Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Verminderung und verlnlligung der Processe

gange der antiken Welt verloren. Wenn irgendwo ans dem Erdenrund, wird
in den hier besprochnen Gegenden der Schönheit wieder ein Sitz bereitet und
die Kunst mit neuen Unterlagen versehen werden. Dazu liegt in Rio Grande
der blendende Marmor bereit, dazu bildet als Muster die ganze Natur eine
so farbige Palette, wie kein Maler sie je sich hat träumen lassen. Der von
Anfang an die germanische Natur bewegende Zug zur Wandrung und Auf¬
suchung besserer Länder scheint endlich sein Ziel erreicht zu habe"; war unsre
Geschichte auf angestammten Grunde ein fortgesetzter Kampf voll Wunden und
Schmerzenslaut, so hat sie nun einen Boden gefunden, ans dem friedliche
Arbeit Siege erringt, die denen der Schlachtfelder nicht unchstehn. . . . Der
Lob" des Verdienstes, den früher so oft nur die verspätete Zukunft brachte,
steht jetzt dein Tüchtigen gegenwärtig, der den Augenblick richtig erkennt und
rüstig benntzt. Es giebt ja nnter der Sonne kein Land, wo Elend und Jammer
gänzlich fehlten; aber dort ist sicherlich das beste, wo sie der Regel nach nnr
im Gefolge eigne" Verschuldens gehn, wo Unglück dnrch die Natur eher ge¬
mildert als geschärft wird, nicht winterliche Kälte den grimmigen Zahn in die
Bloße drückt, kein Hunger zur Verzweiflung treibt, nud der Verlassene nicht
das eigne Obdach entbehrt."

Man hat das Bismnrckische Wort viel zitiert, daß die Kämpfe um die
Kolonien der europäischen Staaten auf dem Boden Europas ausgefochten
werden müssen. Vielleicht läßt sich mit größeren Recht behaupten, daß die
Kämpfe um die hente unser Vaterland bewegenden Ideen, so besonders die
Erziehuugsfrngen, drüben in den Neuländern Amerikas zur Entscheidung ge¬
langen werden. Neue Bedürfnisse und Ziele schaffen neue Mittel und Bahnen.
Noch bietet sich Deutschland die Möglichkeit, mit dein Übermaß der Säfte, die
in seinem Körper kreisen und ihn zu ersticken drohen, neue verheißungsvolle
Schößlinge aus dem alten Stamme zu treiben.




Verminderung und Verbilligung der Prozesse
Lügen Josef v in Freiburg im Breisgnu on(Schluß)
5

in Jahre 1872 legte der damalige preußische Justizminister Leon-
hardt dem Landtage einen Gesetzentwurf über die Enteignung
von Grundeigentum vor. Dieser Entwurf wurde besonders an¬
gefochten wegen einer von ihm vertretnen Ansicht, die bezeichnend
ist für die Gleichgiltigkeit gegen die Interessen der Recht-
chenden, die in den für die Gesetzcsverfertignng maßgebenden Kreisen da-


Verminderung und verlnlligung der Processe

gange der antiken Welt verloren. Wenn irgendwo ans dem Erdenrund, wird
in den hier besprochnen Gegenden der Schönheit wieder ein Sitz bereitet und
die Kunst mit neuen Unterlagen versehen werden. Dazu liegt in Rio Grande
der blendende Marmor bereit, dazu bildet als Muster die ganze Natur eine
so farbige Palette, wie kein Maler sie je sich hat träumen lassen. Der von
Anfang an die germanische Natur bewegende Zug zur Wandrung und Auf¬
suchung besserer Länder scheint endlich sein Ziel erreicht zu habe»; war unsre
Geschichte auf angestammten Grunde ein fortgesetzter Kampf voll Wunden und
Schmerzenslaut, so hat sie nun einen Boden gefunden, ans dem friedliche
Arbeit Siege erringt, die denen der Schlachtfelder nicht unchstehn. . . . Der
Lob» des Verdienstes, den früher so oft nur die verspätete Zukunft brachte,
steht jetzt dein Tüchtigen gegenwärtig, der den Augenblick richtig erkennt und
rüstig benntzt. Es giebt ja nnter der Sonne kein Land, wo Elend und Jammer
gänzlich fehlten; aber dort ist sicherlich das beste, wo sie der Regel nach nnr
im Gefolge eigne» Verschuldens gehn, wo Unglück dnrch die Natur eher ge¬
mildert als geschärft wird, nicht winterliche Kälte den grimmigen Zahn in die
Bloße drückt, kein Hunger zur Verzweiflung treibt, nud der Verlassene nicht
das eigne Obdach entbehrt."

