Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

alten Weg zurückgewinnend, schwankend jetzt von der Gewalt des Kampfes zwischen
Wetterkraft und Menschenwillen, glatt vorwärts während der kurzen Frist, da der
Sturm Atem schöpfte zu neuem Stoß, so näherten sie sich ihrem Ausgangspunkt.

Da hätten wirs ja, sagte der Offizier und ließ das Glas sinken, sie setzen
es durch. Noch zwei Minuten, und wir haben sie unten. Achtung, Leute! greift
zu, wenn sie landen.

(Fortsetzung folgt)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Der Arbeitsnachweis und die Landarbeiterfrage.

Am 27. September
vorigen Jahres hat der Verband Deutscher Arbeitsnachweise in München seine erste
Versammlung abgehalten. Ans der Eröffnungsrede des Dr. stir. Freund aus Berlin
führen wir nur an, daß der Anspruch mancher Unternehmerverbände, den Arbeits¬
nachweis ohne Mitwirkung der Arbeiter und unparteiischer Behörden leiten und
beherrschen zu dürfen, mit dem Grundsätze der Unparteilichkeit unvereinbar sei, zu
dem sich der Verband bekenne. Zwei Punkte der Tagesordnung: Arbeitsnachweis¬
statistik und Gebührenfreiheit des Arbeitsnachweises, lassen wir als reine Fachan¬
gelegenheiten beiseite. Dagegen beansprucht der Gegenstand, der an erster Stelle
behandelt wurde, das allgemeine Interesse. Es wurde da die Frage beantwortet:
Wie können die Arbeitsnachweise dazu beitragen, der Landwirtschaft Arbeitskräfte
zu erhalten und zuzuführen? Der erste Referent, Rat Dr. Naumann aus Ham¬
burg, legte dar, wie die Arbeitsnachweise gerade durch die städtischen Verhältnisse
dazu gekommen seien, das Land in ihre Thätigkeit hineinzuziehen. Der Arbeits¬
nachweis könne natürlich keine neue Arbeit schaffen, sondern nnr Angebot und Nach¬
frage zusammenbringen. Man habe das zunächst dadurch versucht, daß mehrere
Städte mit einander in Verbindung getreten seien. Das habe hie und da etwas,
im ganzen aber wenig geholfen, denn in einem und demselben Gewerbe bestünden
meistens an verschiednen Orten dieselben Konjunkturen. Da sei es denn natürlich,
daß man ans Land gedacht habe, wo jetzt ständiger Arbeitermangel herrsche. Die
Arbeitsverfassung auf dem Lande werde durch drei Wanderzüge über den Haufen
geworfen. Der erste, die Snchsengängerei, sei von den Landwirten der Nübeu-
gegeuden hervorgerufen worden, und man könnte demnach sagen, die Landwirte des
Ostens möchten selbst und allein die Sache mit denen des Westens ausmachen,
wenn nur nicht dadurch die Arbeiterbevölkerung überhaupt in Bewegung geraten
wäre. Die Arbeiterschaft des Ostens habe mit der des Westens Fühlung gewonnen,
und so füllten sich jetzt auch die westlichen Judustriebezirke mit polnischen Arbeitern
aus dem Osten. Und ein großer Teil der in Bewegung geratnen Arbeitermassen
Ströme den Städten zu. Mit dieser dritten Bewegung habe es um der städtische
Arbeitsnachweis zu thun. Welche Beweggründe mich für die Landflucht der Ar¬
beiter angegeben werden möchten, die Hauptsache bleibe doch, daß die Industrie im
allgemeinen höhere Löhne zu zahlen in der Lage sei. Dagegen lasse sich nichts
thun, und man würde der Bewegung ihren Lauf lassen müssen, wenn die Industrie


alten Weg zurückgewinnend, schwankend jetzt von der Gewalt des Kampfes zwischen
Wetterkraft und Menschenwillen, glatt vorwärts während der kurzen Frist, da der
Sturm Atem schöpfte zu neuem Stoß, so näherten sie sich ihrem Ausgangspunkt.

Da hätten wirs ja, sagte der Offizier und ließ das Glas sinken, sie setzen
es durch. Noch zwei Minuten, und wir haben sie unten. Achtung, Leute! greift
zu, wenn sie landen.

(Fortsetzung folgt)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Der Arbeitsnachweis und die Landarbeiterfrage.

