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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches
Indigo.

Die Geschichte erlaubt sich mitunter auch einmal einen Witz.
Während die Einfuhr des Jndigofarbstosfs mit der zunehmenden Benutzung des
neuentdeckten Seewegs uach Indien seinerzeit den gewinnbringenden Waidbau unsrer
heimischen Landwirtschaft allmählich vernichtete, ist gegenwärtig die chemische Industrie
Deutschlands ernstlich am Werke, durch Erzeugung von Indigo ans Abkömmlingen
des Steinkohlenteers auch dein Anbau der Indigopflanze in Südasien das Ende
zu bereiten. Die Industrie im Kampfe mit der Landwirtschaft, das ist ein leider
nur allzusehr gewohntes Bild. Daß aber die deutsche Industrie jene unermeßliche
alte Schädigung der deutschen Landwirtschaft durch den Seehandel nunmehr in ganz
gleicher Weise an die Urheber heimzahlt, ist doch ein wunderlicher Treppenwitz.
Weltgeschichte ist Weltgericht, lautet ein viel gebrauchtes Wort.

Der Anbau von Krapp in Südfrankreich wurde durch die Teerfarbenindnstrie,
deren Hauptsitz ja Deutschland ist, in den letzten dreißig Jnhreu gleichfalls zum Ver¬
schwinden gebracht. Während Frankreich am Anfang dieses Zeitraums jährlich noch
mindestens' um 24 Millionen Mark an Aliznrin als Krappfarbfloff ausführte, be¬
trägt die Jahresausfuhr Deutschlands, das über drei Viertel der gesamten Menge
des Alizarins im Weltverkehr als Teerfarbstoff erzeugt, am Ende des Zeitraums
17 Millionen Mark. Dies bedeutet eine mächtige Verschiebung im Welthandel zu
Gunsten Deutschlands. Ähnlich wird es Wohl beim Indigo verlaufen. -- In jahre¬
langer stiller Laborntoriumsarbeit bildete die Badische Anilin- und Sodafabrik in
Ludwigshafen a. Rh. ein Verfahren aus, auf der Grundlage von Naphthalin, einem
Teerabkömmling, als Ausgangssloff dnrch verwickelte Umwandlungen denselben Indigo
fabrikmäßig herzustellen, der im Erzeugungslande Indien aus der Pflanze gewonnen
wird. Die Einrichtungen für diesen neuen Zweig der Thätigkeit dieses chemischen
Großbetriebs zu Ludwigshafen beanspruchten 18 Millionen Mark; nun ist jedoch
die Möglichkeit geschaffen, Indigo auch dann noch mit Gewinn herzustellen, wenn
sein Preis im Welthandel auf die tiefste, bisher erreichte Stufe sinkt. -- Die Auf¬
findung von Wegen zum chemischen Ausbau des Jndigofnrbstoffs aus verfügbaren
Verbindungen verdankt jedoch die Industrie zunächst den grundlegenden Arbeiten des
Professors der Münchner Universität A. von Baeyer (1880 und folgende Jahre),
die letzten Schritte auf dem nunmehr eingeschlagnen Wege (1890) dem Züricher
Professor Heumann.

Die Wirkung der deutschen Herstellung von Teerindigo auf den Handel mit
Pflanzenindigo ist schon festgestellt. Die Ausfuhr Indiens ging von 9400 Tonnen
im Jahre 1895/96 ans 5500 Tonnen im Jahre 1899/1900 zurück. Während
Deutschland 1895 etwa 1800 Tonnen um 21^/.. Millionen Mark, 1896 noch
1970 Tonnen für 20"/., Millionen Mark einführte, betrug der Wert dieser Ein¬
fuhr 1898 nur noch 8^ Millionen Mark, der Ausfuhrwert von Teerindigo war
dagegen schon auf 7^ Millionen Mark gestiegen. Für das erste Halbjahr 1901 um¬
faßte die Einfuhr 441 Tonnen, die Ausfuhr 958 Tonnen. Der Gesamtwert des
erzeugten Indigos ist zur Zeit des hohen Preises auf 80 bis 100 Millionen Mark
geschätzt worden, nach dem Preisrückgang infolge des Wettbewerbs noch auf 50
bis 60 Millionen Mark. Der größte Teil dieser Summen wird im Laufe der
Jahre Wohl Deutschland zufallen, sowohl dadurch, daß sie im Inland bleiben, soweit
sie bisher an Indien bezahlt wurden, als auch insofern sie vom Auslande zu ent-
richten sind.

Die Tuche für Heer und Marine werden nicht mehr mit Pflanzenindigo,
sondern mit Teerindigo gefärbt. Da die Zusammensetzung der fabrikmäßig ge¬
wonnenen Farbe durchaus und jederzeit gleichmäßig ist, die des Pflanzenindigo
wechselt, so ist das Färben mit Teerindigo viel sicherer, reiner und immer gleich¬
artig, das Färbverfahren ist einfacher geworden, es bedarf nicht mehr langjähriger,
reicher Erfahrungen und einer aus solchen entspringenden hohen Geschicklichkeit.