Man hat das Bismnrckische Wort viel zitiert, daß die Kämpfe um die
Kolonien der europäischen Staaten auf dem Boden Europas ausgefochten
werden müssen. Vielleicht läßt sich mit größeren Recht behaupten, daß die
Kämpfe um die hente unser Vaterland bewegenden Ideen, so besonders die
Erziehuugsfrngen, drüben in den Neuländern Amerikas zur Entscheidung ge¬
langen werden. Neue Bedürfnisse und Ziele schaffen neue Mittel und Bahnen.
Noch bietet sich Deutschland die Möglichkeit, mit dein Übermaß der Säfte, die
in seinem Körper kreisen und ihn zu ersticken drohen, neue verheißungsvolle
Schößlinge aus dem alten Stamme zu treiben.




Verminderung und Verbilligung der Prozesse
Lügen Josef v in Freiburg im Breisgnu on(Schluß)
5

in Jahre 1872 legte der damalige preußische Justizminister Leon-
hardt dem Landtage einen Gesetzentwurf über die Enteignung
von Grundeigentum vor. Dieser Entwurf wurde besonders an¬
gefochten wegen einer von ihm vertretnen Ansicht, die bezeichnend
ist für die Gleichgiltigkeit gegen die Interessen der Recht-
chenden, die in den für die Gesetzcsverfertignng maßgebenden Kreisen da-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0229" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/235401"/>
          <fw type="header" place="top"> Verminderung und verlnlligung der Processe</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1018" prev="#ID_1017"> gange der antiken Welt verloren. Wenn irgendwo ans dem Erdenrund, wird<lb/>
in den hier besprochnen Gegenden der Schönheit wieder ein Sitz bereitet und<lb/>
die Kunst mit neuen Unterlagen versehen werden. Dazu liegt in Rio Grande<lb/>
der blendende Marmor bereit, dazu bildet als Muster die ganze Natur eine<lb/>
so farbige Palette, wie kein Maler sie je sich hat träumen lassen. Der von<lb/>
Anfang an die germanische Natur bewegende Zug zur Wandrung und Auf¬<lb/>
suchung besserer Länder scheint endlich sein Ziel erreicht zu habe»; war unsre<lb/>
Geschichte auf angestammten Grunde ein fortgesetzter Kampf voll Wunden und<lb/>
Schmerzenslaut, so hat sie nun einen Boden gefunden, ans dem friedliche<lb/>
Arbeit Siege erringt, die denen der Schlachtfelder nicht unchstehn. . . . Der<lb/>
Lob» des Verdienstes, den früher so oft nur die verspätete Zukunft brachte,<lb/>
steht jetzt dein Tüchtigen gegenwärtig, der den Augenblick richtig erkennt und<lb/>
rüstig benntzt. Es giebt ja nnter der Sonne kein Land, wo Elend und Jammer<lb/>
gänzlich fehlten; aber dort ist sicherlich das beste, wo sie der Regel nach nnr<lb/>
im Gefolge eigne» Verschuldens gehn, wo Unglück dnrch die Natur eher ge¬<lb/>
mildert als geschärft wird, nicht winterliche Kälte den grimmigen Zahn in die<lb/>
Bloße drückt, kein Hunger zur Verzweiflung treibt, nud der Verlassene nicht<lb/>
das eigne Obdach entbehrt."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1019"> Man hat das Bismnrckische Wort viel zitiert, daß die Kämpfe um die<lb/>
Kolonien der europäischen Staaten auf dem Boden Europas ausgefochten<lb/>
werden müssen. Vielleicht läßt sich mit größeren Recht behaupten, daß die<lb/>
Kämpfe um die hente unser Vaterland bewegenden Ideen, so besonders die<lb/>
Erziehuugsfrngen, drüben in den Neuländern Amerikas zur Entscheidung ge¬<lb/>
langen werden. Neue Bedürfnisse und Ziele schaffen neue Mittel und Bahnen.<lb/>
Noch bietet sich Deutschland die Möglichkeit, mit dein Übermaß der Säfte, die<lb/>
in seinem Körper kreisen und ihn zu ersticken drohen, neue verheißungsvolle<lb/>
