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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches lind Unmaßgebliches

Nach seiner Rückkehr wurde Scheibert zum Stäbe Wrcmgels kommandiert. "Als
ich, erzählt er, eines Tages die Linden entlang ging, stand zu meinem Schrecke"
der alte Feldmarschall von Wrangel ein der Ecke der Friedrichstraße. Aus der
Fähnrichszeit her gewohnt, durch Eintreten in irgend ein Hans rechtzeitig dem
alten sserrn auszuweichen, der an uns Pionierfnhnrichen stets -- und mit Recht --
irgend ein uuvorschriftsinnßiges Kleidungsstück zu entdecken und uus alsdann rück¬
sichtslos mit Arrest bestrafen zu lassen pflegte, wollte ich auch diesmal entweichen,
doch der Feldmarschall sah mich so scharf an. daß ich schüchtern, alle Knöpfe noch
einmal revidierend nud mich überzeugend, daß ich wirklich Waschhandschuhe und keine
verpöntem Glacehandschuhe oder gar Lncksticfcl trug, mich ihm grüßend näherte,
deshalb steh ich hier, mein Sohn? fragte er mich. Ich weiß es nicht, Exzellenz
war meine Antwort. Um dir die Hand zu drücke". Ich habe Seine Majestät gebeten,
daß er dich in meinen Stab nach Schleswig-Holstein kommandieren möchte, und
Seine Majestät haben meine" Wunsch gewährt. Ist dir das recht, mein Sohn?"
Das ist eins vou deu vielen liebenswürdigen Stücken, mit denen Schciberts Buch
die Litteratur der Wrangelanekdoten ergötzlich bereichert. Sie treten hervor dnrch
die Originalität des alten Feldmarschalls selbst, thuen stehn aber eine Menge Porträts
andrer hoher Militärs aus deu großen deutscheu Kriegen zur Seite, die nicht minder
die Beobnchtuugs- und Darstellungstnnst des Verfassers glänzend belegen. Er hat
das Glück des'Verkehrs mit bedeutenden Männern. der Mitwirkung bei großen
Ereignissen gehabt, hat aber mich wie wenige das Talent, die Leser in diese eignen
Erlebnisse hinein zu versetzen. Ein köstliches Augcnblicksbild löst das andre ab.
namentlich der Dänische Krieg zieht auf lange Strecken wie ein Unterhaltungsstück
beim ersten Lesen vorüber. Dann kommen aber wieder Stellen, aus deuen man die
Weltgeschichte merkt in denen die Schwere und Härte der Zeit zu ihrem vollen
Recht kommt. Sie gab Scheibert reiche Gelegenheit, sich zu bewähren und auch zu
zeigen, daß er in Amerika gelernt hatte, sich zu behelfen und schwierige Situationen
M beherrschen. Ans vielen der kleinen launig mitgeteilten Geschichten vom Bruckeu-
und Bahnbau geht hervor, daß 1864 die Armeeverwaltung den vollen Umfang
der Kriegsanfgaben nicht vorausgesehen hatte, und daß nur die außerordentliche
Leistungsfähigkeit von Offizieren und Mmmschafteu die gefährlichsten Verlegenheiten
überwand. Es steckte etwas Unverwüstliches in diesem Menschenmaterial, ein Über¬
schuß von Lebenskraft, der sich durch die ungeheuersten Anstrengungen und Gefahren
nicht die Fröhlichkeit verderben ließ. Der Attache der französischen Gesandtschaft,
der eines Abends zugesehen hatte, wie sich auch Prinz Albrecht ungezwungen an
einer improvisierten tollen Balletanfführung beteiligte, brach in die Worte aus:
"Meine Zerren das ist in keiner Armee der Welt möglich, nur in der preußischen!"
Es giebt°kaum ein zweites Buch aus der neuern Kriegslittcratur, das den Reichtum
b°" Charakter und Intelligenz, über den die preußische Armee verfügt, s" glänzend
Sur Anschanung brächte, wie das Scheibertsche. Dabei sagt er me ein ausdrückliches
W"re des Lobes, läßt sich auf keine allgemeine Bemerkung ein. geht scheinbar ganz
i'n virtuosen Wandern ans. Es ist ein Buch, das man fast Seite auf Seite aus¬
schreibe" möchte, schon hente durch Inhalt und Form so fesselnd wie wenig andre,
w hundert Jahren sicher eines der reichsten und köstlichsten Qnellenwerte zur Ein-
führung in eine von Deutschlands größten Perioden.


