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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Abhängigkeit von gesellschaftlichen Verhältnissen und Funktionen besteht. Daß die
Geldwirtschaft mit ihren ungeheuern umwälzenden Wirkungen eine Notwendigkeit
für die Kulturentwicklung gewesen ist, und in welchem Grade das Geld das Leben
erleichtert -- versteht sich denen, die welches haben , lehrt uns Simmel muss
deutlichste einsehen, aber er verbirgt uns auch nichts von den Schattenseiten des
modernen Amerikanismus: der Charakterlosigkeit einer ganz geldwirtschaftlich orga¬
nisierten Bevölkerung, der Gemütsleerheit des Menschen, dem Geldspekulativn und
Gelderwerb Religion geworden sind, der Zwecklosigkeit eines Daseins, dem jeder
höchste Endzweck entschwunden ist und das, was seiner Natur nach uur Mittel,
reines Mittel sein kann: das Geld und die Maschine, als einziger Lebenszweck
übrig bleibt. Die Betrachtung der Teleologie führt den Verfasser zum aristotelischen
Gottesbegriff zurück, indem er meint, Gott könne keine Zwecke haben, weil er keiner
Mittel bedürfe, sondern alles, was er wolle, unmittelbar verwirkliche. Da sich das
doch schon von Ewigkeit her so Verhalten haben muß, erscheint die Möglichkeit
einer Schöpfung, überhaupt eines Hinausgehns der göttlichen Substanz aus sich
selbst, undenkbar. Daß die Auflösung aller persönlichen Abhängigkeiten folgerichtig
zum Sozialismus führt, wird natürlich auch in dieser Darstellung klar, zugleich
aber auch, wie utopisch das Ziel des Sozialismus und wie falsch seine heutige
wissenschaftliche Grundlage ist: der marxische Wertbegriff und die Lehre vom Mehr¬
wert. "Keine Zeile dieser Untersuchungen ist nationalökonomisch gemeint," sagt
die Vorrede, aber auch der Nationalökonoin zieht nicht geringen Nutzen daraus.
So z. B. überzeugt uns Simmel davon, daß zwar die Tendenz der Entwicklung
dahin geht, das Wertshmbol, das zugleich Mittel der Übertragung des Wertbesitzes
ist, von seinen: materiellen Träger, dem Edelmetall, abzulösen (je fester und wert¬
voller die gesellschaftlichen Beziehungen werden, desto gebrechlicher und wertloser
darf ihr Symbol sein), daß aber diese Ablösung nie vollständig gelingen kann,
sondern dem Symbol ein locum auch noch so kleiner Rest von Substanzwert ver¬
bleiben muß, wie auch die sublimste Seelenliebe einen Erdenrest von Sinnlichkeit
nicht abstreifen kann. Gelänge die Loslösung vollständig, wäre das Geld wirklich
gar nichts mehr, als der Ausdruck und das Mittel der Beziehung der Menschen
zu einander, ihres Anfeinanderangewiesenseins, "so würde es im Ökonomischen jene
höchst merkwürdige Vorstellung verwirklichen, die der platonischen Jdeenlehre zum
Grunde liegt. . . . Die Dinge, nach ihrem ökonomischen Werte geordnet und ver¬
zweigt, bilden einen ganz andern Kosmos, als ihre naturgesetzliche unmittelbare
Realität es thut. Wenn das Geld nun wirklich nichts wäre, als der Ausdruck für
den Wert der Dinge außer ihm, so würde es sich zu diesen Verhalten wie die Idee,
die sich Plato ja auch substantiell, als metaphysisches Wesen vorstellt, zu der empi¬
rischen Wirklichkeit. Seine Bewegungen: Ausgleichungen, Häufungen, Abflüsse --
würden unmittelbar die Wertverhältnisse der Dinge darstellen." Es ist charakte¬
ristisch für das Buch, daß darin kein Autor so oft genannt wird wie Plato und
keiner so viel benutzt wird wie Ehrenberg, der Geschichtschreiber des Zeitalters
der Fugger; man wird nicht leicht zwei Autoren finden, die so weit entfernt von¬
einander an den äußersten Polen der geistigen Weltachse stünden. Um von den
vielen merkwürdigen Beziehungen, die Simmel aufdeckt, uur uoch eine zu erwähnen,
die mit der Pavierwähruugsfrage zusammenhängt: in der Schwärmerei der Sozia¬
listen für ein Arbeitsgeld sind auch ihre antimonnrchischen Instinkte wirksam, da
das wertbeständige, unzerstörbare Gold ein Symbol der unsterblichen Erbmonarchie
und ist die Geldwirtschaft die Zentralgewalt nicht wenig stärkt.


Frau Potiphar.

