Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Lindrücke aus der modernen Verwaltung Preußens

asiatischen Politik Englands werden könnte, jedem dieser drei Zwecke dienen.
Wird es die Probe bestehn?

Die Gefahr, das; Japan zur See überwältigt und dann im eignen Lande
bedroht wird, scheint durch seine schnellen Erfolge zur See ja beseitigt zu sein,
und ein Eingreifen der englischen Flotte ist damit zunächst überflüssig geworden.
Aber auch wenn Rußland im Seekriege wieder die Oberhand bekäme, braucht
England für den japanischen Bundesgenossen zur See uicht einzutreten. Eine
Landung in Japan kommt jetzt gar nicht mehr in Frage, die Besiegung des
japanischen Heeres in Korea würde genügen, den Krieg zu beenden. Wird
aber England Japan im Landkriege unterstützen, falls dessen Kräfte nicht
ausreichen, den Frieden zu erzwingen, oder falls seine Heere den Rückzug an¬
treten müßten?

Wohl nur um Indiens Grenzen zu entlasten, hat England das Bündnis
mit Japan geschlossen; es würde sie nicht von Truppen entblößen, um ihm
Zu helfen. Höchstens wird es, wenn sich Rußland im Landkriege als der
Stärkere erweist, den japanischen Heeren den Rückzug über See mit seiner
Flotte sichern und sich so einen Bundesgenossen erhalten, der ihm gelegentlich
n"re Freiherr von Maltzahn wieder gute Dienste leisten könnte.




Eindrücke aus der modernen Verwaltung Preußens,
besonders aus der Vezirksinstanz*)
v p. von Hedemann on
^. Linleitung

cum ick) vor zwei Jahren in diesen Blättern meine Eindrücke aus
der preußischen Kreisverwaltung schilderte, so dachte ich mir, wie
schon die Anfangsworte meines damaligen Aufsatzes zeigen sollten,
als Leser vor allem gebildete Laien, allenfalls noch die Regicruugs-
referendare, den Nachwuchs der Verwaltung. Ohne viel eigne
Betrachtungen brauchte ich eigentlich nur zu erzählen, was ich in der Ver¬
waltung der ausgezeichneten Laudräte selber erlebt hatte, unter und neben
denen ich jahrelang tätig gewesen war. Nichts hat mir also ferner liegen
können, als etwa das Idealbild eines Landrath zu zeichne", was schon des¬
halb unmöglich ist, weil jeder Inhaber dieser Stellung nach seiner besondern
Art anders verfahren wird und gerade die Stellung dieses Amtes der einzelnen
Persönlichkeit gliicklicherweise soviel Spielraum gibt. Nur ein getreues Bild
selbsterlebter Wirklichkeit sollte meine damalige Darstellung enthalten. Ich
Konnte hoffen, auf diese einfache Art einiges von den Vorurteilen zu zerstreuen,
. le sich unter dein Schlagwort des Assessorismus oder Burcaukmtismus gerade
w^eletzten Jahren gegen unsre Verwaltung erhoben haben und wie so



*> Geschriebon im Miirz 1904.
Lindrücke aus der modernen Verwaltung Preußens

asiatischen Politik Englands werden könnte, jedem dieser drei Zwecke dienen.
Wird es die Probe bestehn?

Die Gefahr, das; Japan zur See überwältigt und dann im eignen Lande
bedroht wird, scheint durch seine schnellen Erfolge zur See ja beseitigt zu sein,
und ein Eingreifen der englischen Flotte ist damit zunächst überflüssig geworden.
Aber auch wenn Rußland im Seekriege wieder die Oberhand bekäme, braucht
England für den japanischen Bundesgenossen zur See uicht einzutreten. Eine
Landung in Japan kommt jetzt gar nicht mehr in Frage, die Besiegung des
japanischen Heeres in Korea würde genügen, den Krieg zu beenden. Wird
aber England Japan im Landkriege unterstützen, falls dessen Kräfte nicht
ausreichen, den Frieden zu erzwingen, oder falls seine Heere den Rückzug an¬
treten müßten?

Wohl nur um Indiens Grenzen zu entlasten, hat England das Bündnis
mit Japan geschlossen; es würde sie nicht von Truppen entblößen, um ihm
Zu helfen. Höchstens wird es, wenn sich Rußland im Landkriege als der
Stärkere erweist, den japanischen Heeren den Rückzug über See mit seiner
Flotte sichern und sich so einen Bundesgenossen erhalten, der ihm gelegentlich
n»re Freiherr von Maltzahn wieder gute Dienste leisten könnte.