An der Schwelle des Orients.

Die Plewnafeier und die von den Ver¬
ewigten Staaten für die rumänischen Jude" eingeleitete Aktion bieten erwünschte
Veranlassung, ans ein Buch aufmerksam zu mache", das von dem Generalmajor
H- Grase" zu Dohna unter dem an die Spitze dieser Zeilen gesetzten Titel vor
fünf Jahren veröffentlicht, unter die klassischen Reisewerke der deutschen Litteratur
gehört.

Dem Hauptcharakter nach ist das Buch eine kriegsgeschichtliche Arbeit. Der
Verfasser hat die Balkanländer bereist, um den letzten riissisch-türkischen Krieg,
dessen Ausgang zu Dreibund und Zweibund und zur heutigen politischen Weltlage


Maßgebliches lind Unmaßgebliches

Nach seiner Rückkehr wurde Scheibert zum Stäbe Wrcmgels kommandiert. „Als
ich, erzählt er, eines Tages die Linden entlang ging, stand zu meinem Schrecke»
der alte Feldmarschall von Wrangel ein der Ecke der Friedrichstraße. Aus der
Fähnrichszeit her gewohnt, durch Eintreten in irgend ein Hans rechtzeitig dem
alten sserrn auszuweichen, der an uns Pionierfnhnrichen stets — und mit Recht —
irgend ein uuvorschriftsinnßiges Kleidungsstück zu entdecken und uus alsdann rück¬
sichtslos mit Arrest bestrafen zu lassen pflegte, wollte ich auch diesmal entweichen,
doch der Feldmarschall sah mich so scharf an. daß ich schüchtern, alle Knöpfe noch
einmal revidierend nud mich überzeugend, daß ich wirklich Waschhandschuhe und keine
verpöntem Glacehandschuhe oder gar Lncksticfcl trug, mich ihm grüßend näherte,
deshalb steh ich hier, mein Sohn? fragte er mich. Ich weiß es nicht, Exzellenz
war meine Antwort. Um dir die Hand zu drücke». Ich habe Seine Majestät gebeten,
daß er dich in meinen Stab nach Schleswig-Holstein kommandieren möchte, und
Seine Majestät haben meine» Wunsch gewährt. Ist dir das recht, mein Sohn?"
Das ist eins vou deu vielen liebenswürdigen Stücken, mit denen Schciberts Buch
die Litteratur der Wrangelanekdoten ergötzlich bereichert. Sie treten hervor dnrch
die Originalität des alten Feldmarschalls selbst, thuen stehn aber eine Menge Porträts
andrer hoher Militärs aus deu großen deutscheu Kriegen zur Seite, die nicht minder
die Beobnchtuugs- und Darstellungstnnst des Verfassers glänzend belegen. Er hat
das Glück des'Verkehrs mit bedeutenden Männern. der Mitwirkung bei großen
Ereignissen gehabt, hat aber mich wie wenige das Talent, die Leser in diese eignen
Erlebnisse hinein zu versetzen. Ein köstliches Augcnblicksbild löst das andre ab.
namentlich der Dänische Krieg zieht auf lange Strecken wie ein Unterhaltungsstück
beim ersten Lesen vorüber. Dann kommen aber wieder Stellen, aus deuen man die
Weltgeschichte merkt in denen die Schwere und Härte der Zeit zu ihrem vollen
Recht kommt. Sie gab Scheibert reiche Gelegenheit, sich zu bewähren und auch zu
zeigen, daß er in Amerika gelernt hatte, sich zu behelfen und schwierige Situationen
M beherrschen. Ans vielen der kleinen launig mitgeteilten Geschichten vom Bruckeu-
und Bahnbau geht hervor, daß 1864 die Armeeverwaltung den vollen Umfang
der Kriegsanfgaben nicht vorausgesehen hatte, und daß nur die außerordentliche
Leistungsfähigkeit von Offizieren und Mmmschafteu die gefährlichsten Verlegenheiten
überwand. Es steckte etwas Unverwüstliches in diesem Menschenmaterial, ein Über¬
schuß von Lebenskraft, der sich durch die ungeheuersten Anstrengungen und Gefahren
nicht die Fröhlichkeit verderben ließ. Der Attache der französischen Gesandtschaft,
der eines Abends zugesehen hatte, wie sich auch Prinz Albrecht ungezwungen an
einer improvisierten tollen Balletanfführung beteiligte, brach in die Worte aus:
»Meine Zerren das ist in keiner Armee der Welt möglich, nur in der preußischen!"
Es giebt°kaum ein zweites Buch aus der neuern Kriegslittcratur, das den Reichtum
b°" Charakter und Intelligenz, über den die preußische Armee verfügt, s» glänzend
Sur Anschanung brächte, wie das Scheibertsche. Dabei sagt er me ein ausdrückliches
W»re des Lobes, läßt sich auf keine allgemeine Bemerkung ein. geht scheinbar ganz
i'n virtuosen Wandern ans. Es ist ein Buch, das man fast Seite auf Seite aus¬
schreibe» möchte, schon hente durch Inhalt und Form so fesselnd wie wenig andre,
w hundert Jahren sicher eines der reichsten und köstlichsten Qnellenwerte zur Ein-
führung in eine von Deutschlands größten Perioden.


