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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

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Der Malmöer Pfandvertrag von 1^303

der Zollverein haben sollte. Schließlich würde Holland eine Einwirkung auf
die deutsche Handelspolitik verlangen, und die könnten wir nicht gewähren. Wir
sind froh, daß wir Österreich nicht mehr im Zollverein haben, daß die Tage
des Zollparlaments vorüber sind, wo ein Staat den andern hemmte. Also
auch für diesen Plan gilt, daß bis zu seiner Durchführung noch viel Wasser
den Rhein hinunterfließen wird, und schließlich müßte immer der entscheidende
Antrag von Holland selbst ausgehn, schon damit wir uns davor schützen, daß
man behauptet, wir hätten Anncxionsgelüste auf Holland. Das ist eigentlich
der hauptsächlichste Grund für die deutscherseits beobachtete Zurückhaltung.
Man kennt die übrigens vollständig unbegründete Empfindlichkeit der Holländer,
in allen solchen Anregungen rein wirtschaftspolitischcr Art eine Gefahr für ihre
nationale Selbständigkeit zu sehen, und verzichtet deshalb in sorgsamer Schonung
dieser Gefühle sogar auf die theoretische Erörterung dieser Gedanken, geschweige
denn, daß man einen Versuch machte, praktisch für ihre Verwirklichung zu
arbeiten, trotzdem daß die Gründe, die für einen deutsch-niederländischen Zoll¬
verein sprechen, entschieden gewichtiger sind, wenigstens auf niederländischer
Seite, als die Gründe, die wir eben dagegen angeführt haben. Mit großer
Befriedigung würden es jedoch alle Handelskreise in Deutschland begrüße",
wenn endlich ein ohne weiteres durchführbarer PostVertrag zwischen den Nieder¬
landen und Deutschland zustande käme, der eine entsprechende Ermäßigung
der Portosätze brächte. Auch ein Übereinkommen über den Fernsprechverkehr
ist schon längst eine Notwendigkeit.

(Schluß folgt)




Der Malmöer Pfandvertrag von ^80Z
Edgar Leo von

> cum man die Geschichte der alten Hansastädte liest, so dürfte man
schwerlich eine interessantere finden, als die von Wismar, dem
jetzt zweitgrößten Handelsplatze an der mecklenburgischen Ostsee-
küste. Wismar war einst neben Lübeck die mächtigste Stadt
!des kriegsgewaltigcn Hansabundes, der im vierzehnten Jahr¬
hundert als die erste Macht des Nordens anerkannt wurde, und der sogar
eine Zeit lang das Recht hatte, auf die Königswahlen der nordischen Länder
entscheidend einzuwirken. Großer Reichtum wohnte damals in den Mauern
Wismars. Durch zahlreiche der Stadt gewährte Privilegien war Wismar,
das 1229 das erstemal erwähnt wird, schnell emporgcblüht. In dem präch¬
tigen, hauptsächlich durch die Insel Poet geschützten Hafen, einem der besten
deutschen Häfen überhaupt, fuhren alljährlich Hunderte von Schiffen ein und
aus. Ihr Kurs ging sowohl nach dem hohen Norden als auch nach dem
Orient, und Schütze über Schätze brachten sie heim. Stolze Bauten wurden
geschaffen, Bauten, die noch heute ebensosehr von dem Reichtum der Bewohner


Der Malmöer Pfandvertrag von 1^303

der Zollverein haben sollte. Schließlich würde Holland eine Einwirkung auf
die deutsche Handelspolitik verlangen, und die könnten wir nicht gewähren. Wir
sind froh, daß wir Österreich nicht mehr im Zollverein haben, daß die Tage
des Zollparlaments vorüber sind, wo ein Staat den andern hemmte. Also
auch für diesen Plan gilt, daß bis zu seiner Durchführung noch viel Wasser
den Rhein hinunterfließen wird, und schließlich müßte immer der entscheidende
Antrag von Holland selbst ausgehn, schon damit wir uns davor schützen, daß
man behauptet, wir hätten Anncxionsgelüste auf Holland. Das ist eigentlich
der hauptsächlichste Grund für die deutscherseits beobachtete Zurückhaltung.
Man kennt die übrigens vollständig unbegründete Empfindlichkeit der Holländer,
in allen solchen Anregungen rein wirtschaftspolitischcr Art eine Gefahr für ihre
nationale Selbständigkeit zu sehen, und verzichtet deshalb in sorgsamer Schonung
dieser Gefühle sogar auf die theoretische Erörterung dieser Gedanken, geschweige
denn, daß man einen Versuch machte, praktisch für ihre Verwirklichung zu
arbeiten, trotzdem daß die Gründe, die für einen deutsch-niederländischen Zoll¬
verein sprechen, entschieden gewichtiger sind, wenigstens auf niederländischer
Seite, als die Gründe, die wir eben dagegen angeführt haben. Mit großer
Befriedigung würden es jedoch alle Handelskreise in Deutschland begrüße»,
wenn endlich ein ohne weiteres durchführbarer PostVertrag zwischen den Nieder¬
landen und Deutschland zustande käme, der eine entsprechende Ermäßigung
der Portosätze brächte. Auch ein Übereinkommen über den Fernsprechverkehr
ist schon längst eine Notwendigkeit.

