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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel.

Die Wellenkreise des russisch-japanischen Kriegs haben
--- freilich kaum überraschend -- auch unser deutsches Küstengebiet in Ostasien er¬
reicht. Kaum überraschend, weil von Anfang an mit der Möglichkeit, ja der Wahr¬
scheinlichkeit zu rechnen war, daß ein Teil der in einer Seeschlacht havarierten oder
zersprengten russischen Flotte den neutralen Hafen von Tsintau zu erreichen ver¬
suchen würde. In Berlin war man sehr auf der Hut und der Telegraph hat
zwischen Berlin und Tsintau am Sonnabend und Sonntag recht fleißig gearbeitet.
Durch die Desarmierung in Tsintau bleiben diese Schiffe Rußland wenigstens für
die Zeit nach dem Kriege erhalten.

Wenngleich unsre Neutralität Rußland gegenüber eine wohlwollende ist, und
die deutschen Behörden in Tsintau sicherlich in der von ihnen zu gewährenden
Hilfe an Verwundete und Kranke sowie in etwaigen Leistungen an die russischen
Schiffe bis an die Grenze des Zulässigen gegangen sind, so durften sie andrer¬
seits doch gewisse Grenzen der Neutralität nicht überschreiten, schon um dem durch
verdächtigende Erfindungen englischer Korrespondenten genährten Mißtrauen der
Japaner keinen berechtigten Inhalt zu geben. Bei den eigentümlichen Begriffen
von Völkerrecht und Verpflichtung durch Ehrenwort, die japanische Seeoffiziere
eben in Tschifu bekundet haben, könnten Wir sonst vorzeitig und Wider Willen
mit Japan in einen Konflikt geraten. Die Gefahr eines Weitergreifens des
russisch-japanischen Brandes ist ohnehin so groß, daß die neutralen Mächte nicht
genug auf der Hut sein können, namentlich wenn sie so wenig auf eine solche
Eventualität vorbereitet sind wie Deutschland. Wir werden sehr zufrieden sein
dürfen, wenn sich die Räumung von Shanghai und die leider verfrühte, aber vom
Reichstage fortgesetzt befürwortete Reduktion der ostasiatischen Brigade nicht eines
Tags bitter rächt. Dieser Brigade oder der Garnison von Tsintau Verstärkungen
zuzuführen, dazu würden mindestens acht Wochen Zeit nötig sein. Sowohl dieser
Umstand als die südwestafrikanische Expedition legen es dringend nahe, unser über¬
seeisches Heerwesen, von dem wir doch nicht wieder loskommen, sondern das leicht
noch weit ernstere Ansprüche stellen kann, mehr den tatsächlichen Verhältnissen
anzupassen. Die Idee, daß es verfassungsmäßig unzulässig sei, ohne weiteres for¬
mierte Truppenteile des stehenden Heeres, nach Ausscheidung der Tropenschwachen
und nach ihrer Ergänzung durch geeigneten Ersatz, nach Ostasien oder Afrika zu
senden, hätte gar nicht Wurzel fassen dürfen. Im Gegenteil, diese seltsame Idee
widerspricht ebenso der Verfassung wie dem Fahneneide und dem Zwecke des Heeres:
der Schützer der Interessen des Landes zu sein. Nirgends steht geschrieben, daß
das außerhalb Europas nur Aufgabe der Marine sei. Es ist die Aufgabe der ge¬
samten bewaffneten Macht des Reichs, auch die Marine bezieht ja von Jahr zu
Jahr zunehmend starken Ersatz aus der Landbevölkerung, und die Kommando¬
gewalt des Kaisers ist in dieser Beziehung absolut. Als nach dem Gefecht des
verstorbnen Prinzen Adalbert gegen die Riffpiraten im Jahre 1356 in Berliner
maßgebenden Kreisen erwogen wurde, zwei Jägerbataillone -- die Gardejäger
und das achte Bataillon, die damals die besten Schützen hatten -- an die marok¬
kanische Küste zu entsenden, ist dieser Gedanke ausschließlich an der Friedens¬
liebe des Königs und am Kostenpunkt gescheitert, aber kein Mensch, nicht einmal
eine demokratische Zeitung, ist auf die Idee gekommen, daß die Truppen zu diesem
Dienst nicht verpflichtet seien und der König demnach zu solcher Anordnung nicht
berechtigt sei. Im Gegenteil hatte die Ausführung dieser in Erwägung genommnett
Maßregel gerade auf liberaler und demokratischer Seite die wärmsten Befürwortet
Und was dem Könige von Preußen in dieser Beziehung im Jahre 1856 freistand,
sollte dem deutschen Kaiser im vierunddreißigsten Jahre des geeinten Reichs ver¬
sagt sein? Es muß im Gegenteil dieses Recht des Kaisers mit aller Entschieden¬
heit betont und vertreten werden.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel.

