Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Latholica

kirchlichen Lebens auf ihre Thätigkeit und Bedeutsamkeit im zwanzigsten Jahr¬
hundert untersuchen.

Ich schreibe nicht mit polemisch gefärbter Tinte. Es ist mir darum zu
thun, auf Grund objektiver Anschauung der Dinge zu einem Ergebnis zu
kommen, das durch die Macht der beigebrachten Argumente wirkt. Die iremschc
Erörterung moderner Streitfragen, der uicht selten schon in diesen Blättern
das Wort geredet worden ist. hat auf jeden Fall das Gute, daß sie auf beiden
Seiten gelesen wird, und damit kommt mau einen guten Schritt voran. Das
Beispiel der Selbstkritik, um. wenn möglich, auszumerzen, was schadhaft und
fehlerhaft ist. mag andre veranlassen, die Vertreter der modernen Welt¬
anschauung auf den Weg der gleichen Selbstprüfung hinzuführen, ein doppeltes
Vorgehn, das durchaus in unserm vaterländischen Interesse liegt.

Ich schreibe auch nicht mit einer von Galle durchtränkten Tinte. Wenn
der eine oder der andre um liebgewordnen Überlieferungen, über deren Be¬
rechtigung im zwanzigsten Jahrhundert er noch niemals nachgedacht hat rütteln
sieht, so geschieht es uicht aus Ärger oder Zorn, sondern well sich die Not¬
wendigkeit gebieterisch aufdrängt, wenn die einleitend erwähnte Aufforderung
Ehrhards überhaupt praktisch werden soll.

.
Ich schreibe auch nicht mit Scheidewasser. Wer glaubt, daß em radikaler
Geist aus diesen Aufsätzen spreche., werde, und sie in dieser Erwartung in die
Hand nimmt, wird nicht auf seine Kosten kommen. Dabei muß allerdings die
Möglichkeit offen gelassen bleiben, daß kleinlich angelegte Geister, denen der
Überblick über die gesamten in Frage kommenden Verhältnisse fehlt, hier und
da bedenklich nach dem Index hinüber schielen und mir vielleicht einen Frei¬
platz dort wünschen werden. Wer auf höherer Warte steht, wird zwischen den
Dingen unterscheiden und jedem seinen Platz anzuweisen verstehn.

Endlich enthält nieine Tinte keinen Niederschlag vou verletzte," Ehrgeiz.
Mit Rücksicht auf neuere Vorkommnisse ist es immerhin angezeigt, aus die,co
Fehlen des genannten Bodensatzes besonders hinzuweisen. Soweit a o de
Voraussetzungen zu unbefangner Prüfung und Kritik gegeben sem tour n s d
sie hier vorhanden. Es bleibt nur der Wunsch übrig, daß die f°lgmd > Unw-
suchungen. die in zwangloser Reihenfolge erscheinen werden, in demselben
Geiste gewürdigt werden mögen, in dem sie niedergeschrieben wurden.

5. Die Geschäftsführung an der Aurie

Rom ist der Mittelpunkt der katholischen Christenheit Diese umfaßt nach
den neusten genanen Berechnungen 270 Millionen Menschen an ^in °um
Erdkreis. Bei der Organisation der katholischen Kirche ist es ewnders b ^merkenswert, daß die Abgrenzung der Befugnisse seit dem Konz l ^w immer steigender Entwicklung begriffen ist. Die T^-nz d w ^ng
ist die zentraZstische. die gefördert our^rungen des neunzehnten Jahrhundert". Die ^cicungleii
veranlaßte Rom zu häufigeren Eingreifen in Fragen mehr lokaler Natur mit.
brachte ruiselbstäMge Prälaten in die große Versuchs die ^ °^mit Bagatellsachen zu belästigen, die ganz unzweifelhaft zur Kompetenz der


Grenzboten I 1902
Latholica

kirchlichen Lebens auf ihre Thätigkeit und Bedeutsamkeit im zwanzigsten Jahr¬
hundert untersuchen.

