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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.

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Der japanische Farbenholzschnitt

Die oben genannte Sehnsucht der Shcikespearefvrscher hätte übrigens schon
vor drei Lustren befriedigt werden können. Denn das englische Werk, worin
das Brightsche System als gedruckt vorhanden nachgewiesen wurde -- lZarl^
LdortliMÄ LMvnrs von Dr. Westby-Gibson --, ist schon 1882 erschienen. Und
ein deutsches, worin Gibsons Entdeckungen verwertet werden, ist schon seit 1889
vorhanden, es ist die "Allgemeine Geschichte der Stenographie" von Hans
Moser (Leipzig); ein neueres Werk, das denselben Gegenstand behandelt, ist
die "Geschichte und Litteratur der Stenographie" von Karl Faulmann (Wien,
1895). Dem einzelnen Forscher, dessen Arbeitsgebiet materiell so beschränkt
ist wie seine Kraft, ist ein Vorwurf über die verspätete Verwendung von etwas
längst Vorhandnen nicht zu machen; wohl aber hätte man eine frühere Be¬
kanntmachung der Entdeckung von dem Repertorium des Shakespearewissens,
das wir in Deutschland haben, von dem Shakespeare-Jahrbuche erwarten
dürfen.*) Wenn nun Kurt Dewischeit das Versäumte nachgeholt hat, so sind
wir ihm zu umso größerm Danke verpflichtet, als er sich trotz der rühm¬
lichen Kenntnis der Shakespearelitteratur, die er in seiner Schrift zeigt, meines
Wissens bisher nicht als Shakespeareforscher bethätigt hat.




9er japanische Farben Holzschnitt
v Uonrad Lange on (Schluß)

cum also in allen diesen Dingen die europäische Malerei nicht
etwa auf einem andern gleich hohen, sondern auf einem höhern
weil umfassender" und vielseitiger" Standpunkt steht als die
japanische, so wird man sich billig fragen dürfen, worin denn
nun eigentlich das Vorbildliche der japanischen Malerei für die
Gegenwart besteht. Wenn die Japaner infolge ihrer einseitigen
Begabung, infolge des eigentümlichen Kunstsinns der Ostasiaten gewisse Er¬
rungenschaften unsrer modernen europäischen Malerei nicht mitgemacht haben,
in verschiednen Richtungen befangner als diese sind, was kann dann unsre
moderne Malerei überhaupt veranlassen, bei ihnen in die Schule zu gehen?

Ich will bei der Beantwortung dieser Frage zunächst einmal vom Plakat
absehen. Ob und in wie weit unsre Plakatkunst vom japanischen Farbenholz¬
schnitt lernen kaun, mag dahingestellt bleiben. Wir haben in den letzten
Jahren sehr wirksame und künstlerisch vollendete Plakate entstehen sehen, die



Sie ist in dein hoche" erschienenen neuen Jahrbuche erfolA
Grenzboten III 18981<i
Der japanische Farbenholzschnitt

Die oben genannte Sehnsucht der Shcikespearefvrscher hätte übrigens schon
vor drei Lustren befriedigt werden können. Denn das englische Werk, worin
das Brightsche System als gedruckt vorhanden nachgewiesen wurde — lZarl^
LdortliMÄ LMvnrs von Dr. Westby-Gibson —, ist schon 1882 erschienen. Und
ein deutsches, worin Gibsons Entdeckungen verwertet werden, ist schon seit 1889
vorhanden, es ist die „Allgemeine Geschichte der Stenographie" von Hans
Moser (Leipzig); ein neueres Werk, das denselben Gegenstand behandelt, ist
die „Geschichte und Litteratur der Stenographie" von Karl Faulmann (Wien,
1895). Dem einzelnen Forscher, dessen Arbeitsgebiet materiell so beschränkt
ist wie seine Kraft, ist ein Vorwurf über die verspätete Verwendung von etwas
längst Vorhandnen nicht zu machen; wohl aber hätte man eine frühere Be¬
kanntmachung der Entdeckung von dem Repertorium des Shakespearewissens,
das wir in Deutschland haben, von dem Shakespeare-Jahrbuche erwarten
dürfen.*) Wenn nun Kurt Dewischeit das Versäumte nachgeholt hat, so sind
wir ihm zu umso größerm Danke verpflichtet, als er sich trotz der rühm¬
lichen Kenntnis der Shakespearelitteratur, die er in seiner Schrift zeigt, meines
Wissens bisher nicht als Shakespeareforscher bethätigt hat.