Die Wellenkreise des russisch-japanischen Kriegs haben
-— freilich kaum überraschend — auch unser deutsches Küstengebiet in Ostasien er¬
reicht. Kaum überraschend, weil von Anfang an mit der Möglichkeit, ja der Wahr¬
scheinlichkeit zu rechnen war, daß ein Teil der in einer Seeschlacht havarierten oder
zersprengten russischen Flotte den neutralen Hafen von Tsintau zu erreichen ver¬
suchen würde. In Berlin war man sehr auf der Hut und der Telegraph hat
zwischen Berlin und Tsintau am Sonnabend und Sonntag recht fleißig gearbeitet.
Durch die Desarmierung in Tsintau bleiben diese Schiffe Rußland wenigstens für
die Zeit nach dem Kriege erhalten.

Wenngleich unsre Neutralität Rußland gegenüber eine wohlwollende ist, und
die deutschen Behörden in Tsintau sicherlich in der von ihnen zu gewährenden
Hilfe an Verwundete und Kranke sowie in etwaigen Leistungen an die russischen
Schiffe bis an die Grenze des Zulässigen gegangen sind, so durften sie andrer¬
seits doch gewisse Grenzen der Neutralität nicht überschreiten, schon um dem durch
verdächtigende Erfindungen englischer Korrespondenten genährten Mißtrauen der
Japaner keinen berechtigten Inhalt zu geben. Bei den eigentümlichen Begriffen
von Völkerrecht und Verpflichtung durch Ehrenwort, die japanische Seeoffiziere
eben in Tschifu bekundet haben, könnten Wir sonst vorzeitig und Wider Willen
mit Japan in einen Konflikt geraten. Die Gefahr eines Weitergreifens des
russisch-japanischen Brandes ist ohnehin so groß, daß die neutralen Mächte nicht
genug auf der Hut sein können, namentlich wenn sie so wenig auf eine solche
Eventualität vorbereitet sind wie Deutschland. Wir werden sehr zufrieden sein
dürfen, wenn sich die Räumung von Shanghai und die leider verfrühte, aber vom
Reichstage fortgesetzt befürwortete Reduktion der ostasiatischen Brigade nicht eines
Tags bitter rächt. Dieser Brigade oder der Garnison von Tsintau Verstärkungen
zuzuführen, dazu würden mindestens acht Wochen Zeit nötig sein. Sowohl dieser
Umstand als die südwestafrikanische Expedition legen es dringend nahe, unser über¬
seeisches Heerwesen, von dem wir doch nicht wieder loskommen, sondern das leicht
noch weit ernstere Ansprüche stellen kann, mehr den tatsächlichen Verhältnissen
anzupassen. Die Idee, daß es verfassungsmäßig unzulässig sei, ohne weiteres for¬
mierte Truppenteile des stehenden Heeres, nach Ausscheidung der Tropenschwachen
und nach ihrer Ergänzung durch geeigneten Ersatz, nach Ostasien oder Afrika zu
senden, hätte gar nicht Wurzel fassen dürfen. Im Gegenteil, diese seltsame Idee
widerspricht ebenso der Verfassung wie dem Fahneneide und dem Zwecke des Heeres:
der Schützer der Interessen des Landes zu sein. Nirgends steht geschrieben, daß
das außerhalb Europas nur Aufgabe der Marine sei. Es ist die Aufgabe der ge¬
samten bewaffneten Macht des Reichs, auch die Marine bezieht ja von Jahr zu
Jahr zunehmend starken Ersatz aus der Landbevölkerung, und die Kommando¬
gewalt des Kaisers ist in dieser Beziehung absolut. Als nach dem Gefecht des
verstorbnen Prinzen Adalbert gegen die Riffpiraten im Jahre 1356 in Berliner
maßgebenden Kreisen erwogen wurde, zwei Jägerbataillone — die Gardejäger
und das achte Bataillon, die damals die besten Schützen hatten — an die marok¬
kanische Küste zu entsenden, ist dieser Gedanke ausschließlich an der Friedens¬
liebe des Königs und am Kostenpunkt gescheitert, aber kein Mensch, nicht einmal
eine demokratische Zeitung, ist auf die Idee gekommen, daß die Truppen zu diesem
Dienst nicht verpflichtet seien und der König demnach zu solcher Anordnung nicht
berechtigt sei. Im Gegenteil hatte die Ausführung dieser in Erwägung genommnett
Maßregel gerade auf liberaler und demokratischer Seite die wärmsten Befürwortet
Und was dem Könige von Preußen in dieser Beziehung im Jahre 1856 freistand,
sollte dem deutschen Kaiser im vierunddreißigsten Jahre des geeinten Reichs ver¬
sagt sein? Es muß im Gegenteil dieses Recht des Kaisers mit aller Entschieden¬
heit betont und vertreten werden.