Ich schreibe nicht mit polemisch gefärbter Tinte. Es ist mir darum zu
thun, auf Grund objektiver Anschauung der Dinge zu einem Ergebnis zu
kommen, das durch die Macht der beigebrachten Argumente wirkt. Die iremschc
Erörterung moderner Streitfragen, der uicht selten schon in diesen Blättern
das Wort geredet worden ist. hat auf jeden Fall das Gute, daß sie auf beiden
Seiten gelesen wird, und damit kommt mau einen guten Schritt voran. Das
Beispiel der Selbstkritik, um. wenn möglich, auszumerzen, was schadhaft und
fehlerhaft ist. mag andre veranlassen, die Vertreter der modernen Welt¬
anschauung auf den Weg der gleichen Selbstprüfung hinzuführen, ein doppeltes
Vorgehn, das durchaus in unserm vaterländischen Interesse liegt.

Ich schreibe auch nicht mit einer von Galle durchtränkten Tinte. Wenn
der eine oder der andre um liebgewordnen Überlieferungen, über deren Be¬
rechtigung im zwanzigsten Jahrhundert er noch niemals nachgedacht hat rütteln
sieht, so geschieht es uicht aus Ärger oder Zorn, sondern well sich die Not¬
wendigkeit gebieterisch aufdrängt, wenn die einleitend erwähnte Aufforderung
Ehrhards überhaupt praktisch werden soll.

.
Ich schreibe auch nicht mit Scheidewasser. Wer glaubt, daß em radikaler
Geist aus diesen Aufsätzen spreche., werde, und sie in dieser Erwartung in die
Hand nimmt, wird nicht auf seine Kosten kommen. Dabei muß allerdings die
Möglichkeit offen gelassen bleiben, daß kleinlich angelegte Geister, denen der
Überblick über die gesamten in Frage kommenden Verhältnisse fehlt, hier und
da bedenklich nach dem Index hinüber schielen und mir vielleicht einen Frei¬
platz dort wünschen werden. Wer auf höherer Warte steht, wird zwischen den
Dingen unterscheiden und jedem seinen Platz anzuweisen verstehn.

Endlich enthält nieine Tinte keinen Niederschlag vou verletzte,» Ehrgeiz.
Mit Rücksicht auf neuere Vorkommnisse ist es immerhin angezeigt, aus die,co
Fehlen des genannten Bodensatzes besonders hinzuweisen. Soweit a o de
Voraussetzungen zu unbefangner Prüfung und Kritik gegeben sem tour n s d
sie hier vorhanden. Es bleibt nur der Wunsch übrig, daß die f°lgmd > Unw-
suchungen. die in zwangloser Reihenfolge erscheinen werden, in demselben
Geiste gewürdigt werden mögen, in dem sie niedergeschrieben wurden.

5. Die Geschäftsführung an der Aurie

Rom ist der Mittelpunkt der katholischen Christenheit Diese umfaßt nach
den neusten genanen Berechnungen 270 Millionen Menschen an ^in °um
Erdkreis. Bei der Organisation der katholischen Kirche ist es ewnders b ^merkenswert, daß die Abgrenzung der Befugnisse seit dem Konz l ^w immer steigender Entwicklung begriffen ist. Die T^-nz d w ^ng
ist die zentraZstische. die gefördert our^rungen des neunzehnten Jahrhundert». Die ^cicungleii
veranlaßte Rom zu häufigeren Eingreifen in Fragen mehr lokaler Natur mit.
brachte ruiselbstäMge Prälaten in die große Versuchs die ^ °^mit Bagatellsachen zu belästigen, die ganz unzweifelhaft zur Kompetenz der


