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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Die )nsel Lypern und die englische Herrschaft
(Schluß)

i ir haben nun gesehen, welche riesige Höhe die Steuerlast in Cypern
erreicht hat, und wie viele dringende Bedürfnisse des Volkes damit
nicht oder doch nur mit Hilfe von neu hinzukommenden Steuern,
die entweder dem ganzen Lande oder einzelnen Teilen auferlegt
! werden, ihre Befriedigung finden. Nun wollen wir untersuchen, wie¬
viel von den regelmäßig einlaufenden Einnahmen zum Wohle der Insel selbst ver¬
wandt wird. Hierfür steht mir genaues Material leider nur bis zum Jahre 1895
zur Verfügung, wir werden aber finden, daß sich das Verhältnis seitdem nicht
viel geändert haben kann.

Von den Einnahmen, die bis 1895 durchschnittlich 172829 Pfund Sterling
betrugen, wurden bezahlt: erstens für die Verwaltung im Durchschnitte 115932
jedes Jahr, zweitens für den sogenannten Tribut jährlich etwa 56897 Pfund
Sterling. Daß der Tribut in keiner Weise zum Vorteile der Cyprioten dient,
davon haben wir uns überzeugt; in den Verwaltungskosten sind aber doch einige
enthalten, die dem Lande zugute kommen. Das sind folgende drei:

ein Posten für öffentliche Arbeiten, der früher bedeutender gewesen ist, seit
1883 aber auf 8000 bis 10000 Pfund jährlich herabgesetzt wurde;
v) für öffentlichen Unterricht ungefähr 2260 Pfund;
o) für Spitäler und Gesundheitspflege etwa 4000 Pfund.

Jahrelang betrug die Gesamtsumme dieser drei Posten nicht mehr als
15000 Pfund im Jahre, d. i. kaum 9 Prozent der gesamten Besteuerung.
Nachdem also der Bevölkerung der Insel ein Viertel ihrer jährlichen Einkünfte
genommen worden war, hat man großmütig 9 Prozent zu ihren Gunsten ver¬
wandt, das andre floß alles nach England! Seit 1895 haben sich wohl die Zahlen,
kaum aber hat sich der Prozentsatz geändert. Die Steuerlast ist mittlerweile
auf mehr als 200000 Pfund angewachsen; die Verwaltung beträgt durchschnittlich
119690 Pfund Sterling. Schon das zeigt, daß für diese genannten drei Posten
kein großer Zuwachs entstanden sein kann. Für die öffentlichen Arbeiten ist
das nicht anzunehmen, denn wir haben gesehen, daß die Vertilgung der Heu¬
schrecken, das Bewüsferungswerk, die Hafen- und die Straßenbauten immer mit
besondern Steuern in Angriff genommen wurden und werden. Für die Spitäler
habe ich mir keine weitem Nachrichten beschaffen können; wohl aber sind nun
für die Schulen 4264 Pfund Sterling angesetzt. Eine lächerlich kleine Summe
für ein Land mit 413 Schulen und 20621 Schülern. Die Schulen verteilen
sich auf folgende Arten: ein Gymnasium, fünf griechische höhere Schulen und
eine türkische, das übrige sind Volksschulen. Für diese letzten sind von der ge-




Die )nsel Lypern und die englische Herrschaft
(Schluß)

i ir haben nun gesehen, welche riesige Höhe die Steuerlast in Cypern
erreicht hat, und wie viele dringende Bedürfnisse des Volkes damit
nicht oder doch nur mit Hilfe von neu hinzukommenden Steuern,
die entweder dem ganzen Lande oder einzelnen Teilen auferlegt
! werden, ihre Befriedigung finden. Nun wollen wir untersuchen, wie¬
viel von den regelmäßig einlaufenden Einnahmen zum Wohle der Insel selbst ver¬
wandt wird. Hierfür steht mir genaues Material leider nur bis zum Jahre 1895
zur Verfügung, wir werden aber finden, daß sich das Verhältnis seitdem nicht
viel geändert haben kann.

Von den Einnahmen, die bis 1895 durchschnittlich 172829 Pfund Sterling
betrugen, wurden bezahlt: erstens für die Verwaltung im Durchschnitte 115932
jedes Jahr, zweitens für den sogenannten Tribut jährlich etwa 56897 Pfund
Sterling. Daß der Tribut in keiner Weise zum Vorteile der Cyprioten dient,
davon haben wir uns überzeugt; in den Verwaltungskosten sind aber doch einige
enthalten, die dem Lande zugute kommen. Das sind folgende drei:

ein Posten für öffentliche Arbeiten, der früher bedeutender gewesen ist, seit
1883 aber auf 8000 bis 10000 Pfund jährlich herabgesetzt wurde;
v) für öffentlichen Unterricht ungefähr 2260 Pfund;
o) für Spitäler und Gesundheitspflege etwa 4000 Pfund.