(Schluß folgt)




Der Malmöer Pfandvertrag von ^80Z
Edgar Leo von

> cum man die Geschichte der alten Hansastädte liest, so dürfte man
schwerlich eine interessantere finden, als die von Wismar, dem
jetzt zweitgrößten Handelsplatze an der mecklenburgischen Ostsee-
küste. Wismar war einst neben Lübeck die mächtigste Stadt
!des kriegsgewaltigcn Hansabundes, der im vierzehnten Jahr¬
hundert als die erste Macht des Nordens anerkannt wurde, und der sogar
eine Zeit lang das Recht hatte, auf die Königswahlen der nordischen Länder
entscheidend einzuwirken. Großer Reichtum wohnte damals in den Mauern
Wismars. Durch zahlreiche der Stadt gewährte Privilegien war Wismar,
das 1229 das erstemal erwähnt wird, schnell emporgcblüht. In dem präch¬
tigen, hauptsächlich durch die Insel Poet geschützten Hafen, einem der besten
deutschen Häfen überhaupt, fuhren alljährlich Hunderte von Schiffen ein und
aus. Ihr Kurs ging sowohl nach dem hohen Norden als auch nach dem
Orient, und Schütze über Schätze brachten sie heim. Stolze Bauten wurden
geschaffen, Bauten, die noch heute ebensosehr von dem Reichtum der Bewohner


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[0332] Der Malmöer Pfandvertrag von 1^303 der Zollverein haben sollte. Schließlich würde Holland eine Einwirkung auf die deutsche Handelspolitik verlangen, und die könnten wir nicht gewähren. Wir sind froh, daß wir Österreich nicht mehr im Zollverein haben, daß die Tage des Zollparlaments vorüber sind, wo ein Staat den andern hemmte. Also auch für diesen Plan gilt, daß bis zu seiner Durchführung noch viel Wasser den Rhein hinunterfließen wird, und schließlich müßte immer der entscheidende Antrag von Holland selbst ausgehn, schon damit wir uns davor schützen, daß man behauptet, wir hätten Anncxionsgelüste auf Holland. Das ist eigentlich der hauptsächlichste Grund für die deutscherseits beobachtete Zurückhaltung. Man kennt die übrigens vollständig unbegründete Empfindlichkeit der Holländer, in allen solchen Anregungen rein wirtschaftspolitischcr Art eine Gefahr für ihre nationale Selbständigkeit zu sehen, und verzichtet deshalb in sorgsamer Schonung dieser Gefühle sogar auf die theoretische Erörterung dieser Gedanken, geschweige denn, daß man einen Versuch machte, praktisch für ihre Verwirklichung zu arbeiten, trotzdem daß die Gründe, die für einen deutsch-niederländischen Zoll¬ verein sprechen, entschieden gewichtiger sind, wenigstens auf niederländischer Seite, als die Gründe, die wir eben dagegen angeführt haben. Mit großer Befriedigung würden es jedoch alle Handelskreise in Deutschland begrüße», wenn endlich ein ohne weiteres durchführbarer PostVertrag zwischen den Nieder¬ landen und Deutschland zustande käme, der eine entsprechende Ermäßigung der Portosätze brächte. Auch ein Übereinkommen über den Fernsprechverkehr ist schon längst eine Notwendigkeit. (Schluß folgt) Der Malmöer Pfandvertrag von ^80Z Edgar Leo von > cum man die Geschichte der alten Hansastädte liest, so dürfte man schwerlich eine interessantere finden, als die von Wismar, dem jetzt zweitgrößten Handelsplatze an der mecklenburgischen Ostsee- küste. Wismar war einst neben Lübeck die mächtigste Stadt !des kriegsgewaltigcn Hansabundes, der im vierzehnten Jahr¬ hundert als die erste Macht des Nordens anerkannt wurde, und der sogar eine Zeit lang das Recht hatte, auf die Königswahlen der nordischen Länder entscheidend einzuwirken. Großer Reichtum wohnte damals in den Mauern Wismars. Durch zahlreiche der Stadt gewährte Privilegien war Wismar, das 1229 das erstemal erwähnt wird, schnell emporgcblüht. In dem präch¬ tigen, hauptsächlich durch die Insel Poet geschützten Hafen, einem der besten deutschen Häfen überhaupt, fuhren alljährlich Hunderte von Schiffen ein und aus. Ihr Kurs ging sowohl nach dem hohen Norden als auch nach dem Orient, und Schütze über Schätze brachten sie heim. Stolze Bauten wurden geschaffen, Bauten, die noch heute ebensosehr von dem Reichtum der Bewohner

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/332>, abgerufen am 04.05.2024.