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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.

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Der Nachwuchs der ländlichen Arbeiter

Landungsversnch, wie ihn noch Napoleon I. plante, werden nur nicht denken
können. Aber um es zu der Achtung und Höflichkeit im Verkehr mit uns zu
veranlassen, die wir zu beanspruchen haben, würde es genügen, wenn wir an
einem Punkte, wo eine kräftige Machtentfaltung für uns möglich ist, Eng¬
lands Landnachbar würden. Je naher dieser Punkt einer der englischen
Hauptverkehrsstraßen läge, desto empfindlicher würde es für jeden dort aus¬
geübten Druck sein.

Wir glauben, daß es von diesem Gesichtspunkt ans kaum ein Land ans
irgend einem Fleck der Erde giebt, das einer deutschen Besitzergreifung größere
Bordelle böte als Syrien. Es ist ein Land, wo deutsches Blut in Strömen
geflossen ist, und das deutsche Helden und Heldenthaten in Menge gesehen hat.
Wenn die deutsche Fahne wieder ans Aceon wehte, dann würden wir Deutsch¬
land auf dem Wege zu der ihm gebührenden Weltmachtstellung sehen.




Der Nachwuchs der ländlichen Arbeiter

me der am ärgsten vernachlässigten und doch wichtigsten und
lohnendsten sozialen Aufgaben ist die Fürsorge für den Nach¬
wuchs der ländlichen Arbeiter im Osten Deutschlands. Daß die
Aufgabe wichtig ist, leugnet niemand. Die Klagen über die
Nichtsnutzigkeit der jungen Arbeiter auf dem Lande sind ebenso
allgemein und unsrer Erfahrung nach auch ebenso berechtigt wie die Klagen
über den Mangel an Arbeitern und über ihre Abwanderung in die Städte
und zur Industrie. Auch darüber ist mau allgemein im klaren, daß eine
Rückwanderung von Arbeitskräften aus der Stadt und der Industrie nicht zu
erwarten ist und, wenn sie stattfinden sollte, den Interessen der Landwirtschaft
und der ländlichen Bevölkerung wenig entsprechen würde. Und auch daran
zweifelt wohl kaum uoch jemand, der sich die Mühe giebt, über den gemeinen
Nutzen nachzudenken, daß das Heranziehen junger Arbeitskräfte ans entfernten
Landesteilen oder von jenseits der Grenze, sei es zu dauerndem Dienst oder
zu vorübergehender Arbeit, nur ein trauriger, sozial schädlicher Notbehelf ist,
dem so bald als möglich ein Ende zu wünschen wäre. Daß die Fürsorge
für den Nachwuchs der Landarbeiter bisher vernachlässigt worden ist, besonders
im Osten Deutschlands, wird auch kaum bestritten werden. Hat man doch in
den Kreisen der ländlichen Besitzer an eine solche Fürsorge überhaupt längst


Der Nachwuchs der ländlichen Arbeiter

Landungsversnch, wie ihn noch Napoleon I. plante, werden nur nicht denken
können. Aber um es zu der Achtung und Höflichkeit im Verkehr mit uns zu
veranlassen, die wir zu beanspruchen haben, würde es genügen, wenn wir an
einem Punkte, wo eine kräftige Machtentfaltung für uns möglich ist, Eng¬
lands Landnachbar würden. Je naher dieser Punkt einer der englischen
Hauptverkehrsstraßen läge, desto empfindlicher würde es für jeden dort aus¬
geübten Druck sein.

Wir glauben, daß es von diesem Gesichtspunkt ans kaum ein Land ans
irgend einem Fleck der Erde giebt, das einer deutschen Besitzergreifung größere
Bordelle böte als Syrien. Es ist ein Land, wo deutsches Blut in Strömen
geflossen ist, und das deutsche Helden und Heldenthaten in Menge gesehen hat.
Wenn die deutsche Fahne wieder ans Aceon wehte, dann würden wir Deutsch¬
land auf dem Wege zu der ihm gebührenden Weltmachtstellung sehen.




