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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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genommen werden kann. Solche unwirtschaftlichen Existenzen künstlich zu erhalten,
sei nicht zu billigen.

Ganz anders liegt jedoch die Sache, wenn die Heimstätte auf ein Haus
mit einer Wohnung und ein Anwesen von einigen Morgen beschränkt wird, die
der Eigentümer mit seiner und der Seinen Hände Arbeit selbst bestellen kann,
ohne kostspieliges Inventar. Dann fällt nicht bloß jener Grund fort, sondern
es wird dann auch die Zwangsvollstreckung nur soweit beschränkt, als gerade
notwendig ist, eine Häusler- oder Arbeiterfamilie vor dem Untergang zu be¬
wahren. Man darf füglich auch die Zwangsvollstreckungsmaßregeln nicht all¬
zusehr beschränken.

In Amerika hat man auch die Grenze ziemlich eng gezogen, und das
Heimstättenrecht ist dort weiter nichts als eine Einschränkung der Zwangsvoll¬
streckung zugunsten der Familie.

Ob es empfehlenswert ist, die Heimstätte mit den Grundsätzen des An¬
erbenrechts zu verknüpfen, also festzusetzen, daß sie sich nur auf ein Kind, den
Anerben, vererbt, erscheint zweifelhaft. Ich möchte es verneinen. Diese Ver¬
quickung kann mit dazu beitragen, daß die Gründung einer Wohnungsheimstätte
unterlassen wird, da man bei deren Gründung noch gar nicht wissen kann, ob
es sich empfehlen wird, das Haus einem Kinde allein zu überlassen. Man
weiß weder, wieviel Kinder noch geboren werden, noch wie sie sich später
entwickeln oder welchen Beruf sie ergreifen.

So schön es auch vom landwirtschaftlichen Standpunkt aus gedacht sein
mag, die amerikanische Heimstätte mit dem Höferecht zu verbinden, sie dadurch
weiter zu entwickeln und sie so dem Fideikommißrecht ziemlich nahe zu bringen,
so gefährlich erscheint mir diese Verquickung für die Einrichtung von Heimstätten
in unserm Lande.

Wenn man einen Baum in fremdes Land verpflanzt, so darf man ihn
nicht zugleich veredeln, sondern man muß ihn erst angehen und sich fest¬
wurzeln lassen.


Georg Baumert


(Latholica
Neue Folge
von Joseph Mayer
^. jDapst plus der Zehnte

n der Nummer vom 5. November 1903 dieser Zeitschrift hat
Otto Kaemmel auf Grund der biographischen Skizze von Anton
de Waal und einzelnen Nachrichten, die er sonst gesammelt hat,
ein knappes Bild vom Entwicklungsgange Giuseppe Sartos ent¬
worfen, dessen wohltuende Wärme den objektiven Beobachter
verriet. Am 3. Dezember erschien an derselben Stelle eine kürzere Ausführung,
die die Frage zu beantworte" suchte: "Ist Pius der Zehnte ein "politischer"


Latholica

genommen werden kann. Solche unwirtschaftlichen Existenzen künstlich zu erhalten,
sei nicht zu billigen.

Ganz anders liegt jedoch die Sache, wenn die Heimstätte auf ein Haus
mit einer Wohnung und ein Anwesen von einigen Morgen beschränkt wird, die
der Eigentümer mit seiner und der Seinen Hände Arbeit selbst bestellen kann,
ohne kostspieliges Inventar. Dann fällt nicht bloß jener Grund fort, sondern
es wird dann auch die Zwangsvollstreckung nur soweit beschränkt, als gerade
notwendig ist, eine Häusler- oder Arbeiterfamilie vor dem Untergang zu be¬
wahren. Man darf füglich auch die Zwangsvollstreckungsmaßregeln nicht all¬
zusehr beschränken.

In Amerika hat man auch die Grenze ziemlich eng gezogen, und das
Heimstättenrecht ist dort weiter nichts als eine Einschränkung der Zwangsvoll¬
streckung zugunsten der Familie.

Ob es empfehlenswert ist, die Heimstätte mit den Grundsätzen des An¬
erbenrechts zu verknüpfen, also festzusetzen, daß sie sich nur auf ein Kind, den
Anerben, vererbt, erscheint zweifelhaft. Ich möchte es verneinen. Diese Ver¬
quickung kann mit dazu beitragen, daß die Gründung einer Wohnungsheimstätte
unterlassen wird, da man bei deren Gründung noch gar nicht wissen kann, ob
es sich empfehlen wird, das Haus einem Kinde allein zu überlassen. Man
weiß weder, wieviel Kinder noch geboren werden, noch wie sie sich später
entwickeln oder welchen Beruf sie ergreifen.

