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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Apotheke und Drogenhandlung

griffs Individualismus zu Bankertbildungen wie Masseuindividualismus und
dergleichen. Der Grund dafür ist sehr einfach, aber auch sehr ernst.

Der Individualismus ist die gewaltigste ethische Größe, die sich bisher
überhaupt in der Geschichte kundgethan hat. Seit Luthers Auftreten ist er
der geistige Pol geworden, uach dem noch allein die Welt gravitiert. Aus¬
schließlich den Germanen, vor allem den Deutschen ist er ein angeborner Be¬
standteil, ja ein entscheidender Grundzug ihres Wesens. Sind und bleiben sie
sich dessen bewußt, und erhalten sie sich das köstliche, ihnen vom Geschick ge-
wordne Gut in voller, unangetasteter und unantastbarer Einheit und Rein¬
heit, so sind und bleiben sie die Herren der Jdeensonne der modernen Zeit,
so sind und bleiben sie die geistigen Herren der Welt. Thun sie das nicht,
lassen sie dem heiligen Feuer, dessen gottbegnadete Meister sie sind, Teile
von Unberufnen entnehmen und diese mit fremden Zuthaten zu Nebenfeuern
entflammen, so geht ihnen Unendliches verloren. Die in Wahrheit ihnen allein
eigne seelische Erstlingskraft der Kulturwelt wird als Gemeingut aller ange¬
sehen, und ihnen wird ein Platz im gemeinen Haufen der übrigen, auch der
niedrigst stehenden Völker bereitet werden. Gewiß, thatsächlich wird damit an
dem wirklichen Sachverhältnis, an ihrer innern Überlegenheit über die Ge¬
sellschaft um sie nichts geändert werden. Ganz gewiß; doch der Glaube be¬
deutet unendlich viel. Der Glaube, daß die Deutschen nicht die alleinigen
und echten Söhne des Individualismus, der anerkannt ersten Größe im Völker¬
leben sind, hat schon dazu geführt, daß sich jedes andre Volk und Völkchen
und ihnen ethisch auf eine Stufe stellen, hat fogar schon bewirkt, daß sie selber
falsch über das Verhältnis zwischen ihrem und fremdem Kulturwerte urteilen.
Ein solcher Glaube hüben und drüben ist ein weltgeschichtliches Imponderabile
Kor gar nicht abschätzbarcr Bedeutung. Ihm Stützen zu bereiten, ist keines
Deutschen Amt. Wer als Deutscher nicht wagt, den Individualismus rück¬
sichtslos als Eigentum ausschließlich seines Volkes zu beanspruche", der soll
wenigstens zur Sache schweigen. Nie und nimmer hat er ein Recht, unüber¬
legt die Perle seines Volkstums vor die Säue zu werfen.




Apotheke und Drogenhandlung
Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Heilmittelhandels
G. A. Buchheister von

eilmittelhandlungen hat es bei allen Kulturvölkern schon weit
früher gegeben, bevor Apotheken im heutigen Sinne entstanden. In
Deutschland waren es im frühen Mittelalter fast nur die Mönchs¬
kloster, deren Mitglieder sich mit der Ausübung der Heilkunst be¬
faßten. Hier in den Klöstern wurden heilkräftige Arzneikräuter
gesammelt oder auch angebaut, und allerlei Arzneien daraus angefertigt und
an das Volk, wenn auch nicht verkauft, so doch abgegeben. Manche dieser


Apotheke und Drogenhandlung

griffs Individualismus zu Bankertbildungen wie Masseuindividualismus und
dergleichen. Der Grund dafür ist sehr einfach, aber auch sehr ernst.

Der Individualismus ist die gewaltigste ethische Größe, die sich bisher
überhaupt in der Geschichte kundgethan hat. Seit Luthers Auftreten ist er
der geistige Pol geworden, uach dem noch allein die Welt gravitiert. Aus¬
schließlich den Germanen, vor allem den Deutschen ist er ein angeborner Be¬
standteil, ja ein entscheidender Grundzug ihres Wesens. Sind und bleiben sie
sich dessen bewußt, und erhalten sie sich das köstliche, ihnen vom Geschick ge-
wordne Gut in voller, unangetasteter und unantastbarer Einheit und Rein¬
heit, so sind und bleiben sie die Herren der Jdeensonne der modernen Zeit,
so sind und bleiben sie die geistigen Herren der Welt. Thun sie das nicht,
lassen sie dem heiligen Feuer, dessen gottbegnadete Meister sie sind, Teile
von Unberufnen entnehmen und diese mit fremden Zuthaten zu Nebenfeuern
entflammen, so geht ihnen Unendliches verloren. Die in Wahrheit ihnen allein
eigne seelische Erstlingskraft der Kulturwelt wird als Gemeingut aller ange¬
sehen, und ihnen wird ein Platz im gemeinen Haufen der übrigen, auch der
niedrigst stehenden Völker bereitet werden. Gewiß, thatsächlich wird damit an
dem wirklichen Sachverhältnis, an ihrer innern Überlegenheit über die Ge¬
sellschaft um sie nichts geändert werden. Ganz gewiß; doch der Glaube be¬
deutet unendlich viel. Der Glaube, daß die Deutschen nicht die alleinigen
und echten Söhne des Individualismus, der anerkannt ersten Größe im Völker¬
leben sind, hat schon dazu geführt, daß sich jedes andre Volk und Völkchen
und ihnen ethisch auf eine Stufe stellen, hat fogar schon bewirkt, daß sie selber
falsch über das Verhältnis zwischen ihrem und fremdem Kulturwerte urteilen.
Ein solcher Glaube hüben und drüben ist ein weltgeschichtliches Imponderabile
Kor gar nicht abschätzbarcr Bedeutung. Ihm Stützen zu bereiten, ist keines
Deutschen Amt. Wer als Deutscher nicht wagt, den Individualismus rück¬
sichtslos als Eigentum ausschließlich seines Volkes zu beanspruche», der soll
wenigstens zur Sache schweigen. Nie und nimmer hat er ein Recht, unüber¬
legt die Perle seines Volkstums vor die Säue zu werfen.




