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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Die pfandbriefverbände und ihre Erfolge

ii den letzten beide" vorhergehenden Aufsätzen in Ur, 27 (S, 5)
und in Ur, 34 is. 346) habe ich nachzuweisen versucht, daß es
verfehlt sei, dem Kredit der Grundbesitzer durch Hypothekenbanken
und Sparkassen helfen zu wollen. Die Hypothekenbanken müssen
infolge ihrer fehlerhaften Organisation den Grundbesitz gerade dann
in Stich lassen, wenn das Geld teuer und knapp ist, sie thun dies regelmäßig, ja
fast jährlich, so oft ein hoher Reichsbaukdiskont besteht. Sie sind dann nicht
bloß außer stände, Grundstücke nen zu beleihen, sondern sehen sich sogar genötigt,
ihre Hypotheken, soweit dies irgend angeht, zu kündigen und einzuziehn und
damit den Grundbesitz gerade in solchen kritischen Zeiten in Not und Gefahren
zu stürzen.

So hat sich die Pommersche Hypothekenbank, die genötigt war, sich Geld
zu verschaffen, rin ihre auf dem Markt zurückkommenden Pfandbriefe aufnehmen,
d- h- aufkaufen zu können, Ende vorigen Jahres bemüht, Hypotheken sogar
"ut großen Verlusten einzuzieh", Sie giebt öffentlich die ihr dadurch er¬
wachsenen Verluste auf anderthalb Millionen um,

Auch andre Hypothekenbanken sahen sich damals und zu Anfang dieses
wahres genötigt, die frei werdenden Hypotheken, d. h. solche, bei denen der
Ausschluß der Kündigungsfrist ablief, nicht weiter stehn zu lassen, sondern zu
kiindigen. Die Folge davon, daß von den Hypothekenbanken kein Geld ans
Grundstücke zu bekommen war, war weiter, daß das Banen in den Städten
^'nehmen mußte, und sich damit allmählich in größerm oder geringerm Um¬
fange ^i"e Wohnnngstnappheit und sogar Wohnungsnot bemerkbar machte.
Hierdurch kamen die Gemeinden auch in eine gewisse Notlage und bemühen
sich teilweise jetzt, der Wohnungsnot zu steuern, d, h, Neubauten ins Leben
M rufen, meist mit sehr geringem Erfolge, Richtiger wäre es, wenn sie die
Ursache der Wohnnngsnot -- nämlich die Kreditnot -- zu beseitigen suchten,
6wei Städte, Dresden und Düsseldorf, haben dies richtig erkannt und die
Ursache zu bekämpfen gesucht; davon vielleicht später mehr,


Grenzboten Ul l901 49


Die pfandbriefverbände und ihre Erfolge

ii den letzten beide» vorhergehenden Aufsätzen in Ur, 27 (S, 5)
und in Ur, 34 is. 346) habe ich nachzuweisen versucht, daß es
verfehlt sei, dem Kredit der Grundbesitzer durch Hypothekenbanken
und Sparkassen helfen zu wollen. Die Hypothekenbanken müssen
infolge ihrer fehlerhaften Organisation den Grundbesitz gerade dann
in Stich lassen, wenn das Geld teuer und knapp ist, sie thun dies regelmäßig, ja
fast jährlich, so oft ein hoher Reichsbaukdiskont besteht. Sie sind dann nicht
bloß außer stände, Grundstücke nen zu beleihen, sondern sehen sich sogar genötigt,
ihre Hypotheken, soweit dies irgend angeht, zu kündigen und einzuziehn und
damit den Grundbesitz gerade in solchen kritischen Zeiten in Not und Gefahren
zu stürzen.

