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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.

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Italien und die Italiener

fortlaufende Verrechnung nach Prozentsätzen ersetzte, sodaß in Zukunft der
Steuerpflichtige mit 109999 Mark Einkommen wirklich mehr Steuern zu zahlen
hat, als der mit 105000 Mark, sowie dadurch, daß der Steuerprvzentsatz mit
der Höhe der Einkommen bis über das bisher bestimmte Maximum von
4 Prozent des steuerpflichtigen Einkommens beständig gesteigert würde.


G. L.


Italien und die Italiener')

n dem Erscheinen eines vorwiegend politisch-statistischen Werkes
über Italien und die Italiener und mehr noch in seiner freudigen
Begrüßung spricht sich recht deutlich der Wechsel unsrer Stellung
zu Italien ans. Unsre Litteratur über Italien ist reich, über¬
reich, aber fast alle ihre Werte find dem Altertum, der Kunst,
der Litteratur gewidmet, oder zeichnen die bunten Bilder italienischen Volks¬
lebens. Es ist übrigens ähnlich mit der französischen; man braucht nur an
neuere Hauptwerke, wie die von Taine und Bourget, oder an ältere von
Stendhal und Beule zu erinnern. Hier haben wir nun ein Buch, das uns
den Staat Italien und den Italiener als Staats- und Gemeindebürger, Soldat,
Lehrer, Industriellen, Kaufmann, Auswandrer, kurz als politisches Wesen
schildert. Das ist bezeichnend für das Interesse, das man den wirtschaftlichen
und politischen Verhältnissen und Beziehungen Italiens in ganz Europa, be¬
sonders aber in den Schwesterstaaten des Dreibundes widmet. Leute, die man
sonst mit den ästhetisierendeu Schilderungen von Hehn, Gregorovius u. dergl. in
Italien reisen sah, tragen Heuer das P. D. Fischersche Buch, dessen Format
übrigens unbequem ist, mit sich. Es soll ihnen helfen, der schwierigen Er¬
kenntnis des wahren politischen Wertes Italiens, besonders seines Wertes als
Bundesgenossen vielleicht etwas näher zu kommen. Es kann ihnen auch dazu
helfen, vorausgesetzt, daß sie die eignen Augen und Ohren aufmachen, um die
Aussagen dieses neuen Cicerone selbst zu prüfen.

Man findet nämlich in diesem politischen Buche über Italien auf jeder
Seite bei aller Wahrheitsliebe und Gründlichkeit eine wohlthuende, große Zu¬
neigung zu Land und Volk. In dieser Beziehung gleicht es so manchem Kunst-
sührer. Während aber die Anschauung des Kunstwerks durch die Verschöneruugs-



") Italien und die Italiener am Schlüsse deS neunzehnten Jahrhunderts.
Betrachtungen und Studien über die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zustande Italiens.
Von P. D. Fischer. Berlin, Julius Springer, 1899.
Italien und die Italiener

fortlaufende Verrechnung nach Prozentsätzen ersetzte, sodaß in Zukunft der
Steuerpflichtige mit 109999 Mark Einkommen wirklich mehr Steuern zu zahlen
hat, als der mit 105000 Mark, sowie dadurch, daß der Steuerprvzentsatz mit
der Höhe der Einkommen bis über das bisher bestimmte Maximum von
4 Prozent des steuerpflichtigen Einkommens beständig gesteigert würde.


G. L.


Italien und die Italiener')