Jahrelang betrug die Gesamtsumme dieser drei Posten nicht mehr als
15000 Pfund im Jahre, d. i. kaum 9 Prozent der gesamten Besteuerung.
Nachdem also der Bevölkerung der Insel ein Viertel ihrer jährlichen Einkünfte
genommen worden war, hat man großmütig 9 Prozent zu ihren Gunsten ver¬
wandt, das andre floß alles nach England! Seit 1895 haben sich wohl die Zahlen,
kaum aber hat sich der Prozentsatz geändert. Die Steuerlast ist mittlerweile
auf mehr als 200000 Pfund angewachsen; die Verwaltung beträgt durchschnittlich
119690 Pfund Sterling. Schon das zeigt, daß für diese genannten drei Posten
kein großer Zuwachs entstanden sein kann. Für die öffentlichen Arbeiten ist
das nicht anzunehmen, denn wir haben gesehen, daß die Vertilgung der Heu¬
schrecken, das Bewüsferungswerk, die Hafen- und die Straßenbauten immer mit
besondern Steuern in Angriff genommen wurden und werden. Für die Spitäler
habe ich mir keine weitem Nachrichten beschaffen können; wohl aber sind nun
für die Schulen 4264 Pfund Sterling angesetzt. Eine lächerlich kleine Summe
für ein Land mit 413 Schulen und 20621 Schülern. Die Schulen verteilen
sich auf folgende Arten: ein Gymnasium, fünf griechische höhere Schulen und
eine türkische, das übrige sind Volksschulen. Für diese letzten sind von der ge-


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[0679] [Abbildung] Die )nsel Lypern und die englische Herrschaft (Schluß) i ir haben nun gesehen, welche riesige Höhe die Steuerlast in Cypern erreicht hat, und wie viele dringende Bedürfnisse des Volkes damit nicht oder doch nur mit Hilfe von neu hinzukommenden Steuern, die entweder dem ganzen Lande oder einzelnen Teilen auferlegt ! werden, ihre Befriedigung finden. Nun wollen wir untersuchen, wie¬ viel von den regelmäßig einlaufenden Einnahmen zum Wohle der Insel selbst ver¬ wandt wird. Hierfür steht mir genaues Material leider nur bis zum Jahre 1895 zur Verfügung, wir werden aber finden, daß sich das Verhältnis seitdem nicht viel geändert haben kann. Von den Einnahmen, die bis 1895 durchschnittlich 172829 Pfund Sterling betrugen, wurden bezahlt: erstens für die Verwaltung im Durchschnitte 115932 jedes Jahr, zweitens für den sogenannten Tribut jährlich etwa 56897 Pfund Sterling. Daß der Tribut in keiner Weise zum Vorteile der Cyprioten dient, davon haben wir uns überzeugt; in den Verwaltungskosten sind aber doch einige enthalten, die dem Lande zugute kommen. Das sind folgende drei: ein Posten für öffentliche Arbeiten, der früher bedeutender gewesen ist, seit 1883 aber auf 8000 bis 10000 Pfund jährlich herabgesetzt wurde; v) für öffentlichen Unterricht ungefähr 2260 Pfund; o) für Spitäler und Gesundheitspflege etwa 4000 Pfund. Jahrelang betrug die Gesamtsumme dieser drei Posten nicht mehr als 15000 Pfund im Jahre, d. i. kaum 9 Prozent der gesamten Besteuerung. Nachdem also der Bevölkerung der Insel ein Viertel ihrer jährlichen Einkünfte genommen worden war, hat man großmütig 9 Prozent zu ihren Gunsten ver¬ wandt, das andre floß alles nach England! Seit 1895 haben sich wohl die Zahlen, kaum aber hat sich der Prozentsatz geändert. Die Steuerlast ist mittlerweile auf mehr als 200000 Pfund angewachsen; die Verwaltung beträgt durchschnittlich 119690 Pfund Sterling. Schon das zeigt, daß für diese genannten drei Posten kein großer Zuwachs entstanden sein kann. Für die öffentlichen Arbeiten ist das nicht anzunehmen, denn wir haben gesehen, daß die Vertilgung der Heu¬ schrecken, das Bewüsferungswerk, die Hafen- und die Straßenbauten immer mit besondern Steuern in Angriff genommen wurden und werden. Für die Spitäler habe ich mir keine weitem Nachrichten beschaffen können; wohl aber sind nun für die Schulen 4264 Pfund Sterling angesetzt. Eine lächerlich kleine Summe für ein Land mit 413 Schulen und 20621 Schülern. Die Schulen verteilen sich auf folgende Arten: ein Gymnasium, fünf griechische höhere Schulen und eine türkische, das übrige sind Volksschulen. Für diese letzten sind von der ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/679>, abgerufen am 03.05.2024.