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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Drittes Vierteljahr.

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Line Dienstreise nach dem Grient

Übrigens ist die ans Amerika heimgekehrte ehrliche Jngenue Lona eine
Prächtige Person. In den Kreis der respektabel" Dünen zu deren Entsetzen
sie halten sie für die Zirknsdirektorin -- einbrechend sagt sie: "Aber ihr
macht ja so klägliche Gesichter! Und da sitzt ihr hier im Zwielicht und näht
an etwas Weißen. Doch kein Sterbefall in der Familie?" Prediger Rvhr-
land: "Mein Fräulein, Sie befinden sich hier in dem Verein für die moralisch
Verdorbnen --" Lona: "Was sagen Sie, diese feinen Damen wären --"
Fran Rummel: "Nein, das ist doch --" Lona: "Ah, versteh, versteh! Aber
zum Geier, das ist ja Frau Rummel! Und da sitzt ja auch Fran Holt! Nun,
wir drei sind nicht jünger geworden, seit usw." An so was kann man schon
F L. I- rende haben, ohne Revolutionär zu sein.

(Fortsetzung folgt)




Eine Dienstreise nach dem Grient
E Staatsminister Dr. Bosse rinnerungen von
(Fortsetzung)

in Sonntag stand ich um ^7 Uhr ans und bekam im Hotel ein
vorzügliches Bad mit allein Komfort, das nicht zu vergleichen war
mit dem Bade in der heißen Luft unsers tiefen Schiffsranms.
Bndediener war ein ebcnhvlzschwarzer Neger, wie denn im Hotel
die Hälfte der Bediensteten Farbige waren. Um acht Uhr ging
mit einigen unsrer Reisegefährten zum Gottesdienst in die einfache aber
^ehe hübsche evangelische Kirche. Wir trafen dort anch unsern Generalkonsul
Müller und den mir bekannten Geheimen Legationsrnt, Knmmerherrn
Atomar von Mohl, der als deutsches Mitglied der hiesigen, internationalen
Verwaltung der ägyptischen Staatsschuld angehört. Nach dem Gottesdienst
V2I0 Uhr wurden wir in recht gute Wagen gesetzt, die Herr Stangen besorgt
^"ete, und fuhren nun über die Nilbrückeu in der herrlichen, schattigen Sylv-
"^'enallee hinaus nach Gizeh. Eine unbeschreiblich schöne Fahrt, auf der sich
^lig orientalische Eindrücke unablässig häuften. Kairo macht durchaus
en Eindruck einer Weltstadt, aber einer durch ihre Lage und Bedeutung ganz
^^'ntümlichen. Schon der Blick auf den Nil, der damals gerade im Stadium
er vollen Überschwemmung war, ist für den Europäer etwas ganz absonder-
^des. Zahllose Dahabijcn und Nilbarken, dahinter die Wüste, ganz in der
^ unverkennbaren Umrisse großer Pyramiden, die gemischte orientalische
evölterung (Juden, Kopten, Armenier, Araber, Nubier und andre), die große
^labt mit ihren vielen Moscheen, Kuppeln und Minarets, alles bietet' dein


Line Dienstreise nach dem Grient

Übrigens ist die ans Amerika heimgekehrte ehrliche Jngenue Lona eine
Prächtige Person. In den Kreis der respektabel» Dünen zu deren Entsetzen
sie halten sie für die Zirknsdirektorin — einbrechend sagt sie: „Aber ihr
macht ja so klägliche Gesichter! Und da sitzt ihr hier im Zwielicht und näht
an etwas Weißen. Doch kein Sterbefall in der Familie?" Prediger Rvhr-
land: „Mein Fräulein, Sie befinden sich hier in dem Verein für die moralisch
Verdorbnen —" Lona: „Was sagen Sie, diese feinen Damen wären —"
Fran Rummel: „Nein, das ist doch —" Lona: „Ah, versteh, versteh! Aber
zum Geier, das ist ja Frau Rummel! Und da sitzt ja auch Fran Holt! Nun,
wir drei sind nicht jünger geworden, seit usw." An so was kann man schon
F L. I- rende haben, ohne Revolutionär zu sein.

