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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

haltender Heiterkeit des Hauses) ihm bedeutete, daß er die Bibel uicht kenne, indem
doch Herr Potiphar vielmehr eine Frau gewesen sei. Daß vielmehr der antisemitische
Herr selbst nicht im Alten Testament zu Hanse war, ist ebensowenig zu verwundern,
wie daß für den inane-Mut nnr eine "Frau Potiphar" in Frage kommen kann. Aber
zu unsrer Bildung gehört doch noch immer ein Stück Altes Testament, und da verdient
es niedriger gehängt zu werden, daß im ganzen Reichstag niemand diesen Teil
seiner Bildung so präsent hatte, daß er dem Minister sagen konnte, daß er Recht
hätte und nicht der Abgeordnete Vogel. Beinahe noch weniger gefällt uns die
ewige Heiterkeit, zu der der Reichstag bis jetzt noch keinen Anlaß hat. Den feinen
Chinesen ist das viele laute Lachen an uns Deutschen geradezu widerwärtig, und
das Zeitalter, das ein bekanntes deutsches Sprichwort gebildet hat, muß dafür auch
noch eine Empfindung gehabt haben. Es mag lange nicht so schlimm sein, wie wenn
man sich prügelt in den Parlamenten, wie in Wien oder Paris, aber schön ist es
gewiß nicht, und wir erinnern uns, wie auch im Landtage in Berlin, als die Kanal¬
vorlage in hoffnungslosen Debatten immer tiefer und tiefer versank, und man höchstens
noch Verdruß hätte haben können über soviel vergeblich gethane Arbeit, die Heiter¬
keit des hohen Hauses immer höher stieg und zuletzt, in einer Art pro ninilo-
Stimmung, das Gelächter fast permanent wurde. Das sind keine schönen Sachen --
und wenn das nnn gleich ähnlich wieder losgeht, so kommt uns eine bekannte,
etwas anzügliche Anekdote in den Sinn, die in das Schlußwort aufkauft.' Die
Woche fängt schön an.


Die Kopfmnße Bismarcks und Napoleons I.

Bei der Besprechung des
Bismarckdenkmals vor dem Reichstagsgebände schrieb Professor Delbrück (Jnliheft
der Preußischen Jahrbücher): "Die ältere Bismarckbüste von Begas hat große
Ähnlichkeit mit Lenbachs Auffassung in verschiednen Porträts. Sehr charakteristisch,
aber idealisiert. Bismarck hatte weder die übergroße" Augen, noch die sehr hohe
Stirn, und namentlich hatte er einen im Verhältnis zu seinem mächtigen Körper
auffallend kleinen Kopf." Dieses Urteil ist verfehlt. Auch wir haben den Reichs-
Erzknnzler im Reichstage und außerhalb gesehen und geben zu, daß die Stiru
Ludwig Bambergers höher war als die Bismarcks. Bismarcks Augen waren nicht
übergroß, aber groß, und sie wetterleuchteten mitunter. Der Kopf erschien nicht
besonders groß, aber gehörig groß auf seinem Rumpfe; es lag Ebenmaß in der
ganzen Gestalt. Gegen den "auffallend kleinen Kopf," den Delbrück gesehen hat,
spricht das Ceutimetermaß. Der Schädel Bismarcks -- das stand schon zu seinen
Lebzeiten in den Blättern - hatte K2 Centimeter Umfang, während das Miinner-
kvpfmaß durchschnittlich 56 beträgt. Sicher füllen manche historische Größen sein
Maß ans. Den Kometenbahner Encke --- ihm paßte kein Hut im Hutladen, für
ihn mußte erst einer angefertigt werden - und Alexander von Humboldt können
wir mit Sicherheit nennen. Umfangreichere Köpfe müßte Delbrück erst namhaft
machen. Im Museum zu Gotha wird unter schützender Glasglocke der Dreimaster
Napoleons I. aufgehoben, der bei einem Bestich des Kaisers auf Schloß Frieden-
stein zurückgeblieben war. Eine Messung des Hutes ergab für den Kopf Napo¬
leons etwas über 59 Centimeter. Also fast -> Centimeter Unterschied zwischen
Bismarck und Napoleon! Wir beabsichtigen nicht aus diesem einen Merkmal schon
phrenologische Folgerungen zu ziehn. Doch würde ein umfassender Vergleich zwischen
dem ersten Manne aus dem Anfange des neunzehnten Jahrhunderts und dein ersten
Manne vom Ende desselben Jahrhunderts ein lehrreiches Ergebnis liefern. Ihr
Gegensatz ist groß. Bismarck war nicht Strateg und Feldherr wie Napoleon, aber
dieser auch kein Parlaments- und Volksredner, auch kein diplomatischer Referent
wie Bismarck. Es würde nicht schwer halten nachzuweisen, auf welcher Seite die
größere staatsmännische Einsicht und Gestaltungskraft lag, und wer die gedanken¬
reichern Memoiren geschrieben hat. Der Anbahner und Hersteller des Deutschen


