Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

Besuch von Aufführungen seiner liebsten Stücke eher vermindert als vermehrt, der
Kulturwert vieler moderner Schriftsteller aber, die man freilich nur im Theater
kennen lernen kann, weil sie kein vernünftiger Mensch liest, ist schon damit genau
genug abgeschätzt. -- Wir zeigen bei der Gelegenheit noch ein Broschürchen an, das
von den körperlich arbeitenden Frauen handelt: Die Erwerbsthätigkeit der
Frau in der Industrie und ihre sozialhygienische Bedeutung von Dr. M. Epstein,
praktischem Arzt in München (im Verlngsinstitut für Sozinlwisfenschafteu des
Dr. Eduard Schnapper in Frankfurt a. M. 1901 erschienen). Epstein kommt zu
dem Ergebnis: die Fabrikarbeit darf den verheirateten Frnueu nicht verboten werden.
Das Verbot würde teils die Zahl der wilden Ehen vermehren, teils die Not der
ärmern Familien steigern, teils die Frauen in die ökonomisch weniger wertvolle
Hausindustrie treiben, in keinem dieser Fälle aber die Kinderpflege verbessern. Die
noch vorkommenden Übelstände sind also nur durch weitern Ausbau der Schntz-
gesetzgebnng zu bekämpfen. "Für den Hygieniker handelt es sich nicht darum, die
Frau von der industriellen Beschäftigung auszuschließen, sondern vielmehr darum,
derartige hygienische und ökonomische Bedingungen zu schaffen, daß das Wohl der
Kinder gewahrt und die Arbeit dem Manne wie der Frau aus einer Last zu
einer Lust wird."


Die Reinkultur des Übermenschen.

Wissen Sie, wie einer Ente zu
Mute ist, der das Wasser über den Rücken perlt? Nein? Nun, dann lassen Sie
sich vou dem "berühmten" englischen Arzte I)r. A. Haig, dessen "epochemachende"
Theorie über das Prinzip der Collämie jeder Gebildete kennen müßte, belehren,
daß sich besagte Ente unendlich wohl fühlt. Und damit wir armen Menschen nicht
hinter dem unvernünftigen Vieh zurückzubleiben brauchen, wurde Dr. Haig in diese
Welt voll Kummer, Elend und geistiger Depression gesandt. "Befreit den Blut¬
kreislauf des Gehirns von der Collämie, ruft Haig aus, sodaß der Blutdruck
vermindert, der Puls beschleunigt und die Harnabsondrung vermehrt werden, dann
ändert sich der Geisteszustand wie durch Znuberschlag, Gedanken blitzen auf, das
Gedächtnis umfaßt alles, nichts wird vergessen, Geistes- und Körperanstrengung
ist ein Vergnügen, der Kampf ums Dasein ein Ruhm, alles Gute, das Unmögliche
sogar, hält man für erreichbar, Mißgeschick gleitet ab, wie das Wasser über den
Rücken einer Ente (Wohlgefühl). Bis zu diesem schrecklichen Grade sind wir die
Sklaven des Gehirnkreislaufs."

Wer möchte dem l)r. Haig angesichts dieser Worte den Ruhm abstreiten, der
Prophet eines wahrhaft goldnen Zeitalters zu sein? Und, beim hohen ZeusI er
machts billig. Ganze 2 Mark 50 Pfennige kostet sein Buch, das er in Gemein¬
schaft mit einem gewissen I)r. P. E. Levy (bitte beachten Sie den Accent) fabriziert
hat, und das den schönen Titel trägt "Wie erlange ich geistige Frische?" Dieses
Buch soll nach den Angaben der würdigen Nachfolger eines Paracelsus und
Eisenbart eine vollständige Anleitung sein zur Überwindung geistiger Trägheit und
Energielosigkeit, Schwächegefühl im Kopfe, Verworrenheit, Vergeßlichkeit, Zerstreut¬
heit, Niedergeschlagenheit, Ängstlichkeit, Überreiztheit, rascher Ermüdung, Furcht vor
Geisteskrankheit (!), wie überhaupt jeder geistigen und seelischen Depression.

