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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.

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Über griechische und römische Verfluchungstafeln

Einen seiner "bewährtesten Ratgeber" nannte der Kaiser Abeken in dem
herzlichen Telegramm, worin er noch an demselben Tage von Gastein aus der
Witwe seinen "tiefen Schmerz" über die Trauerbotschaft ausdrückte, und Fürst
Bismarck gab am 23. Januar 1873 im Abgeordnetenhause als einen der
Gründe, die ihn bestimmten, die preußische Ministerpräsidentschaft niederzulegen,
den nicht ersetzten Verlust Abekens an. Beide haben ihm damit ein schönes
Denkmal gesetzt. Aber das schönste ist doch diese Biographie aus der Feder
seiner Frau, gerade weil sie keine Biographie im vollsten Sinne des Begriffs
ist, sondern ihn meist selbst zu Worte kommen läßt. So tritt uns der viel¬
seitige, fein und tief gebildete, innerlich vornehme, aufrichtig religiöse Mensch,
der bewegliche, jedem Eindruck empfängliche Geist, der lautere, milde, liebens¬
würdige Charakter, der gewissenhafte, unermüdlich thätige Beamte, der seinem
Königshaus treu und freudig ergebne Diener in klaren Zügen entgegen und
damit zugleich ein wichtiges Kapitel unsrer Kulturgeschichte. Aber er hat es
auch verstanden, die wertvollsten Augenblicksbilder mit scharfem Blick und sicherer
Feder festzuhalten und eine Reihe fein abgetönter Porträts zu geben, vor allem
von Friedrich Wilhelm IV., Wilhelm I. und Bismarck. Wenn von dem großen
Kanzler in diesen Kriegsmonaten Busch das weitaus umfassendere, lebendigere
und farbenreichere Bild gezeichnet hat, so ist die wunderbare Persönlichkeit
König Wilhelms in ihrer schlichten Menschlichkeit niemals so schön und er¬
greifend, so ohne jedes Pathos und ohne jede Schmeichelei, nur aus dem
Herzen eines treuen Mannes heraus geschildert worden wie von Abeken. Beide
haben hier, jeder in seiner Weise, mit den Augen der Liebe gesehen, und "der
Mensch versteht nur, was er liebt." So nimmt das liebenswürdige Buch,
obwohl es keinem der großen, bahnbrechenden Männer gewidmet ist, doch in
der reichen Memoirenlitteratur unsrer Zeit eine der ersten Stellen ein.




Über griechische und römische Verfluchungstafeln
Blüinner vonin
(Schluß)

ick geringer an Zahl als die griechischen sind die bisher bekannt
gewordnen lateinischen Verfluchungstafeln. Sie stammen aus
verschiednen Zeiten, doch rühren die ältesten der erhaltnen wohl
erst aus dem Ende der Republik oder aus dem augusteischen
Zeitalter her; von da ab reichen sie bis weit in die christliche
Zeit hinein. Ihre Fundorte sind außer Rom, dem man die meisten verdankt,


Über griechische und römische Verfluchungstafeln

Einen seiner „bewährtesten Ratgeber" nannte der Kaiser Abeken in dem
herzlichen Telegramm, worin er noch an demselben Tage von Gastein aus der
Witwe seinen „tiefen Schmerz" über die Trauerbotschaft ausdrückte, und Fürst
Bismarck gab am 23. Januar 1873 im Abgeordnetenhause als einen der
Gründe, die ihn bestimmten, die preußische Ministerpräsidentschaft niederzulegen,
den nicht ersetzten Verlust Abekens an. Beide haben ihm damit ein schönes
Denkmal gesetzt. Aber das schönste ist doch diese Biographie aus der Feder
seiner Frau, gerade weil sie keine Biographie im vollsten Sinne des Begriffs
ist, sondern ihn meist selbst zu Worte kommen läßt. So tritt uns der viel¬
seitige, fein und tief gebildete, innerlich vornehme, aufrichtig religiöse Mensch,
der bewegliche, jedem Eindruck empfängliche Geist, der lautere, milde, liebens¬
würdige Charakter, der gewissenhafte, unermüdlich thätige Beamte, der seinem
Königshaus treu und freudig ergebne Diener in klaren Zügen entgegen und
damit zugleich ein wichtiges Kapitel unsrer Kulturgeschichte. Aber er hat es
auch verstanden, die wertvollsten Augenblicksbilder mit scharfem Blick und sicherer
Feder festzuhalten und eine Reihe fein abgetönter Porträts zu geben, vor allem
von Friedrich Wilhelm IV., Wilhelm I. und Bismarck. Wenn von dem großen
Kanzler in diesen Kriegsmonaten Busch das weitaus umfassendere, lebendigere
und farbenreichere Bild gezeichnet hat, so ist die wunderbare Persönlichkeit
König Wilhelms in ihrer schlichten Menschlichkeit niemals so schön und er¬
greifend, so ohne jedes Pathos und ohne jede Schmeichelei, nur aus dem
Herzen eines treuen Mannes heraus geschildert worden wie von Abeken. Beide
haben hier, jeder in seiner Weise, mit den Augen der Liebe gesehen, und „der
Mensch versteht nur, was er liebt." So nimmt das liebenswürdige Buch,
obwohl es keinem der großen, bahnbrechenden Männer gewidmet ist, doch in
der reichen Memoirenlitteratur unsrer Zeit eine der ersten Stellen ein.




