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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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ausbleibe" können, daß die eine oder die andre auch einmal schlecht geleitet ist,
wie unsre Zeit beweist. Die fehlerhafte Organisation macht sich jedoch auch
bei der um beste" geleiteten und gesündesten Hypothekenbank geltend und muß
sich geltend machen, solange sie eben eine Hypothekenbank ist.

Zum Schluß wird mau fragen: Giebt eS denn solche gesunde Krediteinrich¬
tungen, wie die verlangten? Allerdings, Sie bestehn fast ein Jahrhundert länger
als die Hypothekenbanken, Es sind das die Pfandbriefverbände, die gewöhnlich
Landschaften genannt werden und von Friedrich dem Großen in Preußen für
die einzelnen Provinzen ins Leben gerufen wurden, Sie beschränken jedoch
ihre Thätigkeit auf landwirtschaftliche Güter, also auf das Land, sie beleihen
keine Hänser, wenn auch schon die Stadt Berlin und die Städte Westpreußens
ähnliches für sich geschaffen haben. Die Sparkassen beleihen nun zwar auch
Hänser, sind aber für den Grundbesitz gleichfalls fehlerhaft organisiert, wenn
sie auch nicht die vielen Schäden der Hypothekenbanken gezeitigt haben. Die
Thätigkeit der Sparkassen in ihrer Beziehung auf den Grundbesitz und weiter
die Vorzüge von Pfandbriefvcrbänden für diesen sollen später erörtert werden,


Georg Baumert


Aus Reichsrat und Delegationen

und am österreichischen Parlamcntshimmel geschehn noch Zeiche"
und Wunder, Wer nach dem glücklichen Schlüsse der Tagung
die Leistungen des Reichsrath übersieht, muß nach den Erfah¬
rungen der letzten vier Jahre staunen. Es ist ja das vernünf¬
tigste, was die Vertreter der verschleimen Völker Österreichs thun
konnten. Aber man wundert sich doch darüber, weil sie es eben so lange nicht
hatten thun wollen. Zweifellos hat einen großen Teil an der wiederhergestellten
Arbeitsfähigkeit des Abgeordnetenhauses die leidenschaftslose Beharrlichkeit des
Ministerpräsidenten Körber, mit der er alle von nationaler Leidenschaft, von
Politischen Mißtrauen, von Parteihaß und persönlicher Böswilligkeit seinen
Bemühungen in den Weg gelegten Hindernisse wegzuräumen wußte. Aber
auch die verschiednen Parteien haben es an Selbstüberwindung, an Nachgiebig¬
keit nicht fehlen lassen, wenn kritische Allgenblicke eintraten, und das mühsam
herbeigeführte Einverständnis zwischen den sich mißtrauisch beobachtenden Volks¬
vertretern in die Brüche zu gehn drohte.

Dafür bringen sie nun auch bedeutende wirtschaftliche Errungenschaften
nach Hause. Die Jnvestitionsvorlage bringt vor allem den Alpenländern die
seit Jahrzehnten angestrebte zweite Eisenbahnverbindung nach Trieft, das
Wasferstraßengesetz sichert die Ausführung von vier mächtigen Kanälen, die


ausbleibe» können, daß die eine oder die andre auch einmal schlecht geleitet ist,
wie unsre Zeit beweist. Die fehlerhafte Organisation macht sich jedoch auch
bei der um beste» geleiteten und gesündesten Hypothekenbank geltend und muß
sich geltend machen, solange sie eben eine Hypothekenbank ist.

Zum Schluß wird mau fragen: Giebt eS denn solche gesunde Krediteinrich¬
tungen, wie die verlangten? Allerdings, Sie bestehn fast ein Jahrhundert länger
als die Hypothekenbanken, Es sind das die Pfandbriefverbände, die gewöhnlich
Landschaften genannt werden und von Friedrich dem Großen in Preußen für
die einzelnen Provinzen ins Leben gerufen wurden, Sie beschränken jedoch
ihre Thätigkeit auf landwirtschaftliche Güter, also auf das Land, sie beleihen
keine Hänser, wenn auch schon die Stadt Berlin und die Städte Westpreußens
ähnliches für sich geschaffen haben. Die Sparkassen beleihen nun zwar auch
Hänser, sind aber für den Grundbesitz gleichfalls fehlerhaft organisiert, wenn
sie auch nicht die vielen Schäden der Hypothekenbanken gezeitigt haben. Die
Thätigkeit der Sparkassen in ihrer Beziehung auf den Grundbesitz und weiter
die Vorzüge von Pfandbriefvcrbänden für diesen sollen später erörtert werden,


Georg Baumert


Aus Reichsrat und Delegationen

und am österreichischen Parlamcntshimmel geschehn noch Zeiche»
und Wunder, Wer nach dem glücklichen Schlüsse der Tagung
die Leistungen des Reichsrath übersieht, muß nach den Erfah¬
rungen der letzten vier Jahre staunen. Es ist ja das vernünf¬
tigste, was die Vertreter der verschleimen Völker Österreichs thun
konnten. Aber man wundert sich doch darüber, weil sie es eben so lange nicht
hatten thun wollen. Zweifellos hat einen großen Teil an der wiederhergestellten
Arbeitsfähigkeit des Abgeordnetenhauses die leidenschaftslose Beharrlichkeit des
Ministerpräsidenten Körber, mit der er alle von nationaler Leidenschaft, von
Politischen Mißtrauen, von Parteihaß und persönlicher Böswilligkeit seinen
Bemühungen in den Weg gelegten Hindernisse wegzuräumen wußte. Aber
auch die verschiednen Parteien haben es an Selbstüberwindung, an Nachgiebig¬
keit nicht fehlen lassen, wenn kritische Allgenblicke eintraten, und das mühsam
herbeigeführte Einverständnis zwischen den sich mißtrauisch beobachtenden Volks¬
vertretern in die Brüche zu gehn drohte.

Dafür bringen sie nun auch bedeutende wirtschaftliche Errungenschaften
nach Hause. Die Jnvestitionsvorlage bringt vor allem den Alpenländern die
seit Jahrzehnten angestrebte zweite Eisenbahnverbindung nach Trieft, das
Wasferstraßengesetz sichert die Ausführung von vier mächtigen Kanälen, die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/19>, abgerufen am 28.04.2024.