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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

sagte er einmal; wir verlängern einigen hungernden Bauern das Leben eine Zeit
lang, und dann werden sie wieder so elend sein wie zuvor." Diese von der ganzen
zivilisierten Welt anerkannte Seelengröße ist es wohl, was die russischen Gewalt¬
haber gezwungen hat, sich wider Willen vor ihm zu beugen, sodnß sie nicht gewagt
haben, ihn in einem Kerker oder in Sibirien verschwinden zu lasse". Seine Bücher
werden verboten, aber die geistlichen Akademien Rußlands entnehmen diesen Bücher",
die ihre Mitglieder "icht lese" dürfe", die Themata für ihre Dissertationen. Und
Wie sich die französische Hofgesellschaft 1785 an Beaumarchais Figaro ergötzt hatte,
so ergötzte sich 1890 die von Zarskoje Ssjelo an Tolstois Lustspiel "Früchte der
Bildung," ohne zu merken, daß sie es ist, der darin das Urteil gesprochen wird.


Zur Frage der Aktenkassation.

(S. Ur. 45, S. 294.) Etwa drei Wochen
vor den Dresdner Verhandlungen über die Frage der Akteuanfbewahruug waren
aus dem preußischen Justizministerium Vorschriften über die Aussonderung und Ver¬
nichtung der Akten bei den Gerichtsbehörden ergangen und dabei auch Bestimmungen
über die Ablieferung der Akten an die Staatsarchive getroffen. Es heißt in der
allgemeinen Verfügung vom 6. September 1900: "Die bei den Gerichtsbehörden
entbehrlich gewordnen Akten und Urkunden, die sich auf die Geschichte, die Besitz-
und Rechtsverhältnisse oder die Verwaltung des Staats beziehn oder von besonderm
kulturgeschichtlichem Interesse sind, sollen an die Staatsarchive abgeliefert werden.
Bei Meinungsverschiedenheiten darüber, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ent¬
scheidet die Ansicht des zuständigen Archivbeamten. Diese Bestimmungen finden
auch auf ältere Bücher rechtsgeschichtlichen Inhalts, welche für die Gerichtsbibliothckeu
nicht mehr von Wert sind, sowie auf diejenigen für den Geschäftsbetrieb entbehr¬
lichen Akten und Schriftstücke Anwendung, welche nur deshalb von der Vernichtung
ausgeschlossen sind, weil sie für die Kenntnis früherer Zustände und Sitten ein
besondres Interesse bieten."

Für die preußischen Gerichte sind diese Vorschriften nicht neu, sie bestehn schon
seit vielen Jahrzehnten, sind aber wohl niemals streng durchgeführt und deshalb
in den achtziger Jahren mehrmals aufgefrischt und erweitert worden. Die meisten
Gerichtsbeamten haben an der Durchführung kein großes Juteresse, und so sind nur
in seltnen Fällen wirklich ältere Gerichtsakten an die Staatsarchive gekomme". Beim
Amtsgericht Schlieben z. B., einem alten kursächsischen Gerichtsnmte mit fiskalischen
Gebäude, lagen bis vor kurzem unter dem Dache ungeheure Stöße von Akten, die
jetzt zum größten Teile, nachdem sie ein Archivbeamter durchgesehen hat, im Magde¬
burger Staatsarchive liegen. Es fanden sich darunter Teile von Schöffensprüchen
aus dem Jahre 1517, die also jedenfalls kulturgeschichtlichen Wert hatten. Es
kann aber auch nach der neusten Verfügung des Justizministers zweifelhaft werden,
inwieweit unsre heutigen Gerichtsakten, die allerdings erst nach fünf bis dreißig
Jahren zur Vernichtung und Aussonderung geeignet werden, kulturgeschichtlichen
Wert haben oder bekommen können, wie Geheimrat Grotefend meint. Geht man
die einzelnen Arten der Gcrichtsakten durch, so sind bei der streitigen Gerichtsbarkeit
die Zivilprozeß-. Konkurs-, Aufgebots- und Zwangsversteigerungsakten hervorzuheben,
von denen manche kulturgeschichtlichen Wert bekommen können, wenn man an Konkurse
großer Geschäfte, Versteigerungen großer Güter oder sonstige bürgerliche Streitig¬
keiten über wichtige Objekte, Grenzen, Grundstücke, Fnmilienfideikommisse, Stif¬
tungen usw. denkt. Während aber hierbei das wirtschaftliche Interesse überwiegt,
steht bei den Strafsachen das kulturgeschichtliche Juteresse direkt in Frage: man
braucht nur an den Konitzcr Mordprozeß, an den Sternberg- und Harmlosenprozeß
und ähnliche Sachen zu erinnern, um zu zeigen, einen wie hervorragenden Wert
diese Akten für spätere Zeiten bekommen werden. Mögen auch die Zeitungen und


