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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr.

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Die industriellen Monopole in den vereinigten Staaten

kurzen Darstellung der Formens dieser Unternehmerverbände, unsern Lesern
zu zeigen, welchen besondern Verhältnissen die wichtigsten davon ihre Entstehung
verdanken, und daran noch einige Bemerkungen über die Notwendigkeit oder
die Möglichkeit staatlicher Einwirkung zu knüpfen. Daß wir uns hierbei auf das
klassische Land der industriellen Kartelle, die Vereinigten Staaten von Nord¬
amerika, beschränke", liegt in der Natur der Sache, denn dort hat diese wirt¬
schaftliche Erscheinung die vielseitigste Ausbildung erfahren und die größte Be¬
deutung erlangt.

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"Noch vor dem Entsteh" der heute üblichen lluteruehmerverbände waren
verschiedne Formen besondrer Bereinbarnngen zwischen unabhängigen Aktien¬
gesellschaften oder einzelnen Konkurrenten schon ziemlich häufig. Solche Ver¬
einbarungen wurden oft xools genannt, obwohl die Ertrüge der einzelnen Ge¬
sellschaften nicht zu einem gemeinsame" Fonds vereinigt wurden, aus dem als¬
dann die Gewinne verteilt worden wären" (Jenks).

Das Charakteristische des Pools ist also ursprünglich die gemeinsame
Gewinnkasse. Und darauf weist auch der Name hin, denn xool (französisch
la poulo, die Henne) bezeichnet in gewissen Spielen den Einsatz, um den ge¬
spielt wird. Dem entspricht auch der Ausdruck Mut purss "Msiu für die
Art von Pools, die i" England scho" lange bei den Eisenbahnen besteh".
Es sind dies Verträge, dnrch die die konkurrierende" Gesellschaften den Verkehr
"ntereincmder verteilen, und zwar in der Weise, daß sie die zu erhebenden
Tarifsätze gemeinsam feststelle" und sich verpflichten, sich vorkommenden Falls
das zu viel Erhobne gegenseitig zu verrechnen.

Ähnlich war die Methode, die in Amerika mehrfach angewandt wurde,
die Konkurrenz zwischen den einzelnen Unternehmern thatsächlich zu beseitigen.
Ein typisches Beispiel hierfür ist das Verfahren der fünf großen Fabriken von
Bnneise" (Träger" usw.). Sobald eine große Bestellung angekündigt worden
war, schritten die fünf Häuser -- vollkommen sicher, daß sie allein i" Amerika
einen so bedeutenden Auftrag übernehmen konnten -- zu einer Art von Gegen-
submission. Jedes von ihnen stellte seinen Preis auf. Das Haus, das den
höchsteir Preis gefordert hatte, mußte die Bestellung übernehmen, aber es
zahlte in die gemeinsame Kasse die Differenz zwischen dem von dem Besteller
wirklich bezahlten Preis und dem niedrigsten Preis, den eines von den fünf
Mitgliedern des Pools etwa zugestanden hätte. Auf diese Weise wurde
die Konkurrenz thatsächlich beseitigt, und der Pook, der eine gut gespeiste Kasse
hatte, konnte an seine Mitglieder schöne Gewinne verteilen, ja sogar die ent¬
schädigen, die ihre Fabrikation im Interesse des Ganzen zeitweilig hatten ein¬
stellen müssen. Solche zeitweilige Einstellung der Fabrikation in einzelnen
oder ihre Vermindrnng in allen zum Pook gehörigen Betrieben hat natürlich



") Nach I. W. Jenks, Il-use r>wi"to",. 1900, und Paul de Rousiers. I.v" In6u"tiW"
"wnopvIiiMk" MIX Hols-IIms, 1898.
Die industriellen Monopole in den vereinigten Staaten

kurzen Darstellung der Formens dieser Unternehmerverbände, unsern Lesern
zu zeigen, welchen besondern Verhältnissen die wichtigsten davon ihre Entstehung
verdanken, und daran noch einige Bemerkungen über die Notwendigkeit oder
die Möglichkeit staatlicher Einwirkung zu knüpfen. Daß wir uns hierbei auf das
klassische Land der industriellen Kartelle, die Vereinigten Staaten von Nord¬
amerika, beschränke», liegt in der Natur der Sache, denn dort hat diese wirt¬
schaftliche Erscheinung die vielseitigste Ausbildung erfahren und die größte Be¬
deutung erlangt.

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„Noch vor dem Entsteh» der heute üblichen lluteruehmerverbände waren
verschiedne Formen besondrer Bereinbarnngen zwischen unabhängigen Aktien¬
gesellschaften oder einzelnen Konkurrenten schon ziemlich häufig. Solche Ver¬
einbarungen wurden oft xools genannt, obwohl die Ertrüge der einzelnen Ge¬
sellschaften nicht zu einem gemeinsame» Fonds vereinigt wurden, aus dem als¬
dann die Gewinne verteilt worden wären" (Jenks).

Das Charakteristische des Pools ist also ursprünglich die gemeinsame
Gewinnkasse. Und darauf weist auch der Name hin, denn xool (französisch
la poulo, die Henne) bezeichnet in gewissen Spielen den Einsatz, um den ge¬
spielt wird. Dem entspricht auch der Ausdruck Mut purss «Msiu für die
Art von Pools, die i» England scho» lange bei den Eisenbahnen besteh».
Es sind dies Verträge, dnrch die die konkurrierende» Gesellschaften den Verkehr
»ntereincmder verteilen, und zwar in der Weise, daß sie die zu erhebenden
Tarifsätze gemeinsam feststelle» und sich verpflichten, sich vorkommenden Falls
das zu viel Erhobne gegenseitig zu verrechnen.