In der That, man muß schon etwas reichlich "schwach im Kopfe" sein, wenn
man nicht wenigstens ahnen soll, daß der Übermensch im Kommen ist. Die alten
Jndier glaubten von ihren Göttern, sie vergossen keinen Schweiß und zuckten nicht
mit den Wimpern. Nach der Methode Haig-Levy kanns jeder Examenskandidat
leichtlich mit den indischen Göttern aufnehmen. Der Übermensch ist keine blasse
Phantasmagorie mehr, und der alte Theaterdirektor Schikaneder behält Recht:


Mann und Weib und Weib und Mann
Reichen an die Götter an.

Bitte, es kostet nur 2.50 Mark!




Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig -- Druck von Carl Marquart in Leipzig

Besuch von Aufführungen seiner liebsten Stücke eher vermindert als vermehrt, der
Kulturwert vieler moderner Schriftsteller aber, die man freilich nur im Theater
kennen lernen kann, weil sie kein vernünftiger Mensch liest, ist schon damit genau
genug abgeschätzt. — Wir zeigen bei der Gelegenheit noch ein Broschürchen an, das
von den körperlich arbeitenden Frauen handelt: Die Erwerbsthätigkeit der
Frau in der Industrie und ihre sozialhygienische Bedeutung von Dr. M. Epstein,
praktischem Arzt in München (im Verlngsinstitut für Sozinlwisfenschafteu des
Dr. Eduard Schnapper in Frankfurt a. M. 1901 erschienen). Epstein kommt zu
dem Ergebnis: die Fabrikarbeit darf den verheirateten Frnueu nicht verboten werden.
Das Verbot würde teils die Zahl der wilden Ehen vermehren, teils die Not der
ärmern Familien steigern, teils die Frauen in die ökonomisch weniger wertvolle
Hausindustrie treiben, in keinem dieser Fälle aber die Kinderpflege verbessern. Die
noch vorkommenden Übelstände sind also nur durch weitern Ausbau der Schntz-
gesetzgebnng zu bekämpfen. „Für den Hygieniker handelt es sich nicht darum, die
Frau von der industriellen Beschäftigung auszuschließen, sondern vielmehr darum,
derartige hygienische und ökonomische Bedingungen zu schaffen, daß das Wohl der
Kinder gewahrt und die Arbeit dem Manne wie der Frau aus einer Last zu
einer Lust wird."


Die Reinkultur des Übermenschen.

Wissen Sie, wie einer Ente zu
Mute ist, der das Wasser über den Rücken perlt? Nein? Nun, dann lassen Sie
sich vou dem „berühmten" englischen Arzte I)r. A. Haig, dessen „epochemachende"
Theorie über das Prinzip der Collämie jeder Gebildete kennen müßte, belehren,
daß sich besagte Ente unendlich wohl fühlt. Und damit wir armen Menschen nicht
hinter dem unvernünftigen Vieh zurückzubleiben brauchen, wurde Dr. Haig in diese
Welt voll Kummer, Elend und geistiger Depression gesandt. „Befreit den Blut¬
kreislauf des Gehirns von der Collämie, ruft Haig aus, sodaß der Blutdruck
vermindert, der Puls beschleunigt und die Harnabsondrung vermehrt werden, dann
ändert sich der Geisteszustand wie durch Znuberschlag, Gedanken blitzen auf, das
Gedächtnis umfaßt alles, nichts wird vergessen, Geistes- und Körperanstrengung
ist ein Vergnügen, der Kampf ums Dasein ein Ruhm, alles Gute, das Unmögliche
sogar, hält man für erreichbar, Mißgeschick gleitet ab, wie das Wasser über den
Rücken einer Ente (Wohlgefühl). Bis zu diesem schrecklichen Grade sind wir die
Sklaven des Gehirnkreislaufs."