An der Schwelle des Orients.

Die Plewnafeier und die von den Ver¬
ewigten Staaten für die rumänischen Jude» eingeleitete Aktion bieten erwünschte
Veranlassung, ans ein Buch aufmerksam zu mache», das von dem Generalmajor
H- Grase» zu Dohna unter dem an die Spitze dieser Zeilen gesetzten Titel vor
fünf Jahren veröffentlicht, unter die klassischen Reisewerke der deutschen Litteratur
gehört.

Dem Hauptcharakter nach ist das Buch eine kriegsgeschichtliche Arbeit. Der
Verfasser hat die Balkanländer bereist, um den letzten riissisch-türkischen Krieg,
dessen Ausgang zu Dreibund und Zweibund und zur heutigen politischen Weltlage


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[0065] Maßgebliches lind Unmaßgebliches Nach seiner Rückkehr wurde Scheibert zum Stäbe Wrcmgels kommandiert. „Als ich, erzählt er, eines Tages die Linden entlang ging, stand zu meinem Schrecke» der alte Feldmarschall von Wrangel ein der Ecke der Friedrichstraße. Aus der Fähnrichszeit her gewohnt, durch Eintreten in irgend ein Hans rechtzeitig dem alten sserrn auszuweichen, der an uns Pionierfnhnrichen stets — und mit Recht — irgend ein uuvorschriftsinnßiges Kleidungsstück zu entdecken und uus alsdann rück¬ sichtslos mit Arrest bestrafen zu lassen pflegte, wollte ich auch diesmal entweichen, doch der Feldmarschall sah mich so scharf an. daß ich schüchtern, alle Knöpfe noch einmal revidierend nud mich überzeugend, daß ich wirklich Waschhandschuhe und keine verpöntem Glacehandschuhe oder gar Lncksticfcl trug, mich ihm grüßend näherte, deshalb steh ich hier, mein Sohn? fragte er mich. Ich weiß es nicht, Exzellenz war meine Antwort. Um dir die Hand zu drücke». Ich habe Seine Majestät gebeten, daß er dich in meinen Stab nach Schleswig-Holstein kommandieren möchte, und Seine Majestät haben meine» Wunsch gewährt. Ist dir das recht, mein Sohn?" Das ist eins vou deu vielen liebenswürdigen Stücken, mit denen Schciberts Buch die Litteratur der Wrangelanekdoten ergötzlich bereichert. Sie treten hervor dnrch die Originalität des alten Feldmarschalls selbst, thuen stehn aber eine Menge Porträts andrer hoher Militärs aus deu großen deutscheu Kriegen zur Seite, die nicht minder die Beobnchtuugs- und Darstellungstnnst des Verfassers glänzend belegen. Er hat das Glück des'Verkehrs mit bedeutenden Männern. der Mitwirkung bei großen Ereignissen gehabt, hat aber mich wie wenige das Talent, die Leser in diese eignen Erlebnisse hinein zu versetzen. Ein köstliches Augcnblicksbild löst das andre ab. namentlich der Dänische