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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.

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John Brinckman

waren doch notwendigerweise mit ihren Erzeugnissen bezahlen müssen, eine
Landwirtschaft, die keinem Kleinbauer mehr ein würdiges Dasein ermöglicht
und die großen Besitzer zwingt, auch ihrerseits den deutschen Boden durch
italienische, tschechische, polnische oder russische Feldarbeiter bebauen zu lassen,
sind doch beide keine Ideale. Eine Landwirtschaft aber, die mit Leichtigkeit
alle die Nahrungsmittel und Rohstoffe hervorbrächte, die nur irgend von der
Gesamtheit aller Deutschen aufgegessen und verarbeitet werden könnten, eine
Industrie, die diese Rohstoffe spielend in die Waren verwandelte, die die Ge¬
samtheit aller Deutschen nur irgend zu verbrauchen vermöchte, eine deutsche
Industrie, die an der deutscheu Landwirtschaft, und eine deutsche Landwirtschaft,
die an der deutschen Industrie einen Kunden fände, der alles aufnähme und
bezahlte, was man ihm anbote, die würden wirklich "nationale Arbeit" leisten.

Sie würden aber auch ermöglichen, nicht nur daß jeder Deutsche in seinem,
sondern auch das deutsche Volk frei und stolz im eignen Hause säße. Und
wer wollte es dann daraus verdrängen? Welcher Nachbar wäre thöricht genug
zu solchem Versuch? Es giebt keine Macht, die über dies deutsche Volk hinweg¬
schritte, wenn es an der Grenze seines Reiches stünde, seinen Besitz zu ver¬
teidigen, wenn es die hente noch ungeahnte, hochentwickelte Wissenschaft,
Technik und Kunst des Krieges, wenn es die Wut, die Begeisterung und die
Klingen von Millionen und aber Millionen Freien hinter sich, von seiner
Schwelle aus sagte: Das ist mein Haus!




John Brinckman
Ernst Brandes von(Schluß)

>le solche Geschichten und Persönlichkeiten zu behandeln sind, zeigt
Reuter nicht bloß in seinen Läuschen un Rimels, sondern ganz
besonders an der Figur seines Onkel Herse. Als in der Frcin-
zvsentid Uhrmacher Droi (Droz) infolge seines unsinnigen Umhcr-
kutschirens mit Mamsell Westphalens Betthimmel von den Fran¬
zosen entdeckt und arretirt worden ist, fühlt sich der Ratsherr Herse
bewogen, die Sache in seine Hand zu nehmen. Er kommt in aller Heimlichkeit,
d. h. in voller Natsherrnuniform, und mit der Losung: Sur Swinfleisch! in die
Küche und dirigirt nach manchen bösen Zufällen und nach vielen Erwägungen
die verängstigte Mamsell ganz unnötigerweise in ein Versteck auf dem Rüucher-


John Brinckman

waren doch notwendigerweise mit ihren Erzeugnissen bezahlen müssen, eine
Landwirtschaft, die keinem Kleinbauer mehr ein würdiges Dasein ermöglicht
und die großen Besitzer zwingt, auch ihrerseits den deutschen Boden durch
italienische, tschechische, polnische oder russische Feldarbeiter bebauen zu lassen,
sind doch beide keine Ideale. Eine Landwirtschaft aber, die mit Leichtigkeit
alle die Nahrungsmittel und Rohstoffe hervorbrächte, die nur irgend von der
Gesamtheit aller Deutschen aufgegessen und verarbeitet werden könnten, eine
Industrie, die diese Rohstoffe spielend in die Waren verwandelte, die die Ge¬
samtheit aller Deutschen nur irgend zu verbrauchen vermöchte, eine deutsche
Industrie, die an der deutscheu Landwirtschaft, und eine deutsche Landwirtschaft,
die an der deutschen Industrie einen Kunden fände, der alles aufnähme und
bezahlte, was man ihm anbote, die würden wirklich „nationale Arbeit" leisten.

