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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.

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Das deutsche Reich und die Kurie

mer der hervorragendsten Räte des Kardinals Richelieu, der
Staatsrat de Silhon, hat in seinem geistvollen Buche: Ils Ma8ers
ü'Dtg.t on 1s voritablö ri8^s c!s ig. potiti^us mockorirs unter
anderm auch die Kunst erörtert, wie man sich über die Ziele und
Anschläge Roms unterrichten und sich vor Überraschungen von
dieser Seite sichern könne. Silhon empfiehlt den Staatsmännern, im Verkehr
nut Rom einen Angriff niemals auf dem Punkte zu erwarten, auf den die
römischen Unternehmungen gerichtet zu sein scheinen, weil die Ratgeber des
Papstes Ruderern zu vergleichen seien, die dem Ziele, dem sie zustreben, den
Rücken kehren.

Wenn schon die Könige von Frankreich, die Erstgebornen der Kirche und
nebenbei Meister in der Kunst der Überlistung im Verkehre mit Mächten, solcher
Gefahr der Täuschung ausgesetzt waren, um wie viel mehr ist das für Deutsch-
and, das Stiefkind Roms, und überdies für eine protestantische Negierung zu
besorgen!

Die Erfahrung lehrt, daß man bei jedem Vorgehen der Kurie zunächst
"ußtrauisch zu erwägen hat, ob die vorgeschützten kirchlichen, Pastoralen oder
urgischeu Zwecke auch wirklich die richtigen seien, oder ob uicht ehrgeizige
ältliche, politische Absichten dahinter stecken, ob nicht die vatikanischen Ruderer
^ er einmal dem Ziele den Rücken kehren. Wenn man kurzweg annimmt,
a>z allen größern und allgemeinern Unternehmungen der Kurie weltliche Zwecke
Mindestens beigemischt sind, so wird man schon deshalb meist das Nichtige
^essen. weil das Reich der Kirche schließlich doch auch "von dieser Welt ist."
le ersten Eindrücke sind meist gut: also muß man ihnen zunächst mißtrauen.

^ ^ Die Kurie hat von jeher ihre Ansprüche der Zeit und den Umständen
gepatzt. Sie mag dabei gedacht haben: II v a als3 aooommoäc!in<We8 g.oso 1s


Grenzboten II 1896 43


Das deutsche Reich und die Kurie

mer der hervorragendsten Räte des Kardinals Richelieu, der
Staatsrat de Silhon, hat in seinem geistvollen Buche: Ils Ma8ers
ü'Dtg.t on 1s voritablö ri8^s c!s ig. potiti^us mockorirs unter
anderm auch die Kunst erörtert, wie man sich über die Ziele und
Anschläge Roms unterrichten und sich vor Überraschungen von
dieser Seite sichern könne. Silhon empfiehlt den Staatsmännern, im Verkehr
nut Rom einen Angriff niemals auf dem Punkte zu erwarten, auf den die
römischen Unternehmungen gerichtet zu sein scheinen, weil die Ratgeber des
Papstes Ruderern zu vergleichen seien, die dem Ziele, dem sie zustreben, den
Rücken kehren.

Wenn schon die Könige von Frankreich, die Erstgebornen der Kirche und
nebenbei Meister in der Kunst der Überlistung im Verkehre mit Mächten, solcher
Gefahr der Täuschung ausgesetzt waren, um wie viel mehr ist das für Deutsch-
and, das Stiefkind Roms, und überdies für eine protestantische Negierung zu
besorgen!

Die Erfahrung lehrt, daß man bei jedem Vorgehen der Kurie zunächst
"ußtrauisch zu erwägen hat, ob die vorgeschützten kirchlichen, Pastoralen oder
urgischeu Zwecke auch wirklich die richtigen seien, oder ob uicht ehrgeizige
ältliche, politische Absichten dahinter stecken, ob nicht die vatikanischen Ruderer
^ er einmal dem Ziele den Rücken kehren. Wenn man kurzweg annimmt,
a>z allen größern und allgemeinern Unternehmungen der Kurie weltliche Zwecke
Mindestens beigemischt sind, so wird man schon deshalb meist das Nichtige
^essen. weil das Reich der Kirche schließlich doch auch „von dieser Welt ist."
le ersten Eindrücke sind meist gut: also muß man ihnen zunächst mißtrauen.

^ ^ Die Kurie hat von jeher ihre Ansprüche der Zeit und den Umständen
gepatzt. Sie mag dabei gedacht haben: II v a als3 aooommoäc!in<We8 g.oso 1s


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[0345] [Abbildung] Das deutsche Reich und die Kurie mer der hervorragendsten Räte des Kardinals Richelieu, der Staatsrat de Silhon, hat in seinem geistvollen Buche: Ils Ma8ers ü'Dtg.t on 1s voritablö ri8^s c!s ig. potiti^us mockorirs unter anderm auch die Kunst erörtert, wie man sich über die Ziele und Anschläge Roms unterrichten und sich vor Überraschungen von dieser Seite sichern könne. Silhon empfiehlt den Staatsmännern, im Verkehr nut Rom einen Angriff niemals auf dem Punkte zu erwarten, auf den die römischen Unternehmungen gerichtet zu sein scheinen, weil die Ratgeber des Papstes Ruderern zu vergleichen seien, die dem Ziele, dem sie zustreben, den Rücken kehren. Wenn schon die Könige von Frankreich, die Erstgebornen der Kirche und nebenbei Meister in der Kunst der Überlistung im Verkehre mit Mächten, solcher Gefahr der Täuschung ausgesetzt waren, um wie viel mehr ist das für Deutsch- and, das Stiefkind Roms, und überdies für eine protestantische Negierung zu besorgen! Die Erfahrung lehrt, daß man bei jedem Vorgehen der Kurie zunächst "ußtrauisch zu erwägen hat, ob die vorgeschützten kirchlichen, Pastoralen oder urgischeu Zwecke auch wirklich die richtigen seien, oder ob uicht ehrgeizige ältliche, politische Absichten dahinter stecken, ob nicht die vatikanischen Ruderer ^ er einmal dem Ziele den Rücken kehren. Wenn man kurzweg annimmt, a>z allen größern und allgemeinern Unternehmungen der Kurie weltliche Zwecke Mindestens beigemischt sind, so wird man schon deshalb meist das Nichtige ^essen. weil das Reich der Kirche schließlich doch auch „von dieser Welt ist." le ersten Eindrücke sind meist gut: also muß man ihnen zunächst mißtrauen. ^ ^ Die Kurie hat von jeher ihre Ansprüche der Zeit und den Umständen gepatzt. Sie mag dabei gedacht haben: II v a als3 aooommoäc!in<We8 g.oso 1s Grenzboten II 1896 43

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222303/345>, abgerufen am 27.04.2024.