Eindrücke aus der modernen Verwaltung Preußens,
besonders aus der Vezirksinstanz*)
v p. von Hedemann on
^. Linleitung

cum ick) vor zwei Jahren in diesen Blättern meine Eindrücke aus
der preußischen Kreisverwaltung schilderte, so dachte ich mir, wie
schon die Anfangsworte meines damaligen Aufsatzes zeigen sollten,
als Leser vor allem gebildete Laien, allenfalls noch die Regicruugs-
referendare, den Nachwuchs der Verwaltung. Ohne viel eigne
Betrachtungen brauchte ich eigentlich nur zu erzählen, was ich in der Ver¬
waltung der ausgezeichneten Laudräte selber erlebt hatte, unter und neben
denen ich jahrelang tätig gewesen war. Nichts hat mir also ferner liegen
können, als etwa das Idealbild eines Landrath zu zeichne», was schon des¬
halb unmöglich ist, weil jeder Inhaber dieser Stellung nach seiner besondern
Art anders verfahren wird und gerade die Stellung dieses Amtes der einzelnen
Persönlichkeit gliicklicherweise soviel Spielraum gibt. Nur ein getreues Bild
selbsterlebter Wirklichkeit sollte meine damalige Darstellung enthalten. Ich
Konnte hoffen, auf diese einfache Art einiges von den Vorurteilen zu zerstreuen,
. le sich unter dein Schlagwort des Assessorismus oder Burcaukmtismus gerade
w^eletzten Jahren gegen unsre Verwaltung erhoben haben und wie so