Wer möchte dem l)r. Haig angesichts dieser Worte den Ruhm abstreiten, der
Prophet eines wahrhaft goldnen Zeitalters zu sein? Und, beim hohen ZeusI er
machts billig. Ganze 2 Mark 50 Pfennige kostet sein Buch, das er in Gemein¬
schaft mit einem gewissen I)r. P. E. Levy (bitte beachten Sie den Accent) fabriziert
hat, und das den schönen Titel trägt „Wie erlange ich geistige Frische?" Dieses
Buch soll nach den Angaben der würdigen Nachfolger eines Paracelsus und
Eisenbart eine vollständige Anleitung sein zur Überwindung geistiger Trägheit und
Energielosigkeit, Schwächegefühl im Kopfe, Verworrenheit, Vergeßlichkeit, Zerstreut¬
heit, Niedergeschlagenheit, Ängstlichkeit, Überreiztheit, rascher Ermüdung, Furcht vor
Geisteskrankheit (!), wie überhaupt jeder geistigen und seelischen Depression.

In der That, man muß schon etwas reichlich „schwach im Kopfe" sein, wenn
man nicht wenigstens ahnen soll, daß der Übermensch im Kommen ist. Die alten
Jndier glaubten von ihren Göttern, sie vergossen keinen Schweiß und zuckten nicht
mit den Wimpern. Nach der Methode Haig-Levy kanns jeder Examenskandidat
leichtlich mit den indischen Göttern aufnehmen. Der Übermensch ist keine blasse
Phantasmagorie mehr, und der alte Theaterdirektor Schikaneder behält Recht:


Mann und Weib und Weib und Mann
Reichen an die Götter an.

Bitte, es kostet nur 2.50 Mark!




Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0520" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/237806"/>
            <fw type="header" place="top"/><lb/>
            <p xml:id="ID_2662" prev="#ID_2661"> Besuch von Aufführungen seiner liebsten Stücke eher vermindert als vermehrt, der<lb/>
Kulturwert vieler moderner Schriftsteller aber, die man freilich nur im Theater<lb/>
kennen lernen kann, weil sie kein vernünftiger Mensch liest, ist schon damit genau<lb/>
genug abgeschätzt. &#x2014; Wir zeigen bei der Gelegenheit noch ein Broschürchen an, das<lb/>
von den körperlich arbeitenden Frauen handelt: Die Erwerbsthätigkeit der<lb/>
Frau in der Industrie und ihre sozialhygienische Bedeutung von Dr. M. Epstein,<lb/>
praktischem Arzt in München (im Verlngsinstitut für Sozinlwisfenschafteu des<lb/>
Dr. Eduard Schnapper in Frankfurt a. M. 1901 erschienen). Epstein kommt zu<lb/>
dem Ergebnis: die Fabrikarbeit darf den verheirateten Frnueu nicht verboten werden.<lb/>
Das Verbot würde teils die Zahl der wilden Ehen vermehren, teils die Not der<lb/>
ärmern Familien steigern, teils die Frauen in die ökonomisch weniger wertvolle<lb/>
Hausindustrie treiben, in keinem dieser Fälle aber die Kinderpflege verbessern. Die<lb/>
noch vorkommenden Übelstände sind also nur durch weitern Ausbau der Schntz-<lb/>
gesetzgebnng zu bekämpfen. &#x201E;Für den Hygieniker handelt es sich nicht darum, die<lb/>
Frau von der industriellen Beschäftigung auszuschließen, sondern vielmehr darum,<lb/>
derartige hygienische und ökonomische Bedingungen zu schaffen, daß das Wohl der<lb/>
Kinder gewahrt und die Arbeit dem Manne wie der Frau aus einer Last zu<lb/>
einer Lust wird."</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Die Reinkultur des Übermenschen.</head>
            <p xml:id="ID_2663"> Wissen Sie, wie einer Ente zu<lb/>
Mute ist, der das Wasser über den Rücken perlt? Nein? Nun, dann lassen Sie<lb/>
sich vou dem &#x201E;berühmten" englischen Arzte I)r. A. Haig, dessen &#x201E;epochemachende"<lb/>
Theorie über das Prinzip der Collämie jeder Gebildete kennen müßte, belehren,<lb/>
daß sich besagte Ente unendlich wohl fühlt. Und damit wir armen Menschen nicht<lb/>
hinter dem unvernünftigen Vieh zurückzubleiben brauchen, wurde Dr. Haig in diese<lb/>
Welt voll Kummer, Elend und geistiger Depression gesandt. &#x201E;Befreit den Blut¬<lb/>
kreislauf des Gehirns von der Collämie, ruft Haig aus, sodaß der Blutdruck<lb/>
vermindert, der Puls beschleunigt und die Harnabsondrung vermehrt werden, dann<lb/>
ändert sich der Geisteszustand wie durch Znuberschlag, Gedanken blitzen auf, das<lb/>
Gedächtnis umfaßt alles, nichts wird vergessen, Geistes- und Körperanstrengung<lb/>
ist ein Vergnügen, der Kampf ums Dasein ein Ruhm, alles Gute, das Unmögliche<lb/>
sogar, hält man für erreichbar, Mißgeschick gleitet ab, wie das Wasser über den<lb/>
Rücken einer Ente (Wohlgefühl). Bis zu diesem schrecklichen Grade sind wir die<lb/>
Sklaven des Gehirnkreislaufs."</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2664"> Wer möchte dem l)r. Haig angesichts dieser Worte den Ruhm abstreiten, der<lb/>
Prophet eines wahrhaft goldnen Zeitalters zu sein? Und, beim hohen ZeusI er<lb/>
machts billig. Ganze 2 Mark 50 Pfennige kostet sein Buch, das er in Gemein¬<lb/>
schaft mit einem gewissen I)r. P. E. Levy (bitte beachten Sie den Accent) fabriziert<lb/>
hat, und das den schönen Titel trägt &#x201E;Wie erlange ich geistige Frische?" Dieses<lb/>
Buch soll nach den Angaben der würdigen Nachfolger eines Paracelsus und<lb/>
Eisenbart eine vollständige Anleitung sein zur Überwindung geistiger Trägheit und<lb/>
Energielosigkeit, Schwächegefühl im Kopfe, Verworrenheit, Vergeßlichkeit, Zerstreut¬<lb/>
heit, Niedergeschlagenheit, Ängstlichkeit, Überreiztheit, rascher Ermüdung, Furcht vor<lb/>
Geisteskrankheit (!), wie überhaupt jeder geistigen und seelischen Depression.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2665"> In der That, man muß schon etwas reichlich &#x201E;schwach im Kopfe" sein, wenn<lb/>
man nicht wenigstens ahnen soll, daß der Übermensch im Kommen ist. Die alten<lb/>
Jndier glaubten von ihren Göttern, sie vergossen keinen Schweiß und zuckten nicht<lb/>
mit den Wimpern. Nach der Methode Haig-Levy kanns jeder Examenskandidat<lb/>
leichtlich mit den indischen Göttern aufnehmen. Der Übermensch ist keine blasse<lb/>
Phantasmagorie mehr, und der alte Theaterdirektor Schikaneder behält Recht:</p><lb/>