In der Reichstagssitzung vom 5. Dezember sprach der
Handelsminister Möller in Erwiderung auf eine Auzapfung Eugen Richters vou
Joseph als dem "Handelsminister des Herrn Potiphar," worauf ein Abgeordneter
der deutschen Reformpartei (unter stürmischer, sich mehrmals wiederholender, an-


Abhängigkeit von gesellschaftlichen Verhältnissen und Funktionen besteht. Daß die
Geldwirtschaft mit ihren ungeheuern umwälzenden Wirkungen eine Notwendigkeit
für die Kulturentwicklung gewesen ist, und in welchem Grade das Geld das Leben
erleichtert — versteht sich denen, die welches haben , lehrt uns Simmel muss
deutlichste einsehen, aber er verbirgt uns auch nichts von den Schattenseiten des
modernen Amerikanismus: der Charakterlosigkeit einer ganz geldwirtschaftlich orga¬
nisierten Bevölkerung, der Gemütsleerheit des Menschen, dem Geldspekulativn und
Gelderwerb Religion geworden sind, der Zwecklosigkeit eines Daseins, dem jeder
höchste Endzweck entschwunden ist und das, was seiner Natur nach uur Mittel,
reines Mittel sein kann: das Geld und die Maschine, als einziger Lebenszweck
übrig bleibt. Die Betrachtung der Teleologie führt den Verfasser zum aristotelischen
Gottesbegriff zurück, indem er meint, Gott könne keine Zwecke haben, weil er keiner
Mittel bedürfe, sondern alles, was er wolle, unmittelbar verwirkliche. Da sich das
doch schon von Ewigkeit her so Verhalten haben muß, erscheint die Möglichkeit
einer Schöpfung, überhaupt eines Hinausgehns der göttlichen Substanz aus sich
selbst, undenkbar. Daß die Auflösung aller persönlichen Abhängigkeiten folgerichtig
zum Sozialismus führt, wird natürlich auch in dieser Darstellung klar, zugleich
aber auch, wie utopisch das Ziel des Sozialismus und wie falsch seine heutige
wissenschaftliche Grundlage ist: der marxische Wertbegriff und die Lehre vom Mehr¬
wert. „Keine Zeile dieser Untersuchungen ist nationalökonomisch gemeint," sagt
die Vorrede, aber auch der Nationalökonoin zieht nicht geringen Nutzen daraus.
So z. B. überzeugt uns Simmel davon, daß zwar die Tendenz der Entwicklung
dahin geht, das Wertshmbol, das zugleich Mittel der Übertragung des Wertbesitzes
ist, von seinen: materiellen Träger, dem Edelmetall, abzulösen (je fester und wert¬
voller die gesellschaftlichen Beziehungen werden, desto gebrechlicher und wertloser
darf ihr Symbol sein), daß aber diese Ablösung nie vollständig gelingen kann,
sondern dem Symbol ein locum auch noch so kleiner Rest von Substanzwert ver¬
bleiben muß, wie auch die sublimste Seelenliebe einen Erdenrest von Sinnlichkeit
nicht abstreifen kann. Gelänge die Loslösung vollständig, wäre das Geld wirklich
gar nichts mehr, als der Ausdruck und das Mittel der Beziehung der Menschen
zu einander, ihres Anfeinanderangewiesenseins, „so würde es im Ökonomischen jene
höchst merkwürdige Vorstellung verwirklichen, die der platonischen Jdeenlehre zum
Grunde liegt. . . . Die Dinge, nach ihrem ökonomischen Werte geordnet und ver¬
zweigt, bilden einen ganz andern Kosmos, als ihre naturgesetzliche unmittelbare
Realität es thut. Wenn das Geld nun wirklich nichts wäre, als der Ausdruck für
den Wert der Dinge außer ihm, so würde es sich zu diesen Verhalten wie die Idee,
die sich Plato ja auch substantiell, als metaphysisches Wesen vorstellt, zu der empi¬
rischen Wirklichkeit. Seine Bewegungen: Ausgleichungen, Häufungen, Abflüsse —
würden unmittelbar die Wertverhältnisse der Dinge darstellen." Es ist charakte¬
ristisch für das Buch, daß darin kein Autor so oft genannt wird wie Plato und
keiner so viel benutzt wird wie Ehrenberg, der Geschichtschreiber des Zeitalters
der Fugger; man wird nicht leicht zwei Autoren finden, die so weit entfernt von¬
einander an den äußersten Polen der geistigen Weltachse stünden. Um von den
vielen merkwürdigen Beziehungen, die Simmel aufdeckt, uur uoch eine zu erwähnen,
die mit der Pavierwähruugsfrage zusammenhängt: in der Schwärmerei der Sozia¬
listen für ein Arbeitsgeld sind auch ihre antimonnrchischen Instinkte wirksam, da
das wertbeständige, unzerstörbare Gold ein Symbol der unsterblichen Erbmonarchie
und ist die Geldwirtschaft die Zentralgewalt nicht wenig stärkt.


Frau Potiphar.