9er japanische Farben Holzschnitt
v Uonrad Lange on (Schluß)

cum also in allen diesen Dingen die europäische Malerei nicht
etwa auf einem andern gleich hohen, sondern auf einem höhern
weil umfassender» und vielseitiger» Standpunkt steht als die
japanische, so wird man sich billig fragen dürfen, worin denn
nun eigentlich das Vorbildliche der japanischen Malerei für die
Gegenwart besteht. Wenn die Japaner infolge ihrer einseitigen
Begabung, infolge des eigentümlichen Kunstsinns der Ostasiaten gewisse Er¬
rungenschaften unsrer modernen europäischen Malerei nicht mitgemacht haben,
in verschiednen Richtungen befangner als diese sind, was kann dann unsre
moderne Malerei überhaupt veranlassen, bei ihnen in die Schule zu gehen?

Ich will bei der Beantwortung dieser Frage zunächst einmal vom Plakat
absehen. Ob und in wie weit unsre Plakatkunst vom japanischen Farbenholz¬
schnitt lernen kaun, mag dahingestellt bleiben. Wir haben in den letzten
Jahren sehr wirksame und künstlerisch vollendete Plakate entstehen sehen, die



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[0129] Der japanische Farbenholzschnitt Die oben genannte Sehnsucht der Shcikespearefvrscher hätte übrigens schon vor drei Lustren befriedigt werden können. Denn das englische Werk, worin das Brightsche System als gedruckt vorhanden nachgewiesen wurde — lZarl^ LdortliMÄ LMvnrs von Dr. Westby-Gibson —, ist schon 1882 erschienen. Und ein deutsches, worin Gibsons Entdeckungen verwertet werden, ist schon seit 1889 vorhanden, es ist die „Allgemeine Geschichte der Stenographie" von Hans Moser (Leipzig); ein neueres Werk, das denselben Gegenstand behandelt, ist die „Geschichte und Litteratur der Stenographie" von Karl Faulmann (Wien, 1895). Dem einzelnen Forscher, dessen Arbeitsgebiet materiell so beschränkt ist wie seine Kraft, ist ein Vorwurf über die verspätete Verwendung von etwas längst Vorhandnen nicht zu machen; wohl aber hätte man eine frühere Be¬ kanntmachung der Entdeckung von dem Repertorium des Shakespearewissens, das wir in Deutschland haben, von dem Shakespeare-Jahrbuche erwarten dürfen.*) Wenn nun Kurt Dewischeit das Versäumte nachgeholt hat, so sind wir ihm zu umso größerm Danke verpflichtet, als er sich trotz der rühm¬ lichen Kenntnis der Shakespearelitteratur, die er in seiner Schrift zeigt, meines Wissens bisher nicht als Shakespeareforscher bethätigt hat. 9er japanische Farben Holzschnitt v Uonrad Lange on (Schluß) cum also in allen diesen Dingen die europäische Malerei nicht etwa auf einem andern gleich hohen, sondern auf einem höhern weil umfassender» und vielseitiger» Standpunkt steht als die japanische, so wird man sich billig fragen dürfen, worin denn nun eigentlich das Vorbildliche der japanischen Malerei für die Gegenwart besteht. Wenn die Japaner infolge ihrer einseitigen Begabung, infolge des eigentümlichen Kunstsinns der Ostasiaten gewisse Er¬ rungenschaften unsrer modernen europäischen Malerei nicht mitgemacht haben, in verschiednen Richtungen befangner als diese sind, was kann dann unsre moderne Malerei überhaupt veranlassen, bei ihnen in die Schule zu gehen? Ich will bei der Beantwortung dieser Frage zunächst einmal vom Plakat absehen. Ob und in wie weit unsre Plakatkunst vom japanischen Farbenholz¬ schnitt lernen kaun, mag dahingestellt bleiben. Wir haben in den letzten Jahren sehr wirksame und künstlerisch vollendete Plakate entstehen sehen, die Sie ist in dein hoche» erschienenen neuen Jahrbuche erfolA Grenzboten III 18981<i

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228301/129>, abgerufen am 29.04.2024.