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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.

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Kaiser Wilhelm der siegreiche
Zur hundertjährigen Feier seines Geburtstages

or kurzer Zeit hat Fürst Bismarck einmal über seinen "alten
kaiserlichen Herrn," den er wohl besser kannte, als irgend einer
der Lebenden, geäußert: "Der Große, das trifft vielleicht nicht
ganz zu, aber ein Ritter war er, ein Held!" Ja das war er,
und ein siegreicher Held dazu. Drei Kriege hat er als Monarch
geführt, alle drei hat er mit durchschlagenden Erfolge beendet, und aus alle"
dreien hat er glänzende Eroberungen davongetragen, die seinem Staate den
unentbehrlichen Zusammenhang seines Gebiets gesichert, dem ganzen Deutsch¬
land Verlorne Grenzlande wiedergebracht haben. So erscheint er als der'Fort-
setzer und Vollender des mühevollen Werks der Wiederherstellung deutscher Macht
und Größe, das 1656 vor Warschau begann und 1871 vor Paris endete,
und fürwahr, wenn man die wunderbare Stufenfolge überschaut: der große
Kurfürst, der große König, Kaiser Wilhelm, dann ist es begreiflich, wenn man
gern fortfahren möchte: der große Kaiser.

Denn groß in der That ist das Werk, das sich an diesen Namen knüpft,
und groß ist auch sein persönlicher Anteil daran. Er hat die größten Schlachten
des Jahrhunderts, bei Königgrätz, bei Gravelotte, bei Sedan, persönlich ge¬
leitet und alle drei mit einem entscheidenden, zweifellosen Siege beendet, und
er hat das bezwnngne Paris zu seinen Füßen gesehen; niemals ist er ge¬
schlagen worden. Und das, was solche Siege ermöglichte, die Schöpfung des
neuen preußisch-deutschen Heeres, sie war, wie er immer betont hat, sein "eigenstes
Werk"; er hat sie durchgesetzt in einem langen parlamentarischen Kampfe gegen
die Vertreter seines eignen Volkes, der seiner milden, landesväterlichen Em¬
pfindung ans Herz griff, und es war sein letzter großer Sieg, daß der Reichs¬
tag im Februar 1888 die geforderte Hecresverstnrkung bewilligte. Siegreich


Grenzboten I 1897 M


Kaiser Wilhelm der siegreiche
Zur hundertjährigen Feier seines Geburtstages

or kurzer Zeit hat Fürst Bismarck einmal über seinen „alten
kaiserlichen Herrn," den er wohl besser kannte, als irgend einer
der Lebenden, geäußert: „Der Große, das trifft vielleicht nicht
ganz zu, aber ein Ritter war er, ein Held!" Ja das war er,
und ein siegreicher Held dazu. Drei Kriege hat er als Monarch
geführt, alle drei hat er mit durchschlagenden Erfolge beendet, und aus alle«
dreien hat er glänzende Eroberungen davongetragen, die seinem Staate den
unentbehrlichen Zusammenhang seines Gebiets gesichert, dem ganzen Deutsch¬
land Verlorne Grenzlande wiedergebracht haben. So erscheint er als der'Fort-
setzer und Vollender des mühevollen Werks der Wiederherstellung deutscher Macht
und Größe, das 1656 vor Warschau begann und 1871 vor Paris endete,
und fürwahr, wenn man die wunderbare Stufenfolge überschaut: der große
Kurfürst, der große König, Kaiser Wilhelm, dann ist es begreiflich, wenn man
gern fortfahren möchte: der große Kaiser.

Denn groß in der That ist das Werk, das sich an diesen Namen knüpft,
und groß ist auch sein persönlicher Anteil daran. Er hat die größten Schlachten
des Jahrhunderts, bei Königgrätz, bei Gravelotte, bei Sedan, persönlich ge¬
leitet und alle drei mit einem entscheidenden, zweifellosen Siege beendet, und
er hat das bezwnngne Paris zu seinen Füßen gesehen; niemals ist er ge¬
schlagen worden. Und das, was solche Siege ermöglichte, die Schöpfung des
neuen preußisch-deutschen Heeres, sie war, wie er immer betont hat, sein „eigenstes
Werk"; er hat sie durchgesetzt in einem langen parlamentarischen Kampfe gegen
die Vertreter seines eignen Volkes, der seiner milden, landesväterlichen Em¬
pfindung ans Herz griff, und es war sein letzter großer Sieg, daß der Reichs¬
tag im Februar 1888 die geforderte Hecresverstnrkung bewilligte. Siegreich


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[0521] [Abbildung] Kaiser Wilhelm der siegreiche Zur hundertjährigen Feier seines Geburtstages or kurzer Zeit hat Fürst Bismarck einmal über seinen „alten kaiserlichen Herrn," den er wohl besser kannte, als irgend einer der Lebenden, geäußert: „Der Große, das trifft vielleicht nicht ganz zu, aber ein Ritter war er, ein Held!" Ja das war er, und ein siegreicher Held dazu. Drei Kriege hat er als Monarch geführt, alle drei hat er mit durchschlagenden Erfolge beendet, und aus alle« dreien hat er glänzende Eroberungen davongetragen, die seinem Staate den unentbehrlichen Zusammenhang seines Gebiets gesichert, dem ganzen Deutsch¬ land Verlorne Grenzlande wiedergebracht haben. So erscheint er als der'Fort- setzer und Vollender des mühevollen Werks der Wiederherstellung deutscher Macht und Größe, das 1656 vor Warschau begann und 1871 vor Paris endete, und fürwahr, wenn man die wunderbare Stufenfolge überschaut: der große Kurfürst, der große König, Kaiser Wilhelm, dann ist es begreiflich, wenn man gern fortfahren möchte: der große Kaiser. Denn groß in der That ist das Werk, das sich an diesen Namen knüpft, und groß ist auch sein persönlicher Anteil daran. Er hat die größten Schlachten des Jahrhunderts, bei Königgrätz, bei Gravelotte, bei Sedan, persönlich ge¬ leitet und alle drei mit einem entscheidenden, zweifellosen Siege beendet, und er hat das bezwnngne Paris zu seinen Füßen gesehen; niemals ist er ge¬ schlagen worden. Und das, was solche Siege ermöglichte, die Schöpfung des neuen preußisch-deutschen Heeres, sie war, wie er immer betont hat, sein „eigenstes Werk"; er hat sie durchgesetzt in einem langen parlamentarischen Kampfe gegen die Vertreter seines eignen Volkes, der seiner milden, landesväterlichen Em¬ pfindung ans Herz griff, und es war sein letzter großer Sieg, daß der Reichs¬ tag im Februar 1888 die geforderte Hecresverstnrkung bewilligte. Siegreich Grenzboten I 1897 M

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/521>, abgerufen am 01.05.2024.