Maßgebliches und Unmaßgebliches

sagte er einmal; wir verlängern einigen hungernden Bauern das Leben eine Zeit
lang, und dann werden sie wieder so elend sein wie zuvor." Diese von der ganzen
zivilisierten Welt anerkannte Seelengröße ist es wohl, was die russischen Gewalt¬
haber gezwungen hat, sich wider Willen vor ihm zu beugen, sodnß sie nicht gewagt
haben, ihn in einem Kerker oder in Sibirien verschwinden zu lasse». Seine Bücher
werden verboten, aber die geistlichen Akademien Rußlands entnehmen diesen Bücher»,
die ihre Mitglieder »icht lese» dürfe», die Themata für ihre Dissertationen. Und
Wie sich die französische Hofgesellschaft 1785 an Beaumarchais Figaro ergötzt hatte,
so ergötzte sich 1890 die von Zarskoje Ssjelo an Tolstois Lustspiel „Früchte der
Bildung," ohne zu merken, daß sie es ist, der darin das Urteil gesprochen wird.


Zur Frage der Aktenkassation.

(S. Ur. 45, S. 294.) Etwa drei Wochen
vor den Dresdner Verhandlungen über die Frage der Akteuanfbewahruug waren
aus dem preußischen Justizministerium Vorschriften über die Aussonderung und Ver¬
nichtung der Akten bei den Gerichtsbehörden ergangen und dabei auch Bestimmungen
über die Ablieferung der Akten an die Staatsarchive getroffen. Es heißt in der
allgemeinen Verfügung vom 6. September 1900: „Die bei den Gerichtsbehörden
entbehrlich gewordnen Akten und Urkunden, die sich auf die Geschichte, die Besitz-
und Rechtsverhältnisse oder die Verwaltung des Staats beziehn oder von besonderm
kulturgeschichtlichem Interesse sind, sollen an die Staatsarchive abgeliefert werden.
Bei Meinungsverschiedenheiten darüber, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ent¬
scheidet die Ansicht des zuständigen Archivbeamten. Diese Bestimmungen finden
auch auf ältere Bücher rechtsgeschichtlichen Inhalts, welche für die Gerichtsbibliothckeu
nicht mehr von Wert sind, sowie auf diejenigen für den Geschäftsbetrieb entbehr¬
lichen Akten und Schriftstücke Anwendung, welche nur deshalb von der Vernichtung
ausgeschlossen sind, weil sie für die Kenntnis früherer Zustände und Sitten ein
besondres Interesse bieten."

Für die preußischen Gerichte sind diese Vorschriften nicht neu, sie bestehn schon
seit vielen Jahrzehnten, sind aber wohl niemals streng durchgeführt und deshalb
in den achtziger Jahren mehrmals aufgefrischt und erweitert worden. Die meisten
Gerichtsbeamten haben an der Durchführung kein großes Juteresse, und so sind nur
in seltnen Fällen wirklich ältere Gerichtsakten an die Staatsarchive gekomme». Beim
Amtsgericht Schlieben z. B., einem alten kursächsischen Gerichtsnmte mit fiskalischen
Gebäude, lagen bis vor kurzem unter dem Dache ungeheure Stöße von Akten, die
jetzt zum größten Teile, nachdem sie ein Archivbeamter durchgesehen hat, im Magde¬
burger Staatsarchive liegen. Es fanden sich darunter Teile von Schöffensprüchen
aus dem Jahre 1517, die also jedenfalls kulturgeschichtlichen Wert hatten. Es
kann aber auch nach der neusten Verfügung des Justizministers zweifelhaft werden,
inwieweit unsre heutigen Gerichtsakten, die allerdings erst nach fünf bis dreißig
Jahren zur Vernichtung und Aussonderung geeignet werden, kulturgeschichtlichen
Wert haben oder bekommen können, wie Geheimrat Grotefend meint. Geht man
die einzelnen Arten der Gcrichtsakten durch, so sind bei der streitigen Gerichtsbarkeit
die Zivilprozeß-. Konkurs-, Aufgebots- und Zwangsversteigerungsakten hervorzuheben,
von denen manche kulturgeschichtlichen Wert bekommen können, wenn man an Konkurse
großer Geschäfte, Versteigerungen großer Güter oder sonstige bürgerliche Streitig¬
keiten über wichtige Objekte, Grenzen, Grundstücke, Fnmilienfideikommisse, Stif¬
tungen usw. denkt. Während aber hierbei das wirtschaftliche Interesse überwiegt,
steht bei den Strafsachen das kulturgeschichtliche Juteresse direkt in Frage: man
braucht nur an den Konitzcr Mordprozeß, an den Sternberg- und Harmlosenprozeß
und ähnliche Sachen zu erinnern, um zu zeigen, einen wie hervorragenden Wert
diese Akten für spätere Zeiten bekommen werden. Mögen auch die Zeitungen und


