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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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westfälische Geschichten

Nach dem Kaffee wurde das Haus besehen. Alle Schränke wurden aufge¬
schlossen. Kisten und Kasten waren voll von Leinen und Bettzeug. Dann gings
in die Ställe, auf die Felder, in den Wald, der an den Dirkingshof stieß.

Die beiden alten Bauern sahen sich an. Der eine wußte genau, was der
andre dachte.

Der Hinrich war zu der Fina heimlichem Ärger nicht mitgegangen. Auf dem
Hofe kam er ihnen entgegen und führte das Fohlen an der Leine. Rechts herum,
links herum ließ er es laufen, ließ es über die Stange springen. Es gehorchte
auf den Wink mit der Peitsche, auf den Zungenschlag. Bildschön sah er aus, der
Hinrich, wie er dastand und mit leuchtenden Augen auf das Pferd hinschaute. Die
Fina war feuerrot im Gesicht. Sie wandte kein Auge von dem Hinrich. Das
Fohlen sah sie nicht einmal an.

Nun, was sagst du zu der Fina? fragte am Abend desselben Tages der
Vater. Ist sie nicht ein stolzes Mädchen, stark und gesund, ganz die rechte für
den Dorneckshof?

Dem Rittmeister von Zitzewitz bei unserm Regiment hab ich das Fohlen ver¬
sprochen, das ich für ihn aufziehn wollte. Nun tut mirs leid, daß ichs abgeben
soll, es ist ein Staatstier, sagte der Hinrich. Er hatte die Frage des Vaters völlig
überhört. Ärgerlich stampfte der Alte mit dem Fuß. Ich frag dich, wie dir die
Fina gefällt, und ob du sie heiraten willst, Junge?

Ich Habs Euch ja schon einmal gesagt, Vater, bringts in Ordnung.

Und der alte Dorueck hatte es in Ordnung gebracht. Heute sollte der Ver¬
sprich gefeiert werden auf dem Dirkingshofe. Schulte Dorment hatte seinen Sonntags¬
staat angelegt. Er saß in der Küche hinter dem langen Eßtisch und wartete auf
seinen Sohn.


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Der Hinrich war von Jugend auf der unzertrennliche und beste Freund des
Clermonts Franz gewesen. Mehr als hundertmal hatte er gesagt: Eh ich in die
Krone geh, eher will ich mein Leben lang kein Pferd mehr reiten. Und jetzt?
Alle seine Zeit, die er vom Hause fern verlebte, verbrachte er in der Krone. Der
alte Dorment wußte es nur zu gut. Geschäftige Zungen hatten es ihm zugetragen:
Da sitzt der Hinrich hinter dem Tisch, läßts Bier stehn und sieht die Rieka an,
dem Hera seine Tochter. Die rote Nösel, die der Hera sich aus der Universitäts¬
stadt verschrieben hatte, als seine Frau, die schwarze Lotte, gestorben war, die haben
sie fortgeschickt, seitdem die Rieka zurück ist aus der Stadt. Das ist jetzt drei
Wochen her, und der Hera ist obenauf. Die schwarze Lotte wollte die junge schöne
Tochter nicht länger neben sich haben. Im Franziskaner, dem großen Bierhaus
der Studenten, ist sie in der Lehre gewesen, in demselben, wo die Lotte einmal
Zahlkellnerin war.

Der Dorneckbauer hielt die Ohren steif. Sein Sohn, sein Hinrich, der sich
aus den Weibsleuten nie etwas gemacht hatte, sollte der Rieka nachgehn, so einer,
die jedem ein Glas Bier einschenkt, ders zahlen kann? Geschwätz! Sie wollten
ihn ärgern, die ihm so etwas weiszumachen suchten. Sie sollten sehen, daß er sich
nichts aufbinden ließ. Er tat, als habe er nichts gehört, auch dem Hinrich gegen¬
über. Und doch hatte man ihm die Wahrheit berichtet. Der Hinrich, der allen
Frauensleuten aus dem Wege ging, saß in der Goldner Krone hinter dem Tisch
und starrte die Rieka an. Wie das gekommen war? Er hätte es selbst nicht sagen
können. In der Kirche war sie an ihm vorübergegangen und hatte ihn angesehen,
einen Augenblick nur. Wie Feuer wars ihm durch die Adern gelaufen. Von der
Predigt hatte er kein Wort gehört, hatte nicht beten können. Immer hatte er
dorthin sehen müssen, wo die Rieka in der Bank saß, im schwarzen Kleid, mit
niedergeschlagnen Augen und blassen Wangen. Wie ein Muttergottesbild, hatte er
denken müssen. Als sie aus der Kirche getreten war, hatte er ihr folgen müssen.
Daß sie in die Goldne Krone ging, daß er sich verschworen hatte, niemals dorthin


westfälische Geschichten

Nach dem Kaffee wurde das Haus besehen. Alle Schränke wurden aufge¬
schlossen. Kisten und Kasten waren voll von Leinen und Bettzeug. Dann gings
in die Ställe, auf die Felder, in den Wald, der an den Dirkingshof stieß.