*> Geschriebon im Miirz 1904.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0445" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/294064"/>
          <fw type="header" place="top"> Lindrücke aus der modernen Verwaltung Preußens</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1999" prev="#ID_1998"> asiatischen Politik Englands werden könnte, jedem dieser drei Zwecke dienen.<lb/>
Wird es die Probe bestehn?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2000"> Die Gefahr, das; Japan zur See überwältigt und dann im eignen Lande<lb/>
bedroht wird, scheint durch seine schnellen Erfolge zur See ja beseitigt zu sein,<lb/>
und ein Eingreifen der englischen Flotte ist damit zunächst überflüssig geworden.<lb/>
Aber auch wenn Rußland im Seekriege wieder die Oberhand bekäme, braucht<lb/>
England für den japanischen Bundesgenossen zur See uicht einzutreten. Eine<lb/>
Landung in Japan kommt jetzt gar nicht mehr in Frage, die Besiegung des<lb/>
japanischen Heeres in Korea würde genügen, den Krieg zu beenden. Wird<lb/>
aber England Japan im Landkriege unterstützen, falls dessen Kräfte nicht<lb/>
ausreichen, den Frieden zu erzwingen, oder falls seine Heere den Rückzug an¬<lb/>
treten müßten?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2001"> Wohl nur um Indiens Grenzen zu entlasten, hat England das Bündnis<lb/>
mit Japan geschlossen; es würde sie nicht von Truppen entblößen, um ihm<lb/>
Zu helfen. Höchstens wird es, wenn sich Rußland im Landkriege als der<lb/>
Stärkere erweist, den japanischen Heeren den Rückzug über See mit seiner<lb/>
Flotte sichern und sich so einen Bundesgenossen erhalten, der ihm gelegentlich<lb/><note type="byline"> n»re Freiherr von Maltzahn</note> wieder gute Dienste leisten könnte. </p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Eindrücke aus der modernen Verwaltung Preußens,<lb/>
besonders aus der Vezirksinstanz*)<lb/>
v<note type="byline"> p. von Hedemann</note> on</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> ^. Linleitung</head><lb/>
            <p xml:id="ID_2002" next="#ID_2003"> cum ick) vor zwei Jahren in diesen Blättern meine Eindrücke aus<lb/>
der preußischen Kreisverwaltung schilderte, so dachte ich mir, wie<lb/>
schon die Anfangsworte meines damaligen Aufsatzes zeigen sollten,<lb/>
als Leser vor allem gebildete Laien, allenfalls noch die Regicruugs-<lb/>
referendare, den Nachwuchs der Verwaltung. Ohne viel eigne<lb/>
Betrachtungen brauchte ich eigentlich nur zu erzählen, was ich in der Ver¬<lb/>
waltung der ausgezeichneten Laudräte selber erlebt hatte, unter und neben<lb/>
denen ich jahrelang tätig gewesen war. Nichts hat mir also ferner liegen<lb/>
können, als etwa das Idealbild eines Landrath zu zeichne», was schon des¬<lb/>
halb unmöglich ist, weil jeder Inhaber dieser Stellung nach seiner besondern<lb/>
Art anders verfahren wird und gerade die Stellung dieses Amtes der einzelnen<lb/>
Persönlichkeit gliicklicherweise soviel Spielraum gibt. Nur ein getreues Bild<lb/>
selbsterlebter Wirklichkeit sollte meine damalige Darstellung enthalten. Ich<lb/>
Konnte hoffen, auf diese einfache Art einiges von den Vorurteilen zu zerstreuen,<lb/>
. le sich unter dein Schlagwort des Assessorismus oder Burcaukmtismus gerade<lb/>
w^eletzten Jahren gegen unsre Verwaltung erhoben haben und wie so</p><lb/>
            <note xml:id="FID_48" place="foot"> *&gt; Geschriebon im Miirz 1904.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0445] Lindrücke aus der modernen Verwaltung Preußens asiatischen Politik Englands werden könnte, jedem dieser drei Zwecke dienen. Wird es die Probe bestehn? Die Gefahr, das; Japan zur See überwältigt und dann im eignen Lande bedroht wird, scheint durch seine schnellen Erfolge zur See ja beseitigt zu sein, und ein Eingreifen der englischen Flotte ist damit zunächst überflüssig geworden. Aber auch wenn Rußland im Seekriege wieder die Oberhand bekäme, braucht England für den japanischen Bundesgenossen zur See uicht einzutreten. Eine Landung in Japan kommt jetzt gar nicht mehr in Frage, die Besiegung des japanischen Heeres in Korea würde genügen, den Krieg zu beenden. Wird aber England Japan im Landkriege unterstützen, falls dessen Kräfte nicht ausreichen, den Frieden zu erzwingen, oder falls seine Heere den Rückzug an¬ treten müßten? Wohl nur um Indiens Grenzen zu entlasten, hat England das Bündnis mit Japan geschlossen; es würde sie nicht von Truppen entblößen, um ihm Zu helfen. Höchstens wird es, wenn sich Rußland im Landkriege als der Stärkere erweist, den japanischen Heeren den Rückzug über See mit seiner Flotte sichern und sich so einen Bundesgenossen erhalten, der ihm gelegentlich n»re Freiherr von Maltzahn wieder gute Dienste leisten könnte. Eindrücke aus der modernen Verwaltung Preußens, besonders aus der Vezirksinstanz*) v p. von Hedemann on ^. Linleitung cum ick) vor zwei Jahren in diesen Blättern meine Eindrücke aus der preußischen Kreisverwaltung schilderte, so dachte ich mir, wie schon die Anfangsworte meines damaligen Aufsatzes zeigen sollten, als Leser vor allem gebildete Laien, allenfalls noch die Regicruugs- referendare, den Nachwuchs der Verwaltung. Ohne viel eigne Betrachtungen brauchte ich eigentlich nur zu erzählen, was ich in der Ver¬ waltung der ausgezeichneten Laudräte selber erlebt hatte, unter und neben denen ich jahrelang tätig gewesen war. Nichts hat mir also ferner liegen können, als etwa das Idealbild eines Landrath zu zeichne», was schon des¬ halb unmöglich ist, weil jeder Inhaber dieser Stellung nach seiner besondern Art anders verfahren wird und gerade die Stellung dieses Amtes der einzelnen Persönlichkeit gliicklicherweise soviel Spielraum gibt. Nur ein getreues Bild selbsterlebter Wirklichkeit sollte meine damalige Darstellung enthalten. Ich Konnte hoffen, auf diese einfache Art einiges von den Vorurteilen zu zerstreuen, . le sich unter dein Schlagwort des Assessorismus oder Burcaukmtismus gerade w^eletzten Jahren gegen unsre Verwaltung erhoben haben und wie so *> Geschriebon im Miirz 1904.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/445
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/445>, abgerufen am 03.05.2024.