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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.

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Ungedruckte Briefe von Robert Schumann

zur Aufführung einer Oper in Leipzig beschäftigt, in der nächsten Zeit nur
wenig an andres denken kann.

Erlauben Sie mir aber, Ihre Gedichte bei mir zu behalten; bei mehr
Muße, hoffe ich, stellt sich vielleicht zu einem oder dem andern eine Melodie
ein, wo ich dann nicht säumen werde, Sie davon zu benachrichtigen.

Ihrergebener


R. Schumann.

Schumann komponirte am 10. und 11. Mai 1350 den "Abendhimmel" und
das "Herbstlied," denen bald noch sechs Lieder folgten. Am 14. Mai schrieb er:


Geehrter Herr,

Mehrere Ihrer Lieder möchte ich Ihnen zeigen. Ich verschiebe es bis
auf meine Ankunft in Leipzig in etwa 6--7 Tagen. Vielleicht daß mir denn
bald die Freude wird, Sie zu sehen.

Ihrergebener


R. Schumann.

Als er zur Einstudirung seiner Geuoveva nach Leipzig gekommen war, machte
Schöpff ihm am 28. Mai im Hause des Kaufmann Preußer, dessen Gast Schumann
war, einen Besuch. Über den Eindruck, den er von Schumanns Persönlichkeit
empfangen, schrieb mir Herr Pastor Schöpff vor kurzem: "Schumann sprach freund¬
lich, völlig ohne Herablassung, und ich erinnere mich, daß ich stolz nach Hause
ging, was nicht der Fall gewesen sein würde, wenn er stolz oder eitel gewesen
wäre. Von Zeit zu Zeit nahm er, mit mir in den Gängen des Gartens wandelnd,
ein Blatt zwischen die Lippen, sodaß seine Sprache noch etwas gedämpfter und
das Schweigen noch etwas häufiger wurde. Aber seine Worte waren abgewogen."
Eine am 1. Juni von Schumann erhaltne (auf eine Visitenkarte geschriebne) Ein¬
ladung zu einer Abendgesellschaft bei Preußer war Schöpff anzunehmen behindert;
doch suchte er Schumann noch einmal am 4. Juni auf, wo hauptsächlich wieder
die Lieder das Gesprächsthema bildeten. "Genaueres, so schreibt Herr Pastor
Schöpff, ist mir, da ich seit Jahren dazu nicht provozirt wurde, entschwunden.
Bedeutend und liebenswürdig -- so ist der Eindruck mir im Gedächtnis ge¬
blieben." -- Im August 1350 erschiene" sechs der von Schumann komponirter
Lieder als Opus 89 im Druck; sie sind Jenny Lind gewidmet. Die beiden andern
wurden in Opus 96 aufgenommen.


17
An Ferdinand David

^Dresden d. 12. Januar 1850.)


Lieber David,

Durch W. Bargiel habe ich erfahren, daß Du geäußert, Du würdest im
Februar verreisen. Das wäre mir äußerst fatal. Hr. Wirsing hat mich zum
Ist-" Februar nach Lfeipzig) invitirt und es soll dann mit der Oper angefangen
werden.


Ungedruckte Briefe von Robert Schumann

zur Aufführung einer Oper in Leipzig beschäftigt, in der nächsten Zeit nur
wenig an andres denken kann.

Erlauben Sie mir aber, Ihre Gedichte bei mir zu behalten; bei mehr
Muße, hoffe ich, stellt sich vielleicht zu einem oder dem andern eine Melodie
ein, wo ich dann nicht säumen werde, Sie davon zu benachrichtigen.

Ihrergebener


R. Schumann.

Schumann komponirte am 10. und 11. Mai 1350 den „Abendhimmel" und
das „Herbstlied," denen bald noch sechs Lieder folgten. Am 14. Mai schrieb er:


Geehrter Herr,

Mehrere Ihrer Lieder möchte ich Ihnen zeigen. Ich verschiebe es bis
auf meine Ankunft in Leipzig in etwa 6—7 Tagen. Vielleicht daß mir denn
bald die Freude wird, Sie zu sehen.