Maßgebliches und Unmaßgebliches

haltender Heiterkeit des Hauses) ihm bedeutete, daß er die Bibel uicht kenne, indem
doch Herr Potiphar vielmehr eine Frau gewesen sei. Daß vielmehr der antisemitische
Herr selbst nicht im Alten Testament zu Hanse war, ist ebensowenig zu verwundern,
wie daß für den inane-Mut nnr eine „Frau Potiphar" in Frage kommen kann. Aber
zu unsrer Bildung gehört doch noch immer ein Stück Altes Testament, und da verdient
es niedriger gehängt zu werden, daß im ganzen Reichstag niemand diesen Teil
seiner Bildung so präsent hatte, daß er dem Minister sagen konnte, daß er Recht
hätte und nicht der Abgeordnete Vogel. Beinahe noch weniger gefällt uns die
ewige Heiterkeit, zu der der Reichstag bis jetzt noch keinen Anlaß hat. Den feinen
Chinesen ist das viele laute Lachen an uns Deutschen geradezu widerwärtig, und
das Zeitalter, das ein bekanntes deutsches Sprichwort gebildet hat, muß dafür auch
noch eine Empfindung gehabt haben. Es mag lange nicht so schlimm sein, wie wenn
man sich prügelt in den Parlamenten, wie in Wien oder Paris, aber schön ist es
gewiß nicht, und wir erinnern uns, wie auch im Landtage in Berlin, als die Kanal¬
vorlage in hoffnungslosen Debatten immer tiefer und tiefer versank, und man höchstens
noch Verdruß hätte haben können über soviel vergeblich gethane Arbeit, die Heiter¬
keit des hohen Hauses immer höher stieg und zuletzt, in einer Art pro ninilo-
Stimmung, das Gelächter fast permanent wurde. Das sind keine schönen Sachen —
und wenn das nnn gleich ähnlich wieder losgeht, so kommt uns eine bekannte,
etwas anzügliche Anekdote in den Sinn, die in das Schlußwort aufkauft.' Die
Woche fängt schön an.


Die Kopfmnße Bismarcks und Napoleons I.

Bei der Besprechung des
Bismarckdenkmals vor dem Reichstagsgebände schrieb Professor Delbrück (Jnliheft
der Preußischen Jahrbücher): „Die ältere Bismarckbüste von Begas hat große
Ähnlichkeit mit Lenbachs Auffassung in verschiednen Porträts. Sehr charakteristisch,
aber idealisiert. Bismarck hatte weder die übergroße» Augen, noch die sehr hohe
Stirn, und namentlich hatte er einen im Verhältnis zu seinem mächtigen Körper
auffallend kleinen Kopf." Dieses Urteil ist verfehlt. Auch wir haben den Reichs-
Erzknnzler im Reichstage und außerhalb gesehen und geben zu, daß die Stiru
Ludwig Bambergers höher war als die Bismarcks. Bismarcks Augen waren nicht
übergroß, aber groß, und sie wetterleuchteten mitunter. Der Kopf erschien nicht
besonders groß, aber gehörig groß auf seinem Rumpfe; es lag Ebenmaß in der
ganzen Gestalt. Gegen den „auffallend kleinen Kopf," den Delbrück gesehen hat,
spricht das Ceutimetermaß. Der Schädel Bismarcks — das stand schon zu seinen
Lebzeiten in den Blättern - hatte K2 Centimeter Umfang, während das Miinner-
kvpfmaß durchschnittlich 56 beträgt. Sicher füllen manche historische Größen sein
Maß ans. Den Kometenbahner Encke —- ihm paßte kein Hut im Hutladen, für
ihn mußte erst einer angefertigt werden - und Alexander von Humboldt können
wir mit Sicherheit nennen. Umfangreichere Köpfe müßte Delbrück erst namhaft
machen. Im Museum zu Gotha wird unter schützender Glasglocke der Dreimaster
Napoleons I. aufgehoben, der bei einem Bestich des Kaisers auf Schloß Frieden-
stein zurückgeblieben war. Eine Messung des Hutes ergab für den Kopf Napo¬
leons etwas über 59 Centimeter. Also fast -> Centimeter Unterschied zwischen
Bismarck und Napoleon! Wir beabsichtigen nicht aus diesem einen Merkmal schon
phrenologische Folgerungen zu ziehn. Doch würde ein umfassender Vergleich zwischen
dem ersten Manne aus dem Anfange des neunzehnten Jahrhunderts und dein ersten
Manne vom Ende desselben Jahrhunderts ein lehrreiches Ergebnis liefern. Ihr
Gegensatz ist groß. Bismarck war nicht Strateg und Feldherr wie Napoleon, aber
dieser auch kein Parlaments- und Volksredner, auch kein diplomatischer Referent
wie Bismarck. Es würde nicht schwer halten nachzuweisen, auf welcher Seite die
größere staatsmännische Einsicht und Gestaltungskraft lag, und wer die gedanken¬
reichern Memoiren geschrieben hat. Der Anbahner und Hersteller des Deutschen