Krieg zieht auf lange Strecken wie ein Unterhaltungsstück beim ersten Lesen vorüber. Dann kommen aber wieder Stellen, aus deuen man die Weltgeschichte merkt in denen die Schwere und Härte der Zeit zu ihrem vollen Recht kommt. Sie gab Scheibert reiche Gelegenheit, sich zu bewähren und auch zu zeigen, daß er in Amerika gelernt hatte, sich zu behelfen und schwierige Situationen M beherrschen. Ans vielen der kleinen launig mitgeteilten Geschichten vom Bruckeu- und Bahnbau geht hervor, daß 1864 die Armeeverwaltung den vollen Umfang der Kriegsanfgaben nicht vorausgesehen hatte, und daß nur die außerordentliche Leistungsfähigkeit von Offizieren und Mmmschafteu die gefährlichsten Verlegenheiten überwand. Es steckte etwas Unverwüstliches in diesem Menschenmaterial, ein Über¬ schuß von Lebenskraft, der sich durch die ungeheuersten Anstrengungen und Gefahren nicht die Fröhlichkeit verderben ließ. Der Attache der französischen Gesandtschaft, der eines Abends zugesehen hatte, wie sich auch Prinz Albrecht ungezwungen an einer improvisierten tollen Balletanfführung beteiligte, brach in die Worte aus: »Meine Zerren das ist in keiner Armee der Welt möglich, nur in der preußischen!" Es giebt°kaum ein zweites Buch aus der neuern Kriegslittcratur, das den Reichtum b°" Charakter und Intelligenz, über den die preußische Armee verfügt, s» glänzend Sur Anschanung brächte, wie das Scheibertsche. Dabei sagt er me ein ausdrückliches W»re des Lobes, läßt sich auf keine allgemeine Bemerkung ein. geht scheinbar ganz i'n virtuosen Wandern ans. Es ist ein Buch, das man fast Seite auf Seite aus¬ schreibe» möchte, schon hente durch Inhalt und Form so fesselnd wie wenig andre, w hundert Jahren sicher eines der reichsten und köstlichsten Qnellenwerte zur Ein- führung in eine von Deutschlands größten Perioden. An der Schwelle des Orients. Die Plewnafeier und die von den Ver¬ ewigten Staaten für die rumänischen Jude» eingeleitete Aktion bieten erwünschte Veranlassung, ans ein Buch aufmerksam zu mache», das von dem Generalmajor H- Grase» zu Dohna unter dem an die Spitze dieser Zeilen gesetzten Titel vor fünf Jahren veröffentlicht, unter die klassischen Reisewerke der deutschen Litteratur gehört. Dem Hauptcharakter nach ist das Buch eine kriegsgeschichtliche Arbeit. Der Verfasser hat die Balkanländer bereist, um den letzten riissisch-türkischen Krieg, dessen Ausgang zu Dreibund und Zweibund und zur heutigen politischen Weltlage

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/65>, abgerufen am 02.05.2024.