Die beiden alten Bauern sahen sich an. Der eine wußte genau, was der
andre dachte.

Der Hinrich war zu der Fina heimlichem Ärger nicht mitgegangen. Auf dem
Hofe kam er ihnen entgegen und führte das Fohlen an der Leine. Rechts herum,
links herum ließ er es laufen, ließ es über die Stange springen. Es gehorchte
auf den Wink mit der Peitsche, auf den Zungenschlag. Bildschön sah er aus, der
Hinrich, wie er dastand und mit leuchtenden Augen auf das Pferd hinschaute. Die
Fina war feuerrot im Gesicht. Sie wandte kein Auge von dem Hinrich. Das
Fohlen sah sie nicht einmal an.

Nun, was sagst du zu der Fina? fragte am Abend desselben Tages der
Vater. Ist sie nicht ein stolzes Mädchen, stark und gesund, ganz die rechte für
den Dorneckshof?

Dem Rittmeister von Zitzewitz bei unserm Regiment hab ich das Fohlen ver¬
sprochen, das ich für ihn aufziehn wollte. Nun tut mirs leid, daß ichs abgeben
soll, es ist ein Staatstier, sagte der Hinrich. Er hatte die Frage des Vaters völlig
überhört. Ärgerlich stampfte der Alte mit dem Fuß. Ich frag dich, wie dir die
Fina gefällt, und ob du sie heiraten willst, Junge?

Ich Habs Euch ja schon einmal gesagt, Vater, bringts in Ordnung.

Und der alte Dorueck hatte es in Ordnung gebracht. Heute sollte der Ver¬
sprich gefeiert werden auf dem Dirkingshofe. Schulte Dorment hatte seinen Sonntags¬
staat angelegt. Er saß in der Küche hinter dem langen Eßtisch und wartete auf
seinen Sohn.


5

Der Hinrich war von Jugend auf der unzertrennliche und beste Freund des
Clermonts Franz gewesen. Mehr als hundertmal hatte er gesagt: Eh ich in die
Krone geh, eher will ich mein Leben lang kein Pferd mehr reiten. Und jetzt?
Alle seine Zeit, die er vom Hause fern verlebte, verbrachte er in der Krone. Der
alte Dorment wußte es nur zu gut. Geschäftige Zungen hatten es ihm zugetragen:
Da sitzt der Hinrich hinter dem Tisch, läßts Bier stehn und sieht die Rieka an,
dem Hera seine Tochter. Die rote Nösel, die der Hera sich aus der Universitäts¬
stadt verschrieben hatte, als seine Frau, die schwarze Lotte, gestorben war, die haben
sie fortgeschickt, seitdem die Rieka zurück ist aus der Stadt. Das ist jetzt drei
Wochen her, und der Hera ist obenauf. Die schwarze Lotte wollte die junge schöne
Tochter nicht länger neben sich haben. Im Franziskaner, dem großen Bierhaus
der Studenten, ist sie in der Lehre gewesen, in demselben, wo die Lotte einmal
Zahlkellnerin war.

Der Dorneckbauer hielt die Ohren steif. Sein Sohn, sein Hinrich, der sich
aus den Weibsleuten nie etwas gemacht hatte, sollte der Rieka nachgehn, so einer,
die jedem ein Glas Bier einschenkt, ders zahlen kann? Geschwätz! Sie wollten
ihn ärgern, die ihm so etwas weiszumachen suchten. Sie sollten sehen, daß er sich
nichts aufbinden ließ. Er tat, als habe er nichts gehört, auch dem Hinrich gegen¬
über. Und doch hatte man ihm die Wahrheit berichtet. Der Hinrich, der allen
Frauensleuten aus dem Wege ging, saß in der Goldner Krone hinter dem Tisch
und starrte die Rieka an. Wie das gekommen war? Er hätte es selbst nicht sagen
können. In der Kirche war sie an ihm vorübergegangen und hatte ihn angesehen,
einen Augenblick nur. Wie Feuer wars ihm durch die Adern gelaufen. Von der
Predigt hatte er kein Wort gehört, hatte nicht beten können. Immer hatte er
dorthin sehen müssen, wo die Rieka in der Bank saß, im schwarzen Kleid, mit
niedergeschlagnen Augen und blassen Wangen. Wie ein Muttergottesbild, hatte er
denken müssen. Als sie aus der Kirche getreten war, hatte er ihr folgen müssen.
Daß sie in die Goldne Krone ging, daß er sich verschworen hatte, niemals dorthin


