Lebensbilder gegeben werden, fehlt den Ge¬ stalten oft das Überzeugende wirklicher Menschen, sie scheinen zwischen Wahr¬ heit und Dichtung hiu und her zu schwanken. So ist z. B. die schönste und Reffte unter diesen Erzählungen: Die junge Frau Doktorin, ein kleines Ka- Grenzbotm II 1896 22

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222303/177>, abgerufen am 27.04.2024.