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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.

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Aus den schwarzen Bergen
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less ckouo, messieurs, sse-vo We vous g-of^ vtuäie " Ileiclslbsrg?
Der Fragende war ein stattlicher Mann, mit mächtigem schwarzen
Schnurrbart und etwas meliertem Backenbart, aus dem tiefge¬
bräunten, an deu Typus des Levante-Griechen erinnernden Gesicht
blickten ein paar herrliche schwarze Augen freundlich auf uns;
die hohe Figur war noch durch die Pracht der montenegrinischen Landestracht
gehoben. Er sprach mit Heller und durchdringender Stimme, Oui, orü,
vorm^is ees vieg-triess, fuhr er dann fort, "ich war einmal selbst in Heidelberg
und habe die Studenten dort fechten sehen. Huslls vitis suxervs! Und wie
gefällt es Ihnen in meinem Lande? Es ist recht, daß Sie sich bis hier nach
Niksitsch vorgemacht haben, die meisten Reisenden gehn bis Cetinje und kehren
dann wieder um. Freut mich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, meine
Herren!" Ein freundliches Lächeln, ein kräftiger Händedruck, und Fürst
Nikolaus ging wieder davon, indem er seinem Adjutanten durch verschiedne
Handbewegungen klar machte, wie sich die Studenten in Deutschland auf der
Mensur benähmen.

Die Negierung des Fürsten, der seit sechsunddreißig Jahren über Monte¬
negro und die Berta herrscht, hat dem Lande zum Segen gereicht. Schwere
Verantwortlichkeit war schon in frühen Jahren auf den Fürsten gefallen, denn
mit neunzehn Jahren mußte er den Thron seines ermordeten Onkels Danilo
besteigen, und zweimal mußte er mit den Türken Krieg führen. Doch hatte
im ersten Kriege sein Vater Mirko, das "Schwert Montenegros," den Ober¬
befehl. Wie der deutsche Minnesänger Wolfram von Eschenbach konnte
Mirko weder lesen noch schreiben, dennoch war er ein Poet: seinen Tschibuk
dazu rauchend hatte er einst dem Metropoliten von Cetinje sechsundzwanzig
größere Rhapsodien, die seine Thaten und besonders den Sieg bei Grahovo
besangen, in die Feder diktiert. Von ihm und dem Großonkel Peter II.
hat der jetzige Fürst die Kunst des Fabulierens ererbt, er ist der Ver¬
fasser eines hochpoetischen Dramas "Die Kaiserin des Balkans," das auch
ins Deutsche übersetzt ist.^) Der Feder, der des Poeten wie der des Diplo-



^) Die Kaiserin des Balkans, Dramatische Dichtung in drei Wen, von Nikolaus I,,
Fürst von Montenegro. Deutsche Bearbeitung von Heinrich Stüincke, Berlin, 1^9V,


Aus den schwarzen Bergen
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Der Fragende war ein stattlicher Mann, mit mächtigem schwarzen
Schnurrbart und etwas meliertem Backenbart, aus dem tiefge¬
bräunten, an deu Typus des Levante-Griechen erinnernden Gesicht
blickten ein paar herrliche schwarze Augen freundlich auf uns;
die hohe Figur war noch durch die Pracht der montenegrinischen Landestracht
gehoben. Er sprach mit Heller und durchdringender Stimme, Oui, orü,
vorm^is ees vieg-triess, fuhr er dann fort, „ich war einmal selbst in Heidelberg
und habe die Studenten dort fechten sehen. Huslls vitis suxervs! Und wie
gefällt es Ihnen in meinem Lande? Es ist recht, daß Sie sich bis hier nach
Niksitsch vorgemacht haben, die meisten Reisenden gehn bis Cetinje und kehren
dann wieder um. Freut mich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, meine
Herren!" Ein freundliches Lächeln, ein kräftiger Händedruck, und Fürst
Nikolaus ging wieder davon, indem er seinem Adjutanten durch verschiedne
Handbewegungen klar machte, wie sich die Studenten in Deutschland auf der
Mensur benähmen.

Die Negierung des Fürsten, der seit sechsunddreißig Jahren über Monte¬
negro und die Berta herrscht, hat dem Lande zum Segen gereicht. Schwere
Verantwortlichkeit war schon in frühen Jahren auf den Fürsten gefallen, denn
mit neunzehn Jahren mußte er den Thron seines ermordeten Onkels Danilo
besteigen, und zweimal mußte er mit den Türken Krieg führen. Doch hatte
im ersten Kriege sein Vater Mirko, das „Schwert Montenegros," den Ober¬
befehl. Wie der deutsche Minnesänger Wolfram von Eschenbach konnte
Mirko weder lesen noch schreiben, dennoch war er ein Poet: seinen Tschibuk
dazu rauchend hatte er einst dem Metropoliten von Cetinje sechsundzwanzig
größere Rhapsodien, die seine Thaten und besonders den Sieg bei Grahovo
besangen, in die Feder diktiert. Von ihm und dem Großonkel Peter II.
hat der jetzige Fürst die Kunst des Fabulierens ererbt, er ist der Ver¬
fasser eines hochpoetischen Dramas „Die Kaiserin des Balkans," das auch
ins Deutsche übersetzt ist.^) Der Feder, der des Poeten wie der des Diplo-



^) Die Kaiserin des Balkans, Dramatische Dichtung in drei Wen, von Nikolaus I,,
Fürst von Montenegro. Deutsche Bearbeitung von Heinrich Stüincke, Berlin, 1^9V,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/658>, abgerufen am 30.04.2024.