Über griechische und römische Verfluchungstafeln
Blüinner vonin
(Schluß)

ick geringer an Zahl als die griechischen sind die bisher bekannt
gewordnen lateinischen Verfluchungstafeln. Sie stammen aus
verschiednen Zeiten, doch rühren die ältesten der erhaltnen wohl
erst aus dem Ende der Republik oder aus dem augusteischen
Zeitalter her; von da ab reichen sie bis weit in die christliche
Zeit hinein. Ihre Fundorte sind außer Rom, dem man die meisten verdankt,


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[0540] Über griechische und römische Verfluchungstafeln Einen seiner „bewährtesten Ratgeber" nannte der Kaiser Abeken in dem herzlichen Telegramm, worin er noch an demselben Tage von Gastein aus der Witwe seinen „tiefen Schmerz" über die Trauerbotschaft ausdrückte, und Fürst Bismarck gab am 23. Januar 1873 im Abgeordnetenhause als einen der Gründe, die ihn bestimmten, die preußische Ministerpräsidentschaft niederzulegen, den nicht ersetzten Verlust Abekens an. Beide haben ihm damit ein schönes Denkmal gesetzt. Aber das schönste ist doch diese Biographie aus der Feder seiner Frau, gerade weil sie keine Biographie im vollsten Sinne des Begriffs ist, sondern ihn meist selbst zu Worte kommen läßt. So tritt uns der viel¬ seitige, fein und tief gebildete, innerlich vornehme, aufrichtig religiöse Mensch, der bewegliche, jedem Eindruck empfängliche Geist, der lautere, milde, liebens¬ würdige Charakter, der gewissenhafte, unermüdlich thätige Beamte, der seinem Königshaus treu und freudig ergebne Diener in klaren Zügen entgegen und damit zugleich ein wichtiges Kapitel unsrer Kulturgeschichte. Aber er hat es auch verstanden, die wertvollsten Augenblicksbilder mit scharfem Blick und sicherer Feder festzuhalten und eine Reihe fein abgetönter Porträts zu geben, vor allem von Friedrich Wilhelm IV., Wilhelm I. und Bismarck. Wenn von dem großen Kanzler in diesen Kriegsmonaten Busch das weitaus umfassendere, lebendigere und farbenreichere Bild gezeichnet hat, so ist die wunderbare Persönlichkeit König Wilhelms in ihrer schlichten Menschlichkeit niemals so schön und er¬ greifend, so ohne jedes Pathos und ohne jede Schmeichelei, nur aus dem Herzen eines treuen Mannes heraus geschildert worden wie von Abeken. Beide haben hier, jeder in seiner Weise, mit den Augen der Liebe gesehen, und „der Mensch versteht nur, was er liebt." So nimmt das liebenswürdige Buch, obwohl es keinem der großen, bahnbrechenden Männer gewidmet ist, doch in der reichen Memoirenlitteratur unsrer Zeit eine der ersten Stellen ein. Über griechische und römische Verfluchungstafeln Blüinner vonin (Schluß) ick geringer an Zahl als die griechischen sind die bisher bekannt gewordnen lateinischen Verfluchungstafeln. Sie stammen aus verschiednen Zeiten, doch rühren die ältesten der erhaltnen wohl erst aus dem Ende der Republik oder aus dem augusteischen Zeitalter her; von da ab reichen sie bis weit in die christliche Zeit hinein. Ihre Fundorte sind außer Rom, dem man die meisten verdankt,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/540>, abgerufen am 30.04.2024.