R.
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Indigo.

Die Geschichte erlaubt sich mitunter auch einmal einen Witz.
Während die Einfuhr des Jndigofarbstosfs mit der zunehmenden Benutzung des
neuentdeckten Seewegs uach Indien seinerzeit den gewinnbringenden Waidbau unsrer
heimischen Landwirtschaft allmählich vernichtete, ist gegenwärtig die chemische Industrie
Deutschlands ernstlich am Werke, durch Erzeugung von Indigo ans Abkömmlingen
des Steinkohlenteers auch dein Anbau der Indigopflanze in Südasien das Ende
zu bereiten. Die Industrie im Kampfe mit der Landwirtschaft, das ist ein leider
nur allzusehr gewohntes Bild. Daß aber die deutsche Industrie jene unermeßliche
alte Schädigung der deutschen Landwirtschaft durch den Seehandel nunmehr in ganz
gleicher Weise an die Urheber heimzahlt, ist doch ein wunderlicher Treppenwitz.
Weltgeschichte ist Weltgericht, lautet ein viel gebrauchtes Wort.

Der Anbau von Krapp in Südfrankreich wurde durch die Teerfarbenindnstrie,
deren Hauptsitz ja Deutschland ist, in den letzten dreißig Jnhreu gleichfalls zum Ver¬
schwinden gebracht. Während Frankreich am Anfang dieses Zeitraums jährlich noch
mindestens' um 24 Millionen Mark an Aliznrin als Krappfarbfloff ausführte, be¬
trägt die Jahresausfuhr Deutschlands, das über drei Viertel der gesamten Menge
des Alizarins im Weltverkehr als Teerfarbstoff erzeugt, am Ende des Zeitraums
17 Millionen Mark. Dies bedeutet eine mächtige Verschiebung im Welthandel zu
Gunsten Deutschlands. Ähnlich wird es Wohl beim Indigo verlaufen. — In jahre¬
langer stiller Laborntoriumsarbeit bildete die Badische Anilin- und Sodafabrik in
Ludwigshafen a. Rh. ein Verfahren aus, auf der Grundlage von Naphthalin, einem
Teerabkömmling, als Ausgangssloff dnrch verwickelte Umwandlungen denselben Indigo
fabrikmäßig herzustellen, der im Erzeugungslande Indien aus der Pflanze gewonnen
wird. Die Einrichtungen für diesen neuen Zweig der Thätigkeit dieses chemischen
Großbetriebs zu Ludwigshafen beanspruchten 18 Millionen Mark; nun ist jedoch
die Möglichkeit geschaffen, Indigo auch dann noch mit Gewinn herzustellen, wenn
sein Preis im Welthandel auf die tiefste, bisher erreichte Stufe sinkt. — Die Auf¬
findung von Wegen zum chemischen Ausbau des Jndigofnrbstoffs aus verfügbaren
Verbindungen verdankt jedoch die Industrie zunächst den grundlegenden Arbeiten des
Professors der Münchner Universität A. von Baeyer (1880 und folgende Jahre),
die letzten Schritte auf dem nunmehr eingeschlagnen Wege (1890) dem Züricher
Professor Heumann.

Die Wirkung der deutschen Herstellung von Teerindigo auf den Handel mit
Pflanzenindigo ist schon festgestellt. Die Ausfuhr Indiens ging von 9400 Tonnen
im Jahre 1895/96 ans 5500 Tonnen im Jahre 1899/1900 zurück. Während
Deutschland 1895 etwa 1800 Tonnen um 21^/.. Millionen Mark, 1896 noch
1970 Tonnen für 20"/., Millionen Mark einführte, betrug der Wert dieser Ein¬
fuhr 1898 nur noch 8^ Millionen Mark, der Ausfuhrwert von Teerindigo war
dagegen schon auf 7^ Millionen Mark gestiegen. Für das erste Halbjahr 1901 um¬
faßte die Einfuhr 441 Tonnen, die Ausfuhr 958 Tonnen. Der Gesamtwert des
erzeugten Indigos ist zur Zeit des hohen Preises auf 80 bis 100 Millionen Mark
geschätzt worden, nach dem Preisrückgang infolge des Wettbewerbs noch auf 50
bis 60 Millionen Mark. Der größte Teil dieser Summen wird im Laufe der
Jahre Wohl Deutschland zufallen, sowohl dadurch, daß sie im Inland bleiben, soweit
sie bisher an Indien bezahlt wurden, als auch insofern sie vom Auslande zu ent-
richten sind.

Die Tuche für Heer und Marine werden nicht mehr mit Pflanzenindigo,
sondern mit Teerindigo gefärbt. Da die Zusammensetzung der fabrikmäßig ge¬
wonnenen Farbe durchaus und jederzeit gleichmäßig ist, die des Pflanzenindigo
wechselt, so ist das Färben mit Teerindigo viel sicherer, reiner und immer gleich¬
artig, das Färbverfahren ist einfacher geworden, es bedarf nicht mehr langjähriger,
reicher Erfahrungen und einer aus solchen entspringenden hohen Geschicklichkeit.


