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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Hermann Allmers

nationale Politik, ohne Sentimentalität, ohne Rücksicht. Sie unterstützten
Friedrich den Großen, weil es für England nützlich war, festländische Neben¬
buhler wie die Franzosen auf dein Festlande beschäftigt zu sehen, und als sie
ihr Schäfchen ins Trockne gebracht hatten, als die Franzosen aus Indien und
Kanada vertrieben waren, ließen sie ihn schnöde im Stich. Wäre England
ein Festlandstaat, sie hätten Rücksichten nehmen müssen, doch durch das Meer
vor Angriffen geschützt, konnten sie thun, wie ihnen beliebte, und über den
Vorwurf des perfiden Albions lachen. Ob Tones, ob Whigs, sie alle trieben
dieselbe Politik. Riglrt c"r ^ronA in)? "zountr^! war aller Wahrspruch. Andre
Völker mochten sehen, wie sie sich damit abfärben. In nationaler Politik,
die sich mit dein Vorteil der herrschenden Klasse deckte, lag das Geheimnis
des Erfolgs der parlamentarischen Adclsregierung in England während des
achtzehnten und im Anfang des neunzehnten Jahrhunderts.

(Schluß folgt)




Hermann Allmers

>le den alten Wikingerkönigen beim Gange nach Walhallas
Wonnesitz der Holzstoß flammte, so lodert in unsern Tagen
dem Menschen, der aus der Menge weit sichtbar hervorgeragt
hat, die leuchtende und manchmal wärmende Flamme der Ne-
! krologe. Ist sie erloschen, so behauptet sich ein Gluthaufen noch
lange Zeit, ein weniger weithin sichtbarer, aber meistens dauerhafter in seiner
Wirkung. Dem alten Nachkommen der seefahrenden friesischen Bauern, der
am 9. März ans seinein väterlichen Marschenhof die Augen schloß, sind im
letzten Viertel seines Lebens riesige Nuhmcsopfer geweiht worden. Viele hat
er verdient, vieles wurde übertrieben von Leuten, die ihn erst in den aller¬
letzten Jahren kennen gelernt hatten, ohne recht die eigentliche Natur seines
Wesens zu erfassen, die aber, einer gewissen Zeitströmung folgend, den Heimat¬
dichter feierten. Die Fülle seines Geistes und Gemüts neben den Schwächen
zu ermessen und beides gerecht zu würdigen, ist nur denen beschieden, die viele
Jahre ihm näher gestanden haben. Hermann Allmers war vor alleil Dingen
ein Mann der lebendigen Persönlichkeit. Was ihn litterarisch überlebt, kommt
erst denen zur rechten Geltung, die diese eigentümliche Persönlichkeit genau
gekannt haben. Unter diesen vielleicht den jungen Leuten am meisten, weil sie
von ihr überwältigt wurden. Fernstehende werden in seinen Schriften nicht leicht
den Grund für das ftannenswerte Maß von Popularität entdecke", das der Ver¬
ewigte in den letzten Zeiten genoß, am meisten in seiner nordwestdentschen Heimat.

Mehr noch als der Dichter selbst hing sein Ruhm von der Scholle ab,
die ihn erzeugt, und an der er heimatstreu gehangen hat. Er selbst hat sich
vielen ganz andern Idealen zugewandt, die mit seiner Heimat und ihrem


Hermann Allmers

nationale Politik, ohne Sentimentalität, ohne Rücksicht. Sie unterstützten
Friedrich den Großen, weil es für England nützlich war, festländische Neben¬
buhler wie die Franzosen auf dein Festlande beschäftigt zu sehen, und als sie
ihr Schäfchen ins Trockne gebracht hatten, als die Franzosen aus Indien und
Kanada vertrieben waren, ließen sie ihn schnöde im Stich. Wäre England
ein Festlandstaat, sie hätten Rücksichten nehmen müssen, doch durch das Meer
vor Angriffen geschützt, konnten sie thun, wie ihnen beliebte, und über den
Vorwurf des perfiden Albions lachen. Ob Tones, ob Whigs, sie alle trieben
dieselbe Politik. Riglrt c»r ^ronA in)? «zountr^! war aller Wahrspruch. Andre
Völker mochten sehen, wie sie sich damit abfärben. In nationaler Politik,
die sich mit dein Vorteil der herrschenden Klasse deckte, lag das Geheimnis
des Erfolgs der parlamentarischen Adclsregierung in England während des
achtzehnten und im Anfang des neunzehnten Jahrhunderts.

