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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Holland und Deutschland

Kommt dieses oder ein ähnliches Pwgrmnm zur Geltung, dann wird
damit das Ziel erreicht werden, dem die große Stein-Hardenbergische Staats¬
reform zustrebte, durch die Preußen zum modernen Kulturstaat gestempelt
worden ist.




Holland und Deutschland
(Schluß)

MM
WMlchon ist der Dortmund-Emslanal gebaut. An der Stelle, wo
Treitschke in seiner Dentschen Geschichte über den Streit spricht,
den die Einrichtung der holländischen Zollstellen am Rhein in
Deutschland verursacht habe, sagt er uuter anderen wörtlich, das;
I"die deutsche Presse in vollem Ernste den ungeheuerlichen Plan
besprochen habe, Lippe und Ems durch einen Kanal zu verbinden und also
über Eiuden die holländischen Zollstellen zu umgehn," Als der berühmte
Historiker dies schrieb, war es das Jahr 1889, und jetzt ist die Ungeheuerlich-
keit des Plans eine Wirklichkeit, die ihr Gewicht schon geltend zu macheu
beginnt. In Holland vielleicht noch nicht fühlbar, aber der Dortmund-Ems-
kanal ist, wie man in den Debatten des preußischen Abgeordnetenhauses gesagt
hat, vorerst nur ein Torso und gewinnt vollere Bedeutung erst dann, wenn
man ihm den einen ergänzenden Arm, den Dortmund-Rhcinknnal, angesetzt hat.

Daß diese Strecke gebaut werden wird, ist trotz des vielfachen Widerspruchs,
den der Plan bis jetzt noch gefunden hat, nur eine Frage der Zeit. Ob der Kanal
nach der Holländischen Seite hin den großen wirtschaftlichen Gewinn bringen
wird, den mau sich auf andern Seiten davon verspricht, kann man füglich
dahingestellt sein lassen. Für die südlicher liegenden Landschaften wird sowohl
der Export wie der Import im ganzen und großen nach wie vor der gegebnen
Straße folgen; und zwar ans zwei Gründen, wiewohl zu dem einen von ihnen
eine stark einschränkende Bemerkung gemacht werden muß. Denn der erste,
daß die Rheinstraße die nähere ist, gilt doch uur für den westlichen Teil der
Nordsee und den Atlantischen Ozenu, nicht aber für die Ostsee. Bekanntlich
ist aber der Ostseehandcl für Holland noch immer von großer Bedeutung: was
davon nach Enden gezogen werden könnte, müßte von den holländischen Reedern
als starke Einbuße schmerzlich empfunden werden.

Was den zweiten Grund anlangt, so ist er allerdings von erdrückenden
Gewicht. Die Notwendigkeit des Umladens am Rhein und eine noch so ge¬
ringe Anzahl von Schleuse", die überwunden werden muß, machen eine Ob¬
struktion, an der mit allerhand Erleichterungen und auch mit Staatssulwentionen
nichts zu lindern wäre. Trotzdem und wie sich auch immer der Verkehr auf


Holland und Deutschland

Kommt dieses oder ein ähnliches Pwgrmnm zur Geltung, dann wird
damit das Ziel erreicht werden, dem die große Stein-Hardenbergische Staats¬
reform zustrebte, durch die Preußen zum modernen Kulturstaat gestempelt
worden ist.




Holland und Deutschland
(Schluß)

MM
WMlchon ist der Dortmund-Emslanal gebaut. An der Stelle, wo
Treitschke in seiner Dentschen Geschichte über den Streit spricht,
den die Einrichtung der holländischen Zollstellen am Rhein in
Deutschland verursacht habe, sagt er uuter anderen wörtlich, das;
I„die deutsche Presse in vollem Ernste den ungeheuerlichen Plan
besprochen habe, Lippe und Ems durch einen Kanal zu verbinden und also
über Eiuden die holländischen Zollstellen zu umgehn," Als der berühmte
Historiker dies schrieb, war es das Jahr 1889, und jetzt ist die Ungeheuerlich-
keit des Plans eine Wirklichkeit, die ihr Gewicht schon geltend zu macheu
beginnt. In Holland vielleicht noch nicht fühlbar, aber der Dortmund-Ems-
kanal ist, wie man in den Debatten des preußischen Abgeordnetenhauses gesagt
hat, vorerst nur ein Torso und gewinnt vollere Bedeutung erst dann, wenn
man ihm den einen ergänzenden Arm, den Dortmund-Rhcinknnal, angesetzt hat.

