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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Viertes Vierteljahr.

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Hendrik witboi und sein Stamm

kann sich nur eines einzigen großen Meisters erfreuen und schadet sich damit
nur selbst. Wollt ihr euch keinen "Faust" mehr ansehen, weil ihr den Mephisto
Dawisons nicht vergessen könnt? Jedem, was ihm gebührt. Auch bei den
Jüngern, bei Neulingen werdet ihr Genuß finden, wenn ihr wollt. Thuts,
und ihr nehmt dem Direktor, der rechnen und immer rechnen muß, einen Stein
vom Herzen. Es liegt an euch, wenn er euch nicht mehr und bessere Ab¬
wechslung bringt, wenn er euch mit französischer Kost füttert, und wenn er
den Mut verliert, euch zu zeigen, was er für gut hält.




Hendrik Witboi und sein ^kann
(Schluß)

le Hererv hatten unterwegs schon einen großen Trupp Vieh geraubt
und trieben es vor sich hin. Die Vorhut waren die Manasseleute
(Rotes Volk), die zugleich Wegführer waren.

Als die Gibeoniten den von Hottentotten begleiteten Viehtrupp
sahen, glaubten sie, Witboi führe ihnen neue Leute zu, und fingen
an zu tanzen und zu singen und Witboi zu preisen. Aber wie ver¬
wandelte sich ihre Freude in Schrecken, als statt der erwarteten Landsleute die
Herero in den Ort drangen und sogleich die ersten Werfte in Asche legten, Nur
fünf Männer waren die Besatzung, die sich sogleich in eine östlich der Kirche hoch¬
gelegne Schanze warfen und von hier aus die Übermacht der Herero völlig in
Schach hielten, sodaß diese deu südlichen Teil des Dorfes mit Kirche und Mission
nicht nehmen konnten und unverrichteter Sache wieder abziehn mußten. Mit dem
gesamten Vieh und dreißig gefangnen Weibern machten sie sich wieder davon. Auch
der in der Nähe von Tsu! gcws wohnende Händler Duncan wurde bedroht; er
soll Vieh verloren und nur mit Mühe seine Flucht ausgeführt haben.

Hendrik Witboi hatte die Verfolgung der Räuber von Hoorukrnns aus zwar
unternommen, aber wegen der Schwäche seiner Pferde nicht durchführen können.
So mußte er feine Rache und die Eutschüdiguug seiner englischen Freunde auf
später versparen. Sie ließ nicht allzulange auf sich warten. Er erbeutete um
15. November 1891 östlich von Okahandya 2000 Rinder. Darauf sollte" die
Ovambcmdheru und die Rote Nation ihren Denkzettel für den Überfall auf Gideon
haben. Am 29. Dezember 1391 brach Hendrik Witboi von Hoornkrans nach
Seeis auf, wo 120 Manu ans Gideon zu ihm stoßen sollten. Das von Gideon
kommende Kommando hatte den Auftrag, jeden Mann der Roten Nation totzuschießen.
Es überfiel um 28. Dezember 1891 Hoakhanas, wo ein Mann und eine Frau er¬
schossen wurde". Die andern alten Frauen wurden auf Verwendung des Missionars
Jude verschont. In Hoakhanas erhielt das Kommando am 30. Dezember 1891
den Befehl, auf Hatsamas weitere Befehle zu erwarten, denn Witboi hatte in¬
zwischen seine Absicht geändert. In Kransneus hatte er einen Brief des ssiiupi-


Hendrik witboi und sein Stamm

kann sich nur eines einzigen großen Meisters erfreuen und schadet sich damit
nur selbst. Wollt ihr euch keinen „Faust" mehr ansehen, weil ihr den Mephisto
Dawisons nicht vergessen könnt? Jedem, was ihm gebührt. Auch bei den
Jüngern, bei Neulingen werdet ihr Genuß finden, wenn ihr wollt. Thuts,
und ihr nehmt dem Direktor, der rechnen und immer rechnen muß, einen Stein
vom Herzen. Es liegt an euch, wenn er euch nicht mehr und bessere Ab¬
wechslung bringt, wenn er euch mit französischer Kost füttert, und wenn er
den Mut verliert, euch zu zeigen, was er für gut hält.




Hendrik Witboi und sein ^kann
(Schluß)

le Hererv hatten unterwegs schon einen großen Trupp Vieh geraubt
und trieben es vor sich hin. Die Vorhut waren die Manasseleute
(Rotes Volk), die zugleich Wegführer waren.

Als die Gibeoniten den von Hottentotten begleiteten Viehtrupp
sahen, glaubten sie, Witboi führe ihnen neue Leute zu, und fingen
an zu tanzen und zu singen und Witboi zu preisen. Aber wie ver¬
wandelte sich ihre Freude in Schrecken, als statt der erwarteten Landsleute die
Herero in den Ort drangen und sogleich die ersten Werfte in Asche legten, Nur
fünf Männer waren die Besatzung, die sich sogleich in eine östlich der Kirche hoch¬
gelegne Schanze warfen und von hier aus die Übermacht der Herero völlig in
Schach hielten, sodaß diese deu südlichen Teil des Dorfes mit Kirche und Mission
nicht nehmen konnten und unverrichteter Sache wieder abziehn mußten. Mit dem
gesamten Vieh und dreißig gefangnen Weibern machten sie sich wieder davon. Auch
der in der Nähe von Tsu! gcws wohnende Händler Duncan wurde bedroht; er
soll Vieh verloren und nur mit Mühe seine Flucht ausgeführt haben.