(Fortsetzung folgt)




Eine Dienstreise nach dem Grient
E Staatsminister Dr. Bosse rinnerungen von
(Fortsetzung)

in Sonntag stand ich um ^7 Uhr ans und bekam im Hotel ein
vorzügliches Bad mit allein Komfort, das nicht zu vergleichen war
mit dem Bade in der heißen Luft unsers tiefen Schiffsranms.
Bndediener war ein ebcnhvlzschwarzer Neger, wie denn im Hotel
die Hälfte der Bediensteten Farbige waren. Um acht Uhr ging
mit einigen unsrer Reisegefährten zum Gottesdienst in die einfache aber
^ehe hübsche evangelische Kirche. Wir trafen dort anch unsern Generalkonsul
Müller und den mir bekannten Geheimen Legationsrnt, Knmmerherrn
Atomar von Mohl, der als deutsches Mitglied der hiesigen, internationalen
Verwaltung der ägyptischen Staatsschuld angehört. Nach dem Gottesdienst
V2I0 Uhr wurden wir in recht gute Wagen gesetzt, die Herr Stangen besorgt
^"ete, und fuhren nun über die Nilbrückeu in der herrlichen, schattigen Sylv-
"^'enallee hinaus nach Gizeh. Eine unbeschreiblich schöne Fahrt, auf der sich
^lig orientalische Eindrücke unablässig häuften. Kairo macht durchaus
en Eindruck einer Weltstadt, aber einer durch ihre Lage und Bedeutung ganz
^^'ntümlichen. Schon der Blick auf den Nil, der damals gerade im Stadium
er vollen Überschwemmung war, ist für den Europäer etwas ganz absonder-
^des. Zahllose Dahabijcn und Nilbarken, dahinter die Wüste, ganz in der
^ unverkennbaren Umrisse großer Pyramiden, die gemischte orientalische
evölterung (Juden, Kopten, Armenier, Araber, Nubier und andre), die große
^labt mit ihren vielen Moscheen, Kuppeln und Minarets, alles bietet' dein


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[0381] Line Dienstreise nach dem Grient Übrigens ist die ans Amerika heimgekehrte ehrliche Jngenue Lona eine Prächtige Person. In den Kreis der respektabel» Dünen zu deren Entsetzen sie halten sie für die Zirknsdirektorin — einbrechend sagt sie: „Aber ihr macht ja so klägliche Gesichter! Und da sitzt ihr hier im Zwielicht und näht an etwas Weißen. Doch kein Sterbefall in der Familie?" Prediger Rvhr- land: „Mein Fräulein, Sie befinden sich hier in dem Verein für die moralisch Verdorbnen —" Lona: „Was sagen Sie, diese feinen Damen wären —" Fran Rummel: „Nein, das ist doch —" Lona: „Ah, versteh, versteh! Aber zum Geier, das ist ja Frau Rummel! Und da sitzt ja auch Fran Holt! Nun, wir drei sind nicht jünger geworden, seit usw." An so was kann man schon F L. I- rende haben, ohne Revolutionär zu sein. (Fortsetzung folgt) Eine Dienstreise nach dem Grient E Staatsminister Dr. Bosse rinnerungen von (Fortsetzung) in Sonntag stand ich um ^7 Uhr ans und bekam im Hotel ein vorzügliches Bad mit allein Komfort, das nicht zu vergleichen war mit dem Bade in der heißen Luft unsers tiefen Schiffsranms. Bndediener war ein ebcnhvlzschwarzer Neger, wie denn im Hotel die Hälfte der Bediensteten Farbige waren. Um acht Uhr ging mit einigen unsrer Reisegefährten zum Gottesdienst in die einfache aber ^ehe hübsche evangelische Kirche. Wir trafen dort anch unsern Generalkonsul Müller und den mir bekannten Geheimen Legationsrnt, Knmmerherrn Atomar von Mohl, der als deutsches Mitglied der hiesigen, internationalen Verwaltung der ägyptischen Staatsschuld angehört. Nach dem Gottesdienst V2I0 Uhr wurden wir in recht gute Wagen gesetzt, die Herr Stangen besorgt ^"ete, und fuhren nun über die Nilbrückeu in der herrlichen, schattigen Sylv- "^'enallee hinaus nach Gizeh. Eine unbeschreiblich schöne Fahrt, auf der sich ^lig orientalische Eindrücke unablässig häuften. Kairo macht durchaus en Eindruck einer Weltstadt, aber einer durch ihre Lage und Bedeutung ganz ^^'ntümlichen. Schon der Blick auf den Nil, der damals gerade im Stadium er vollen Überschwemmung war, ist für den Europäer etwas ganz absonder- ^des. Zahllose Dahabijcn und Nilbarken, dahinter die Wüste, ganz in der ^ unverkennbaren Umrisse großer Pyramiden, die gemischte orientalische evölterung (Juden, Kopten, Armenier, Araber, Nubier und andre), die große ^labt mit ihren vielen Moscheen, Kuppeln und Minarets, alles bietet' dein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_233233/381>, abgerufen am 02.05.2024.