Am 27. September
vorigen Jahres hat der Verband Deutscher Arbeitsnachweise in München seine erste
Versammlung abgehalten. Ans der Eröffnungsrede des Dr. stir. Freund aus Berlin
führen wir nur an, daß der Anspruch mancher Unternehmerverbände, den Arbeits¬
nachweis ohne Mitwirkung der Arbeiter und unparteiischer Behörden leiten und
beherrschen zu dürfen, mit dem Grundsätze der Unparteilichkeit unvereinbar sei, zu
dem sich der Verband bekenne. Zwei Punkte der Tagesordnung: Arbeitsnachweis¬
statistik und Gebührenfreiheit des Arbeitsnachweises, lassen wir als reine Fachan¬
gelegenheiten beiseite. Dagegen beansprucht der Gegenstand, der an erster Stelle
behandelt wurde, das allgemeine Interesse. Es wurde da die Frage beantwortet:
Wie können die Arbeitsnachweise dazu beitragen, der Landwirtschaft Arbeitskräfte
zu erhalten und zuzuführen? Der erste Referent, Rat Dr. Naumann aus Ham¬
burg, legte dar, wie die Arbeitsnachweise gerade durch die städtischen Verhältnisse
dazu gekommen seien, das Land in ihre Thätigkeit hineinzuziehen. Der Arbeits¬
nachweis könne natürlich keine neue Arbeit schaffen, sondern nnr Angebot und Nach¬
frage zusammenbringen. Man habe das zunächst dadurch versucht, daß mehrere
Städte mit einander in Verbindung getreten seien. Das habe hie und da etwas,
im ganzen aber wenig geholfen, denn in einem und demselben Gewerbe bestünden
meistens an verschiednen Orten dieselben Konjunkturen. Da sei es denn natürlich,
daß man ans Land gedacht habe, wo jetzt ständiger Arbeitermangel herrsche. Die
Arbeitsverfassung auf dem Lande werde durch drei Wanderzüge über den Haufen
geworfen. Der erste, die Snchsengängerei, sei von den Landwirten der Nübeu-
gegeuden hervorgerufen worden, und man könnte demnach sagen, die Landwirte des
Ostens möchten selbst und allein die Sache mit denen des Westens ausmachen,
wenn nur nicht dadurch die Arbeiterbevölkerung überhaupt in Bewegung geraten
wäre. Die Arbeiterschaft des Ostens habe mit der des Westens Fühlung gewonnen,
und so füllten sich jetzt auch die westlichen Judustriebezirke mit polnischen Arbeitern
aus dem Osten. Und ein großer Teil der in Bewegung geratnen Arbeitermassen
Ströme den Städten zu. Mit dieser dritten Bewegung habe es um der städtische
Arbeitsnachweis zu thun. Welche Beweggründe mich für die Landflucht der Ar¬
beiter angegeben werden möchten, die Hauptsache bleibe doch, daß die Industrie im
allgemeinen höhere Löhne zu zahlen in der Lage sei. Dagegen lasse sich nichts
thun, und man würde der Bewegung ihren Lauf lassen müssen, wenn die Industrie


