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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Die im zweiten Bande zusammengestellten Urkunden sind den Archiven
oberitalienischer, schweizerischer und oberdeutscher Städte entnommen und um¬
fassen Tarife, Instruktionen für Gesandte, Gesandtenberichte, Pässe, Privilegien,
Beschwerden wegen Beraubung und Ermordung von Kaufleuten, Exekutions¬
briefe gegen Schuldner, Schuldverschreibungen, Mahnbriefe, Abrechnungen,
Licfcruugsvcrtrüge, Gesellschaftsverträge. Gut gefallen hat uns eine Ver¬
fügung des Dogen von Genua vom. 5. September 1441, wodurch der schon
zur Flottenstener eingeschätzte (Houraclus ^.Isinainiris taaZiarinZ i?) vanv6rrimu8
vir in Ansehung seiner Armut und der Familienlast, die ihn bedrückt, von
jeder Zahlungspflicht befreit wird. Von den beiden schönen Karten ist die
zweite eine Gebirgsknrte, die erste eine klare und übersichtliche Wegkarte. Zum
Schluß noch ein Kuriosum, das in unsrer Zeit der ewig flatternden Festfahncn
interessieren muß. Die Florentiner Bankiers, die sich des Konzils wegen in
Konstanz niedergelassen hatten, feierten mit ihrer Gefolgschaft das Johannis-
fest, so gut es in der fremden beinahe nordischen Stadt gehn wollte, nach
heimatlichen Brauch mit einer Prozession durch die festlich geschmückten Straßen
und in der ebenso geschmückten Kirche. Es war wohl das erstemal in Deutsch¬
land, schreibt Schulte, daß der Schmuck der Maien, Blumen und Tücher den
Ernst des kirchlichen Umzugs verschönte. An Stelle der kirchlichen Umzüge
haben die patriotischen, historischen, Schützen-, Turner-, Sänger- und Radler¬
feste den Floreutinerbrauch übernommen.




Herbsttage in der Gifel
Julius R. Haarhaus Arten" und Landschaftsbilder von
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cum ich bei einer "Schönheitskonkurrenz" der Eifelstädte als
Preisrichter meine Stimme abgeben müßte, so würde ich ohne
Bedenken die Siegespalme dem freundlichen Montjvie zuerkennen.
Es geht dieser Stadt wie der Polin, vou der es im Bettel¬
studenten, wenn ich nicht irre, heißt: "Sie hat von allen Reizen
die exquisitesten vereint, womit die andern einzeln geizen, bei ihr als ein
Bouquet erscheint." In der That hat Montjoie alles, was eine kleine Stadt
dem Besucher schön und nugeuehm macht. Die Lage an der Vereinigungstelle
tiefer, enger Thäler, die günstigen klimatischen Verhältnisse, der Reichtum an
krhstallklarem Gebirgswasser, die malerische Burgruine, die als ein Denkmal
der Feudalzeit deu Ort überragt, die imposanten Bürgerhäuser, die schönen


Die im zweiten Bande zusammengestellten Urkunden sind den Archiven
oberitalienischer, schweizerischer und oberdeutscher Städte entnommen und um¬
fassen Tarife, Instruktionen für Gesandte, Gesandtenberichte, Pässe, Privilegien,
Beschwerden wegen Beraubung und Ermordung von Kaufleuten, Exekutions¬
briefe gegen Schuldner, Schuldverschreibungen, Mahnbriefe, Abrechnungen,
Licfcruugsvcrtrüge, Gesellschaftsverträge. Gut gefallen hat uns eine Ver¬
fügung des Dogen von Genua vom. 5. September 1441, wodurch der schon
zur Flottenstener eingeschätzte (Houraclus ^.Isinainiris taaZiarinZ i?) vanv6rrimu8
vir in Ansehung seiner Armut und der Familienlast, die ihn bedrückt, von
jeder Zahlungspflicht befreit wird. Von den beiden schönen Karten ist die
zweite eine Gebirgsknrte, die erste eine klare und übersichtliche Wegkarte. Zum
Schluß noch ein Kuriosum, das in unsrer Zeit der ewig flatternden Festfahncn
interessieren muß. Die Florentiner Bankiers, die sich des Konzils wegen in
Konstanz niedergelassen hatten, feierten mit ihrer Gefolgschaft das Johannis-
fest, so gut es in der fremden beinahe nordischen Stadt gehn wollte, nach
heimatlichen Brauch mit einer Prozession durch die festlich geschmückten Straßen
und in der ebenso geschmückten Kirche. Es war wohl das erstemal in Deutsch¬
land, schreibt Schulte, daß der Schmuck der Maien, Blumen und Tücher den
Ernst des kirchlichen Umzugs verschönte. An Stelle der kirchlichen Umzüge
haben die patriotischen, historischen, Schützen-, Turner-, Sänger- und Radler¬
feste den Floreutinerbrauch übernommen.