Schößlinge aus dem alten Stamme zu treiben.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Verminderung und Verbilligung der Prozesse<lb/><note type="byline"> Lügen Josef </note> v<note type="byline"> in Freiburg im Breisgnu</note> on(Schluß)<lb/>
5</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1020" next="#ID_1021"> in Jahre 1872 legte der damalige preußische Justizminister Leon-<lb/>
hardt dem Landtage einen Gesetzentwurf über die Enteignung<lb/>
von Grundeigentum vor. Dieser Entwurf wurde besonders an¬<lb/>
gefochten wegen einer von ihm vertretnen Ansicht, die bezeichnend<lb/>
ist für die Gleichgiltigkeit gegen die Interessen der Recht-<lb/>
chenden, die in den für die Gesetzcsverfertignng maßgebenden Kreisen da-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0229] Verminderung und verlnlligung der Processe gange der antiken Welt verloren. Wenn irgendwo ans dem Erdenrund, wird in den hier besprochnen Gegenden der Schönheit wieder ein Sitz bereitet und die Kunst mit neuen Unterlagen versehen werden. Dazu liegt in Rio Grande der blendende Marmor bereit, dazu bildet als Muster die ganze Natur eine so farbige Palette, wie kein Maler sie je sich hat träumen lassen. Der von Anfang an die germanische Natur bewegende Zug zur Wandrung und Auf¬ suchung besserer Länder scheint endlich sein Ziel erreicht zu habe»; war unsre Geschichte auf angestammten Grunde ein fortgesetzter Kampf voll Wunden und Schmerzenslaut, so hat sie nun einen Boden gefunden, ans dem friedliche Arbeit Siege erringt, die denen der Schlachtfelder nicht unchstehn. . . . Der Lob» des Verdienstes, den früher so oft nur die verspätete Zukunft brachte, steht jetzt dein Tüchtigen gegenwärtig, der den Augenblick richtig erkennt und rüstig benntzt. Es giebt ja nnter der Sonne kein Land, wo Elend und Jammer gänzlich fehlten; aber dort ist sicherlich das beste, wo sie der Regel nach nnr im Gefolge eigne» Verschuldens gehn, wo Unglück dnrch die Natur eher ge¬ mildert als geschärft wird, nicht winterliche Kälte den grimmigen Zahn in die Bloße drückt, kein Hunger zur Verzweiflung treibt, nud der Verlassene nicht das eigne Obdach entbehrt." Man hat das Bismnrckische Wort viel zitiert, daß die Kämpfe um die Kolonien der europäischen Staaten auf dem Boden Europas ausgefochten werden müssen. Vielleicht läßt sich mit größeren Recht behaupten, daß die Kämpfe um die hente unser Vaterland bewegenden Ideen, so besonders die Erziehuugsfrngen, drüben in den Neuländern Amerikas zur Entscheidung ge¬ langen werden. Neue Bedürfnisse und Ziele schaffen neue Mittel und Bahnen. Noch bietet sich Deutschland die Möglichkeit, mit dein Übermaß der Säfte, die in seinem Körper kreisen und ihn zu ersticken drohen, neue verheißungsvolle Schößlinge aus dem alten Stamme zu treiben. Verminderung und Verbilligung der Prozesse Lügen Josef v in Freiburg im Breisgnu on(Schluß) 5 in Jahre 1872 legte der damalige preußische Justizminister Leon- hardt dem Landtage einen Gesetzentwurf über die Enteignung von Grundeigentum vor. Dieser Entwurf wurde besonders an¬ gefochten wegen einer von ihm vertretnen Ansicht, die bezeichnend ist für die Gleichgiltigkeit gegen die Interessen der Recht- chenden, die in den für die Gesetzcsverfertignng maßgebenden Kreisen da-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/229
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/229>, abgerufen am 27.04.2024.