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0346" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/230032"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_1460" prev="#ID_1459"> alten Weg zurückgewinnend, schwankend jetzt von der Gewalt des Kampfes zwischen<lb/>
Wetterkraft und Menschenwillen, glatt vorwärts während der kurzen Frist, da der<lb/>
Sturm Atem schöpfte zu neuem Stoß, so näherten sie sich ihrem Ausgangspunkt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1461"> Da hätten wirs ja, sagte der Offizier und ließ das Glas sinken, sie setzen<lb/>
es durch. Noch zwei Minuten, und wir haben sie unten. Achtung, Leute! greift<lb/>
zu, wenn sie landen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1462"> (Fortsetzung folgt)</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> Der Arbeitsnachweis und die Landarbeiterfrage.</head>
            <p xml:id="ID_1463" next="#ID_1464"> Am 27. September<lb/>
vorigen Jahres hat der Verband Deutscher Arbeitsnachweise in München seine erste<lb/>
Versammlung abgehalten. Ans der Eröffnungsrede des Dr. stir. Freund aus Berlin<lb/>
führen wir nur an, daß der Anspruch mancher Unternehmerverbände, den Arbeits¬<lb/>
nachweis ohne Mitwirkung der Arbeiter und unparteiischer Behörden leiten und<lb/>
beherrschen zu dürfen, mit dem Grundsätze der Unparteilichkeit unvereinbar sei, zu<lb/>
dem sich der Verband bekenne. Zwei Punkte der Tagesordnung: Arbeitsnachweis¬<lb/>
statistik und Gebührenfreiheit des Arbeitsnachweises, lassen wir als reine Fachan¬<lb/>
gelegenheiten beiseite. Dagegen beansprucht der Gegenstand, der an erster Stelle<lb/>
behandelt wurde, das allgemeine Interesse. Es wurde da die Frage beantwortet:<lb/>
Wie können die Arbeitsnachweise dazu beitragen, der Landwirtschaft Arbeitskräfte<lb/>
zu erhalten und zuzuführen? Der erste Referent, Rat Dr. Naumann aus Ham¬<lb/>
burg, legte dar, wie die Arbeitsnachweise gerade durch die städtischen Verhältnisse<lb/>
dazu gekommen seien, das Land in ihre Thätigkeit hineinzuziehen. Der Arbeits¬<lb/>
nachweis könne natürlich keine neue Arbeit schaffen, sondern nnr Angebot und Nach¬<lb/>
frage zusammenbringen. Man habe das zunächst dadurch versucht, daß mehrere<lb/>
Städte mit einander in Verbindung getreten seien. Das habe hie und da etwas,<lb/>
im ganzen aber wenig geholfen, denn in einem und demselben Gewerbe bestünden<lb/>
meistens an verschiednen Orten dieselben Konjunkturen. Da sei es denn natürlich,<lb/>
daß man ans Land gedacht habe, wo jetzt ständiger Arbeitermangel herrsche. Die<lb/>
Arbeitsverfassung auf dem Lande werde durch drei Wanderzüge über den Haufen<lb/>
geworfen. Der erste, die Snchsengängerei, sei von den Landwirten der Nübeu-<lb/>
gegeuden hervorgerufen worden, und man könnte demnach sagen, die Landwirte des<lb/>
Ostens möchten selbst und allein die Sache mit denen des Westens ausmachen,<lb/>
wenn nur nicht dadurch die Arbeiterbevölkerung überhaupt in Bewegung geraten<lb/>
wäre. Die Arbeiterschaft des Ostens habe mit der des Westens Fühlung gewonnen,<lb/>
und so füllten sich jetzt auch die westlichen Judustriebezirke mit polnischen Arbeitern<lb/>
aus dem Osten. Und ein großer Teil der in Bewegung geratnen Arbeitermassen<lb/>
Ströme den Städten zu. Mit dieser dritten Bewegung habe es um der städtische<lb/>
Arbeitsnachweis zu thun. Welche Beweggründe mich für die Landflucht der Ar¬<lb/>
beiter angegeben werden möchten, die Hauptsache bleibe doch, daß die Industrie im<lb/>
allgemeinen höhere Löhne zu zahlen in der Lage sei. Dagegen lasse sich nichts<lb/>
thun, und man würde der Bewegung ihren Lauf lassen müssen, wenn die Industrie</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0346] alten Weg zurückgewinnend, schwankend jetzt von der Gewalt des Kampfes zwischen Wetterkraft und Menschenwillen, glatt vorwärts während der kurzen Frist, da der Sturm Atem schöpfte zu neuem Stoß, so näherten sie sich ihrem Ausgangspunkt. Da hätten wirs ja, sagte der Offizier und ließ das Glas sinken, sie setzen es durch. Noch zwei Minuten, und wir haben sie unten. Achtung, Leute! greift zu, wenn sie landen. (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Der Arbeitsnachweis und die Landarbeiterfrage. Am 27. September vorigen Jahres hat der Verband Deutscher Arbeitsnachweise in München seine erste Versammlung abgehalten. Ans der Eröffnungsrede des Dr. stir. Freund aus Berlin führen wir nur an, daß der Anspruch mancher Unternehmerverbände, den Arbeits¬ nachweis ohne Mitwirkung der Arbeiter und unparteiischer Behörden leiten und beherrschen zu dürfen, mit dem Grundsätze der Unparteilichkeit unvereinbar sei, zu dem sich der Verband bekenne. Zwei Punkte der Tagesordnung: Arbeitsnachweis¬ statistik und Gebührenfreiheit des Arbeitsnachweises, lassen wir als reine Fachan¬ gelegenheiten beiseite. Dagegen beansprucht der Gegenstand, der an erster Stelle behandelt wurde, das allgemeine Interesse. Es wurde da die Frage beantwortet: Wie können die Arbeitsnachweise dazu beitragen, der Landwirtschaft Arbeitskräfte zu erhalten und zuzuführen? Der erste Referent, Rat Dr. Naumann aus Ham¬ burg, legte dar, wie die Arbeitsnachweise gerade durch die städtischen Verhältnisse dazu gekommen seien, das Land in ihre Thätigkeit hineinzuziehen. Der Arbeits¬ nachweis könne natürlich keine neue Arbeit schaffen, sondern nnr Angebot und Nach¬ frage zusammenbringen. Man habe das zunächst dadurch versucht, daß mehrere Städte mit einander in Verbindung getreten seien. Das habe hie und da etwas, im ganzen aber wenig geholfen, denn in einem und demselben Gewerbe bestünden meistens an verschiednen Orten dieselben Konjunkturen. Da sei es denn natürlich, daß man ans Land gedacht habe, wo jetzt ständiger Arbeitermangel herrsche. Die Arbeitsverfassung auf dem Lande werde durch drei Wanderzüge über den Haufen geworfen. Der erste, die Snchsengängerei, sei von den Landwirten der Nübeu- gegeuden hervorgerufen worden, und man könnte demnach sagen, die Landwirte des Ostens möchten selbst und allein die Sache mit denen des Westens ausmachen, wenn nur nicht dadurch die Arbeiterbevölkerung überhaupt in Bewegung geraten wäre. Die Arbeiterschaft des Ostens habe mit der des Westens Fühlung gewonnen, und so füllten sich jetzt auch die westlichen Judustriebezirke mit polnischen Arbeitern aus dem Osten. Und ein großer Teil der in Bewegung geratnen Arbeitermassen Ströme den Städten zu. Mit dieser dritten Bewegung habe es um der städtische Arbeitsnachweis zu thun. Welche Beweggründe mich für die Landflucht der Ar¬ beiter angegeben werden möchten, die Hauptsache bleibe doch, daß die Industrie im allgemeinen höhere Löhne zu zahlen in der Lage sei. Dagegen lasse sich nichts thun, und man würde der Bewegung ihren Lauf lassen müssen, wenn die Industrie

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/346
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/346>, abgerufen am 06.05.2024.