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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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offne Thor für die deutschen Kaiser" geheißen, ist heute mit dem Stützpunkt
Mailand der feste Verschluß der Gotthardlinie, Mährend sich das bekannte
Festuugsviereck am Etsch und Mincio den Mündungen der Brenner- und der
Semmeringbahn vorlagert. Die Gvtthardbahn hat in erster Reihe nur für
Deutschland und Italien militärische Bedeutung, für Frankreich insofern, als sich
durch Besetzung der Gotthardposition diese Verbindung unterbrechen ließe. Die
von Innsbruck durch das Eisach- und das Etschthal über Bozen und Trient nach
der italienischen Hauptfestmig Verona führende Eisenbahn überschreitet in ge¬
waltigen Kurven die Paßhöhe des Brenners, Mährend die Semmeringbahn
ihren 42 Kilometer langen Weg vom Leitha- in das Mürzthal zwischen Glogg-
nitz und Mürzzuschlag an steilen Felswänden vorbei nimmt, sowie über aus¬
gedehnte Viadnkte und dann mit einer Zweiglinie über Graz und Laibach,
mit der andern über Vliland und Udine nach Trieft eilt. Von bedenklichem
Werte würden für beide Bahnen die bezeichneten Übergangsstellen in den
Tiroler und den österreichischen Alpen sein, wenn nicht diese Strecken völlig
dem innern, gesicherten Bereiche des Landes angehörten. Die Brenncrbcchn wird
gegen Italien durch die Lagerfestnng Trient mit ihren Außenforts abgesperrt; so
wurde z. B. 1866 auch vou hier aus Garibaldis Versuch, die Alpcnverschlüsse
zu durchbrechen, entschieden zurückgewiesen. Deu Zufahrtslinien der Semmering¬
bahn legen sich einerseits die Befestigungen von Triest vor, andrerseits die das
Hochthal des Tagliamento, durch das die Bahn nach Tarvis führt, leicht ab¬
schließenden Stellungen auf den Höhenrandungen westlich von diesem Platze.

In künftigen europäischen Kriegen werden voraussichtlich much die Alpen¬
bahnen eine Rolle mit übernehmen; sei es, daß man sich auf alten Schlacht¬
feldern der Lombardei trifft, sei es, daß an der Rhone, an der Maas oder
an der Weichsel gekämpft mird, immerhin wird man mehr als mittelbar ihrer
Geleise bedürfen. Die Kriegskunst steht heute vor Aufgaben, an die zuvor
kaum gedacht wurde, und über deren Lösung erst die nächsten Kriege ent¬
scheiden müssen; gerade der moderne Verkehr in seiner großartigen Gestaltung
und ungeheuern Beschleunigung bietet der kommenden Kriegsführung die schwie¬
v. w. rigsten Probleme.




Hellenentum und Christentum
6. Dio von prusa (Schluß)

ichon die Vergleichung der Königsreden mit den Diogenesreden
zeigt, daß Dio, wie Arnim hervorhebt, in der dritten Periode
seiner Wirksamkeit von der individualistischen zur Sozialethik fort¬
geschritten war. Noch deutlicher wird das aus dem, was seine
I Reden von seinem Wirken in der Vaterstadt verraten, und aus seinen
sozialpolitischen und ökonomischen Ratschlägen. Sehr ernstlich beschäftigte ihn
die Lage der ürmern Klassen. Es ist bekannt, daß die an sich erlaubtenKM


l^llünmitum und LhrisU'neuen

offne Thor für die deutschen Kaiser" geheißen, ist heute mit dem Stützpunkt
Mailand der feste Verschluß der Gotthardlinie, Mährend sich das bekannte
Festuugsviereck am Etsch und Mincio den Mündungen der Brenner- und der
Semmeringbahn vorlagert. Die Gvtthardbahn hat in erster Reihe nur für
Deutschland und Italien militärische Bedeutung, für Frankreich insofern, als sich
durch Besetzung der Gotthardposition diese Verbindung unterbrechen ließe. Die
von Innsbruck durch das Eisach- und das Etschthal über Bozen und Trient nach
der italienischen Hauptfestmig Verona führende Eisenbahn überschreitet in ge¬
waltigen Kurven die Paßhöhe des Brenners, Mährend die Semmeringbahn
ihren 42 Kilometer langen Weg vom Leitha- in das Mürzthal zwischen Glogg-
nitz und Mürzzuschlag an steilen Felswänden vorbei nimmt, sowie über aus¬
gedehnte Viadnkte und dann mit einer Zweiglinie über Graz und Laibach,
mit der andern über Vliland und Udine nach Trieft eilt. Von bedenklichem
Werte würden für beide Bahnen die bezeichneten Übergangsstellen in den
Tiroler und den österreichischen Alpen sein, wenn nicht diese Strecken völlig
dem innern, gesicherten Bereiche des Landes angehörten. Die Brenncrbcchn wird
gegen Italien durch die Lagerfestnng Trient mit ihren Außenforts abgesperrt; so
wurde z. B. 1866 auch vou hier aus Garibaldis Versuch, die Alpcnverschlüsse
zu durchbrechen, entschieden zurückgewiesen. Deu Zufahrtslinien der Semmering¬
bahn legen sich einerseits die Befestigungen von Triest vor, andrerseits die das
Hochthal des Tagliamento, durch das die Bahn nach Tarvis führt, leicht ab¬
schließenden Stellungen auf den Höhenrandungen westlich von diesem Platze.

