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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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Litteratur

Nu, da sind Sie doch immer einer der ersten gewesen.

Mag sein, aber auf der Hindernisbahn des Lebens haben Sie es, wie ich
sehe, doch wohl besser verstanden. Nun sagen Sie mir: Sind Sie verheiratet?

Na und ob, und ich glaube beinah, Sie kennen meine Frau!

Was, doch nicht Ihre Soldatenliebe, das Fräulein Seligsohn?

Sie haben es geraten; ich bin damit nicht schlecht gefahren, obgleich sie gerade
nicht war, was man so eine Partie nennt, aber ich sage mir, gewisse Ideale muß
ein Mensch doch haben.

Bravo! Stoßen wir an auf Frau Gemahlin!

Und auf unsre alte Kameradschaft als ehemalige Kanoniere!




Litteratur
Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Band 1.XXXIV - >.XXX VII. Hausindustrie
und Heimarbeit in Deutschland und Österreich. Leipzig, Duncker und Humblot, 1899

In diesen vier Bänden setzt der Verein die Veröffentlichung der Untersuchungen
auf einem Gebiete fort, das er schon 1887 in den Bereich seiner Schriften
(Band XXXIX--XI.I1) gezogen hatte. Er bietet dadurch der Beurteilung des
wieder stärker hervortretende" Verlangens nach sozial- und gewerbegesetzlicher
Regelung der Hausindustrie und Heimarbeit neue wertvolle Unterlagen. Der erste
Band bringt Untersuchungen über Hausindustrien Süddeutschlands und Schlesiens,
der zweite beschäftigt sich ausschließlich mit der Hausindustrie der Frauen in Berlin,
der dritte betrifft Mittel- und Westdeutschland und Österreich, und der vierte Band
endlich enthält Mitteilungen von allgemeiner Bedeutung: Gesetzgebung, Statistik,
Übersichten und Berichte über Verhältnisse im Auslande. So wenig die Samm¬
lung, geographisch und den Gewerbzweigen nach, ein erschöpfendes Bild des Um¬
fangs und der Lage der deutschen und der österreichischen Hausindustrie bietet, so
ist auch so, wie es geboten ist, das Bild recht bunt; keineswegs durchweg so grau
in grau, wie sich vielleicht "ach den herrschenden grundsätzlichen Anschauungen unsrer
Sozialpolitiker über die Hausindustrie vermuten ließ.

Ein besondres Interesse nehmen die Beobachtungen in Anspruch, die über den
hausindnstriellen Neben- oder auch Haupterwerb der landwirtschaftlichen Bevölkerung
gemacht sind. Treffend weist der eine württembergische Berichterstatter auf die
schwierige Frage hin, ob und wann es zulässig oder erwünscht sein könnte, daß
durch die Erhaltung ländlicher Hausindustrien, wie die Trikotindnstrie in den Be¬
zirken Stuttgart und Balingen, künstlich eine Übervölkerung konserviert und wiederum
durch die Billigkeit der Arbeit als Folge der Übervölkerung die Entwicklung zur
technisch vollkommensten Betriebsform und zur qualitativ besten Ware verzögert werde.
Die "düstern Schatten," die anderwärts der Heimarbeit anhaften, haben sich in der
Hausindustrie des genannten Bezirks nicht gezeigt. Über die Hausweberei im Elsaß
wird berichtet, daß in ihr dank der Dezentralisation die Wohnungsfrage kaum eine
Rolle spiele, und wegen der Verbindung mit der Landwirtschaft und wegen einer
zweckmäßigen Betriebsorganisation der Industrie günstigere soziale Verhältnisse
herrschten als in sehr vielen andern Jndnstrten. Nur bedrohe die große Aus¬
dehnung der Trunksucht die Zukunft der Arbeiterschaft und hindre ihren sozialen


Litteratur

Nu, da sind Sie doch immer einer der ersten gewesen.

Mag sein, aber auf der Hindernisbahn des Lebens haben Sie es, wie ich
sehe, doch wohl besser verstanden. Nun sagen Sie mir: Sind Sie verheiratet?

Na und ob, und ich glaube beinah, Sie kennen meine Frau!

Was, doch nicht Ihre Soldatenliebe, das Fräulein Seligsohn?

Sie haben es geraten; ich bin damit nicht schlecht gefahren, obgleich sie gerade
nicht war, was man so eine Partie nennt, aber ich sage mir, gewisse Ideale muß
ein Mensch doch haben.

Bravo! Stoßen wir an auf Frau Gemahlin!

Und auf unsre alte Kameradschaft als ehemalige Kanoniere!




Litteratur
Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Band 1.XXXIV - >.XXX VII. Hausindustrie
und Heimarbeit in Deutschland und Österreich. Leipzig, Duncker und Humblot, 1899

In diesen vier Bänden setzt der Verein die Veröffentlichung der Untersuchungen
auf einem Gebiete fort, das er schon 1887 in den Bereich seiner Schriften
(Band XXXIX—XI.I1) gezogen hatte. Er bietet dadurch der Beurteilung des
wieder stärker hervortretende» Verlangens nach sozial- und gewerbegesetzlicher
Regelung der Hausindustrie und Heimarbeit neue wertvolle Unterlagen. Der erste
Band bringt Untersuchungen über Hausindustrien Süddeutschlands und Schlesiens,
der zweite beschäftigt sich ausschließlich mit der Hausindustrie der Frauen in Berlin,
der dritte betrifft Mittel- und Westdeutschland und Österreich, und der vierte Band
endlich enthält Mitteilungen von allgemeiner Bedeutung: Gesetzgebung, Statistik,
Übersichten und Berichte über Verhältnisse im Auslande. So wenig die Samm¬
lung, geographisch und den Gewerbzweigen nach, ein erschöpfendes Bild des Um¬
fangs und der Lage der deutschen und der österreichischen Hausindustrie bietet, so
ist auch so, wie es geboten ist, das Bild recht bunt; keineswegs durchweg so grau
in grau, wie sich vielleicht »ach den herrschenden grundsätzlichen Anschauungen unsrer
Sozialpolitiker über die Hausindustrie vermuten ließ.