Herbsttage in der Gifel
Julius R. Haarhaus Arten» und Landschaftsbilder von
4

cum ich bei einer „Schönheitskonkurrenz" der Eifelstädte als
Preisrichter meine Stimme abgeben müßte, so würde ich ohne
Bedenken die Siegespalme dem freundlichen Montjvie zuerkennen.
Es geht dieser Stadt wie der Polin, vou der es im Bettel¬
studenten, wenn ich nicht irre, heißt: „Sie hat von allen Reizen
die exquisitesten vereint, womit die andern einzeln geizen, bei ihr als ein
Bouquet erscheint." In der That hat Montjoie alles, was eine kleine Stadt
dem Besucher schön und nugeuehm macht. Die Lage an der Vereinigungstelle
tiefer, enger Thäler, die günstigen klimatischen Verhältnisse, der Reichtum an
krhstallklarem Gebirgswasser, die malerische Burgruine, die als ein Denkmal
der Feudalzeit deu Ort überragt, die imposanten Bürgerhäuser, die schönen


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[0179] Die im zweiten Bande zusammengestellten Urkunden sind den Archiven oberitalienischer, schweizerischer und oberdeutscher Städte entnommen und um¬ fassen Tarife, Instruktionen für Gesandte, Gesandtenberichte, Pässe, Privilegien, Beschwerden wegen Beraubung und Ermordung von Kaufleuten, Exekutions¬ briefe gegen Schuldner, Schuldverschreibungen, Mahnbriefe, Abrechnungen, Licfcruugsvcrtrüge, Gesellschaftsverträge. Gut gefallen hat uns eine Ver¬ fügung des Dogen von Genua vom. 5. September 1441, wodurch der schon zur Flottenstener eingeschätzte (Houraclus ^.Isinainiris taaZiarinZ i?) vanv6rrimu8 vir in Ansehung seiner Armut und der Familienlast, die ihn bedrückt, von jeder Zahlungspflicht befreit wird. Von den beiden schönen Karten ist die zweite eine Gebirgsknrte, die erste eine klare und übersichtliche Wegkarte. Zum Schluß noch ein Kuriosum, das in unsrer Zeit der ewig flatternden Festfahncn interessieren muß. Die Florentiner Bankiers, die sich des Konzils wegen in Konstanz niedergelassen hatten, feierten mit ihrer Gefolgschaft das Johannis- fest, so gut es in der fremden beinahe nordischen Stadt gehn wollte, nach heimatlichen Brauch mit einer Prozession durch die festlich geschmückten Straßen und in der ebenso geschmückten Kirche. Es war wohl das erstemal in Deutsch¬ land, schreibt Schulte, daß der Schmuck der Maien, Blumen und Tücher den Ernst des kirchlichen Umzugs verschönte. An Stelle der kirchlichen Umzüge haben die patriotischen, historischen, Schützen-, Turner-, Sänger- und Radler¬ feste den Floreutinerbrauch übernommen. Herbsttage in der Gifel Julius R. Haarhaus Arten» und Landschaftsbilder von 4 cum ich bei einer „Schönheitskonkurrenz" der Eifelstädte als Preisrichter meine Stimme abgeben müßte, so würde ich ohne Bedenken die Siegespalme dem freundlichen Montjvie zuerkennen. Es geht dieser Stadt wie der Polin, vou der es im Bettel¬ studenten, wenn ich nicht irre, heißt: „Sie hat von allen Reizen die exquisitesten vereint, womit die andern einzeln geizen, bei ihr als ein Bouquet erscheint." In der That hat Montjoie alles, was eine kleine Stadt dem Besucher schön und nugeuehm macht. Die Lage an der Vereinigungstelle tiefer, enger Thäler, die günstigen klimatischen Verhältnisse, der Reichtum an krhstallklarem Gebirgswasser, die malerische Burgruine, die als ein Denkmal der Feudalzeit deu Ort überragt, die imposanten Bürgerhäuser, die schönen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/179>, abgerufen am 02.05.2024.