Grenzboten I 1902
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0409" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/236933"/>
          <fw type="header" place="top"> Latholica</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1580" prev="#ID_1579"> kirchlichen Lebens auf ihre Thätigkeit und Bedeutsamkeit im zwanzigsten Jahr¬<lb/>
hundert untersuchen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1581"> Ich schreibe nicht mit polemisch gefärbter Tinte. Es ist mir darum zu<lb/>
thun, auf Grund objektiver Anschauung der Dinge zu einem Ergebnis zu<lb/>
kommen, das durch die Macht der beigebrachten Argumente wirkt. Die iremschc<lb/>
Erörterung moderner Streitfragen, der uicht selten schon in diesen Blättern<lb/>
das Wort geredet worden ist. hat auf jeden Fall das Gute, daß sie auf beiden<lb/>
Seiten gelesen wird, und damit kommt mau einen guten Schritt voran. Das<lb/>
Beispiel der Selbstkritik, um. wenn möglich, auszumerzen, was schadhaft und<lb/>
fehlerhaft ist. mag andre veranlassen, die Vertreter der modernen Welt¬<lb/>
anschauung auf den Weg der gleichen Selbstprüfung hinzuführen, ein doppeltes<lb/>
Vorgehn, das durchaus in unserm vaterländischen Interesse liegt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1582"> Ich schreibe auch nicht mit einer von Galle durchtränkten Tinte. Wenn<lb/>
der eine oder der andre um liebgewordnen Überlieferungen, über deren Be¬<lb/>
rechtigung im zwanzigsten Jahrhundert er noch niemals nachgedacht hat rütteln<lb/>
sieht, so geschieht es uicht aus Ärger oder Zorn, sondern well sich die Not¬<lb/>
wendigkeit gebieterisch aufdrängt, wenn die einleitend erwähnte Aufforderung<lb/>
Ehrhards überhaupt praktisch werden soll. </p><lb/>
          <p xml:id="ID_1583"> .<lb/>
Ich schreibe auch nicht mit Scheidewasser. Wer glaubt, daß em radikaler<lb/>
Geist aus diesen Aufsätzen spreche., werde, und sie in dieser Erwartung in die<lb/>
Hand nimmt, wird nicht auf seine Kosten kommen. Dabei muß allerdings die<lb/>
Möglichkeit offen gelassen bleiben, daß kleinlich angelegte Geister, denen der<lb/>
Überblick über die gesamten in Frage kommenden Verhältnisse fehlt, hier und<lb/>
da bedenklich nach dem Index hinüber schielen und mir vielleicht einen Frei¬<lb/>
platz dort wünschen werden. Wer auf höherer Warte steht, wird zwischen den<lb/>
Dingen unterscheiden und jedem seinen Platz anzuweisen verstehn.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1584"> Endlich enthält nieine Tinte keinen Niederschlag vou verletzte,» Ehrgeiz.<lb/>
Mit Rücksicht auf neuere Vorkommnisse ist es immerhin angezeigt, aus die,co<lb/>
Fehlen des genannten Bodensatzes besonders hinzuweisen. Soweit a o de<lb/>
Voraussetzungen zu unbefangner Prüfung und Kritik gegeben sem tour n s d<lb/>
sie hier vorhanden. Es bleibt nur der Wunsch übrig, daß die f°lgmd &gt; Unw-<lb/>
suchungen. die in zwangloser Reihenfolge erscheinen werden, in demselben<lb/>
Geiste gewürdigt werden mögen, in dem sie niedergeschrieben wurden.</p><lb/>
          <div n="2">
            <head> 5. Die Geschäftsführung an der Aurie</head><lb/>
            <p xml:id="ID_1585" next="#ID_1586"> Rom ist der Mittelpunkt der katholischen Christenheit Diese umfaßt nach<lb/>
den neusten genanen Berechnungen 270 Millionen Menschen an ^in °um<lb/>
Erdkreis.  Bei der Organisation der katholischen Kirche ist es  ewnders b ^merkenswert, daß die Abgrenzung der Befugnisse seit dem Konz l ^w immer steigender Entwicklung begriffen ist.  Die T^-nz d    w ^ng<lb/>
ist die zentraZstische. die gefördert our^rungen des neunzehnten Jahrhundert».  Die ^cicungleii<lb/>