Ähnlich war die Methode, die in Amerika mehrfach angewandt wurde,
die Konkurrenz zwischen den einzelnen Unternehmern thatsächlich zu beseitigen.
Ein typisches Beispiel hierfür ist das Verfahren der fünf großen Fabriken von
Bnneise» (Träger» usw.). Sobald eine große Bestellung angekündigt worden
war, schritten die fünf Häuser — vollkommen sicher, daß sie allein i» Amerika
einen so bedeutenden Auftrag übernehmen konnten — zu einer Art von Gegen-
submission. Jedes von ihnen stellte seinen Preis auf. Das Haus, das den
höchsteir Preis gefordert hatte, mußte die Bestellung übernehmen, aber es
zahlte in die gemeinsame Kasse die Differenz zwischen dem von dem Besteller
wirklich bezahlten Preis und dem niedrigsten Preis, den eines von den fünf
Mitgliedern des Pools etwa zugestanden hätte. Auf diese Weise wurde
die Konkurrenz thatsächlich beseitigt, und der Pook, der eine gut gespeiste Kasse
hatte, konnte an seine Mitglieder schöne Gewinne verteilen, ja sogar die ent¬
schädigen, die ihre Fabrikation im Interesse des Ganzen zeitweilig hatten ein¬
stellen müssen. Solche zeitweilige Einstellung der Fabrikation in einzelnen
oder ihre Vermindrnng in allen zum Pook gehörigen Betrieben hat natürlich



") Nach I. W. Jenks, Il-use r>wi»to»,. 1900, und Paul de Rousiers. I.v« In6u«tiW»
»wnopvIiiMk» MIX Hols-IIms, 1898.
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[0408] Die industriellen Monopole in den vereinigten Staaten kurzen Darstellung der Formens dieser Unternehmerverbände, unsern Lesern zu zeigen, welchen besondern Verhältnissen die wichtigsten davon ihre Entstehung verdanken, und daran noch einige Bemerkungen über die Notwendigkeit oder die Möglichkeit staatlicher Einwirkung zu knüpfen. Daß wir uns hierbei auf das klassische Land der industriellen Kartelle, die Vereinigten Staaten von Nord¬ amerika, beschränke», liegt in der Natur der Sache, denn dort hat diese wirt¬ schaftliche Erscheinung die vielseitigste Ausbildung erfahren und die größte Be¬ deutung erlangt. 1 „Noch vor dem Entsteh» der heute üblichen lluteruehmerverbände waren verschiedne Formen besondrer Bereinbarnngen zwischen unabhängigen Aktien¬ gesellschaften oder einzelnen Konkurrenten schon ziemlich häufig. Solche Ver¬ einbarungen wurden oft xools genannt, obwohl die Ertrüge der einzelnen Ge¬ sellschaften nicht zu einem gemeinsame» Fonds vereinigt wurden, aus dem als¬ dann die Gewinne verteilt worden wären" (Jenks). Das Charakteristische des Pools ist also ursprünglich die gemeinsame Gewinnkasse. Und darauf weist auch der Name hin, denn xool (französisch la poulo, die Henne) bezeichnet in gewissen Spielen den Einsatz, um den ge¬ spielt wird. Dem entspricht auch der Ausdruck Mut purss «Msiu für die Art von Pools, die i» England scho» lange bei den Eisenbahnen besteh». Es sind dies Verträge, dnrch die die konkurrierende» Gesellschaften den Verkehr »ntereincmder verteilen, und zwar in der Weise, daß sie die zu erhebenden Tarifsätze gemeinsam feststelle» und sich verpflichten, sich vorkommenden Falls das zu viel Erhobne gegenseitig zu verrechnen. Ähnlich war die Methode, die in Amerika mehrfach angewandt wurde, die Konkurrenz zwischen den einzelnen Unternehmern thatsächlich zu beseitigen. Ein typisches Beispiel hierfür ist das Verfahren der fünf großen Fabriken von Bnneise» (Träger» usw.). Sobald eine große Bestellung angekündigt worden war, schritten die fünf Häuser — vollkommen sicher, daß sie allein i» Amerika einen so bedeutenden Auftrag übernehmen konnten — zu einer Art von Gegen- submission. Jedes von ihnen stellte seinen Preis auf. Das Haus, das den höchsteir Preis gefordert hatte, mußte die Bestellung übernehmen, aber es zahlte in die gemeinsame Kasse die Differenz zwischen dem von dem Besteller wirklich bezahlten Preis und dem niedrigsten Preis, den eines von den fünf Mitgliedern des Pools etwa zugestanden hätte. Auf diese Weise wurde die Konkurrenz thatsächlich beseitigt, und der Pook, der eine gut gespeiste Kasse hatte, konnte an seine Mitglieder schöne Gewinne verteilen, ja sogar die ent¬ schädigen, die ihre Fabrikation im Interesse des Ganzen zeitweilig hatten ein¬ stellen müssen. Solche zeitweilige Einstellung der Fabrikation in einzelnen oder ihre Vermindrnng in allen zum Pook gehörigen Betrieben hat natürlich ") Nach I. W. Jenks, Il-use r>wi»to»,. 1900, und Paul de Rousiers. I.v« In6u«tiW» »wnopvIiiMk» MIX Hols-IIms, 1898.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_233879/408>, abgerufen am 02.05.2024.