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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Ödland und Landeskultur im Herzogtum Oldenburg
<Z). Gramberg von(Fortsetzung)

> s ist wahrscheinlich, daß auch unsre Heiden, namentlich die bessern
Böden, in frühern Jahrhunderten mit Wald bedeckt^waren.f und
zwar keineswegs nur mit den anspruchslosen Kiefern und Birken,
sondern auch mit Buchen und namentlich mit Eichen. Natürlich
Idarf man sich dabei nicht forstmäßige Anpflanzungen denken,
sondern Urwald mit reichlichem Unterholz. Die Eichenbohlen der sogenannten
Bohlwege, die sicherlich nicht weither geschafft sind, und das erweislich in
alten Gebäuden sehr häufig zu Balken, Ständern und Sparren verwandte
Eichenholz deuten auf ein beträchtliches Borkommen dieser Holzart bis in die
neuere Zeit hin. Auch lassen die sehr zahlreichen Ortsnamen auf der Geest
des Herzogtums, die eine Beziehung zu Holzungen enthalten, ans deren früheres
Vorhandensein schließen. Andrerseits ist freilich von großen Waldbränden, wie
sie während des Dreißigjährigen Krieges im benachbarten Westfalen vorgekommen
sein sollen, in unsern Gegenden nichts mehr bekannt.

Die eigentlichen Heidcböden sind aber an natürlicher Ertragfähigkeit
keineswegs von gleichem Wert, und es ist ein Irrtum, die fehlende Kultur
dieser Bodenflächen allein auf ihre mangelhafte Fruchtbarkeit zu schieben. Zum
Beispiel sind größere Flächen in den Amtsbezirken Vechta und Wildeshausen
durchaus kulturfähiger, fruchtbarer Lehmboden, auf dem ebensogut wie auf
den benachbarten Eschländereien Roggen und Hafer gedeihen würden, wenn er
wie diese bewirtschaftet würde. An manchen Stellen, und zwar teilweise mitten
in der wilden Mark, zeigt auch schon die Oberslächengestaltnng des Bodens
noch die vormalige Abteilung in Ackerbeete, also die frühere Bearbeitung und
Bebauung, mit Sicherheit, und es wird richtig sein, daß, wie es heißt, es den
Seuchen des vierzehnten und des fünfzehnten Jahrhunderts, vor allem aber
den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges zuzuschreiben ist, daß im frühern
Mittelalter schon kultivierter Boden infolge der dezimierten Bevölkerung auch
in unserm Süden später wieder der Verödung verfallen ist.

Große Flächen sind freilich durch die rücksichtslos betricbne Schafweide
verwüstet worden, die namentlich den Waldungen ungeheuern Schaden zugefügt
(vgl. Baumweg, der davon ein anschauliches Bild gibt), die gefürchteten Sand¬
wehen (Melmwehen im Moore) geschaffen und immer wieder offen gehalten,
und vergrößert hat, bis dagegen polizeilich vorgegangen wurde. Weit verderb¬
licher noch hatten aber der seit Jahrhunderten geübte Plaggenhieb und Schollen¬
stich gewirkt und große, verhältnismäßig noch am ersten zur Kultur geeignete
Flächen auf lange Zeit hinaus dafür verdorben. Der Schollenstich, der zur




Ödland und Landeskultur im Herzogtum Oldenburg
<Z). Gramberg von(Fortsetzung)

> s ist wahrscheinlich, daß auch unsre Heiden, namentlich die bessern
Böden, in frühern Jahrhunderten mit Wald bedeckt^waren.f und
zwar keineswegs nur mit den anspruchslosen Kiefern und Birken,
sondern auch mit Buchen und namentlich mit Eichen. Natürlich
Idarf man sich dabei nicht forstmäßige Anpflanzungen denken,
sondern Urwald mit reichlichem Unterholz. Die Eichenbohlen der sogenannten
Bohlwege, die sicherlich nicht weither geschafft sind, und das erweislich in
alten Gebäuden sehr häufig zu Balken, Ständern und Sparren verwandte
Eichenholz deuten auf ein beträchtliches Borkommen dieser Holzart bis in die
neuere Zeit hin. Auch lassen die sehr zahlreichen Ortsnamen auf der Geest
des Herzogtums, die eine Beziehung zu Holzungen enthalten, ans deren früheres
Vorhandensein schließen. Andrerseits ist freilich von großen Waldbränden, wie
sie während des Dreißigjährigen Krieges im benachbarten Westfalen vorgekommen
sein sollen, in unsern Gegenden nichts mehr bekannt.