n dem Erscheinen eines vorwiegend politisch-statistischen Werkes
über Italien und die Italiener und mehr noch in seiner freudigen
Begrüßung spricht sich recht deutlich der Wechsel unsrer Stellung
zu Italien ans. Unsre Litteratur über Italien ist reich, über¬
reich, aber fast alle ihre Werte find dem Altertum, der Kunst,
der Litteratur gewidmet, oder zeichnen die bunten Bilder italienischen Volks¬
lebens. Es ist übrigens ähnlich mit der französischen; man braucht nur an
neuere Hauptwerke, wie die von Taine und Bourget, oder an ältere von
Stendhal und Beule zu erinnern. Hier haben wir nun ein Buch, das uns
den Staat Italien und den Italiener als Staats- und Gemeindebürger, Soldat,
Lehrer, Industriellen, Kaufmann, Auswandrer, kurz als politisches Wesen
schildert. Das ist bezeichnend für das Interesse, das man den wirtschaftlichen
und politischen Verhältnissen und Beziehungen Italiens in ganz Europa, be¬
sonders aber in den Schwesterstaaten des Dreibundes widmet. Leute, die man
sonst mit den ästhetisierendeu Schilderungen von Hehn, Gregorovius u. dergl. in
Italien reisen sah, tragen Heuer das P. D. Fischersche Buch, dessen Format
übrigens unbequem ist, mit sich. Es soll ihnen helfen, der schwierigen Er¬
kenntnis des wahren politischen Wertes Italiens, besonders seines Wertes als
Bundesgenossen vielleicht etwas näher zu kommen. Es kann ihnen auch dazu
helfen, vorausgesetzt, daß sie die eignen Augen und Ohren aufmachen, um die
Aussagen dieses neuen Cicerone selbst zu prüfen.

Man findet nämlich in diesem politischen Buche über Italien auf jeder
Seite bei aller Wahrheitsliebe und Gründlichkeit eine wohlthuende, große Zu¬
neigung zu Land und Volk. In dieser Beziehung gleicht es so manchem Kunst-
sührer. Während aber die Anschauung des Kunstwerks durch die Verschöneruugs-



") Italien und die Italiener am Schlüsse deS neunzehnten Jahrhunderts.
Betrachtungen und Studien über die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zustande Italiens.
Von P. D. Fischer. Berlin, Julius Springer, 1899.
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[0423] Italien und die Italiener fortlaufende Verrechnung nach Prozentsätzen ersetzte, sodaß in Zukunft der Steuerpflichtige mit 109999 Mark Einkommen wirklich mehr Steuern zu zahlen hat, als der mit 105000 Mark, sowie dadurch, daß der Steuerprvzentsatz mit der Höhe der Einkommen bis über das bisher bestimmte Maximum von 4 Prozent des steuerpflichtigen Einkommens beständig gesteigert würde. G. L. Italien und die Italiener') n dem Erscheinen eines vorwiegend politisch-statistischen Werkes über Italien und die Italiener und mehr noch in seiner freudigen Begrüßung spricht sich recht deutlich der Wechsel unsrer Stellung zu Italien ans. Unsre Litteratur über Italien ist reich, über¬ reich, aber fast alle ihre Werte find dem Altertum, der Kunst, der Litteratur gewidmet, oder zeichnen die bunten Bilder italienischen Volks¬ lebens. Es ist übrigens ähnlich mit der französischen; man braucht nur an neuere Hauptwerke, wie die von Taine und Bourget, oder an ältere von Stendhal und Beule zu erinnern. Hier haben wir nun ein Buch, das uns den Staat Italien und den Italiener als Staats- und Gemeindebürger, Soldat, Lehrer, Industriellen, Kaufmann, Auswandrer, kurz als politisches Wesen schildert. Das ist bezeichnend für das Interesse, das man den wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen und Beziehungen Italiens in ganz Europa, be¬ sonders aber in den Schwesterstaaten des Dreibundes widmet. Leute, die man sonst mit den ästhetisierendeu Schilderungen von Hehn, Gregorovius u. dergl. in Italien reisen sah, tragen Heuer das P. D. Fischersche Buch, dessen Format übrigens unbequem ist, mit sich. Es soll ihnen helfen, der schwierigen Er¬ kenntnis des wahren politischen Wertes Italiens, besonders seines Wertes als Bundesgenossen vielleicht etwas näher zu kommen. Es kann ihnen auch dazu helfen, vorausgesetzt, daß sie die eignen Augen und Ohren aufmachen, um die Aussagen dieses neuen Cicerone selbst zu prüfen. Man findet nämlich in diesem politischen Buche über Italien auf jeder Seite bei aller Wahrheitsliebe und Gründlichkeit eine wohlthuende, große Zu¬ neigung zu Land und Volk. In dieser Beziehung gleicht es so manchem Kunst- sührer. Während aber die Anschauung des Kunstwerks durch die Verschöneruugs- ") Italien und die Italiener am Schlüsse deS neunzehnten Jahrhunderts. Betrachtungen und Studien über die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zustande Italiens. Von P. D. Fischer. Berlin, Julius Springer, 1899.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/423>, abgerufen am 30.04.2024.