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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.

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Fürst Bismarcks Gedanken und Erinnerungen
Gelo Uaeinmel von

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M)ohl noch niemals hat ein großer Staatsmann schon bei Lebzeiten,
absichtlich und unabsichtlich, so dafür gesorgt, daß sein Wirken
in das helle Licht der Geschichte gerückt und die Legende, die
sich um jede hervorragende Persönlichkeit alsbald zu bilden pflegt,
zerstört werde, wie Fürst Bismarck. Zu dem, was er durch
andre, namentlich Sybel und Poschinger, über die von ihm größtenteils ge¬
machte Geschichte der letzten Jahrzehnte sammeln und darstellen ließ, was er
wenigstens vor der Veröffentlichung kontrollierte, oder was er endlich in Reden
und Gesprächen an historischem Stoffe vorbrachte und unbekümmert von
seinen Zuhörern weitererzählen ließ, sind jetzt seine eignen Denkwürdigkeiten
getreten, mit einer Spannung erwartet und mit einem leidenschaftlichen Interesse
ergriffen, wie kaum ein ähnliches Buch. Mit Recht, denn es ist ein unver¬
gänglicher Besitz, ein xr^"" "s "e/ für unser Volk. Doch die historische Kritik
hat noch kaum eingesetzt und wird noch lange Zeit brauchen, um die Fülle
von Bausteinen, die das Buch bietet, in dem mächtigen Bau der Zeitgeschichte
an der richtigen Stelle und in der richtigen Weise einzufügen. Dazu aber
gehört vor allem, wie bei jedem historischen, namentlich selbstbiographischen
Werke, die Kenntnis seiner Entstehung. Was darüber das Vorwort des
Herausgebers bietet, ist unvollständig und unbedeutend; auch or. Schweninger
scheint vom Gange der eigentlichen Arbeit wenig Genaueres gewußt zu haben
(vgl. seine eben bei Hirzel erschienene Schrift: Dem Andenken Bismarcks 3 ff.).
Einen viel tiefern Einblick gewährt das, was der vertraute Gehilfe des Fürsten
Lothar Bucher darüber brieflich und mündlich seinem Freunde Moritz Busch
mitgeteilt und dieser selbst von Bismarck erfahren hat.


Grenzboten II 1899 1


Fürst Bismarcks Gedanken und Erinnerungen
Gelo Uaeinmel von

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--i^HWM
M)ohl noch niemals hat ein großer Staatsmann schon bei Lebzeiten,
absichtlich und unabsichtlich, so dafür gesorgt, daß sein Wirken
in das helle Licht der Geschichte gerückt und die Legende, die
sich um jede hervorragende Persönlichkeit alsbald zu bilden pflegt,
zerstört werde, wie Fürst Bismarck. Zu dem, was er durch
andre, namentlich Sybel und Poschinger, über die von ihm größtenteils ge¬
machte Geschichte der letzten Jahrzehnte sammeln und darstellen ließ, was er
wenigstens vor der Veröffentlichung kontrollierte, oder was er endlich in Reden
und Gesprächen an historischem Stoffe vorbrachte und unbekümmert von
seinen Zuhörern weitererzählen ließ, sind jetzt seine eignen Denkwürdigkeiten
getreten, mit einer Spannung erwartet und mit einem leidenschaftlichen Interesse
ergriffen, wie kaum ein ähnliches Buch. Mit Recht, denn es ist ein unver¬
gänglicher Besitz, ein xr^«« «s «e/ für unser Volk. Doch die historische Kritik
hat noch kaum eingesetzt und wird noch lange Zeit brauchen, um die Fülle
von Bausteinen, die das Buch bietet, in dem mächtigen Bau der Zeitgeschichte
an der richtigen Stelle und in der richtigen Weise einzufügen. Dazu aber
gehört vor allem, wie bei jedem historischen, namentlich selbstbiographischen
Werke, die Kenntnis seiner Entstehung. Was darüber das Vorwort des
Herausgebers bietet, ist unvollständig und unbedeutend; auch or. Schweninger
scheint vom Gange der eigentlichen Arbeit wenig Genaueres gewußt zu haben
(vgl. seine eben bei Hirzel erschienene Schrift: Dem Andenken Bismarcks 3 ff.).
Einen viel tiefern Einblick gewährt das, was der vertraute Gehilfe des Fürsten
Lothar Bucher darüber brieflich und mündlich seinem Freunde Moritz Busch
mitgeteilt und dieser selbst von Bismarck erfahren hat.


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[0009] [Abbildung] Fürst Bismarcks Gedanken und Erinnerungen Gelo Uaeinmel von ^M»5/ --i^HWM M)ohl noch niemals hat ein großer Staatsmann schon bei Lebzeiten, absichtlich und unabsichtlich, so dafür gesorgt, daß sein Wirken in das helle Licht der Geschichte gerückt und die Legende, die sich um jede hervorragende Persönlichkeit alsbald zu bilden pflegt, zerstört werde, wie Fürst Bismarck. Zu dem, was er durch andre, namentlich Sybel und Poschinger, über die von ihm größtenteils ge¬ machte Geschichte der letzten Jahrzehnte sammeln und darstellen ließ, was er wenigstens vor der Veröffentlichung kontrollierte, oder was er endlich in Reden und Gesprächen an historischem Stoffe vorbrachte und unbekümmert von seinen Zuhörern weitererzählen ließ, sind jetzt seine eignen Denkwürdigkeiten getreten, mit einer Spannung erwartet und mit einem leidenschaftlichen Interesse ergriffen, wie kaum ein ähnliches Buch. Mit Recht, denn es ist ein unver¬ gänglicher Besitz, ein xr^«« «s «e/ für unser Volk. Doch die historische Kritik hat noch kaum eingesetzt und wird noch lange Zeit brauchen, um die Fülle von Bausteinen, die das Buch bietet, in dem mächtigen Bau der Zeitgeschichte an der richtigen Stelle und in der richtigen Weise einzufügen. Dazu aber gehört vor allem, wie bei jedem historischen, namentlich selbstbiographischen Werke, die Kenntnis seiner Entstehung. Was darüber das Vorwort des Herausgebers bietet, ist unvollständig und unbedeutend; auch or. Schweninger scheint vom Gange der eigentlichen Arbeit wenig Genaueres gewußt zu haben (vgl. seine eben bei Hirzel erschienene Schrift: Dem Andenken Bismarcks 3 ff.). Einen viel tiefern Einblick gewährt das, was der vertraute Gehilfe des Fürsten Lothar Bucher darüber brieflich und mündlich seinem Freunde Moritz Busch mitgeteilt und dieser selbst von Bismarck erfahren hat. Grenzboten II 1899 1

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/9>, abgerufen am 30.04.2024.