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[0430] Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel. Die Wellenkreise des russisch-japanischen Kriegs haben -— freilich kaum überraschend — auch unser deutsches Küstengebiet in Ostasien er¬ reicht. Kaum überraschend, weil von Anfang an mit der Möglichkeit, ja der Wahr¬ scheinlichkeit zu rechnen war, daß ein Teil der in einer Seeschlacht havarierten oder zersprengten russischen Flotte den neutralen Hafen von Tsintau zu erreichen ver¬ suchen würde. In Berlin war man sehr auf der Hut und der Telegraph hat zwischen Berlin und Tsintau am Sonnabend und Sonntag recht fleißig gearbeitet. Durch die Desarmierung in Tsintau bleiben diese Schiffe Rußland wenigstens für die Zeit nach dem Kriege erhalten. Wenngleich unsre Neutralität Rußland gegenüber eine wohlwollende ist, und die deutschen Behörden in Tsintau sicherlich in der von ihnen zu gewährenden Hilfe an Verwundete und Kranke sowie in etwaigen Leistungen an die russischen Schiffe bis an die Grenze des Zulässigen gegangen sind, so durften sie andrer¬ seits doch gewisse Grenzen der Neutralität nicht überschreiten, schon um dem durch verdächtigende Erfindungen englischer Korrespondenten genährten Mißtrauen der Japaner keinen berechtigten Inhalt zu geben. Bei den eigentümlichen Begriffen von Völkerrecht und Verpflichtung durch Ehrenwort, die japanische Seeoffiziere eben in Tschifu bekundet haben, könnten Wir sonst vorzeitig und Wider Willen mit Japan in einen Konflikt geraten. Die Gefahr eines Weitergreifens des russisch-japanischen Brandes ist ohnehin so groß, daß die neutralen Mächte nicht genug auf der Hut sein können, namentlich wenn sie so wenig auf eine solche Eventualität vorbereitet sind wie Deutschland. Wir werden sehr zufrieden sein dürfen, wenn sich die Räumung von Shanghai und die leider verfrühte, aber vom Reichstage fortgesetzt befürwortete Reduktion der ostasiatischen Brigade nicht eines Tags bitter rächt. Dieser Brigade oder der Garnison von Tsintau Verstärkungen zuzuführen, dazu würden mindestens acht Wochen Zeit nötig sein. Sowohl dieser Umstand als die südwestafrikanische Expedition legen es dringend nahe, unser über¬ seeisches Heerwesen, von dem wir doch nicht wieder loskommen, sondern das leicht noch weit ernstere Ansprüche stellen kann, mehr den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen. Die Idee, daß es verfassungsmäßig unzulässig sei, ohne weiteres for¬ mierte Truppenteile des stehenden Heeres, nach Ausscheidung der Tropenschwachen und nach ihrer Ergänzung durch geeigneten Ersatz, nach Ostasien oder Afrika zu senden, hätte gar nicht Wurzel fassen dürfen. Im Gegenteil, diese seltsame Idee widerspricht ebenso der Verfassung wie dem Fahneneide und dem Zwecke des Heeres: der Schützer der Interessen des Landes zu sein. Nirgends steht geschrieben, daß das außerhalb Europas nur Aufgabe der Marine sei. Es ist die Aufgabe der ge¬ samten bewaffneten Macht des Reichs, auch die Marine bezieht ja von Jahr zu Jahr zunehmend starken Ersatz aus der Landbevölkerung, und die Kommando¬ gewalt des Kaisers ist in dieser Beziehung absolut. Als nach dem Gefecht des verstorbnen Prinzen Adalbert gegen die Riffpiraten im Jahre 1356 in Berliner maßgebenden Kreisen erwogen wurde, zwei Jägerbataillone — die Gardejäger und das achte Bataillon, die damals die besten Schützen hatten — an die marok¬ kanische Küste zu entsenden, ist dieser Gedanke ausschließlich an der Friedens¬ liebe des Königs und am Kostenpunkt gescheitert, aber kein Mensch, nicht einmal eine demokratische Zeitung, ist auf die Idee gekommen, daß die Truppen zu diesem Dienst nicht verpflichtet seien und der König demnach zu solcher Anordnung nicht berechtigt sei. Im Gegenteil hatte die Ausführung dieser in Erwägung genommnett Maßregel gerade auf liberaler und demokratischer Seite die wärmsten Befürwortet Und was dem Könige von Preußen in dieser Beziehung im Jahre 1856 freistand, sollte dem deutschen Kaiser im vierunddreißigsten Jahre des geeinten Reichs ver¬ sagt sein? Es muß im Gegenteil dieses Recht des Kaisers mit aller Entschieden¬ heit betont und vertreten werden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/430>, abgerufen am 27.04.2024.