Ihrergebener


R. Schumann.

Als er zur Einstudirung seiner Geuoveva nach Leipzig gekommen war, machte
Schöpff ihm am 28. Mai im Hause des Kaufmann Preußer, dessen Gast Schumann
war, einen Besuch. Über den Eindruck, den er von Schumanns Persönlichkeit
empfangen, schrieb mir Herr Pastor Schöpff vor kurzem: „Schumann sprach freund¬
lich, völlig ohne Herablassung, und ich erinnere mich, daß ich stolz nach Hause
ging, was nicht der Fall gewesen sein würde, wenn er stolz oder eitel gewesen
wäre. Von Zeit zu Zeit nahm er, mit mir in den Gängen des Gartens wandelnd,
ein Blatt zwischen die Lippen, sodaß seine Sprache noch etwas gedämpfter und
das Schweigen noch etwas häufiger wurde. Aber seine Worte waren abgewogen."
Eine am 1. Juni von Schumann erhaltne (auf eine Visitenkarte geschriebne) Ein¬
ladung zu einer Abendgesellschaft bei Preußer war Schöpff anzunehmen behindert;
doch suchte er Schumann noch einmal am 4. Juni auf, wo hauptsächlich wieder
die Lieder das Gesprächsthema bildeten. „Genaueres, so schreibt Herr Pastor
Schöpff, ist mir, da ich seit Jahren dazu nicht provozirt wurde, entschwunden.
Bedeutend und liebenswürdig — so ist der Eindruck mir im Gedächtnis ge¬
blieben." — Im August 1350 erschiene» sechs der von Schumann komponirter
Lieder als Opus 89 im Druck; sie sind Jenny Lind gewidmet. Die beiden andern
wurden in Opus 96 aufgenommen.


17
An Ferdinand David

^Dresden d. 12. Januar 1850.)


Lieber David,

Durch W. Bargiel habe ich erfahren, daß Du geäußert, Du würdest im
Februar verreisen. Das wäre mir äußerst fatal. Hr. Wirsing hat mich zum
Ist-» Februar nach Lfeipzig) invitirt und es soll dann mit der Oper angefangen
werden.


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[0286] Ungedruckte Briefe von Robert Schumann zur Aufführung einer Oper in Leipzig beschäftigt, in der nächsten Zeit nur wenig an andres denken kann. Erlauben Sie mir aber, Ihre Gedichte bei mir zu behalten; bei mehr Muße, hoffe ich, stellt sich vielleicht zu einem oder dem andern eine Melodie ein, wo ich dann nicht säumen werde, Sie davon zu benachrichtigen. Ihrergebener R. Schumann. Schumann komponirte am 10. und 11. Mai 1350 den „Abendhimmel" und das „Herbstlied," denen bald noch sechs Lieder folgten. Am 14. Mai schrieb er: Geehrter Herr, Mehrere Ihrer Lieder möchte ich Ihnen zeigen. Ich verschiebe es bis auf meine Ankunft in Leipzig in etwa 6—7 Tagen. Vielleicht daß mir denn bald die Freude wird, Sie zu sehen. Ihrergebener R. Schumann. Als er zur Einstudirung seiner Geuoveva nach Leipzig gekommen war, machte Schöpff ihm am 28. Mai im Hause des Kaufmann Preußer, dessen Gast Schumann war, einen Besuch. Über den Eindruck, den er von Schumanns Persönlichkeit empfangen, schrieb mir Herr Pastor Schöpff vor kurzem: „Schumann sprach freund¬ lich, völlig ohne Herablassung, und ich erinnere mich, daß ich stolz nach Hause ging, was nicht der Fall gewesen sein würde, wenn er stolz oder eitel gewesen wäre. Von Zeit zu Zeit nahm er, mit mir in den Gängen des Gartens wandelnd, ein Blatt zwischen die Lippen, sodaß seine Sprache noch etwas gedämpfter und das Schweigen noch etwas häufiger wurde. Aber seine Worte waren abgewogen." Eine am 1. Juni von Schumann erhaltne (auf eine Visitenkarte geschriebne) Ein¬ ladung zu einer Abendgesellschaft bei Preußer war Schöpff anzunehmen behindert; doch suchte er Schumann noch einmal am 4. Juni auf, wo hauptsächlich wieder die Lieder das Gesprächsthema bildeten. „Genaueres, so schreibt Herr Pastor Schöpff, ist mir, da ich seit Jahren dazu nicht provozirt wurde, entschwunden. Bedeutend und liebenswürdig — so ist der Eindruck mir im Gedächtnis ge¬ blieben." — Im August 1350 erschiene» sechs der von Schumann komponirter Lieder als Opus 89 im Druck; sie sind Jenny Lind gewidmet. Die beiden andern wurden in Opus 96 aufgenommen. 17 An Ferdinand David ^Dresden d. 12. Januar 1850.) Lieber David, Durch W. Bargiel habe ich erfahren, daß Du geäußert, Du würdest im Februar verreisen. Das wäre mir äußerst fatal. Hr. Wirsing hat mich zum Ist-» Februar nach Lfeipzig) invitirt und es soll dann mit der Oper angefangen werden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228301/286>, abgerufen am 29.04.2024.