Die eigentlichen Heidcböden sind aber an natürlicher Ertragfähigkeit
keineswegs von gleichem Wert, und es ist ein Irrtum, die fehlende Kultur
dieser Bodenflächen allein auf ihre mangelhafte Fruchtbarkeit zu schieben. Zum
Beispiel sind größere Flächen in den Amtsbezirken Vechta und Wildeshausen
durchaus kulturfähiger, fruchtbarer Lehmboden, auf dem ebensogut wie auf
den benachbarten Eschländereien Roggen und Hafer gedeihen würden, wenn er
wie diese bewirtschaftet würde. An manchen Stellen, und zwar teilweise mitten
in der wilden Mark, zeigt auch schon die Oberslächengestaltnng des Bodens
noch die vormalige Abteilung in Ackerbeete, also die frühere Bearbeitung und
Bebauung, mit Sicherheit, und es wird richtig sein, daß, wie es heißt, es den
Seuchen des vierzehnten und des fünfzehnten Jahrhunderts, vor allem aber
den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges zuzuschreiben ist, daß im frühern
Mittelalter schon kultivierter Boden infolge der dezimierten Bevölkerung auch
in unserm Süden später wieder der Verödung verfallen ist.

Große Flächen sind freilich durch die rücksichtslos betricbne Schafweide
verwüstet worden, die namentlich den Waldungen ungeheuern Schaden zugefügt
(vgl. Baumweg, der davon ein anschauliches Bild gibt), die gefürchteten Sand¬
wehen (Melmwehen im Moore) geschaffen und immer wieder offen gehalten,
und vergrößert hat, bis dagegen polizeilich vorgegangen wurde. Weit verderb¬
licher noch hatten aber der seit Jahrhunderten geübte Plaggenhieb und Schollen¬
stich gewirkt und große, verhältnismäßig noch am ersten zur Kultur geeignete
Flächen auf lange Zeit hinaus dafür verdorben. Der Schollenstich, der zur


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[0146] [Abbildung] Ödland und Landeskultur im Herzogtum Oldenburg <Z). Gramberg von(Fortsetzung) > s ist wahrscheinlich, daß auch unsre Heiden, namentlich die bessern Böden, in frühern Jahrhunderten mit Wald bedeckt^waren.f und zwar keineswegs nur mit den anspruchslosen Kiefern und Birken, sondern auch mit Buchen und namentlich mit Eichen. Natürlich Idarf man sich dabei nicht forstmäßige Anpflanzungen denken, sondern Urwald mit reichlichem Unterholz. Die Eichenbohlen der sogenannten Bohlwege, die sicherlich nicht weither geschafft sind, und das erweislich in alten Gebäuden sehr häufig zu Balken, Ständern und Sparren verwandte Eichenholz deuten auf ein beträchtliches Borkommen dieser Holzart bis in die neuere Zeit hin. Auch lassen die sehr zahlreichen Ortsnamen auf der Geest des Herzogtums, die eine Beziehung zu Holzungen enthalten, ans deren früheres Vorhandensein schließen. Andrerseits ist freilich von großen Waldbränden, wie sie während des Dreißigjährigen Krieges im benachbarten Westfalen vorgekommen sein sollen, in unsern Gegenden nichts mehr bekannt. Die eigentlichen Heidcböden sind aber an natürlicher Ertragfähigkeit keineswegs von gleichem Wert, und es ist ein Irrtum, die fehlende Kultur dieser Bodenflächen allein auf ihre mangelhafte Fruchtbarkeit zu schieben. Zum Beispiel sind größere Flächen in den Amtsbezirken Vechta und Wildeshausen durchaus kulturfähiger, fruchtbarer Lehmboden, auf dem ebensogut wie auf den benachbarten Eschländereien Roggen und Hafer gedeihen würden, wenn er wie diese bewirtschaftet würde. An manchen Stellen, und zwar teilweise mitten in der wilden Mark, zeigt auch schon die Oberslächengestaltnng des Bodens noch die vormalige Abteilung in Ackerbeete, also die frühere Bearbeitung und Bebauung, mit Sicherheit, und es wird richtig sein, daß, wie es heißt, es den Seuchen des vierzehnten und des fünfzehnten Jahrhunderts, vor allem aber den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges zuzuschreiben ist, daß im frühern Mittelalter schon kultivierter Boden infolge der dezimierten Bevölkerung auch in unserm Süden später wieder der Verödung verfallen ist. Große Flächen sind freilich durch die rücksichtslos betricbne Schafweide verwüstet worden, die namentlich den Waldungen ungeheuern Schaden zugefügt (vgl. Baumweg, der davon ein anschauliches Bild gibt), die gefürchteten Sand¬ wehen (Melmwehen im Moore) geschaffen und immer wieder offen gehalten, und vergrößert hat, bis dagegen polizeilich vorgegangen wurde. Weit verderb¬ licher noch hatten aber der seit Jahrhunderten geübte Plaggenhieb und Schollen¬ stich gewirkt und große, verhältnismäßig noch am ersten zur Kultur geeignete Flächen auf lange Zeit hinaus dafür verdorben. Der Schollenstich, der zur

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/146>, abgerufen am 27.04.2024.