Sie würden aber auch ermöglichen, nicht nur daß jeder Deutsche in seinem,
sondern auch das deutsche Volk frei und stolz im eignen Hause säße. Und
wer wollte es dann daraus verdrängen? Welcher Nachbar wäre thöricht genug
zu solchem Versuch? Es giebt keine Macht, die über dies deutsche Volk hinweg¬
schritte, wenn es an der Grenze seines Reiches stünde, seinen Besitz zu ver¬
teidigen, wenn es die hente noch ungeahnte, hochentwickelte Wissenschaft,
Technik und Kunst des Krieges, wenn es die Wut, die Begeisterung und die
Klingen von Millionen und aber Millionen Freien hinter sich, von seiner
Schwelle aus sagte: Das ist mein Haus!




John Brinckman
Ernst Brandes von(Schluß)

>le solche Geschichten und Persönlichkeiten zu behandeln sind, zeigt
Reuter nicht bloß in seinen Läuschen un Rimels, sondern ganz
besonders an der Figur seines Onkel Herse. Als in der Frcin-
zvsentid Uhrmacher Droi (Droz) infolge seines unsinnigen Umhcr-
kutschirens mit Mamsell Westphalens Betthimmel von den Fran¬
zosen entdeckt und arretirt worden ist, fühlt sich der Ratsherr Herse
bewogen, die Sache in seine Hand zu nehmen. Er kommt in aller Heimlichkeit,
d. h. in voller Natsherrnuniform, und mit der Losung: Sur Swinfleisch! in die
Küche und dirigirt nach manchen bösen Zufällen und nach vielen Erwägungen
die verängstigte Mamsell ganz unnötigerweise in ein Versteck auf dem Rüucher-


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[0288] John Brinckman waren doch notwendigerweise mit ihren Erzeugnissen bezahlen müssen, eine Landwirtschaft, die keinem Kleinbauer mehr ein würdiges Dasein ermöglicht und die großen Besitzer zwingt, auch ihrerseits den deutschen Boden durch italienische, tschechische, polnische oder russische Feldarbeiter bebauen zu lassen, sind doch beide keine Ideale. Eine Landwirtschaft aber, die mit Leichtigkeit alle die Nahrungsmittel und Rohstoffe hervorbrächte, die nur irgend von der Gesamtheit aller Deutschen aufgegessen und verarbeitet werden könnten, eine Industrie, die diese Rohstoffe spielend in die Waren verwandelte, die die Ge¬ samtheit aller Deutschen nur irgend zu verbrauchen vermöchte, eine deutsche Industrie, die an der deutscheu Landwirtschaft, und eine deutsche Landwirtschaft, die an der deutschen Industrie einen Kunden fände, der alles aufnähme und bezahlte, was man ihm anbote, die würden wirklich „nationale Arbeit" leisten. Sie würden aber auch ermöglichen, nicht nur daß jeder Deutsche in seinem, sondern auch das deutsche Volk frei und stolz im eignen Hause säße. Und wer wollte es dann daraus verdrängen? Welcher Nachbar wäre thöricht genug zu solchem Versuch? Es giebt keine Macht, die über dies deutsche Volk hinweg¬ schritte, wenn es an der Grenze seines Reiches stünde, seinen Besitz zu ver¬ teidigen, wenn es die hente noch ungeahnte, hochentwickelte Wissenschaft, Technik und Kunst des Krieges, wenn es die Wut, die Begeisterung und die Klingen von Millionen und aber Millionen Freien hinter sich, von seiner Schwelle aus sagte: Das ist mein Haus! John Brinckman Ernst Brandes von(Schluß) >le solche Geschichten und Persönlichkeiten zu behandeln sind, zeigt Reuter nicht bloß in seinen Läuschen un Rimels, sondern ganz besonders an der Figur seines Onkel Herse. Als in der Frcin- zvsentid Uhrmacher Droi (Droz) infolge seines unsinnigen Umhcr- kutschirens mit Mamsell Westphalens Betthimmel von den Fran¬ zosen entdeckt und arretirt worden ist, fühlt sich der Ratsherr Herse bewogen, die Sache in seine Hand zu nehmen. Er kommt in aller Heimlichkeit, d. h. in voller Natsherrnuniform, und mit der Losung: Sur Swinfleisch! in die Küche und dirigirt nach manchen bösen Zufällen und nach vielen Erwägungen die verängstigte Mamsell ganz unnötigerweise in ein Versteck auf dem Rüucher-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231/288>, abgerufen am 06.05.2024.