Der Nachwuchs der ländlichen Arbeiter

me der am ärgsten vernachlässigten und doch wichtigsten und
lohnendsten sozialen Aufgaben ist die Fürsorge für den Nach¬
wuchs der ländlichen Arbeiter im Osten Deutschlands. Daß die
Aufgabe wichtig ist, leugnet niemand. Die Klagen über die
Nichtsnutzigkeit der jungen Arbeiter auf dem Lande sind ebenso
allgemein und unsrer Erfahrung nach auch ebenso berechtigt wie die Klagen
über den Mangel an Arbeitern und über ihre Abwanderung in die Städte
und zur Industrie. Auch darüber ist mau allgemein im klaren, daß eine
Rückwanderung von Arbeitskräften aus der Stadt und der Industrie nicht zu
erwarten ist und, wenn sie stattfinden sollte, den Interessen der Landwirtschaft
und der ländlichen Bevölkerung wenig entsprechen würde. Und auch daran
zweifelt wohl kaum uoch jemand, der sich die Mühe giebt, über den gemeinen
Nutzen nachzudenken, daß das Heranziehen junger Arbeitskräfte ans entfernten
Landesteilen oder von jenseits der Grenze, sei es zu dauerndem Dienst oder
zu vorübergehender Arbeit, nur ein trauriger, sozial schädlicher Notbehelf ist,
dem so bald als möglich ein Ende zu wünschen wäre. Daß die Fürsorge
für den Nachwuchs der Landarbeiter bisher vernachlässigt worden ist, besonders
im Osten Deutschlands, wird auch kaum bestritten werden. Hat man doch in
den Kreisen der ländlichen Besitzer an eine solche Fürsorge überhaupt längst


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[0427] Der Nachwuchs der ländlichen Arbeiter Landungsversnch, wie ihn noch Napoleon I. plante, werden nur nicht denken können. Aber um es zu der Achtung und Höflichkeit im Verkehr mit uns zu veranlassen, die wir zu beanspruchen haben, würde es genügen, wenn wir an einem Punkte, wo eine kräftige Machtentfaltung für uns möglich ist, Eng¬ lands Landnachbar würden. Je naher dieser Punkt einer der englischen Hauptverkehrsstraßen läge, desto empfindlicher würde es für jeden dort aus¬ geübten Druck sein. Wir glauben, daß es von diesem Gesichtspunkt ans kaum ein Land ans irgend einem Fleck der Erde giebt, das einer deutschen Besitzergreifung größere Bordelle böte als Syrien. Es ist ein Land, wo deutsches Blut in Strömen geflossen ist, und das deutsche Helden und Heldenthaten in Menge gesehen hat. Wenn die deutsche Fahne wieder ans Aceon wehte, dann würden wir Deutsch¬ land auf dem Wege zu der ihm gebührenden Weltmachtstellung sehen. Der Nachwuchs der ländlichen Arbeiter me der am ärgsten vernachlässigten und doch wichtigsten und lohnendsten sozialen Aufgaben ist die Fürsorge für den Nach¬ wuchs der ländlichen Arbeiter im Osten Deutschlands. Daß die Aufgabe wichtig ist, leugnet niemand. Die Klagen über die Nichtsnutzigkeit der jungen Arbeiter auf dem Lande sind ebenso allgemein und unsrer Erfahrung nach auch ebenso berechtigt wie die Klagen über den Mangel an Arbeitern und über ihre Abwanderung in die Städte und zur Industrie. Auch darüber ist mau allgemein im klaren, daß eine Rückwanderung von Arbeitskräften aus der Stadt und der Industrie nicht zu erwarten ist und, wenn sie stattfinden sollte, den Interessen der Landwirtschaft und der ländlichen Bevölkerung wenig entsprechen würde. Und auch daran zweifelt wohl kaum uoch jemand, der sich die Mühe giebt, über den gemeinen Nutzen nachzudenken, daß das Heranziehen junger Arbeitskräfte ans entfernten Landesteilen oder von jenseits der Grenze, sei es zu dauerndem Dienst oder zu vorübergehender Arbeit, nur ein trauriger, sozial schädlicher Notbehelf ist, dem so bald als möglich ein Ende zu wünschen wäre. Daß die Fürsorge für den Nachwuchs der Landarbeiter bisher vernachlässigt worden ist, besonders im Osten Deutschlands, wird auch kaum bestritten werden. Hat man doch in den Kreisen der ländlichen Besitzer an eine solche Fürsorge überhaupt längst

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/427>, abgerufen am 01.05.2024.