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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.

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Die Vorbildung für den höhern Verwaltungsdienst
in Preußen

n dem neuesten Hefte der Preußischen Jahrbücher ist der Vor¬
bildung für den höhern Verwaltungsdienst in Preußen ein Aufsatz
gewidmet, der nicht bloß angesichts der zur Zeit schwebenden
"Assessorenfrage," sondern auch wegen seines ganzen Inhalts
und Zwecks die ernsthafteste Beachtung verdient. Wenn, wie
der Verfasser versichert, in den maßgebenden preußischen Verwaltungskreisen
die Notwendigkeit eiuer Neuregelung der Vorbildung für den höhern Ver¬
waltungsdienst anerkannt wird und im Ministerium des Innern bereits Be¬
ratungen über diesen Gegenstand stattfinden, so wird die preußische Regierung
gut thun, den vom Verfasser vorgezeichneten Weg in der Hauptsache zu
dem ihrigen zu machen, nicht nur im Interesse des höhern Verwaltungs-,
sondern auch des höhern Justizdienstes. Allerdings sollte man, wenn es der
preußischen Negierung mit der Reform Ernst ist, annehmen, daß sich der Mi¬
nister des Innern und der Justizminister schon jetzt zu gemeinsamem Vorgehen
entschlossen hätten, um, wie der Verfasser verlangt, endlich nicht mehr "bloßes
Flickwerk, sondern ganze Arbeit" zu machen. Leider ist aber nach allgemeiner
Überzeugung in Deutschland der Beruf zu "ganzer Arbeit" zur Zeit nirgends
weniger zu suchen als in Berlin. Nur wenn die öffentliche Meinung dem
verlangen nach der Reform bis zur gemeinsamen Spitze der Regierung hinauf
Gehör und Verständnis verschafft, ist in Berlin auf "ganze Arbeit" zurechnen,
und diese wird dann nur darin bestehen können, daß man, wie es der Ver¬
sasser verlangt, endlich auch in Preußen die besondre Vorbildung für den Ver¬
waltungsdienst aufgiebt.

Etwas ganz neues ist dieses Verlangen auch in Preußen nicht. Schon
un Jahre 1868 legte die preußische Regierung dem Landtag einen Gesetzentwurf


Grenzboten II 1836 37


Die Vorbildung für den höhern Verwaltungsdienst
in Preußen

n dem neuesten Hefte der Preußischen Jahrbücher ist der Vor¬
bildung für den höhern Verwaltungsdienst in Preußen ein Aufsatz
gewidmet, der nicht bloß angesichts der zur Zeit schwebenden
„Assessorenfrage," sondern auch wegen seines ganzen Inhalts
und Zwecks die ernsthafteste Beachtung verdient. Wenn, wie
der Verfasser versichert, in den maßgebenden preußischen Verwaltungskreisen
die Notwendigkeit eiuer Neuregelung der Vorbildung für den höhern Ver¬
waltungsdienst anerkannt wird und im Ministerium des Innern bereits Be¬
ratungen über diesen Gegenstand stattfinden, so wird die preußische Regierung
gut thun, den vom Verfasser vorgezeichneten Weg in der Hauptsache zu
dem ihrigen zu machen, nicht nur im Interesse des höhern Verwaltungs-,
sondern auch des höhern Justizdienstes. Allerdings sollte man, wenn es der
preußischen Negierung mit der Reform Ernst ist, annehmen, daß sich der Mi¬
nister des Innern und der Justizminister schon jetzt zu gemeinsamem Vorgehen
entschlossen hätten, um, wie der Verfasser verlangt, endlich nicht mehr „bloßes
Flickwerk, sondern ganze Arbeit" zu machen. Leider ist aber nach allgemeiner
Überzeugung in Deutschland der Beruf zu „ganzer Arbeit" zur Zeit nirgends
weniger zu suchen als in Berlin. Nur wenn die öffentliche Meinung dem
verlangen nach der Reform bis zur gemeinsamen Spitze der Regierung hinauf
Gehör und Verständnis verschafft, ist in Berlin auf „ganze Arbeit" zurechnen,
und diese wird dann nur darin bestehen können, daß man, wie es der Ver¬
sasser verlangt, endlich auch in Preußen die besondre Vorbildung für den Ver¬
waltungsdienst aufgiebt.

Etwas ganz neues ist dieses Verlangen auch in Preußen nicht. Schon
un Jahre 1868 legte die preußische Regierung dem Landtag einen Gesetzentwurf


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[0297] [Abbildung] Die Vorbildung für den höhern Verwaltungsdienst in Preußen n dem neuesten Hefte der Preußischen Jahrbücher ist der Vor¬ bildung für den höhern Verwaltungsdienst in Preußen ein Aufsatz gewidmet, der nicht bloß angesichts der zur Zeit schwebenden „Assessorenfrage," sondern auch wegen seines ganzen Inhalts und Zwecks die ernsthafteste Beachtung verdient. Wenn, wie der Verfasser versichert, in den maßgebenden preußischen Verwaltungskreisen die Notwendigkeit eiuer Neuregelung der Vorbildung für den höhern Ver¬ waltungsdienst anerkannt wird und im Ministerium des Innern bereits Be¬ ratungen über diesen Gegenstand stattfinden, so wird die preußische Regierung gut thun, den vom Verfasser vorgezeichneten Weg in der Hauptsache zu dem ihrigen zu machen, nicht nur im Interesse des höhern Verwaltungs-, sondern auch des höhern Justizdienstes. Allerdings sollte man, wenn es der preußischen Negierung mit der Reform Ernst ist, annehmen, daß sich der Mi¬ nister des Innern und der Justizminister schon jetzt zu gemeinsamem Vorgehen entschlossen hätten, um, wie der Verfasser verlangt, endlich nicht mehr „bloßes Flickwerk, sondern ganze Arbeit" zu machen. Leider ist aber nach allgemeiner Überzeugung in Deutschland der Beruf zu „ganzer Arbeit" zur Zeit nirgends weniger zu suchen als in Berlin. Nur wenn die öffentliche Meinung dem verlangen nach der Reform bis zur gemeinsamen Spitze der Regierung hinauf Gehör und Verständnis verschafft, ist in Berlin auf „ganze Arbeit" zurechnen, und diese wird dann nur darin bestehen können, daß man, wie es der Ver¬ sasser verlangt, endlich auch in Preußen die besondre Vorbildung für den Ver¬ waltungsdienst aufgiebt. Etwas ganz neues ist dieses Verlangen auch in Preußen nicht. Schon un Jahre 1868 legte die preußische Regierung dem Landtag einen Gesetzentwurf Grenzboten II 1836 37

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222303/297>, abgerufen am 28.04.2024.