            <quote> Mann und Weib und Weib und Mann<lb/>
Reichen an die Götter an.</quote><lb/>
            <p xml:id="ID_2666"> Bitte, es kostet nur 2.50 Mark!</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <note type="byline"> Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig<lb/>
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig &#x2014; Druck von Carl Marquart in Leipzig</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0520] Besuch von Aufführungen seiner liebsten Stücke eher vermindert als vermehrt, der Kulturwert vieler moderner Schriftsteller aber, die man freilich nur im Theater kennen lernen kann, weil sie kein vernünftiger Mensch liest, ist schon damit genau genug abgeschätzt. — Wir zeigen bei der Gelegenheit noch ein Broschürchen an, das von den körperlich arbeitenden Frauen handelt: Die Erwerbsthätigkeit der Frau in der Industrie und ihre sozialhygienische Bedeutung von Dr. M. Epstein, praktischem Arzt in München (im Verlngsinstitut für Sozinlwisfenschafteu des Dr. Eduard Schnapper in Frankfurt a. M. 1901 erschienen). Epstein kommt zu dem Ergebnis: die Fabrikarbeit darf den verheirateten Frnueu nicht verboten werden. Das Verbot würde teils die Zahl der wilden Ehen vermehren, teils die Not der ärmern Familien steigern, teils die Frauen in die ökonomisch weniger wertvolle Hausindustrie treiben, in keinem dieser Fälle aber die Kinderpflege verbessern. Die noch vorkommenden Übelstände sind also nur durch weitern Ausbau der Schntz- gesetzgebnng zu bekämpfen. „Für den Hygieniker handelt es sich nicht darum, die Frau von der industriellen Beschäftigung auszuschließen, sondern vielmehr darum, derartige hygienische und ökonomische Bedingungen zu schaffen, daß das Wohl der Kinder gewahrt und die Arbeit dem Manne wie der Frau aus einer Last zu einer Lust wird." Die Reinkultur des Übermenschen. Wissen Sie, wie einer Ente zu Mute ist, der das Wasser über den Rücken perlt? Nein? Nun, dann lassen Sie sich vou dem „berühmten" englischen Arzte I)r. A. Haig, dessen „epochemachende" Theorie über das Prinzip der Collämie jeder Gebildete kennen müßte, belehren, daß sich besagte Ente unendlich wohl fühlt. Und damit wir armen Menschen nicht hinter dem unvernünftigen Vieh zurückzubleiben brauchen, wurde Dr. Haig in diese Welt voll Kummer, Elend und geistiger Depression gesandt. „Befreit den Blut¬ kreislauf des Gehirns von der Collämie, ruft Haig aus, sodaß der Blutdruck vermindert, der Puls beschleunigt und die Harnabsondrung vermehrt werden, dann ändert sich der Geisteszustand wie durch Znuberschlag, Gedanken blitzen auf, das Gedächtnis umfaßt alles, nichts wird vergessen, Geistes- und Körperanstrengung ist ein Vergnügen, der Kampf ums Dasein ein Ruhm, alles Gute, das Unmögliche sogar, hält man für erreichbar, Mißgeschick gleitet ab, wie das Wasser über den Rücken einer Ente (Wohlgefühl). Bis zu diesem schrecklichen Grade sind wir die Sklaven des Gehirnkreislaufs." Wer möchte dem l)r. Haig angesichts dieser Worte den Ruhm abstreiten, der Prophet eines wahrhaft goldnen Zeitalters zu sein? Und, beim hohen ZeusI er machts billig. Ganze 2 Mark 50 Pfennige kostet sein Buch, das er in Gemein¬ schaft mit einem gewissen I)r. P. E. Levy (bitte beachten Sie den Accent) fabriziert hat, und das den schönen Titel trägt „Wie erlange ich geistige Frische?" Dieses Buch soll nach den Angaben der würdigen Nachfolger eines Paracelsus und Eisenbart eine vollständige Anleitung sein zur Überwindung geistiger Trägheit und Energielosigkeit, Schwächegefühl im Kopfe, Verworrenheit, Vergeßlichkeit, Zerstreut¬ heit, Niedergeschlagenheit, Ängstlichkeit, Überreiztheit, rascher Ermüdung, Furcht vor Geisteskrankheit (!), wie überhaupt jeder geistigen und seelischen Depression. In der That, man muß schon etwas reichlich „schwach im Kopfe" sein, wenn man nicht wenigstens ahnen soll, daß der Übermensch im Kommen ist. Die alten Jndier glaubten von ihren Göttern, sie vergossen keinen Schweiß und zuckten nicht mit den Wimpern. Nach der Methode Haig-Levy kanns jeder Examenskandidat leichtlich mit den indischen Göttern aufnehmen. Der Übermensch ist keine blasse Phantasmagorie mehr, und der alte Theaterdirektor Schikaneder behält Recht: Mann und Weib und Weib und Mann Reichen an die Götter an. Bitte, es kostet nur 2.50 Mark! Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/520
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/520>, abgerufen am 29.04.2024.