Apotheke und Drogenhandlung
Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Heilmittelhandels
G. A. Buchheister von

eilmittelhandlungen hat es bei allen Kulturvölkern schon weit
früher gegeben, bevor Apotheken im heutigen Sinne entstanden. In
Deutschland waren es im frühen Mittelalter fast nur die Mönchs¬
kloster, deren Mitglieder sich mit der Ausübung der Heilkunst be¬
faßten. Hier in den Klöstern wurden heilkräftige Arzneikräuter
gesammelt oder auch angebaut, und allerlei Arzneien daraus angefertigt und
an das Volk, wenn auch nicht verkauft, so doch abgegeben. Manche dieser


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[0655] Apotheke und Drogenhandlung griffs Individualismus zu Bankertbildungen wie Masseuindividualismus und dergleichen. Der Grund dafür ist sehr einfach, aber auch sehr ernst. Der Individualismus ist die gewaltigste ethische Größe, die sich bisher überhaupt in der Geschichte kundgethan hat. Seit Luthers Auftreten ist er der geistige Pol geworden, uach dem noch allein die Welt gravitiert. Aus¬ schließlich den Germanen, vor allem den Deutschen ist er ein angeborner Be¬ standteil, ja ein entscheidender Grundzug ihres Wesens. Sind und bleiben sie sich dessen bewußt, und erhalten sie sich das köstliche, ihnen vom Geschick ge- wordne Gut in voller, unangetasteter und unantastbarer Einheit und Rein¬ heit, so sind und bleiben sie die Herren der Jdeensonne der modernen Zeit, so sind und bleiben sie die geistigen Herren der Welt. Thun sie das nicht, lassen sie dem heiligen Feuer, dessen gottbegnadete Meister sie sind, Teile von Unberufnen entnehmen und diese mit fremden Zuthaten zu Nebenfeuern entflammen, so geht ihnen Unendliches verloren. Die in Wahrheit ihnen allein eigne seelische Erstlingskraft der Kulturwelt wird als Gemeingut aller ange¬ sehen, und ihnen wird ein Platz im gemeinen Haufen der übrigen, auch der niedrigst stehenden Völker bereitet werden. Gewiß, thatsächlich wird damit an dem wirklichen Sachverhältnis, an ihrer innern Überlegenheit über die Ge¬ sellschaft um sie nichts geändert werden. Ganz gewiß; doch der Glaube be¬ deutet unendlich viel. Der Glaube, daß die Deutschen nicht die alleinigen und echten Söhne des Individualismus, der anerkannt ersten Größe im Völker¬ leben sind, hat schon dazu geführt, daß sich jedes andre Volk und Völkchen und ihnen ethisch auf eine Stufe stellen, hat fogar schon bewirkt, daß sie selber falsch über das Verhältnis zwischen ihrem und fremdem Kulturwerte urteilen. Ein solcher Glaube hüben und drüben ist ein weltgeschichtliches Imponderabile Kor gar nicht abschätzbarcr Bedeutung. Ihm Stützen zu bereiten, ist keines Deutschen Amt. Wer als Deutscher nicht wagt, den Individualismus rück¬ sichtslos als Eigentum ausschließlich seines Volkes zu beanspruche», der soll wenigstens zur Sache schweigen. Nie und nimmer hat er ein Recht, unüber¬ legt die Perle seines Volkstums vor die Säue zu werfen. Apotheke und Drogenhandlung Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Heilmittelhandels G. A. Buchheister von eilmittelhandlungen hat es bei allen Kulturvölkern schon weit früher gegeben, bevor Apotheken im heutigen Sinne entstanden. In Deutschland waren es im frühen Mittelalter fast nur die Mönchs¬ kloster, deren Mitglieder sich mit der Ausübung der Heilkunst be¬ faßten. Hier in den Klöstern wurden heilkräftige Arzneikräuter gesammelt oder auch angebaut, und allerlei Arzneien daraus angefertigt und an das Volk, wenn auch nicht verkauft, so doch abgegeben. Manche dieser

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/655>, abgerufen am 29.04.2024.