So hat sich die Pommersche Hypothekenbank, die genötigt war, sich Geld
zu verschaffen, rin ihre auf dem Markt zurückkommenden Pfandbriefe aufnehmen,
d- h- aufkaufen zu können, Ende vorigen Jahres bemüht, Hypotheken sogar
»ut großen Verlusten einzuzieh», Sie giebt öffentlich die ihr dadurch er¬
wachsenen Verluste auf anderthalb Millionen um,

Auch andre Hypothekenbanken sahen sich damals und zu Anfang dieses
wahres genötigt, die frei werdenden Hypotheken, d. h. solche, bei denen der
Ausschluß der Kündigungsfrist ablief, nicht weiter stehn zu lassen, sondern zu
kiindigen. Die Folge davon, daß von den Hypothekenbanken kein Geld ans
Grundstücke zu bekommen war, war weiter, daß das Banen in den Städten
^'nehmen mußte, und sich damit allmählich in größerm oder geringerm Um¬
fange ^i„e Wohnnngstnappheit und sogar Wohnungsnot bemerkbar machte.
Hierdurch kamen die Gemeinden auch in eine gewisse Notlage und bemühen
sich teilweise jetzt, der Wohnungsnot zu steuern, d, h, Neubauten ins Leben
M rufen, meist mit sehr geringem Erfolge, Richtiger wäre es, wenn sie die
Ursache der Wohnnngsnot — nämlich die Kreditnot — zu beseitigen suchten,
6wei Städte, Dresden und Düsseldorf, haben dies richtig erkannt und die
Ursache zu bekämpfen gesucht; davon vielleicht später mehr,


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[0393] [Abbildung] Die pfandbriefverbände und ihre Erfolge ii den letzten beide» vorhergehenden Aufsätzen in Ur, 27 (S, 5) und in Ur, 34 is. 346) habe ich nachzuweisen versucht, daß es verfehlt sei, dem Kredit der Grundbesitzer durch Hypothekenbanken und Sparkassen helfen zu wollen. Die Hypothekenbanken müssen infolge ihrer fehlerhaften Organisation den Grundbesitz gerade dann in Stich lassen, wenn das Geld teuer und knapp ist, sie thun dies regelmäßig, ja fast jährlich, so oft ein hoher Reichsbaukdiskont besteht. Sie sind dann nicht bloß außer stände, Grundstücke nen zu beleihen, sondern sehen sich sogar genötigt, ihre Hypotheken, soweit dies irgend angeht, zu kündigen und einzuziehn und damit den Grundbesitz gerade in solchen kritischen Zeiten in Not und Gefahren zu stürzen. So hat sich die Pommersche Hypothekenbank, die genötigt war, sich Geld zu verschaffen, rin ihre auf dem Markt zurückkommenden Pfandbriefe aufnehmen, d- h- aufkaufen zu können, Ende vorigen Jahres bemüht, Hypotheken sogar »ut großen Verlusten einzuzieh», Sie giebt öffentlich die ihr dadurch er¬ wachsenen Verluste auf anderthalb Millionen um, Auch andre Hypothekenbanken sahen sich damals und zu Anfang dieses wahres genötigt, die frei werdenden Hypotheken, d. h. solche, bei denen der Ausschluß der Kündigungsfrist ablief, nicht weiter stehn zu lassen, sondern zu kiindigen. Die Folge davon, daß von den Hypothekenbanken kein Geld ans Grundstücke zu bekommen war, war weiter, daß das Banen in den Städten ^'nehmen mußte, und sich damit allmählich in größerm oder geringerm Um¬ fange ^i„e Wohnnngstnappheit und sogar Wohnungsnot bemerkbar machte. Hierdurch kamen die Gemeinden auch in eine gewisse Notlage und bemühen sich teilweise jetzt, der Wohnungsnot zu steuern, d, h, Neubauten ins Leben M rufen, meist mit sehr geringem Erfolge, Richtiger wäre es, wenn sie die Ursache der Wohnnngsnot — nämlich die Kreditnot — zu beseitigen suchten, 6wei Städte, Dresden und Düsseldorf, haben dies richtig erkannt und die Ursache zu bekämpfen gesucht; davon vielleicht später mehr, Grenzboten Ul l901 49

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/393>, abgerufen am 27.04.2024.