(Schluß folgt)




Hermann Allmers

>le den alten Wikingerkönigen beim Gange nach Walhallas
Wonnesitz der Holzstoß flammte, so lodert in unsern Tagen
dem Menschen, der aus der Menge weit sichtbar hervorgeragt
hat, die leuchtende und manchmal wärmende Flamme der Ne-
! krologe. Ist sie erloschen, so behauptet sich ein Gluthaufen noch
lange Zeit, ein weniger weithin sichtbarer, aber meistens dauerhafter in seiner
Wirkung. Dem alten Nachkommen der seefahrenden friesischen Bauern, der
am 9. März ans seinein väterlichen Marschenhof die Augen schloß, sind im
letzten Viertel seines Lebens riesige Nuhmcsopfer geweiht worden. Viele hat
er verdient, vieles wurde übertrieben von Leuten, die ihn erst in den aller¬
letzten Jahren kennen gelernt hatten, ohne recht die eigentliche Natur seines
Wesens zu erfassen, die aber, einer gewissen Zeitströmung folgend, den Heimat¬
dichter feierten. Die Fülle seines Geistes und Gemüts neben den Schwächen
zu ermessen und beides gerecht zu würdigen, ist nur denen beschieden, die viele
Jahre ihm näher gestanden haben. Hermann Allmers war vor alleil Dingen
ein Mann der lebendigen Persönlichkeit. Was ihn litterarisch überlebt, kommt
erst denen zur rechten Geltung, die diese eigentümliche Persönlichkeit genau
gekannt haben. Unter diesen vielleicht den jungen Leuten am meisten, weil sie
von ihr überwältigt wurden. Fernstehende werden in seinen Schriften nicht leicht
den Grund für das ftannenswerte Maß von Popularität entdecke», das der Ver¬
ewigte in den letzten Zeiten genoß, am meisten in seiner nordwestdentschen Heimat.

Mehr noch als der Dichter selbst hing sein Ruhm von der Scholle ab,
die ihn erzeugt, und an der er heimatstreu gehangen hat. Er selbst hat sich
vielen ganz andern Idealen zugewandt, die mit seiner Heimat und ihrem


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[0212] Hermann Allmers nationale Politik, ohne Sentimentalität, ohne Rücksicht. Sie unterstützten Friedrich den Großen, weil es für England nützlich war, festländische Neben¬ buhler wie die Franzosen auf dein Festlande beschäftigt zu sehen, und als sie ihr Schäfchen ins Trockne gebracht hatten, als die Franzosen aus Indien und Kanada vertrieben waren, ließen sie ihn schnöde im Stich. Wäre England ein Festlandstaat, sie hätten Rücksichten nehmen müssen, doch durch das Meer vor Angriffen geschützt, konnten sie thun, wie ihnen beliebte, und über den Vorwurf des perfiden Albions lachen. Ob Tones, ob Whigs, sie alle trieben dieselbe Politik. Riglrt c»r ^ronA in)? «zountr^! war aller Wahrspruch. Andre Völker mochten sehen, wie sie sich damit abfärben. In nationaler Politik, die sich mit dein Vorteil der herrschenden Klasse deckte, lag das Geheimnis des Erfolgs der parlamentarischen Adclsregierung in England während des achtzehnten und im Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (Schluß folgt) Hermann Allmers >le den alten Wikingerkönigen beim Gange nach Walhallas Wonnesitz der Holzstoß flammte, so lodert in unsern Tagen dem Menschen, der aus der Menge weit sichtbar hervorgeragt hat, die leuchtende und manchmal wärmende Flamme der Ne- ! krologe. Ist sie erloschen, so behauptet sich ein Gluthaufen noch lange Zeit, ein weniger weithin sichtbarer, aber meistens dauerhafter in seiner Wirkung. Dem alten Nachkommen der seefahrenden friesischen Bauern, der am 9. März ans seinein väterlichen Marschenhof die Augen schloß, sind im letzten Viertel seines Lebens riesige Nuhmcsopfer geweiht worden. Viele hat er verdient, vieles wurde übertrieben von Leuten, die ihn erst in den aller¬ letzten Jahren kennen gelernt hatten, ohne recht die eigentliche Natur seines Wesens zu erfassen, die aber, einer gewissen Zeitströmung folgend, den Heimat¬ dichter feierten. Die Fülle seines Geistes und Gemüts neben den Schwächen zu ermessen und beides gerecht zu würdigen, ist nur denen beschieden, die viele Jahre ihm näher gestanden haben. Hermann Allmers war vor alleil Dingen ein Mann der lebendigen Persönlichkeit. Was ihn litterarisch überlebt, kommt erst denen zur rechten Geltung, die diese eigentümliche Persönlichkeit genau gekannt haben. Unter diesen vielleicht den jungen Leuten am meisten, weil sie von ihr überwältigt wurden. Fernstehende werden in seinen Schriften nicht leicht den Grund für das ftannenswerte Maß von Popularität entdecke», das der Ver¬ ewigte in den letzten Zeiten genoß, am meisten in seiner nordwestdentschen Heimat. Mehr noch als der Dichter selbst hing sein Ruhm von der Scholle ab, die ihn erzeugt, und an der er heimatstreu gehangen hat. Er selbst hat sich vielen ganz andern Idealen zugewandt, die mit seiner Heimat und ihrem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/212>, abgerufen am 29.04.2024.