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[0691] Maßgebliches und Unmaßgebliches haltender Heiterkeit des Hauses) ihm bedeutete, daß er die Bibel uicht kenne, indem doch Herr Potiphar vielmehr eine Frau gewesen sei. Daß vielmehr der antisemitische Herr selbst nicht im Alten Testament zu Hanse war, ist ebensowenig zu verwundern, wie daß für den inane-Mut nnr eine „Frau Potiphar" in Frage kommen kann. Aber zu unsrer Bildung gehört doch noch immer ein Stück Altes Testament, und da verdient es niedriger gehängt zu werden, daß im ganzen Reichstag niemand diesen Teil seiner Bildung so präsent hatte, daß er dem Minister sagen konnte, daß er Recht hätte und nicht der Abgeordnete Vogel. Beinahe noch weniger gefällt uns die ewige Heiterkeit, zu der der Reichstag bis jetzt noch keinen Anlaß hat. Den feinen Chinesen ist das viele laute Lachen an uns Deutschen geradezu widerwärtig, und das Zeitalter, das ein bekanntes deutsches Sprichwort gebildet hat, muß dafür auch noch eine Empfindung gehabt haben. Es mag lange nicht so schlimm sein, wie wenn man sich prügelt in den Parlamenten, wie in Wien oder Paris, aber schön ist es gewiß nicht, und wir erinnern uns, wie auch im Landtage in Berlin, als die Kanal¬ vorlage in hoffnungslosen Debatten immer tiefer und tiefer versank, und man höchstens noch Verdruß hätte haben können über soviel vergeblich gethane Arbeit, die Heiter¬ keit des hohen Hauses immer höher stieg und zuletzt, in einer Art pro ninilo- Stimmung, das Gelächter fast permanent wurde. Das sind keine schönen Sachen — und wenn das nnn gleich ähnlich wieder losgeht, so kommt uns eine bekannte, etwas anzügliche Anekdote in den Sinn, die in das Schlußwort aufkauft.' Die Woche fängt schön an. Die Kopfmnße Bismarcks und Napoleons I. Bei der Besprechung des Bismarckdenkmals vor dem Reichstagsgebände schrieb Professor Delbrück (Jnliheft der Preußischen Jahrbücher): „Die ältere Bismarckbüste von Begas hat große Ähnlichkeit mit Lenbachs Auffassung in verschiednen Porträts. Sehr charakteristisch, aber idealisiert. Bismarck hatte weder die übergroße» Augen, noch die sehr hohe Stirn, und namentlich hatte er einen im Verhältnis zu seinem mächtigen Körper auffallend kleinen Kopf." Dieses Urteil ist verfehlt. Auch wir haben den Reichs- Erzknnzler im Reichstage und außerhalb gesehen und geben zu, daß die Stiru Ludwig Bambergers höher war als die Bismarcks. Bismarcks Augen waren nicht übergroß, aber groß, und sie wetterleuchteten mitunter. Der Kopf erschien nicht besonders groß, aber gehörig groß auf seinem Rumpfe; es lag Ebenmaß in der ganzen Gestalt. Gegen den „auffallend kleinen Kopf," den Delbrück gesehen hat, spricht das Ceutimetermaß. Der Schädel Bismarcks — das stand schon zu seinen Lebzeiten in den Blättern - hatte K2 Centimeter Umfang, während das Miinner- kvpfmaß durchschnittlich 56 beträgt. Sicher füllen manche historische Größen sein Maß ans. Den Kometenbahner Encke —- ihm paßte kein Hut im Hutladen, für ihn mußte erst einer angefertigt werden - und Alexander von Humboldt können wir mit Sicherheit nennen. Umfangreichere Köpfe müßte Delbrück erst namhaft machen. Im Museum zu Gotha wird unter schützender Glasglocke der Dreimaster Napoleons I. aufgehoben, der bei einem Bestich des Kaisers auf Schloß Frieden- stein zurückgeblieben war. Eine Messung des Hutes ergab für den Kopf Napo¬ leons etwas über 59 Centimeter. Also fast -> Centimeter Unterschied zwischen Bismarck und Napoleon! Wir beabsichtigen nicht aus diesem einen Merkmal schon phrenologische Folgerungen zu ziehn. Doch würde ein umfassender Vergleich zwischen dem ersten Manne aus dem Anfange des neunzehnten Jahrhunderts und dein ersten Manne vom Ende desselben Jahrhunderts ein lehrreiches Ergebnis liefern. Ihr Gegensatz ist groß. Bismarck war nicht Strateg und Feldherr wie Napoleon, aber dieser auch kein Parlaments- und Volksredner, auch kein diplomatischer Referent wie Bismarck. Es würde nicht schwer halten nachzuweisen, auf welcher Seite die größere staatsmännische Einsicht und Gestaltungskraft lag, und wer die gedanken¬ reichern Memoiren geschrieben hat. Der Anbahner und Hersteller des Deutschen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/691>, abgerufen am 03.05.2024.