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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Der Hamburger Handel

nicht geringerm Maße der Sozialdemokratie die Zcntrumsherrschaft zu ver¬
danken, weil gegenüber der ersten im Reichstage ohne die zweite überhaupt
nichts mehr zu erreichen ist. Die Gegendienste, die Preußen dafür dem Zentrum
auf dem Gebiete von Schule und Kirche leistet, sind somit tatsächlich eine
Frucht der Sozialdemokratie: Uffo asi, nicht mehr xsr ?i'g,inzos, sondern xsr
Bebel und Genossen. Eine verkehrte Welt!

Was in den Einzelstaaten im Jahre 1870 wohl am meisten befürchtet
worden ist, ein allmähliches Erdrücken der partikularen Souveränität durch die
Kaisermacht -- gerade diese Befürchtung hat sich am wenigsten bewahrheitet.
Die deutschen Landesherren sind hente noch genau so souverän wie am Tage
ihres Eintritts in den neuen Bund. Jede Maßnahme im Reiche vollzieht sich
unter genauester Berücksichtigung der Einzelsouverünitüten; gelegentliche Form¬
fehler haben nur das Vorhandensein der Regel bestätigt, selbstverständlich hat
es in einem Zeitraume von mehr als dreißig Jahren auch nicht an Gegen¬
sätzen gefehlt. Indem die Fürsten dem Kaiser, der die Gewalt nicht, wie nach
der Verfassung von 1849, aus eigner Machtvollkommenheit, sondern im Namen
des Reichs ausübt, die höchsten Ehren zollen, stärken sie nur ihre eigne
Position. Sie haben durch die Reichsgemeiuschaft um so größere Sicherheit
gewonnen, nicht nur dem Auslande gegenüber, sondern auch gegen die Mächte
des Umsturzes, die sich in Deutschland zunächst gegen die kaiserliche Gewalt
richten und ihre Diskreditierung erstreben, weil sie genau wissen, daß sie den
Entscheidungskampf schließlich so oder so mit der Kaisermacht und deren starken
preußischen Wurzeln auszufechten haben werden. Möge diese die stärkste der ihr
Hugo Jacob! vorbehaltnen Prüfungen zum Heile Deutschlands bestehn.




Der Hamburger Handel
v Paul Büchner on (Schluß)

er Ausdehnung des Hamburger Handels entspricht die Größe
der Kapitalien, die in seinen Unternehmungen angelegt sind. In
der Hamburger Einkommensteuerstatistik kommt diese Kapitalkraft
nur zum Teil zum Ausdruck, da viele Hamburger Kaufleute
im Auslande ansässig sind und ihr Einkommen dort versteuern.
Dazu gehören die überseeischen Partner von Hamburger Firmen, deren Filialen
oft ein ebenso großes Betriebskapital haben wie das Stammhaus, hin und
wieder sogar bedeutender sind, namentlich wenn überseeischer Grundbesitz, wie
Plantagen, Gruben und Gebäude, vorhanden ist. Nur ein sehr geringer Teil
dieser Hamburger Kapitalien ist in deutschen Kolonialgründungcn angelegt, die
meist Berliner Unternehmungen und als Kolonialgesellschaften errichtet sind,
während der vorsichtige Hamburger die Form der Gesellschaft mit beschränkter
Haftung für solche Gründungen vorzieht. Auch die binnenländischen Kolonial¬
unternehmungen müssen die Dienste des Hamburger Ex- und Importeurs ge-


Der Hamburger Handel

nicht geringerm Maße der Sozialdemokratie die Zcntrumsherrschaft zu ver¬
danken, weil gegenüber der ersten im Reichstage ohne die zweite überhaupt
nichts mehr zu erreichen ist. Die Gegendienste, die Preußen dafür dem Zentrum
auf dem Gebiete von Schule und Kirche leistet, sind somit tatsächlich eine
Frucht der Sozialdemokratie: Uffo asi, nicht mehr xsr ?i'g,inzos, sondern xsr
Bebel und Genossen. Eine verkehrte Welt!

Was in den Einzelstaaten im Jahre 1870 wohl am meisten befürchtet
worden ist, ein allmähliches Erdrücken der partikularen Souveränität durch die
Kaisermacht — gerade diese Befürchtung hat sich am wenigsten bewahrheitet.
Die deutschen Landesherren sind hente noch genau so souverän wie am Tage
ihres Eintritts in den neuen Bund. Jede Maßnahme im Reiche vollzieht sich
unter genauester Berücksichtigung der Einzelsouverünitüten; gelegentliche Form¬
fehler haben nur das Vorhandensein der Regel bestätigt, selbstverständlich hat
es in einem Zeitraume von mehr als dreißig Jahren auch nicht an Gegen¬
sätzen gefehlt. Indem die Fürsten dem Kaiser, der die Gewalt nicht, wie nach
der Verfassung von 1849, aus eigner Machtvollkommenheit, sondern im Namen
des Reichs ausübt, die höchsten Ehren zollen, stärken sie nur ihre eigne
Position. Sie haben durch die Reichsgemeiuschaft um so größere Sicherheit
gewonnen, nicht nur dem Auslande gegenüber, sondern auch gegen die Mächte
des Umsturzes, die sich in Deutschland zunächst gegen die kaiserliche Gewalt
richten und ihre Diskreditierung erstreben, weil sie genau wissen, daß sie den
Entscheidungskampf schließlich so oder so mit der Kaisermacht und deren starken
preußischen Wurzeln auszufechten haben werden. Möge diese die stärkste der ihr
Hugo Jacob! vorbehaltnen Prüfungen zum Heile Deutschlands bestehn.




Der Hamburger Handel
v Paul Büchner on (Schluß)

er Ausdehnung des Hamburger Handels entspricht die Größe
der Kapitalien, die in seinen Unternehmungen angelegt sind. In
der Hamburger Einkommensteuerstatistik kommt diese Kapitalkraft
nur zum Teil zum Ausdruck, da viele Hamburger Kaufleute
im Auslande ansässig sind und ihr Einkommen dort versteuern.
Dazu gehören die überseeischen Partner von Hamburger Firmen, deren Filialen
oft ein ebenso großes Betriebskapital haben wie das Stammhaus, hin und
wieder sogar bedeutender sind, namentlich wenn überseeischer Grundbesitz, wie
Plantagen, Gruben und Gebäude, vorhanden ist. Nur ein sehr geringer Teil
dieser Hamburger Kapitalien ist in deutschen Kolonialgründungcn angelegt, die
meist Berliner Unternehmungen und als Kolonialgesellschaften errichtet sind,
während der vorsichtige Hamburger die Form der Gesellschaft mit beschränkter
Haftung für solche Gründungen vorzieht. Auch die binnenländischen Kolonial¬
unternehmungen müssen die Dienste des Hamburger Ex- und Importeurs ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/82>, abgerufen am 03.05.2024.