In künftigen europäischen Kriegen werden voraussichtlich much die Alpen¬
bahnen eine Rolle mit übernehmen; sei es, daß man sich auf alten Schlacht¬
feldern der Lombardei trifft, sei es, daß an der Rhone, an der Maas oder
an der Weichsel gekämpft mird, immerhin wird man mehr als mittelbar ihrer
Geleise bedürfen. Die Kriegskunst steht heute vor Aufgaben, an die zuvor
kaum gedacht wurde, und über deren Lösung erst die nächsten Kriege ent¬
scheiden müssen; gerade der moderne Verkehr in seiner großartigen Gestaltung
und ungeheuern Beschleunigung bietet der kommenden Kriegsführung die schwie¬
v. w. rigsten Probleme.




Hellenentum und Christentum
6. Dio von prusa (Schluß)

ichon die Vergleichung der Königsreden mit den Diogenesreden
zeigt, daß Dio, wie Arnim hervorhebt, in der dritten Periode
seiner Wirksamkeit von der individualistischen zur Sozialethik fort¬
geschritten war. Noch deutlicher wird das aus dem, was seine
I Reden von seinem Wirken in der Vaterstadt verraten, und aus seinen
sozialpolitischen und ökonomischen Ratschlägen. Sehr ernstlich beschäftigte ihn
die Lage der ürmern Klassen. Es ist bekannt, daß die an sich erlaubtenKM


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[0638] l^llünmitum und LhrisU'neuen offne Thor für die deutschen Kaiser" geheißen, ist heute mit dem Stützpunkt Mailand der feste Verschluß der Gotthardlinie, Mährend sich das bekannte Festuugsviereck am Etsch und Mincio den Mündungen der Brenner- und der Semmeringbahn vorlagert. Die Gvtthardbahn hat in erster Reihe nur für Deutschland und Italien militärische Bedeutung, für Frankreich insofern, als sich durch Besetzung der Gotthardposition diese Verbindung unterbrechen ließe. Die von Innsbruck durch das Eisach- und das Etschthal über Bozen und Trient nach der italienischen Hauptfestmig Verona führende Eisenbahn überschreitet in ge¬ waltigen Kurven die Paßhöhe des Brenners, Mährend die Semmeringbahn ihren 42 Kilometer langen Weg vom Leitha- in das Mürzthal zwischen Glogg- nitz und Mürzzuschlag an steilen Felswänden vorbei nimmt, sowie über aus¬ gedehnte Viadnkte und dann mit einer Zweiglinie über Graz und Laibach, mit der andern über Vliland und Udine nach Trieft eilt. Von bedenklichem Werte würden für beide Bahnen die bezeichneten Übergangsstellen in den Tiroler und den österreichischen Alpen sein, wenn nicht diese Strecken völlig dem innern, gesicherten Bereiche des Landes angehörten. Die Brenncrbcchn wird gegen Italien durch die Lagerfestnng Trient mit ihren Außenforts abgesperrt; so wurde z. B. 1866 auch vou hier aus Garibaldis Versuch, die Alpcnverschlüsse zu durchbrechen, entschieden zurückgewiesen. Deu Zufahrtslinien der Semmering¬ bahn legen sich einerseits die Befestigungen von Triest vor, andrerseits die das Hochthal des Tagliamento, durch das die Bahn nach Tarvis führt, leicht ab¬ schließenden Stellungen auf den Höhenrandungen westlich von diesem Platze. In künftigen europäischen Kriegen werden voraussichtlich much die Alpen¬ bahnen eine Rolle mit übernehmen; sei es, daß man sich auf alten Schlacht¬ feldern der Lombardei trifft, sei es, daß an der Rhone, an der Maas oder an der Weichsel gekämpft mird, immerhin wird man mehr als mittelbar ihrer Geleise bedürfen. Die Kriegskunst steht heute vor Aufgaben, an die zuvor kaum gedacht wurde, und über deren Lösung erst die nächsten Kriege ent¬ scheiden müssen; gerade der moderne Verkehr in seiner großartigen Gestaltung und ungeheuern Beschleunigung bietet der kommenden Kriegsführung die schwie¬ v. w. rigsten Probleme. Hellenentum und Christentum 6. Dio von prusa (Schluß) ichon die Vergleichung der Königsreden mit den Diogenesreden zeigt, daß Dio, wie Arnim hervorhebt, in der dritten Periode seiner Wirksamkeit von der individualistischen zur Sozialethik fort¬ geschritten war. Noch deutlicher wird das aus dem, was seine I Reden von seinem Wirken in der Vaterstadt verraten, und aus seinen sozialpolitischen und ökonomischen Ratschlägen. Sehr ernstlich beschäftigte ihn die Lage der ürmern Klassen. Es ist bekannt, daß die an sich erlaubtenKM

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/638>, abgerufen am 29.04.2024.