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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.

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Rassen und Kriege

unterliegen, befreien könnten. Dazu ist aber bei der Lage der Dinge nur wenig
Aussicht.

"Papierne Reformen, so schließt der erfahrne Staatsmann, sind nichts als
große Enttäuschungen; es handelt sich in erster Linie um die Anstellung vou
einigen unter europäischer Mitwirkung gewählten Ehrenmännern als Gouver¬
neure der Provinzen. Nur dann erst kann Sicherheit für Leben, Eigentum
und Glauben in einem der schönsten Landstriche der Welt erwartet werden, der
dnrch unsre Mithilfe mehr als ein halbes Jahrhundert lang unter der Herr¬
schaft eines als lasterhaft, verderbt und grausam bekannten barbarischen Des¬
potismus gelitten hat."

Hoffen wir, daß die deutsche Freundschaft nach einem weitern Menschen¬
alter nicht auf Grund gleicher Erfahrungen ein ähnliches Geständnis abzu¬
legen hat!




Rassen und Kriege
(Schluß)

as einzige Volk, das den Engländern zur See zeitweise über¬
legen war, sind die Niederländer gewesen, also die eignen stamm¬
verwandten Friesen. Mit einem Besen an der Mastspitze, womit
er die See von Engländern rein fegen wollte, segelte van Tromp
die Themse bis nach London hinauf. Im Nijksnmseum in
Amsterdam fand ich noch alte, in den Seegefechten erbeutete englische Standarten,
gewiß seltne Trophäen, auf die Mynheer stolz ist, weil er weiß, daß el"
eroberter Union Jack anderswo kaum zu finden sein dürfte. Auf dem Gebiet
der technischen Erfindungen für die Marine sind die Franzosen den Engländern
mehrfach voraus gewesen. Dennoch haben sie die meisten größern Seegefechte
verloren. An Zahl waren sie, im Verein mit den Spaniern, bei Trafalgar
im Vorteil (41 Schiffe gegen 31).

Zahlen allein machen den Gefechtswert einer Flotte nicht aus; daß es viele
gute französische und schlechte englische Matrosen giebt, will auch nichts heißen;
wo der Durchschnitt am tüchtigsten ist, das muß zuletzt entscheiden. Und
den hat von jeher und auch heute noch ganz zweifellos die anglo-germanische
Rasse. Nicht durch mutiges Fechten und kühne Todesverachtung allein lassen
sich Seeschlachten schon gewinnen, sondern durch eine mit diesen Eigenschaften
verbundne kaltblütige Besonnenheit und Geschicklichkeit. Ein britischer See-


Rassen und Kriege

unterliegen, befreien könnten. Dazu ist aber bei der Lage der Dinge nur wenig
Aussicht.

„Papierne Reformen, so schließt der erfahrne Staatsmann, sind nichts als
große Enttäuschungen; es handelt sich in erster Linie um die Anstellung vou
einigen unter europäischer Mitwirkung gewählten Ehrenmännern als Gouver¬
neure der Provinzen. Nur dann erst kann Sicherheit für Leben, Eigentum
und Glauben in einem der schönsten Landstriche der Welt erwartet werden, der
dnrch unsre Mithilfe mehr als ein halbes Jahrhundert lang unter der Herr¬
schaft eines als lasterhaft, verderbt und grausam bekannten barbarischen Des¬
potismus gelitten hat."

Hoffen wir, daß die deutsche Freundschaft nach einem weitern Menschen¬
alter nicht auf Grund gleicher Erfahrungen ein ähnliches Geständnis abzu¬
legen hat!




Rassen und Kriege
(Schluß)

as einzige Volk, das den Engländern zur See zeitweise über¬
legen war, sind die Niederländer gewesen, also die eignen stamm¬
verwandten Friesen. Mit einem Besen an der Mastspitze, womit
er die See von Engländern rein fegen wollte, segelte van Tromp
die Themse bis nach London hinauf. Im Nijksnmseum in
Amsterdam fand ich noch alte, in den Seegefechten erbeutete englische Standarten,
gewiß seltne Trophäen, auf die Mynheer stolz ist, weil er weiß, daß el»
eroberter Union Jack anderswo kaum zu finden sein dürfte. Auf dem Gebiet
der technischen Erfindungen für die Marine sind die Franzosen den Engländern
mehrfach voraus gewesen. Dennoch haben sie die meisten größern Seegefechte
verloren. An Zahl waren sie, im Verein mit den Spaniern, bei Trafalgar
im Vorteil (41 Schiffe gegen 31).

Zahlen allein machen den Gefechtswert einer Flotte nicht aus; daß es viele
gute französische und schlechte englische Matrosen giebt, will auch nichts heißen;
wo der Durchschnitt am tüchtigsten ist, das muß zuletzt entscheiden. Und
den hat von jeher und auch heute noch ganz zweifellos die anglo-germanische
Rasse. Nicht durch mutiges Fechten und kühne Todesverachtung allein lassen
sich Seeschlachten schon gewinnen, sondern durch eine mit diesen Eigenschaften
verbundne kaltblütige Besonnenheit und Geschicklichkeit. Ein britischer See-


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[0239] Rassen und Kriege unterliegen, befreien könnten. Dazu ist aber bei der Lage der Dinge nur wenig Aussicht. „Papierne Reformen, so schließt der erfahrne Staatsmann, sind nichts als große Enttäuschungen; es handelt sich in erster Linie um die Anstellung vou einigen unter europäischer Mitwirkung gewählten Ehrenmännern als Gouver¬ neure der Provinzen. Nur dann erst kann Sicherheit für Leben, Eigentum und Glauben in einem der schönsten Landstriche der Welt erwartet werden, der dnrch unsre Mithilfe mehr als ein halbes Jahrhundert lang unter der Herr¬ schaft eines als lasterhaft, verderbt und grausam bekannten barbarischen Des¬ potismus gelitten hat." Hoffen wir, daß die deutsche Freundschaft nach einem weitern Menschen¬ alter nicht auf Grund gleicher Erfahrungen ein ähnliches Geständnis abzu¬ legen hat! Rassen und Kriege (Schluß) as einzige Volk, das den Engländern zur See zeitweise über¬ legen war, sind die Niederländer gewesen, also die eignen stamm¬ verwandten Friesen. Mit einem Besen an der Mastspitze, womit er die See von Engländern rein fegen wollte, segelte van Tromp die Themse bis nach London hinauf. Im Nijksnmseum in Amsterdam fand ich noch alte, in den Seegefechten erbeutete englische Standarten, gewiß seltne Trophäen, auf die Mynheer stolz ist, weil er weiß, daß el» eroberter Union Jack anderswo kaum zu finden sein dürfte. Auf dem Gebiet der technischen Erfindungen für die Marine sind die Franzosen den Engländern mehrfach voraus gewesen. Dennoch haben sie die meisten größern Seegefechte verloren. An Zahl waren sie, im Verein mit den Spaniern, bei Trafalgar im Vorteil (41 Schiffe gegen 31). Zahlen allein machen den Gefechtswert einer Flotte nicht aus; daß es viele gute französische und schlechte englische Matrosen giebt, will auch nichts heißen; wo der Durchschnitt am tüchtigsten ist, das muß zuletzt entscheiden. Und den hat von jeher und auch heute noch ganz zweifellos die anglo-germanische Rasse. Nicht durch mutiges Fechten und kühne Todesverachtung allein lassen sich Seeschlachten schon gewinnen, sondern durch eine mit diesen Eigenschaften verbundne kaltblütige Besonnenheit und Geschicklichkeit. Ein britischer See-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/239>, abgerufen am 30.04.2024.