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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.

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Lenau und Sophie Schwab
Mit ""gedruckten Briefen Lenaus A. w. Lrnst von

in 21. Juli 1831 schrieb Lenau von der Residenzstadt Badens
aus, wo schon ..eine andre Luft als in Baiern wehe, der Himmel
ein schönres Blau habe, und die Menschen wärmer seien," an
Gustav Schwab in Stuttgart, der damals Redakteur am Morgen¬
blatt war, folgenden Brief:


Euer Wohlgeboren!

Ich nehme mir die Ehre, beiliegende zwei Gedichte mit der Bitte zu über¬
senden, selbe, wenn sie Ihren Beifall finden. in Ihre geschätzte Zeitschrift anf-
"ebenen zu wollen. Das ..an den Schmerz" ist von einem Manne, der ungenannt
^ bleiben wünscht. ^ . ^ ,

"Der Gefangene" mag unter dem Psendonamen Lenau erscheinen; unter
welchem ich bereits mehreres habe drucken lassen. Ist meine Weise so glücklich,
Euer Wohlgeboren den Wunsch zu erregen, mehrere meiner Gedichte durch Ihr
Blatt bekannt zu machen, so wird mir das um so angenehmer sein, als ich ge¬
sonnen bin meine ganze Sammlung nächstens herauszugeben, und ich sür solche
keine ehrendere Ankündigung kenne. als die durch Ihre Zeitschrift. Mit dem Er¬
suchen, mir Ihre Entscheidung durch die Gervldsche Buchhandlung einher zu senden,


bin ich Euer Wohlgeboren ^,
ergebner Diener
N. Niembsch von Strehleuau

Die Antwort Schwabs verzögerte sich, da er bei der Flut der täglich
einlaufenden Briefschaften nicht imstande war, die gesandten Beiträge sofort
sU prüfen. Lenau reiste, des Harrens müde, von Heidelberg, wohin er sich
von Karlsruhe gewandt hatte, nach Stuttgart. Am 9. August, als Schwab
vom Gymnasium nach Hause kam. teilte ihm seine Frau mit. es sei ein sehr
interessant aussehender Ungar dagewesen, der sich nach dem Schicksal seiner
eingesandten Dichtungen habe erkundigen wollen. Das sei gewiß ein rechter
Dichter! Und gerade als Schwab im Begriff war, sich in sein Arbeitszimmer
zu begeben, um das Manuskript zu prüfen, kam Lenau wieder. Mit einigen
entschuldigenden Worten ließ Schwab den Fremden bei seiner Frau und seinem
gerade anwesenden Freunde Gustav Pfizer zurück, kehrte aber nach kurzer Zeit,
Während der er die Gedichte las, mit freudestrahlendem Gesichte zurück und


Grenzboten II I8S6 ^


Lenau und Sophie Schwab
Mit »„gedruckten Briefen Lenaus A. w. Lrnst von

in 21. Juli 1831 schrieb Lenau von der Residenzstadt Badens
aus, wo schon ..eine andre Luft als in Baiern wehe, der Himmel
ein schönres Blau habe, und die Menschen wärmer seien," an
Gustav Schwab in Stuttgart, der damals Redakteur am Morgen¬
blatt war, folgenden Brief:


Euer Wohlgeboren!

Ich nehme mir die Ehre, beiliegende zwei Gedichte mit der Bitte zu über¬
senden, selbe, wenn sie Ihren Beifall finden. in Ihre geschätzte Zeitschrift anf-
"ebenen zu wollen. Das ..an den Schmerz" ist von einem Manne, der ungenannt
^ bleiben wünscht. ^ . ^ ,

