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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Drittes Vierteljahr.

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Giue Dienstreise nach dem Grient

Marianne und an die Fruchtbarkeit der Mutter Erde, die ihm bei jedem neuen
.Kinde auch neuen Segen auf den Feldern schafft. I^Ä tsrre tvecmclc;, 1-i töinwo
teooncllZ rscZeviöuclront I"z oults, ig. toute-xuiLsanec; et ig. Lvuverainv domitu.
Das hierbei zuweilen durchbrechende sittliche Pathos Zolas ist recht rührend,
aber wir können ihn als Moralprediger und Erzieher seines Volks beim besten
Willen nicht ernst nehmen. Zola hat in Deutschland viele Verehrer und
Schwärmer, aber man kann ruhig behaupten, waren diese Romane von einem
deutschen Schriftsteller geschrieben worden, so würde dieser ohne Zweifel von
denselben Schwärmern entweder gesteinigt oder als ein langweiliger, über¬
spannter, wichtigthuender Charlatan ohne Bedenken beiseite geschoben werden.
Aber die französische Flagge ist bei Urteilslosen noch immer eine gute Reklame,
sie deckt noch immer die litterarische Ware, leider Gottes zum Schaden unsrer
eignen gesunden Litteratur.




Eine Dienstreise nach dein Orient
Stciatsminister !)>'. Bosse Erinnerungen von
(Fortsetzung)

chon am Morgen des 31. Oktober war es zu spüre", daß der
Tag sehr heiß werdeu würde, um acht Uhr ordnete sich der
große Festzug vor unserm Hotel; alle Beamten trugen dabei
Galauniform, die zahlreichen Johanniterritter ihre roten, ge¬
stickten Röcke, hohe Stiefel, deu Hut mit weißer, wallender
Feder und den schwarzseidnen Mantel mit dein Weißen .Kreuz. Es war ein
ungemein stattlicher Anblick, und der glänzende Zug würde selbst in der Heimat
Interesse erregt haben. Man kann sich denken, wie die Orientalen diese ihnen
fremden, bunten Uniformen anstaunten. Ans allen Mauern, Dächern, Türmen,
in den Fenstern und Thüren kauerten oder standen Männer, Frauen und Kinder,
dunkle und Weiße, verschleierte und unverschleierte Weiber, Araber, Türken,
Juden, Mönche aller Art. Für uus war dieses Strnßcubild interessanter als
unser Zug. Ich hatte das Kaiserpanr am Eingange zum Muristan mit zu
empfangen lind um seine Plätze in der Kirche zu geleite". Die Hitze war
glühend, der Staub entsetzlich, die Feier in der Kirche aber wahrhaft großartig
und erhebend. Sie entschädigte die Teilnehmer reichlich für alle Mühsal.
Sehr bedauerlich ist es, daß der sehr hübsche Innenraum der Kirche eine recht
mangelhafte Akustik hat. Ich habe von der Weiherede des Oberhofpredigers
Dryander, der doch sehr korrekt und deutlich ausspricht, obwohl ich ganz vorn
auf der ersten Bank saß, kaum das vierte Wort verstanden und so gut wie


Giue Dienstreise nach dem Grient

Marianne und an die Fruchtbarkeit der Mutter Erde, die ihm bei jedem neuen
.Kinde auch neuen Segen auf den Feldern schafft. I^Ä tsrre tvecmclc;, 1-i töinwo
teooncllZ rscZeviöuclront I«z oults, ig. toute-xuiLsanec; et ig. Lvuverainv domitu.
Das hierbei zuweilen durchbrechende sittliche Pathos Zolas ist recht rührend,
aber wir können ihn als Moralprediger und Erzieher seines Volks beim besten
Willen nicht ernst nehmen. Zola hat in Deutschland viele Verehrer und
Schwärmer, aber man kann ruhig behaupten, waren diese Romane von einem
deutschen Schriftsteller geschrieben worden, so würde dieser ohne Zweifel von
denselben Schwärmern entweder gesteinigt oder als ein langweiliger, über¬
spannter, wichtigthuender Charlatan ohne Bedenken beiseite geschoben werden.
Aber die französische Flagge ist bei Urteilslosen noch immer eine gute Reklame,
sie deckt noch immer die litterarische Ware, leider Gottes zum Schaden unsrer
eignen gesunden Litteratur.