Hendrik Witboi hatte die Verfolgung der Räuber von Hoorukrnns aus zwar
unternommen, aber wegen der Schwäche seiner Pferde nicht durchführen können.
So mußte er feine Rache und die Eutschüdiguug seiner englischen Freunde auf
später versparen. Sie ließ nicht allzulange auf sich warten. Er erbeutete um
15. November 1891 östlich von Okahandya 2000 Rinder. Darauf sollte« die
Ovambcmdheru und die Rote Nation ihren Denkzettel für den Überfall auf Gideon
haben. Am 29. Dezember 1391 brach Hendrik Witboi von Hoornkrans nach
Seeis auf, wo 120 Manu ans Gideon zu ihm stoßen sollten. Das von Gideon
kommende Kommando hatte den Auftrag, jeden Mann der Roten Nation totzuschießen.
Es überfiel um 28. Dezember 1891 Hoakhanas, wo ein Mann und eine Frau er¬
schossen wurde». Die andern alten Frauen wurden auf Verwendung des Missionars
Jude verschont. In Hoakhanas erhielt das Kommando am 30. Dezember 1891
den Befehl, auf Hatsamas weitere Befehle zu erwarten, denn Witboi hatte in¬
zwischen seine Absicht geändert. In Kransneus hatte er einen Brief des ssiiupi-


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[0709] Hendrik witboi und sein Stamm kann sich nur eines einzigen großen Meisters erfreuen und schadet sich damit nur selbst. Wollt ihr euch keinen „Faust" mehr ansehen, weil ihr den Mephisto Dawisons nicht vergessen könnt? Jedem, was ihm gebührt. Auch bei den Jüngern, bei Neulingen werdet ihr Genuß finden, wenn ihr wollt. Thuts, und ihr nehmt dem Direktor, der rechnen und immer rechnen muß, einen Stein vom Herzen. Es liegt an euch, wenn er euch nicht mehr und bessere Ab¬ wechslung bringt, wenn er euch mit französischer Kost füttert, und wenn er den Mut verliert, euch zu zeigen, was er für gut hält. Hendrik Witboi und sein ^kann (Schluß) le Hererv hatten unterwegs schon einen großen Trupp Vieh geraubt und trieben es vor sich hin. Die Vorhut waren die Manasseleute (Rotes Volk), die zugleich Wegführer waren. Als die Gibeoniten den von Hottentotten begleiteten Viehtrupp sahen, glaubten sie, Witboi führe ihnen neue Leute zu, und fingen an zu tanzen und zu singen und Witboi zu preisen. Aber wie ver¬ wandelte sich ihre Freude in Schrecken, als statt der erwarteten Landsleute die Herero in den Ort drangen und sogleich die ersten Werfte in Asche legten, Nur fünf Männer waren die Besatzung, die sich sogleich in eine östlich der Kirche hoch¬ gelegne Schanze warfen und von hier aus die Übermacht der Herero völlig in Schach hielten, sodaß diese deu südlichen Teil des Dorfes mit Kirche und Mission nicht nehmen konnten und unverrichteter Sache wieder abziehn mußten. Mit dem gesamten Vieh und dreißig gefangnen Weibern machten sie sich wieder davon. Auch der in der Nähe von Tsu! gcws wohnende Händler Duncan wurde bedroht; er soll Vieh verloren und nur mit Mühe seine Flucht ausgeführt haben. Hendrik Witboi hatte die Verfolgung der Räuber von Hoorukrnns aus zwar unternommen, aber wegen der Schwäche seiner Pferde nicht durchführen können. So mußte er feine Rache und die Eutschüdiguug seiner englischen Freunde auf später versparen. Sie ließ nicht allzulange auf sich warten. Er erbeutete um 15. November 1891 östlich von Okahandya 2000 Rinder. Darauf sollte« die Ovambcmdheru und die Rote Nation ihren Denkzettel für den Überfall auf Gideon haben. Am 29. Dezember 1391 brach Hendrik Witboi von Hoornkrans nach Seeis auf, wo 120 Manu ans Gideon zu ihm stoßen sollten. Das von Gideon kommende Kommando hatte den Auftrag, jeden Mann der Roten Nation totzuschießen. Es überfiel um 28. Dezember 1891 Hoakhanas, wo ein Mann und eine Frau er¬ schossen wurde». Die andern alten Frauen wurden auf Verwendung des Missionars Jude verschont. In Hoakhanas erhielt das Kommando am 30. Dezember 1891 den Befehl, auf Hatsamas weitere Befehle zu erwarten, denn Witboi hatte in¬ zwischen seine Absicht geändert. In Kransneus hatte er einen Brief des ssiiupi-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231811/709>, abgerufen am 07.05.2024.