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[0121] westfälische Geschichten Nach dem Kaffee wurde das Haus besehen. Alle Schränke wurden aufge¬ schlossen. Kisten und Kasten waren voll von Leinen und Bettzeug. Dann gings in die Ställe, auf die Felder, in den Wald, der an den Dirkingshof stieß. Die beiden alten Bauern sahen sich an. Der eine wußte genau, was der andre dachte. Der Hinrich war zu der Fina heimlichem Ärger nicht mitgegangen. Auf dem Hofe kam er ihnen entgegen und führte das Fohlen an der Leine. Rechts herum, links herum ließ er es laufen, ließ es über die Stange springen. Es gehorchte auf den Wink mit der Peitsche, auf den Zungenschlag. Bildschön sah er aus, der Hinrich, wie er dastand und mit leuchtenden Augen auf das Pferd hinschaute. Die Fina war feuerrot im Gesicht. Sie wandte kein Auge von dem Hinrich. Das Fohlen sah sie nicht einmal an. Nun, was sagst du zu der Fina? fragte am Abend desselben Tages der Vater. Ist sie nicht ein stolzes Mädchen, stark und gesund, ganz die rechte für den Dorneckshof? Dem Rittmeister von Zitzewitz bei unserm Regiment hab ich das Fohlen ver¬ sprochen, das ich für ihn aufziehn wollte. Nun tut mirs leid, daß ichs abgeben soll, es ist ein Staatstier, sagte der Hinrich. Er hatte die Frage des Vaters völlig überhört. Ärgerlich stampfte der Alte mit dem Fuß. Ich frag dich, wie dir die Fina gefällt, und ob du sie heiraten willst, Junge? Ich Habs Euch ja schon einmal gesagt, Vater, bringts in Ordnung. Und der alte Dorueck hatte es in Ordnung gebracht. Heute sollte der Ver¬ sprich gefeiert werden auf dem Dirkingshofe. Schulte Dorment hatte seinen Sonntags¬ staat angelegt. Er saß in der Küche hinter dem langen Eßtisch und wartete auf seinen Sohn. 5 Der Hinrich war von Jugend auf der unzertrennliche und beste Freund des Clermonts Franz gewesen. Mehr als hundertmal hatte er gesagt: Eh ich in die Krone geh, eher will ich mein Leben lang kein Pferd mehr reiten. Und jetzt? Alle seine Zeit, die er vom Hause fern verlebte, verbrachte er in der Krone. Der alte Dorment wußte es nur zu gut. Geschäftige Zungen hatten es ihm zugetragen: Da sitzt der Hinrich hinter dem Tisch, läßts Bier stehn und sieht die Rieka an, dem Hera seine Tochter. Die rote Nösel, die der Hera sich aus der Universitäts¬ stadt verschrieben hatte, als seine Frau, die schwarze Lotte, gestorben war, die haben sie fortgeschickt, seitdem die Rieka zurück ist aus der Stadt. Das ist jetzt drei Wochen her, und der Hera ist obenauf. Die schwarze Lotte wollte die junge schöne Tochter nicht länger neben sich haben. Im Franziskaner, dem großen Bierhaus der Studenten, ist sie in der Lehre gewesen, in demselben, wo die Lotte einmal Zahlkellnerin war. Der Dorneckbauer hielt die Ohren steif. Sein Sohn, sein Hinrich, der sich aus den Weibsleuten nie etwas gemacht hatte, sollte der Rieka nachgehn, so einer, die jedem ein Glas Bier einschenkt, ders zahlen kann? Geschwätz! Sie wollten ihn ärgern, die ihm so etwas weiszumachen suchten. Sie sollten sehen, daß er sich nichts aufbinden ließ. Er tat, als habe er nichts gehört, auch dem Hinrich gegen¬ über. Und doch hatte man ihm die Wahrheit berichtet. Der Hinrich, der allen Frauensleuten aus dem Wege ging, saß in der Goldner Krone hinter dem Tisch und starrte die Rieka an. Wie das gekommen war? Er hätte es selbst nicht sagen können. In der Kirche war sie an ihm vorübergegangen und hatte ihn angesehen, einen Augenblick nur. Wie Feuer wars ihm durch die Adern gelaufen. Von der Predigt hatte er kein Wort gehört, hatte nicht beten können. Immer hatte er dorthin sehen müssen, wo die Rieka in der Bank saß, im schwarzen Kleid, mit niedergeschlagnen Augen und blassen Wangen. Wie ein Muttergottesbild, hatte er denken müssen. Als sie aus der Kirche getreten war, hatte er ihr folgen müssen. Daß sie in die Goldne Krone ging, daß er sich verschworen hatte, niemals dorthin

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/121>, abgerufen am 03.05.2024.