R.
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[0572] Maßgebliches und Unmaßgebliches Indigo. Die Geschichte erlaubt sich mitunter auch einmal einen Witz. Während die Einfuhr des Jndigofarbstosfs mit der zunehmenden Benutzung des neuentdeckten Seewegs uach Indien seinerzeit den gewinnbringenden Waidbau unsrer heimischen Landwirtschaft allmählich vernichtete, ist gegenwärtig die chemische Industrie Deutschlands ernstlich am Werke, durch Erzeugung von Indigo ans Abkömmlingen des Steinkohlenteers auch dein Anbau der Indigopflanze in Südasien das Ende zu bereiten. Die Industrie im Kampfe mit der Landwirtschaft, das ist ein leider nur allzusehr gewohntes Bild. Daß aber die deutsche Industrie jene unermeßliche alte Schädigung der deutschen Landwirtschaft durch den Seehandel nunmehr in ganz gleicher Weise an die Urheber heimzahlt, ist doch ein wunderlicher Treppenwitz. Weltgeschichte ist Weltgericht, lautet ein viel gebrauchtes Wort. Der Anbau von Krapp in Südfrankreich wurde durch die Teerfarbenindnstrie, deren Hauptsitz ja Deutschland ist, in den letzten dreißig Jnhreu gleichfalls zum Ver¬ schwinden gebracht. Während Frankreich am Anfang dieses Zeitraums jährlich noch mindestens' um 24 Millionen Mark an Aliznrin als Krappfarbfloff ausführte, be¬ trägt die Jahresausfuhr Deutschlands, das über drei Viertel der gesamten Menge des Alizarins im Weltverkehr als Teerfarbstoff erzeugt, am Ende des Zeitraums 17 Millionen Mark. Dies bedeutet eine mächtige Verschiebung im Welthandel zu Gunsten Deutschlands. Ähnlich wird es Wohl beim Indigo verlaufen. — In jahre¬ langer stiller Laborntoriumsarbeit bildete die Badische Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen a. Rh. ein Verfahren aus, auf der Grundlage von Naphthalin, einem Teerabkömmling, als Ausgangssloff dnrch verwickelte Umwandlungen denselben Indigo fabrikmäßig herzustellen, der im Erzeugungslande Indien aus der Pflanze gewonnen wird. Die Einrichtungen für diesen neuen Zweig der Thätigkeit dieses chemischen Großbetriebs zu Ludwigshafen beanspruchten 18 Millionen Mark; nun ist jedoch die Möglichkeit geschaffen, Indigo auch dann noch mit Gewinn herzustellen, wenn sein Preis im Welthandel auf die tiefste, bisher erreichte Stufe sinkt. — Die Auf¬ findung von Wegen zum chemischen Ausbau des Jndigofnrbstoffs aus verfügbaren Verbindungen verdankt jedoch die Industrie zunächst den grundlegenden Arbeiten des Professors der Münchner Universität A. von Baeyer (1880 und folgende Jahre), die letzten Schritte auf dem nunmehr eingeschlagnen Wege (1890) dem Züricher Professor Heumann. Die Wirkung der deutschen Herstellung von Teerindigo auf den Handel mit Pflanzenindigo ist schon festgestellt. Die Ausfuhr Indiens ging von 9400 Tonnen im Jahre 1895/96 ans 5500 Tonnen im Jahre 1899/1900 zurück. Während Deutschland 1895 etwa 1800 Tonnen um 21^/.. Millionen Mark, 1896 noch 1970 Tonnen für 20"/., Millionen Mark einführte, betrug der Wert dieser Ein¬ fuhr 1898 nur noch 8^ Millionen Mark, der Ausfuhrwert von Teerindigo war dagegen schon auf 7^ Millionen Mark gestiegen. Für das erste Halbjahr 1901 um¬ faßte die Einfuhr 441 Tonnen, die Ausfuhr 958 Tonnen. Der Gesamtwert des erzeugten Indigos ist zur Zeit des hohen Preises auf 80 bis 100 Millionen Mark geschätzt worden, nach dem Preisrückgang infolge des Wettbewerbs noch auf 50 bis 60 Millionen Mark. Der größte Teil dieser Summen wird im Laufe der Jahre Wohl Deutschland zufallen, sowohl dadurch, daß sie im Inland bleiben, soweit sie bisher an Indien bezahlt wurden, als auch insofern sie vom Auslande zu ent- richten sind. Die Tuche für Heer und Marine werden nicht mehr mit Pflanzenindigo, sondern mit Teerindigo gefärbt. Da die Zusammensetzung der fabrikmäßig ge¬ wonnenen Farbe durchaus und jederzeit gleichmäßig ist, die des Pflanzenindigo wechselt, so ist das Färben mit Teerindigo viel sicherer, reiner und immer gleich¬ artig, das Färbverfahren ist einfacher geworden, es bedarf nicht mehr langjähriger, reicher Erfahrungen und einer aus solchen entspringenden hohen Geschicklichkeit. R.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/572>, abgerufen am 29.04.2024.