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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Viertes Vierteljahr.

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Der ägyptische Anbau seit der Schlacht bei Khartum
Aarl von Bruchhäuser von

eher ein Jahr ist seit der Schlacht bei Khartum vergangen; ein
neuer Kriegszug gegen die damals geschlagner Derwische steht
bevor. Dieser Zeitpunkt erscheint für einen Rückblick besonders
geeignet.

Nach dem Siege bei Khartum waren die maßlos jubelnden
Engländer überzeugt, daß nun der Mahdismus mit Stumpf und Stiel aus¬
gerottet sei, und daß deshalb das ganze Nilthal bis zu den großen Äquatorial¬
seen dem britischen Volke ohne weiteres zur bequemen Ausbeutung anheim¬
fallen werde. So glatt sollte aber die Angelegenheit -- anfänglich zur Ver¬
blüffung, dann zur Entuüchterung der Überschwenglichen -- nicht verlaufen.
Auch sollte sich erweisen, daß keineswegs, wie vielfach geglaubt wurde, im
mittlern und obern Nilthale einfach goldne Eier aufzulesen seien. Vor allen
Dingen that es not, die Grenzen des zurückgewonnenen ägyptischen Sudans
festzulegen, denn seit den Jahren, in denen er an die Mahdisten verloren ging,
waren verschiedne Wettbewerber, besonders um das obere Nilthal, auf dem
Plan erschienen. Im Westen des Weißen Nils die Franzosen. Der Faschoda-
zwischenfall mit der drohenden Kriegsgefahr und der gründlichen Demütigung
Frankreichs steht noch in zu frischer Erinnerung, als daß wir uns eingehend
damit zu beschäftigen hätten. Am 4. November 1898 verfügte das zähne¬
knirschende Frankreich, sich vor der englischen Flottenübermacht beugend, die
Rüumuug Faschodas. Seitdem wurde fortdauernd unterhandelt. Am 21. März
1899 wurde dann das englische französische Abkommen über die Abgrenzung
der Interessensphären in Nordostafrika abgeschlossen. Die Genehmigung der
Parlamente erfolgte anstandslos. Damit ist, abgesehn davon, daß Frankreich
das Verbleiben Englands in Ägypten auch jetzt nicht rechtlich anerkannt hat,


Grenzboten IV I8S9 15


Der ägyptische Anbau seit der Schlacht bei Khartum
Aarl von Bruchhäuser von

eher ein Jahr ist seit der Schlacht bei Khartum vergangen; ein
neuer Kriegszug gegen die damals geschlagner Derwische steht
bevor. Dieser Zeitpunkt erscheint für einen Rückblick besonders
geeignet.

Nach dem Siege bei Khartum waren die maßlos jubelnden
Engländer überzeugt, daß nun der Mahdismus mit Stumpf und Stiel aus¬
gerottet sei, und daß deshalb das ganze Nilthal bis zu den großen Äquatorial¬
seen dem britischen Volke ohne weiteres zur bequemen Ausbeutung anheim¬
fallen werde. So glatt sollte aber die Angelegenheit — anfänglich zur Ver¬
blüffung, dann zur Entuüchterung der Überschwenglichen — nicht verlaufen.
Auch sollte sich erweisen, daß keineswegs, wie vielfach geglaubt wurde, im
mittlern und obern Nilthale einfach goldne Eier aufzulesen seien. Vor allen
Dingen that es not, die Grenzen des zurückgewonnenen ägyptischen Sudans
festzulegen, denn seit den Jahren, in denen er an die Mahdisten verloren ging,
waren verschiedne Wettbewerber, besonders um das obere Nilthal, auf dem
Plan erschienen. Im Westen des Weißen Nils die Franzosen. Der Faschoda-
zwischenfall mit der drohenden Kriegsgefahr und der gründlichen Demütigung
Frankreichs steht noch in zu frischer Erinnerung, als daß wir uns eingehend
damit zu beschäftigen hätten. Am 4. November 1898 verfügte das zähne¬
knirschende Frankreich, sich vor der englischen Flottenübermacht beugend, die
Rüumuug Faschodas. Seitdem wurde fortdauernd unterhandelt. Am 21. März
1899 wurde dann das englische französische Abkommen über die Abgrenzung
der Interessensphären in Nordostafrika abgeschlossen. Die Genehmigung der
Parlamente erfolgte anstandslos. Damit ist, abgesehn davon, daß Frankreich
das Verbleiben Englands in Ägypten auch jetzt nicht rechtlich anerkannt hat,


Grenzboten IV I8S9 15
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[0125] [Abbildung] Der ägyptische Anbau seit der Schlacht bei Khartum Aarl von Bruchhäuser von eher ein Jahr ist seit der Schlacht bei Khartum vergangen; ein neuer Kriegszug gegen die damals geschlagner Derwische steht bevor. Dieser Zeitpunkt erscheint für einen Rückblick besonders geeignet. Nach dem Siege bei Khartum waren die maßlos jubelnden Engländer überzeugt, daß nun der Mahdismus mit Stumpf und Stiel aus¬ gerottet sei, und daß deshalb das ganze Nilthal bis zu den großen Äquatorial¬ seen dem britischen Volke ohne weiteres zur bequemen Ausbeutung anheim¬ fallen werde. So glatt sollte aber die Angelegenheit — anfänglich zur Ver¬ blüffung, dann zur Entuüchterung der Überschwenglichen — nicht verlaufen. Auch sollte sich erweisen, daß keineswegs, wie vielfach geglaubt wurde, im mittlern und obern Nilthale einfach goldne Eier aufzulesen seien. Vor allen Dingen that es not, die Grenzen des zurückgewonnenen ägyptischen Sudans festzulegen, denn seit den Jahren, in denen er an die Mahdisten verloren ging, waren verschiedne Wettbewerber, besonders um das obere Nilthal, auf dem Plan erschienen. Im Westen des Weißen Nils die Franzosen. Der Faschoda- zwischenfall mit der drohenden Kriegsgefahr und der gründlichen Demütigung Frankreichs steht noch in zu frischer Erinnerung, als daß wir uns eingehend damit zu beschäftigen hätten. Am 4. November 1898 verfügte das zähne¬ knirschende Frankreich, sich vor der englischen Flottenübermacht beugend, die Rüumuug Faschodas. Seitdem wurde fortdauernd unterhandelt. Am 21. März 1899 wurde dann das englische französische Abkommen über die Abgrenzung der Interessensphären in Nordostafrika abgeschlossen. Die Genehmigung der Parlamente erfolgte anstandslos. Damit ist, abgesehn davon, daß Frankreich das Verbleiben Englands in Ägypten auch jetzt nicht rechtlich anerkannt hat, Grenzboten IV I8S9 15

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231811/125>, abgerufen am 07.05.2024.