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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Erfahrung nach dem Franzosen wie dem Engländer gegenüber im Sichnichtnuf-
spielen, in der Zurückhaltung, im Nichtruhmredigsein. Das ist die Erfahrung,
die ich meinen deutschen Landsleuten gern zu gute kommen lassen wollte, und ein
Unternehmen, das darauf hinauslief, den Parisern unter Aufbietung der Blüte
"usrer Nation zu lehren, wie man künstlerisch bewegte Massengruppen auf der
Bühne herzustellen habe, paßte natürlich nicht in den Rahmen meiner nicht ge¬
radezu pessimistischen, aber freilich auch nicht rosig angehauchten Anschauungen.


Se.
neuste Kunst.

In der kunstreichen Stadt, in der ich lebe, ist ein schon in
einem Wettbewerbe preisgekröntes Fräulein ans den ansprechenden Gedanken ge¬
kommen, die Frauen sollten, wie sich der Knnstreporter meines Leibblatts ausdrückt,
"von jedem Kleide, das sie ihr ganzes Leben hindurch" getragen haben, einen
Flicken zur Erinnerung aufbewahren und ihn in ein von ihr hergestelltes Album
mit fünfzig Blättern einkleben, das den geschmackvollen Titel, so findet wenigstens
mein Gewährsmann, "Erinnerungsflicken" führt. Gemeine hat er übrigens wohl,
in Anbetracht der Blätterzahl: von alle" Kleidern, die sie einmal in ihrem Leben
getragen haben, denn auch so wird das Album für die meisten noch unnötig dick
sein, aber die Erinnerungen lassen sich ja leicht auf Strümpfe und Unterkleidung
ausdehnen. Die Damen sollen ihre abgetragnen Andenken mit poetischen An¬
merkungen erläutern, wozu das einleitende Gedicht einer bekannten sächsischen
Dichterin (so sagt mein Gewährsmann) anleiten kann, wie folgende sinnige Perle
zeigen mag:

Das Jnteressanteste an diesem, wie der Gewährsmann findet, interessanten und
geschmackvollen Album dürfte sein, daß man es in der Stadt der Sixtinischen
Madonna nicht bet einem Damenschneider, sondern in einer Kunsthandlung aus¬
gestellt hat.


Notiz.

In unserm Artikel "Zwei französische Urteile über Deutschlands Seegeltung"
hat der Verfasser zu Cuvervilles Bemerkung auf Seite 71: "Der Kaiser mit seinem großen Geiste
würde nachsichtig gewesen sein; aber die Diplomaten se "urtout I'-cktrsrix p^otoools würden
mich gesteinigt haben," ein Fragezeichen zu den französischen Worten gesetzt und sie unübersetzt
gelassen. Auch uns waren sie unklar, und mir haben uns bei dein Fragezeichen beruhigt. Aus
unsern: Leserkreis werden uns aber von verschiednen Seiten Erklärungen des "in'vtosolo" zu¬
gesandt, die uns belehren, daß das Wort hier nicht nur soviel wie "Etikette, Hofetikette" bedeutet,
was uns bekannt war (das viotiovnairv as 1'L.osckömis giebt folgende Erklärung: U so an
"mssi, vdsü los ssorötlurss ä'Heat, vno" Iss ssorstsirss Asu Zrancks xriavss, ot clans Iss
aÄmimstiMoa" xMiizuss, S'n" tormnlku'v vootonMt I" in"al"rs Avnt los roi", los xmucki
xvinoos se lo" "Koth ä'scklmmstrsiioa traitout Äsns Isurs lottrss, vsrvc ". c^in ils sorivsnt),
sondern den Beamten, der über die genaue Beobachtung des Hosceremoniells zu wachen hat,
also den Oberceremonienmeister. Im französischen Reallexikon von Klöpper finden wir folgende
interessante Bemerkung: "?i'otooo1s, ehedem Souffleur im Theater, nach dem Borbild der Römer,
bei denen gewisse Sklaven, welche die Namen aller Mitbürger kannten, dieselben ihren, Herrn
ins Ohr flüsterten, damitj sie jeden bei seinem Namen anreden konnten, behufs der Amts¬
bewerbung."

Eine kleine Ungenauigkeit in der Übersetzung mag hierneben berichtigt werden: der ivZor
vonp ni'sMÜs auf Seite 70 und Seite 137 ist nicht ein freundlicher Schulterklaps, sondern eine
kleine Nachhilfe oder Unterstützung. Und da wir einmal beim Bekennen sind, wollen wir noch
etwas Schreckliches beichten, daß wir nämlich, wie wohl alle unsre Leser bis auf einen, über
den Lapsus weggelesen haben, der dein Verfasser der "Winterfeldzuge" auf Seite 36 passiert ist,
wo er sagt: "Napoleon verlor 1812 auf den Schneefeldern Rußlands binnen einem Vierteljahr
etwa 340 000 Mann und kam nur mit einem Fünftel seines Heeres bei Moskau an" -- nämlich
Mitte September! Wer denkt aber bei Moskau an etwas andres als an die Schrecken des
Rückzugs!




Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig -- Druck von Carl Marquart in Leipzig
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Erfahrung nach dem Franzosen wie dem Engländer gegenüber im Sichnichtnuf-
spielen, in der Zurückhaltung, im Nichtruhmredigsein. Das ist die Erfahrung,
die ich meinen deutschen Landsleuten gern zu gute kommen lassen wollte, und ein
Unternehmen, das darauf hinauslief, den Parisern unter Aufbietung der Blüte
»usrer Nation zu lehren, wie man künstlerisch bewegte Massengruppen auf der
Bühne herzustellen habe, paßte natürlich nicht in den Rahmen meiner nicht ge¬
radezu pessimistischen, aber freilich auch nicht rosig angehauchten Anschauungen.


Se.
neuste Kunst.

In der kunstreichen Stadt, in der ich lebe, ist ein schon in
einem Wettbewerbe preisgekröntes Fräulein ans den ansprechenden Gedanken ge¬
kommen, die Frauen sollten, wie sich der Knnstreporter meines Leibblatts ausdrückt,
„von jedem Kleide, das sie ihr ganzes Leben hindurch" getragen haben, einen
Flicken zur Erinnerung aufbewahren und ihn in ein von ihr hergestelltes Album
mit fünfzig Blättern einkleben, das den geschmackvollen Titel, so findet wenigstens
mein Gewährsmann, „Erinnerungsflicken" führt. Gemeine hat er übrigens wohl,
in Anbetracht der Blätterzahl: von alle» Kleidern, die sie einmal in ihrem Leben
getragen haben, denn auch so wird das Album für die meisten noch unnötig dick
sein, aber die Erinnerungen lassen sich ja leicht auf Strümpfe und Unterkleidung
ausdehnen. Die Damen sollen ihre abgetragnen Andenken mit poetischen An¬
merkungen erläutern, wozu das einleitende Gedicht einer bekannten sächsischen
Dichterin (so sagt mein Gewährsmann) anleiten kann, wie folgende sinnige Perle
zeigen mag:

Das Jnteressanteste an diesem, wie der Gewährsmann findet, interessanten und
geschmackvollen Album dürfte sein, daß man es in der Stadt der Sixtinischen
Madonna nicht bet einem Damenschneider, sondern in einer Kunsthandlung aus¬
gestellt hat.


Notiz.

In unserm Artikel „Zwei französische Urteile über Deutschlands Seegeltung"
hat der Verfasser zu Cuvervilles Bemerkung auf Seite 71: „Der Kaiser mit seinem großen Geiste
würde nachsichtig gewesen sein; aber die Diplomaten se »urtout I'-cktrsrix p^otoools würden
mich gesteinigt haben," ein Fragezeichen zu den französischen Worten gesetzt und sie unübersetzt
gelassen. Auch uns waren sie unklar, und mir haben uns bei dein Fragezeichen beruhigt. Aus
unsern: Leserkreis werden uns aber von verschiednen Seiten Erklärungen des „in'vtosolo" zu¬
gesandt, die uns belehren, daß das Wort hier nicht nur soviel wie „Etikette, Hofetikette" bedeutet,
was uns bekannt war (das viotiovnairv as 1'L.osckömis giebt folgende Erklärung: U so an
«mssi, vdsü los ssorötlurss ä'Heat, vno« Iss ssorstsirss Asu Zrancks xriavss, ot clans Iss
aÄmimstiMoa» xMiizuss, S'n» tormnlku'v vootonMt I» in»al«rs Avnt los roi«, los xmucki
xvinoos se lo» «Koth ä'scklmmstrsiioa traitout Äsns Isurs lottrss, vsrvc «. c^in ils sorivsnt),
sondern den Beamten, der über die genaue Beobachtung des Hosceremoniells zu wachen hat,
also den Oberceremonienmeister. Im französischen Reallexikon von Klöpper finden wir folgende
interessante Bemerkung: „?i'otooo1s, ehedem Souffleur im Theater, nach dem Borbild der Römer,
bei denen gewisse Sklaven, welche die Namen aller Mitbürger kannten, dieselben ihren, Herrn
ins Ohr flüsterten, damitj sie jeden bei seinem Namen anreden konnten, behufs der Amts¬
bewerbung."

Eine kleine Ungenauigkeit in der Übersetzung mag hierneben berichtigt werden: der ivZor
vonp ni'sMÜs auf Seite 70 und Seite 137 ist nicht ein freundlicher Schulterklaps, sondern eine
kleine Nachhilfe oder Unterstützung. Und da wir einmal beim Bekennen sind, wollen wir noch
etwas Schreckliches beichten, daß wir nämlich, wie wohl alle unsre Leser bis auf einen, über
den Lapsus weggelesen haben, der dein Verfasser der „Winterfeldzuge" auf Seite 36 passiert ist,
wo er sagt: „Napoleon verlor 1812 auf den Schneefeldern Rußlands binnen einem Vierteljahr
etwa 340 000 Mann und kam nur mit einem Fünftel seines Heeres bei Moskau an" — nämlich
Mitte September! Wer denkt aber bei Moskau an etwas andres als an die Schrecken des
Rückzugs!




Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig
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[0296] Maßgebliches und Unmaßgebliches Erfahrung nach dem Franzosen wie dem Engländer gegenüber im Sichnichtnuf- spielen, in der Zurückhaltung, im Nichtruhmredigsein. Das ist die Erfahrung, die ich meinen deutschen Landsleuten gern zu gute kommen lassen wollte, und ein Unternehmen, das darauf hinauslief, den Parisern unter Aufbietung der Blüte »usrer Nation zu lehren, wie man künstlerisch bewegte Massengruppen auf der Bühne herzustellen habe, paßte natürlich nicht in den Rahmen meiner nicht ge¬ radezu pessimistischen, aber freilich auch nicht rosig angehauchten Anschauungen. Se. neuste Kunst. In der kunstreichen Stadt, in der ich lebe, ist ein schon in einem Wettbewerbe preisgekröntes Fräulein ans den ansprechenden Gedanken ge¬ kommen, die Frauen sollten, wie sich der Knnstreporter meines Leibblatts ausdrückt, „von jedem Kleide, das sie ihr ganzes Leben hindurch" getragen haben, einen Flicken zur Erinnerung aufbewahren und ihn in ein von ihr hergestelltes Album mit fünfzig Blättern einkleben, das den geschmackvollen Titel, so findet wenigstens mein Gewährsmann, „Erinnerungsflicken" führt. Gemeine hat er übrigens wohl, in Anbetracht der Blätterzahl: von alle» Kleidern, die sie einmal in ihrem Leben getragen haben, denn auch so wird das Album für die meisten noch unnötig dick sein, aber die Erinnerungen lassen sich ja leicht auf Strümpfe und Unterkleidung ausdehnen. Die Damen sollen ihre abgetragnen Andenken mit poetischen An¬ merkungen erläutern, wozu das einleitende Gedicht einer bekannten sächsischen Dichterin (so sagt mein Gewährsmann) anleiten kann, wie folgende sinnige Perle zeigen mag: Das Jnteressanteste an diesem, wie der Gewährsmann findet, interessanten und geschmackvollen Album dürfte sein, daß man es in der Stadt der Sixtinischen Madonna nicht bet einem Damenschneider, sondern in einer Kunsthandlung aus¬ gestellt hat. Notiz. In unserm Artikel „Zwei französische Urteile über Deutschlands Seegeltung" hat der Verfasser zu Cuvervilles Bemerkung auf Seite 71: „Der Kaiser mit seinem großen Geiste würde nachsichtig gewesen sein; aber die Diplomaten se »urtout I'-cktrsrix p^otoools würden mich gesteinigt haben," ein Fragezeichen zu den französischen Worten gesetzt und sie unübersetzt gelassen. Auch uns waren sie unklar, und mir haben uns bei dein Fragezeichen beruhigt. Aus unsern: Leserkreis werden uns aber von verschiednen Seiten Erklärungen des „in'vtosolo" zu¬ gesandt, die uns belehren, daß das Wort hier nicht nur soviel wie „Etikette, Hofetikette" bedeutet, was uns bekannt war (das viotiovnairv as 1'L.osckömis giebt folgende Erklärung: U so an «mssi, vdsü los ssorötlurss ä'Heat, vno« Iss ssorstsirss Asu Zrancks xriavss, ot clans Iss aÄmimstiMoa» xMiizuss, S'n» tormnlku'v vootonMt I» in»al«rs Avnt los roi«, los xmucki xvinoos se lo» «Koth ä'scklmmstrsiioa traitout Äsns Isurs lottrss, vsrvc «. c^in ils sorivsnt), sondern den Beamten, der über die genaue Beobachtung des Hosceremoniells zu wachen hat, also den Oberceremonienmeister. Im französischen Reallexikon von Klöpper finden wir folgende interessante Bemerkung: „?i'otooo1s, ehedem Souffleur im Theater, nach dem Borbild der Römer, bei denen gewisse Sklaven, welche die Namen aller Mitbürger kannten, dieselben ihren, Herrn ins Ohr flüsterten, damitj sie jeden bei seinem Namen anreden konnten, behufs der Amts¬ bewerbung." Eine kleine Ungenauigkeit in der Übersetzung mag hierneben berichtigt werden: der ivZor vonp ni'sMÜs auf Seite 70 und Seite 137 ist nicht ein freundlicher Schulterklaps, sondern eine kleine Nachhilfe oder Unterstützung. Und da wir einmal beim Bekennen sind, wollen wir noch etwas Schreckliches beichten, daß wir nämlich, wie wohl alle unsre Leser bis auf einen, über den Lapsus weggelesen haben, der dein Verfasser der „Winterfeldzuge" auf Seite 36 passiert ist, wo er sagt: „Napoleon verlor 1812 auf den Schneefeldern Rußlands binnen einem Vierteljahr etwa 340 000 Mann und kam nur mit einem Fünftel seines Heeres bei Moskau an" — nämlich Mitte September! Wer denkt aber bei Moskau an etwas andres als an die Schrecken des Rückzugs! Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/296>, abgerufen am 29.04.2024.