veranlaßte Rom zu häufigeren Eingreifen in Fragen mehr lokaler Natur mit.<lb/>
brachte ruiselbstäMge Prälaten in die große Versuchs die ^ °^mit Bagatellsachen zu belästigen, die ganz unzweifelhaft zur Kompetenz der</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I 1902</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0409] Latholica kirchlichen Lebens auf ihre Thätigkeit und Bedeutsamkeit im zwanzigsten Jahr¬ hundert untersuchen. Ich schreibe nicht mit polemisch gefärbter Tinte. Es ist mir darum zu thun, auf Grund objektiver Anschauung der Dinge zu einem Ergebnis zu kommen, das durch die Macht der beigebrachten Argumente wirkt. Die iremschc Erörterung moderner Streitfragen, der uicht selten schon in diesen Blättern das Wort geredet worden ist. hat auf jeden Fall das Gute, daß sie auf beiden Seiten gelesen wird, und damit kommt mau einen guten Schritt voran. Das Beispiel der Selbstkritik, um. wenn möglich, auszumerzen, was schadhaft und fehlerhaft ist. mag andre veranlassen, die Vertreter der modernen Welt¬ anschauung auf den Weg der gleichen Selbstprüfung hinzuführen, ein doppeltes Vorgehn, das durchaus in unserm vaterländischen Interesse liegt. Ich schreibe auch nicht mit einer von Galle durchtränkten Tinte. Wenn der eine oder der andre um liebgewordnen Überlieferungen, über deren Be¬ rechtigung im zwanzigsten Jahrhundert er noch niemals nachgedacht hat rütteln sieht, so geschieht es uicht aus Ärger oder Zorn, sondern well sich die Not¬ wendigkeit gebieterisch aufdrängt, wenn die einleitend erwähnte Aufforderung Ehrhards überhaupt praktisch werden soll. . Ich schreibe auch nicht mit Scheidewasser. Wer glaubt, daß em radikaler Geist aus diesen Aufsätzen spreche., werde, und sie in dieser Erwartung in die Hand nimmt, wird nicht auf seine Kosten kommen. Dabei muß allerdings die Möglichkeit offen gelassen bleiben, daß kleinlich angelegte Geister, denen der Überblick über die gesamten in Frage kommenden Verhältnisse fehlt, hier und da bedenklich nach dem Index hinüber schielen und mir vielleicht einen Frei¬ platz dort wünschen werden. Wer auf höherer Warte steht, wird zwischen den Dingen unterscheiden und jedem seinen Platz anzuweisen verstehn. Endlich enthält nieine Tinte keinen Niederschlag vou verletzte,» Ehrgeiz. Mit Rücksicht auf neuere Vorkommnisse ist es immerhin angezeigt, aus die,co Fehlen des genannten Bodensatzes besonders hinzuweisen. Soweit a o de Voraussetzungen zu unbefangner Prüfung und Kritik gegeben sem tour n s d sie hier vorhanden. Es bleibt nur der Wunsch übrig, daß die f°lgmd > Unw- suchungen. die in zwangloser Reihenfolge erscheinen werden, in demselben Geiste gewürdigt werden mögen, in dem sie niedergeschrieben wurden. 5. Die Geschäftsführung an der Aurie Rom ist der Mittelpunkt der katholischen Christenheit Diese umfaßt nach den neusten genanen Berechnungen 270 Millionen Menschen an ^in °um Erdkreis. Bei der Organisation der katholischen Kirche ist es ewnders b ^merkenswert, daß die Abgrenzung der Befugnisse seit dem Konz l ^w immer steigender Entwicklung begriffen ist. Die T^-nz d w ^ng ist die zentraZstische. die gefördert our^rungen des neunzehnten Jahrhundert». Die ^cicungleii veranlaßte Rom zu häufigeren Eingreifen in Fragen mehr lokaler Natur mit. brachte ruiselbstäMge Prälaten in die große Versuchs die ^ °^mit Bagatellsachen zu belästigen, die ganz unzweifelhaft zur Kompetenz der Grenzboten I 1902

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/409
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/409>, abgerufen am 29.04.2024.