Daß diese Strecke gebaut werden wird, ist trotz des vielfachen Widerspruchs,
den der Plan bis jetzt noch gefunden hat, nur eine Frage der Zeit. Ob der Kanal
nach der Holländischen Seite hin den großen wirtschaftlichen Gewinn bringen
wird, den mau sich auf andern Seiten davon verspricht, kann man füglich
dahingestellt sein lassen. Für die südlicher liegenden Landschaften wird sowohl
der Export wie der Import im ganzen und großen nach wie vor der gegebnen
Straße folgen; und zwar ans zwei Gründen, wiewohl zu dem einen von ihnen
eine stark einschränkende Bemerkung gemacht werden muß. Denn der erste,
daß die Rheinstraße die nähere ist, gilt doch uur für den westlichen Teil der
Nordsee und den Atlantischen Ozenu, nicht aber für die Ostsee. Bekanntlich
ist aber der Ostseehandcl für Holland noch immer von großer Bedeutung: was
davon nach Enden gezogen werden könnte, müßte von den holländischen Reedern
als starke Einbuße schmerzlich empfunden werden.

Was den zweiten Grund anlangt, so ist er allerdings von erdrückenden
Gewicht. Die Notwendigkeit des Umladens am Rhein und eine noch so ge¬
ringe Anzahl von Schleuse», die überwunden werden muß, machen eine Ob¬
struktion, an der mit allerhand Erleichterungen und auch mit Staatssulwentionen
nichts zu lindern wäre. Trotzdem und wie sich auch immer der Verkehr auf


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[0268] Holland und Deutschland Kommt dieses oder ein ähnliches Pwgrmnm zur Geltung, dann wird damit das Ziel erreicht werden, dem die große Stein-Hardenbergische Staats¬ reform zustrebte, durch die Preußen zum modernen Kulturstaat gestempelt worden ist. Holland und Deutschland (Schluß) MM WMlchon ist der Dortmund-Emslanal gebaut. An der Stelle, wo Treitschke in seiner Dentschen Geschichte über den Streit spricht, den die Einrichtung der holländischen Zollstellen am Rhein in Deutschland verursacht habe, sagt er uuter anderen wörtlich, das; I„die deutsche Presse in vollem Ernste den ungeheuerlichen Plan besprochen habe, Lippe und Ems durch einen Kanal zu verbinden und also über Eiuden die holländischen Zollstellen zu umgehn," Als der berühmte Historiker dies schrieb, war es das Jahr 1889, und jetzt ist die Ungeheuerlich- keit des Plans eine Wirklichkeit, die ihr Gewicht schon geltend zu macheu beginnt. In Holland vielleicht noch nicht fühlbar, aber der Dortmund-Ems- kanal ist, wie man in den Debatten des preußischen Abgeordnetenhauses gesagt hat, vorerst nur ein Torso und gewinnt vollere Bedeutung erst dann, wenn man ihm den einen ergänzenden Arm, den Dortmund-Rhcinknnal, angesetzt hat. Daß diese Strecke gebaut werden wird, ist trotz des vielfachen Widerspruchs, den der Plan bis jetzt noch gefunden hat, nur eine Frage der Zeit. Ob der Kanal nach der Holländischen Seite hin den großen wirtschaftlichen Gewinn bringen wird, den mau sich auf andern Seiten davon verspricht, kann man füglich dahingestellt sein lassen. Für die südlicher liegenden Landschaften wird sowohl der Export wie der Import im ganzen und großen nach wie vor der gegebnen Straße folgen; und zwar ans zwei Gründen, wiewohl zu dem einen von ihnen eine stark einschränkende Bemerkung gemacht werden muß. Denn der erste, daß die Rheinstraße die nähere ist, gilt doch uur für den westlichen Teil der Nordsee und den Atlantischen Ozenu, nicht aber für die Ostsee. Bekanntlich ist aber der Ostseehandcl für Holland noch immer von großer Bedeutung: was davon nach Enden gezogen werden könnte, müßte von den holländischen Reedern als starke Einbuße schmerzlich empfunden werden. Was den zweiten Grund anlangt, so ist er allerdings von erdrückenden Gewicht. Die Notwendigkeit des Umladens am Rhein und eine noch so ge¬ ringe Anzahl von Schleuse», die überwunden werden muß, machen eine Ob¬ struktion, an der mit allerhand Erleichterungen und auch mit Staatssulwentionen nichts zu lindern wäre. Trotzdem und wie sich auch immer der Verkehr auf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/268>, abgerufen am 28.04.2024.