In der Reichstagssitzung vom 5. Dezember sprach der
Handelsminister Möller in Erwiderung auf eine Auzapfung Eugen Richters vou
Joseph als dem „Handelsminister des Herrn Potiphar," worauf ein Abgeordneter
der deutschen Reformpartei (unter stürmischer, sich mehrmals wiederholender, an-


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[0690] Abhängigkeit von gesellschaftlichen Verhältnissen und Funktionen besteht. Daß die Geldwirtschaft mit ihren ungeheuern umwälzenden Wirkungen eine Notwendigkeit für die Kulturentwicklung gewesen ist, und in welchem Grade das Geld das Leben erleichtert — versteht sich denen, die welches haben , lehrt uns Simmel muss deutlichste einsehen, aber er verbirgt uns auch nichts von den Schattenseiten des modernen Amerikanismus: der Charakterlosigkeit einer ganz geldwirtschaftlich orga¬ nisierten Bevölkerung, der Gemütsleerheit des Menschen, dem Geldspekulativn und Gelderwerb Religion geworden sind, der Zwecklosigkeit eines Daseins, dem jeder höchste Endzweck entschwunden ist und das, was seiner Natur nach uur Mittel, reines Mittel sein kann: das Geld und die Maschine, als einziger Lebenszweck übrig bleibt. Die Betrachtung der Teleologie führt den Verfasser zum aristotelischen Gottesbegriff zurück, indem er meint, Gott könne keine Zwecke haben, weil er keiner Mittel bedürfe, sondern alles, was er wolle, unmittelbar verwirkliche. Da sich das doch schon von Ewigkeit her so Verhalten haben muß, erscheint die Möglichkeit einer Schöpfung, überhaupt eines Hinausgehns der göttlichen Substanz aus sich selbst, undenkbar. Daß die Auflösung aller persönlichen Abhängigkeiten folgerichtig zum Sozialismus führt, wird natürlich auch in dieser Darstellung klar, zugleich aber auch, wie utopisch das Ziel des Sozialismus und wie falsch seine heutige wissenschaftliche Grundlage ist: der marxische Wertbegriff und die Lehre vom Mehr¬ wert. „Keine Zeile dieser Untersuchungen ist nationalökonomisch gemeint," sagt die Vorrede, aber auch der Nationalökonoin zieht nicht geringen Nutzen daraus. So z. B. überzeugt uns Simmel davon, daß zwar die Tendenz der Entwicklung dahin geht, das Wertshmbol, das zugleich Mittel der Übertragung des Wertbesitzes ist, von seinen: materiellen Träger, dem Edelmetall, abzulösen (je fester und wert¬ voller die gesellschaftlichen Beziehungen werden, desto gebrechlicher und wertloser darf ihr Symbol sein), daß aber diese Ablösung nie vollständig gelingen kann, sondern dem Symbol ein locum auch noch so kleiner Rest von Substanzwert ver¬ bleiben muß, wie auch die sublimste Seelenliebe einen Erdenrest von Sinnlichkeit nicht abstreifen kann. Gelänge die Loslösung vollständig, wäre das Geld wirklich gar nichts mehr, als der Ausdruck und das Mittel der Beziehung der Menschen zu einander, ihres Anfeinanderangewiesenseins, „so würde es im Ökonomischen jene höchst merkwürdige Vorstellung verwirklichen, die der platonischen Jdeenlehre zum Grunde liegt. . . . Die Dinge, nach ihrem ökonomischen Werte geordnet und ver¬ zweigt, bilden einen ganz andern Kosmos, als ihre naturgesetzliche unmittelbare Realität es thut. Wenn das Geld nun wirklich nichts wäre, als der Ausdruck für den Wert der Dinge außer ihm, so würde es sich zu diesen Verhalten wie die Idee, die sich Plato ja auch substantiell, als metaphysisches Wesen vorstellt, zu der empi¬ rischen Wirklichkeit. Seine Bewegungen: Ausgleichungen, Häufungen, Abflüsse — würden unmittelbar die Wertverhältnisse der Dinge darstellen." Es ist charakte¬ ristisch für das Buch, daß darin kein Autor so oft genannt wird wie Plato und keiner so viel benutzt wird wie Ehrenberg, der Geschichtschreiber des Zeitalters der Fugger; man wird nicht leicht zwei Autoren finden, die so weit entfernt von¬ einander an den äußersten Polen der geistigen Weltachse stünden. Um von den vielen merkwürdigen Beziehungen, die Simmel aufdeckt, uur uoch eine zu erwähnen, die mit der Pavierwähruugsfrage zusammenhängt: in der Schwärmerei der Sozia¬ listen für ein Arbeitsgeld sind auch ihre antimonnrchischen Instinkte wirksam, da das wertbeständige, unzerstörbare Gold ein Symbol der unsterblichen Erbmonarchie und ist die Geldwirtschaft die Zentralgewalt nicht wenig stärkt. Frau Potiphar. In der Reichstagssitzung vom 5. Dezember sprach der Handelsminister Möller in Erwiderung auf eine Auzapfung Eugen Richters vou Joseph als dem „Handelsminister des Herrn Potiphar," worauf ein Abgeordneter der deutschen Reformpartei (unter stürmischer, sich mehrmals wiederholender, an-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/690>, abgerufen am 03.05.2024.