„Der Gefangene" mag unter dem Psendonamen Lenau erscheinen; unter
welchem ich bereits mehreres habe drucken lassen. Ist meine Weise so glücklich,
Euer Wohlgeboren den Wunsch zu erregen, mehrere meiner Gedichte durch Ihr
Blatt bekannt zu machen, so wird mir das um so angenehmer sein, als ich ge¬
sonnen bin meine ganze Sammlung nächstens herauszugeben, und ich sür solche
keine ehrendere Ankündigung kenne. als die durch Ihre Zeitschrift. Mit dem Er¬
suchen, mir Ihre Entscheidung durch die Gervldsche Buchhandlung einher zu senden,


bin ich Euer Wohlgeboren ^,
ergebner Diener
N. Niembsch von Strehleuau

Die Antwort Schwabs verzögerte sich, da er bei der Flut der täglich
einlaufenden Briefschaften nicht imstande war, die gesandten Beiträge sofort
sU prüfen. Lenau reiste, des Harrens müde, von Heidelberg, wohin er sich
von Karlsruhe gewandt hatte, nach Stuttgart. Am 9. August, als Schwab
vom Gymnasium nach Hause kam. teilte ihm seine Frau mit. es sei ein sehr
interessant aussehender Ungar dagewesen, der sich nach dem Schicksal seiner
eingesandten Dichtungen habe erkundigen wollen. Das sei gewiß ein rechter
Dichter! Und gerade als Schwab im Begriff war, sich in sein Arbeitszimmer
zu begeben, um das Manuskript zu prüfen, kam Lenau wieder. Mit einigen
entschuldigenden Worten ließ Schwab den Fremden bei seiner Frau und seinem
gerade anwesenden Freunde Gustav Pfizer zurück, kehrte aber nach kurzer Zeit,
Während der er die Gedichte las, mit freudestrahlendem Gesichte zurück und


Grenzboten II I8S6 ^
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[0321] [Abbildung] Lenau und Sophie Schwab Mit »„gedruckten Briefen Lenaus A. w. Lrnst von in 21. Juli 1831 schrieb Lenau von der Residenzstadt Badens aus, wo schon ..eine andre Luft als in Baiern wehe, der Himmel ein schönres Blau habe, und die Menschen wärmer seien," an Gustav Schwab in Stuttgart, der damals Redakteur am Morgen¬ blatt war, folgenden Brief: Euer Wohlgeboren! Ich nehme mir die Ehre, beiliegende zwei Gedichte mit der Bitte zu über¬ senden, selbe, wenn sie Ihren Beifall finden. in Ihre geschätzte Zeitschrift anf- "ebenen zu wollen. Das ..an den Schmerz" ist von einem Manne, der ungenannt ^ bleiben wünscht. ^ . ^ , „Der Gefangene" mag unter dem Psendonamen Lenau erscheinen; unter welchem ich bereits mehreres habe drucken lassen. Ist meine Weise so glücklich, Euer Wohlgeboren den Wunsch zu erregen, mehrere meiner Gedichte durch Ihr Blatt bekannt zu machen, so wird mir das um so angenehmer sein, als ich ge¬ sonnen bin meine ganze Sammlung nächstens herauszugeben, und ich sür solche keine ehrendere Ankündigung kenne. als die durch Ihre Zeitschrift. Mit dem Er¬ suchen, mir Ihre Entscheidung durch die Gervldsche Buchhandlung einher zu senden, bin ich Euer Wohlgeboren ^, ergebner Diener N. Niembsch von Strehleuau Die Antwort Schwabs verzögerte sich, da er bei der Flut der täglich einlaufenden Briefschaften nicht imstande war, die gesandten Beiträge sofort sU prüfen. Lenau reiste, des Harrens müde, von Heidelberg, wohin er sich von Karlsruhe gewandt hatte, nach Stuttgart. Am 9. August, als Schwab vom Gymnasium nach Hause kam. teilte ihm seine Frau mit. es sei ein sehr interessant aussehender Ungar dagewesen, der sich nach dem Schicksal seiner eingesandten Dichtungen habe erkundigen wollen. Das sei gewiß ein rechter Dichter! Und gerade als Schwab im Begriff war, sich in sein Arbeitszimmer zu begeben, um das Manuskript zu prüfen, kam Lenau wieder. Mit einigen entschuldigenden Worten ließ Schwab den Fremden bei seiner Frau und seinem gerade anwesenden Freunde Gustav Pfizer zurück, kehrte aber nach kurzer Zeit, Während der er die Gedichte las, mit freudestrahlendem Gesichte zurück und Grenzboten II I8S6 ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222303/321>, abgerufen am 27.04.2024.