So schön es auch vom landwirtschaftlichen Standpunkt aus gedacht sein
mag, die amerikanische Heimstätte mit dem Höferecht zu verbinden, sie dadurch
weiter zu entwickeln und sie so dem Fideikommißrecht ziemlich nahe zu bringen,
so gefährlich erscheint mir diese Verquickung für die Einrichtung von Heimstätten
in unserm Lande.

Wenn man einen Baum in fremdes Land verpflanzt, so darf man ihn
nicht zugleich veredeln, sondern man muß ihn erst angehen und sich fest¬
wurzeln lassen.


Georg Baumert


(Latholica
Neue Folge
von Joseph Mayer
^. jDapst plus der Zehnte

n der Nummer vom 5. November 1903 dieser Zeitschrift hat
Otto Kaemmel auf Grund der biographischen Skizze von Anton
de Waal und einzelnen Nachrichten, die er sonst gesammelt hat,
ein knappes Bild vom Entwicklungsgange Giuseppe Sartos ent¬
worfen, dessen wohltuende Wärme den objektiven Beobachter
verriet. Am 3. Dezember erschien an derselben Stelle eine kürzere Ausführung,
die die Frage zu beantworte» suchte: „Ist Pius der Zehnte ein »politischer«


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[0574] Latholica genommen werden kann. Solche unwirtschaftlichen Existenzen künstlich zu erhalten, sei nicht zu billigen. Ganz anders liegt jedoch die Sache, wenn die Heimstätte auf ein Haus mit einer Wohnung und ein Anwesen von einigen Morgen beschränkt wird, die der Eigentümer mit seiner und der Seinen Hände Arbeit selbst bestellen kann, ohne kostspieliges Inventar. Dann fällt nicht bloß jener Grund fort, sondern es wird dann auch die Zwangsvollstreckung nur soweit beschränkt, als gerade notwendig ist, eine Häusler- oder Arbeiterfamilie vor dem Untergang zu be¬ wahren. Man darf füglich auch die Zwangsvollstreckungsmaßregeln nicht all¬ zusehr beschränken. In Amerika hat man auch die Grenze ziemlich eng gezogen, und das Heimstättenrecht ist dort weiter nichts als eine Einschränkung der Zwangsvoll¬ streckung zugunsten der Familie. Ob es empfehlenswert ist, die Heimstätte mit den Grundsätzen des An¬ erbenrechts zu verknüpfen, also festzusetzen, daß sie sich nur auf ein Kind, den Anerben, vererbt, erscheint zweifelhaft. Ich möchte es verneinen. Diese Ver¬ quickung kann mit dazu beitragen, daß die Gründung einer Wohnungsheimstätte unterlassen wird, da man bei deren Gründung noch gar nicht wissen kann, ob es sich empfehlen wird, das Haus einem Kinde allein zu überlassen. Man weiß weder, wieviel Kinder noch geboren werden, noch wie sie sich später entwickeln oder welchen Beruf sie ergreifen. So schön es auch vom landwirtschaftlichen Standpunkt aus gedacht sein mag, die amerikanische Heimstätte mit dem Höferecht zu verbinden, sie dadurch weiter zu entwickeln und sie so dem Fideikommißrecht ziemlich nahe zu bringen, so gefährlich erscheint mir diese Verquickung für die Einrichtung von Heimstätten in unserm Lande. Wenn man einen Baum in fremdes Land verpflanzt, so darf man ihn nicht zugleich veredeln, sondern man muß ihn erst angehen und sich fest¬ wurzeln lassen. Georg Baumert (Latholica Neue Folge von Joseph Mayer ^. jDapst plus der Zehnte n der Nummer vom 5. November 1903 dieser Zeitschrift hat Otto Kaemmel auf Grund der biographischen Skizze von Anton de Waal und einzelnen Nachrichten, die er sonst gesammelt hat, ein knappes Bild vom Entwicklungsgange Giuseppe Sartos ent¬ worfen, dessen wohltuende Wärme den objektiven Beobachter verriet. Am 3. Dezember erschien an derselben Stelle eine kürzere Ausführung, die die Frage zu beantworte» suchte: „Ist Pius der Zehnte ein »politischer«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/574>, abgerufen am 05.05.2024.