Ein besondres Interesse nehmen die Beobachtungen in Anspruch, die über den
hausindnstriellen Neben- oder auch Haupterwerb der landwirtschaftlichen Bevölkerung
gemacht sind. Treffend weist der eine württembergische Berichterstatter auf die
schwierige Frage hin, ob und wann es zulässig oder erwünscht sein könnte, daß
durch die Erhaltung ländlicher Hausindustrien, wie die Trikotindnstrie in den Be¬
zirken Stuttgart und Balingen, künstlich eine Übervölkerung konserviert und wiederum
durch die Billigkeit der Arbeit als Folge der Übervölkerung die Entwicklung zur
technisch vollkommensten Betriebsform und zur qualitativ besten Ware verzögert werde.
Die „düstern Schatten," die anderwärts der Heimarbeit anhaften, haben sich in der
Hausindustrie des genannten Bezirks nicht gezeigt. Über die Hausweberei im Elsaß
wird berichtet, daß in ihr dank der Dezentralisation die Wohnungsfrage kaum eine
Rolle spiele, und wegen der Verbindung mit der Landwirtschaft und wegen einer
zweckmäßigen Betriebsorganisation der Industrie günstigere soziale Verhältnisse
herrschten als in sehr vielen andern Jndnstrten. Nur bedrohe die große Aus¬
dehnung der Trunksucht die Zukunft der Arbeiterschaft und hindre ihren sozialen


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[0368] Litteratur Nu, da sind Sie doch immer einer der ersten gewesen. Mag sein, aber auf der Hindernisbahn des Lebens haben Sie es, wie ich sehe, doch wohl besser verstanden. Nun sagen Sie mir: Sind Sie verheiratet? Na und ob, und ich glaube beinah, Sie kennen meine Frau! Was, doch nicht Ihre Soldatenliebe, das Fräulein Seligsohn? Sie haben es geraten; ich bin damit nicht schlecht gefahren, obgleich sie gerade nicht war, was man so eine Partie nennt, aber ich sage mir, gewisse Ideale muß ein Mensch doch haben. Bravo! Stoßen wir an auf Frau Gemahlin! Und auf unsre alte Kameradschaft als ehemalige Kanoniere! Litteratur Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Band 1.XXXIV - >.XXX VII. Hausindustrie und Heimarbeit in Deutschland und Österreich. Leipzig, Duncker und Humblot, 1899 In diesen vier Bänden setzt der Verein die Veröffentlichung der Untersuchungen auf einem Gebiete fort, das er schon 1887 in den Bereich seiner Schriften (Band XXXIX—XI.I1) gezogen hatte. Er bietet dadurch der Beurteilung des wieder stärker hervortretende» Verlangens nach sozial- und gewerbegesetzlicher Regelung der Hausindustrie und Heimarbeit neue wertvolle Unterlagen. Der erste Band bringt Untersuchungen über Hausindustrien Süddeutschlands und Schlesiens, der zweite beschäftigt sich ausschließlich mit der Hausindustrie der Frauen in Berlin, der dritte betrifft Mittel- und Westdeutschland und Österreich, und der vierte Band endlich enthält Mitteilungen von allgemeiner Bedeutung: Gesetzgebung, Statistik, Übersichten und Berichte über Verhältnisse im Auslande. So wenig die Samm¬ lung, geographisch und den Gewerbzweigen nach, ein erschöpfendes Bild des Um¬ fangs und der Lage der deutschen und der österreichischen Hausindustrie bietet, so ist auch so, wie es geboten ist, das Bild recht bunt; keineswegs durchweg so grau in grau, wie sich vielleicht »ach den herrschenden grundsätzlichen Anschauungen unsrer Sozialpolitiker über die Hausindustrie vermuten ließ. Ein besondres Interesse nehmen die Beobachtungen in Anspruch, die über den hausindnstriellen Neben- oder auch Haupterwerb der landwirtschaftlichen Bevölkerung gemacht sind. Treffend weist der eine württembergische Berichterstatter auf die schwierige Frage hin, ob und wann es zulässig oder erwünscht sein könnte, daß durch die Erhaltung ländlicher Hausindustrien, wie die Trikotindnstrie in den Be¬ zirken Stuttgart und Balingen, künstlich eine Übervölkerung konserviert und wiederum durch die Billigkeit der Arbeit als Folge der Übervölkerung die Entwicklung zur technisch vollkommensten Betriebsform und zur qualitativ besten Ware verzögert werde. Die „düstern Schatten," die anderwärts der Heimarbeit anhaften, haben sich in der Hausindustrie des genannten Bezirks nicht gezeigt. Über die Hausweberei im Elsaß wird berichtet, daß in ihr dank der Dezentralisation die Wohnungsfrage kaum eine Rolle spiele, und wegen der Verbindung mit der Landwirtschaft und wegen einer zweckmäßigen Betriebsorganisation der Industrie günstigere soziale Verhältnisse herrschten als in sehr vielen andern Jndnstrten. Nur bedrohe die große Aus¬ dehnung der Trunksucht die Zukunft der Arbeiterschaft und hindre ihren sozialen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/368>, abgerufen am 04.05.2024.