Eine Dienstreise nach dein Orient
Stciatsminister !)>'. Bosse Erinnerungen von
(Fortsetzung)

chon am Morgen des 31. Oktober war es zu spüre», daß der
Tag sehr heiß werdeu würde, um acht Uhr ordnete sich der
große Festzug vor unserm Hotel; alle Beamten trugen dabei
Galauniform, die zahlreichen Johanniterritter ihre roten, ge¬
stickten Röcke, hohe Stiefel, deu Hut mit weißer, wallender
Feder und den schwarzseidnen Mantel mit dein Weißen .Kreuz. Es war ein
ungemein stattlicher Anblick, und der glänzende Zug würde selbst in der Heimat
Interesse erregt haben. Man kann sich denken, wie die Orientalen diese ihnen
fremden, bunten Uniformen anstaunten. Ans allen Mauern, Dächern, Türmen,
in den Fenstern und Thüren kauerten oder standen Männer, Frauen und Kinder,
dunkle und Weiße, verschleierte und unverschleierte Weiber, Araber, Türken,
Juden, Mönche aller Art. Für uus war dieses Strnßcubild interessanter als
unser Zug. Ich hatte das Kaiserpanr am Eingange zum Muristan mit zu
empfangen lind um seine Plätze in der Kirche zu geleite». Die Hitze war
glühend, der Staub entsetzlich, die Feier in der Kirche aber wahrhaft großartig
und erhebend. Sie entschädigte die Teilnehmer reichlich für alle Mühsal.
Sehr bedauerlich ist es, daß der sehr hübsche Innenraum der Kirche eine recht
mangelhafte Akustik hat. Ich habe von der Weiherede des Oberhofpredigers
Dryander, der doch sehr korrekt und deutlich ausspricht, obwohl ich ganz vorn
auf der ersten Bank saß, kaum das vierte Wort verstanden und so gut wie


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[0474] Giue Dienstreise nach dem Grient Marianne und an die Fruchtbarkeit der Mutter Erde, die ihm bei jedem neuen .Kinde auch neuen Segen auf den Feldern schafft. I^Ä tsrre tvecmclc;, 1-i töinwo teooncllZ rscZeviöuclront I«z oults, ig. toute-xuiLsanec; et ig. Lvuverainv domitu. Das hierbei zuweilen durchbrechende sittliche Pathos Zolas ist recht rührend, aber wir können ihn als Moralprediger und Erzieher seines Volks beim besten Willen nicht ernst nehmen. Zola hat in Deutschland viele Verehrer und Schwärmer, aber man kann ruhig behaupten, waren diese Romane von einem deutschen Schriftsteller geschrieben worden, so würde dieser ohne Zweifel von denselben Schwärmern entweder gesteinigt oder als ein langweiliger, über¬ spannter, wichtigthuender Charlatan ohne Bedenken beiseite geschoben werden. Aber die französische Flagge ist bei Urteilslosen noch immer eine gute Reklame, sie deckt noch immer die litterarische Ware, leider Gottes zum Schaden unsrer eignen gesunden Litteratur. Eine Dienstreise nach dein Orient Stciatsminister !)>'. Bosse Erinnerungen von (Fortsetzung) chon am Morgen des 31. Oktober war es zu spüre», daß der Tag sehr heiß werdeu würde, um acht Uhr ordnete sich der große Festzug vor unserm Hotel; alle Beamten trugen dabei Galauniform, die zahlreichen Johanniterritter ihre roten, ge¬ stickten Röcke, hohe Stiefel, deu Hut mit weißer, wallender Feder und den schwarzseidnen Mantel mit dein Weißen .Kreuz. Es war ein ungemein stattlicher Anblick, und der glänzende Zug würde selbst in der Heimat Interesse erregt haben. Man kann sich denken, wie die Orientalen diese ihnen fremden, bunten Uniformen anstaunten. Ans allen Mauern, Dächern, Türmen, in den Fenstern und Thüren kauerten oder standen Männer, Frauen und Kinder, dunkle und Weiße, verschleierte und unverschleierte Weiber, Araber, Türken, Juden, Mönche aller Art. Für uus war dieses Strnßcubild interessanter als unser Zug. Ich hatte das Kaiserpanr am Eingange zum Muristan mit zu empfangen lind um seine Plätze in der Kirche zu geleite». Die Hitze war glühend, der Staub entsetzlich, die Feier in der Kirche aber wahrhaft großartig und erhebend. Sie entschädigte die Teilnehmer reichlich für alle Mühsal. Sehr bedauerlich ist es, daß der sehr hübsche Innenraum der Kirche eine recht mangelhafte Akustik hat. Ich habe von der Weiherede des Oberhofpredigers Dryander, der doch sehr korrekt und deutlich ausspricht, obwohl ich ganz vorn auf der ersten Bank saß, kaum das vierte Wort verstanden und so gut wie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_233233/474>, abgerufen am 02.05.2024.