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[0109] Maßgebliches und Unmaßgebliches sagte er einmal; wir verlängern einigen hungernden Bauern das Leben eine Zeit lang, und dann werden sie wieder so elend sein wie zuvor." Diese von der ganzen zivilisierten Welt anerkannte Seelengröße ist es wohl, was die russischen Gewalt¬ haber gezwungen hat, sich wider Willen vor ihm zu beugen, sodnß sie nicht gewagt haben, ihn in einem Kerker oder in Sibirien verschwinden zu lasse». Seine Bücher werden verboten, aber die geistlichen Akademien Rußlands entnehmen diesen Bücher», die ihre Mitglieder »icht lese» dürfe», die Themata für ihre Dissertationen. Und Wie sich die französische Hofgesellschaft 1785 an Beaumarchais Figaro ergötzt hatte, so ergötzte sich 1890 die von Zarskoje Ssjelo an Tolstois Lustspiel „Früchte der Bildung," ohne zu merken, daß sie es ist, der darin das Urteil gesprochen wird. Zur Frage der Aktenkassation. (S. Ur. 45, S. 294.) Etwa drei Wochen vor den Dresdner Verhandlungen über die Frage der Akteuanfbewahruug waren aus dem preußischen Justizministerium Vorschriften über die Aussonderung und Ver¬ nichtung der Akten bei den Gerichtsbehörden ergangen und dabei auch Bestimmungen über die Ablieferung der Akten an die Staatsarchive getroffen. Es heißt in der allgemeinen Verfügung vom 6. September 1900: „Die bei den Gerichtsbehörden entbehrlich gewordnen Akten und Urkunden, die sich auf die Geschichte, die Besitz- und Rechtsverhältnisse oder die Verwaltung des Staats beziehn oder von besonderm kulturgeschichtlichem Interesse sind, sollen an die Staatsarchive abgeliefert werden. Bei Meinungsverschiedenheiten darüber, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ent¬ scheidet die Ansicht des zuständigen Archivbeamten. Diese Bestimmungen finden auch auf ältere Bücher rechtsgeschichtlichen Inhalts, welche für die Gerichtsbibliothckeu nicht mehr von Wert sind, sowie auf diejenigen für den Geschäftsbetrieb entbehr¬ lichen Akten und Schriftstücke Anwendung, welche nur deshalb von der Vernichtung ausgeschlossen sind, weil sie für die Kenntnis früherer Zustände und Sitten ein besondres Interesse bieten." Für die preußischen Gerichte sind diese Vorschriften nicht neu, sie bestehn schon seit vielen Jahrzehnten, sind aber wohl niemals streng durchgeführt und deshalb in den achtziger Jahren mehrmals aufgefrischt und erweitert worden. Die meisten Gerichtsbeamten haben an der Durchführung kein großes Juteresse, und so sind nur in seltnen Fällen wirklich ältere Gerichtsakten an die Staatsarchive gekomme». Beim Amtsgericht Schlieben z. B., einem alten kursächsischen Gerichtsnmte mit fiskalischen Gebäude, lagen bis vor kurzem unter dem Dache ungeheure Stöße von Akten, die jetzt zum größten Teile, nachdem sie ein Archivbeamter durchgesehen hat, im Magde¬ burger Staatsarchive liegen. Es fanden sich darunter Teile von Schöffensprüchen aus dem Jahre 1517, die also jedenfalls kulturgeschichtlichen Wert hatten. Es kann aber auch nach der neusten Verfügung des Justizministers zweifelhaft werden, inwieweit unsre heutigen Gerichtsakten, die allerdings erst nach fünf bis dreißig Jahren zur Vernichtung und Aussonderung geeignet werden, kulturgeschichtlichen Wert haben oder bekommen können, wie Geheimrat Grotefend meint. Geht man die einzelnen Arten der Gcrichtsakten durch, so sind bei der streitigen Gerichtsbarkeit die Zivilprozeß-. Konkurs-, Aufgebots- und Zwangsversteigerungsakten hervorzuheben, von denen manche kulturgeschichtlichen Wert bekommen können, wenn man an Konkurse großer Geschäfte, Versteigerungen großer Güter oder sonstige bürgerliche Streitig¬ keiten über wichtige Objekte, Grenzen, Grundstücke, Fnmilienfideikommisse, Stif¬ tungen usw. denkt. Während aber hierbei das wirtschaftliche Interesse überwiegt, steht bei den Strafsachen das kulturgeschichtliche Juteresse direkt in Frage: man braucht nur an den Konitzcr Mordprozeß, an den Sternberg- und Harmlosenprozeß und ähnliche Sachen zu erinnern, um zu zeigen, einen wie hervorragenden Wert diese Akten für spätere Zeiten bekommen werden. Mögen auch die Zeitungen und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/109>, abgerufen am 02.05.2024.