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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

irischen Schlage getroffen zu sein. Man jubelt, und aus den Fenstern ruft man
sich zu: Wissen Sie nicht, was heute gespielt wird?" Professoren und Studenten
und wer sonst irgend Zeit und Geld hatte, zogen dann zu Fuß, zu Pferde oder
zu Wagen hinaus nach dem Landstädtchen Lauchstedt und dessen Musentempel.
Jeder einzelne Stein davon, sollte man meinen, predigt Denkmalschutz und Denkmal¬
pflege! In zwei Ministerien ist man über die Wichtigkeit der Denkmäler einig,
und trotzdem sollte es möglich sein, daß vielleicht ein drittes Ministerium die
Niederlegung der Lauchstedter Anlagen beschließt, nur weil sie nichts mehr ein¬
bringen? Wie viel höhere Summen werden oft von Staats wegen für ein einziges
Bild ausgegeben, und hier handelt es sich um ein lebendiges Bild, das uns in
die Zeiten unsrer besten Dichter zurückversetzt, wenn wir im Schatten derselben
Bäume wandeln, die jenen schon Erholung und Erfrischung gespendet haben!
"Schillers Ankunft -- sagt Gemahl in seiner Lebensbeschreibung -- erweckte ein
großes Interesse bei den versammelten Badegästen, denn alt und jung schwärmte
noch weit mehr für ihn als für Goethe. Aber wie anders bewegte sich Schiller
in der Gesellschaft Goethe gegenüber! Die bunte Menge beängstigte ihn förmlich,
und Ehrenbezeugungen, die Goethe als etwas selbstverständliches aufnahm, wurden
ihm unheimlich und machten ihn schüchtern. Darum suchte er zunächst die einsamen
Wege auf, um den ewigen Begrüßungen zu entgehn. Er ging gewöhnlich gebeugten
Haupts durch die Massen, jedem, der ihn grüßte, freundlich dankend. Wie ganz
anders war Goethe unter diesem Publikum einhergeschritten, stolz wie ein König
mit hocherhobnem Haupte, dasselbe bei einem Gruße nur gnädig neigend."

So sehen wir noch heute nach einem Jahrhundert im Geiste die beiden
Großen mit ihrem verschieden gearteten Charakter in den Lauchstedter Anlagen
mitten unter den Badegästen einherwandeln. Als dann Schiller 1805 gestorben
war, veranstaltete ihm Goethe am 12. August in Lauchstedt eine Totenfeier. Das
Lied von der Glocke wurde vom gesamten Personal der weimarischen Hofschau¬
spielergesellschaft dargestellt, dann der schöne Epilog von der Becker gesprochen; die
Zuschauer waren so hingerissen, daß die Vorstellung am 19. wiederholt werden
mußte. In den nächsten Jahren, die noch dazu Kriegsjahre waren, wurde es
stiller in Lauchstedt, und wenn auch jetzt das dortige Badeleben fast ganz ver¬
schwunden ist, so bleibe" die Stätten doch ein Heiligtum des deutschen Volks und
sollten nicht angetastet und entweiht werden. Das Volk weiß solche Stätten sehr
wohl zu würdigen, das sehen wir augenblicklich am besten an dem Kampfe um die
R. Arieg Ruinen des Heidelberger Schlosses.


Ein altes Medikament.

Zu deu einst bekannten, dann vergessenen, aber
wieder entdeckte" Heilmitteln gehört auch die salbenartige Substanz, die unter dem
Namen Lanolin heute in jeder Apotheke zu habe" ist. Nach Angabe des Brock-
hausschen Konversationslexikons ist dieses aus Wollfell, wie schon der Name sagt,
hergestellte Präparat erst von Liebreich in die Medizin eingeführt worden. Aber
schon im Altertum gehörte es zu den beliebtesten Heilmitteln. Man nannte es
vt<7v?rog oder ale^roy, auch wohl otsvn^, was im Lateinischen durch och^xus
oder vo^pun wiedergegeben wurde. Das bedeutete ursprünglich den Kot der
Schafe, dann die schmutzige Wolle dieser Tiere, endlich das daraus bereitete Fett.
Über die Art der Herstellung hat Dioskurides, der etwa zur Zeit Neros die
erste mawrig, msäies. verfaßt hat, ausführlich berichtet, und nach ihm Plinius in
seiner Naturgeschichte. Man hatte verschiedne Methoden der Zubereitung. Als die
beste gibt Plinius folgende an: Man tat die frischgeschorne Wolle in ein mit
Wasser gefülltes ehernes Gefäß und erhitzte die Masse bei gelindem Feuer, kühlte
sie darauf ab und sammelte das schwimmende Fett in einem irdenen Gefäß. Das
wiederholte man noch ein oder zweimal. Das abgeschöpfte Fett wurde dann ge¬
hörig ausgewässert, durch ein Tuch geseiht und so lange der Sonne ausgesetzt, bis
es weiß und durchsichtig war. Diese Substanz, die am meisten geschätzt wurde,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

irischen Schlage getroffen zu sein. Man jubelt, und aus den Fenstern ruft man
sich zu: Wissen Sie nicht, was heute gespielt wird?" Professoren und Studenten
und wer sonst irgend Zeit und Geld hatte, zogen dann zu Fuß, zu Pferde oder
zu Wagen hinaus nach dem Landstädtchen Lauchstedt und dessen Musentempel.
Jeder einzelne Stein davon, sollte man meinen, predigt Denkmalschutz und Denkmal¬
pflege! In zwei Ministerien ist man über die Wichtigkeit der Denkmäler einig,
und trotzdem sollte es möglich sein, daß vielleicht ein drittes Ministerium die
Niederlegung der Lauchstedter Anlagen beschließt, nur weil sie nichts mehr ein¬
bringen? Wie viel höhere Summen werden oft von Staats wegen für ein einziges
Bild ausgegeben, und hier handelt es sich um ein lebendiges Bild, das uns in
die Zeiten unsrer besten Dichter zurückversetzt, wenn wir im Schatten derselben
Bäume wandeln, die jenen schon Erholung und Erfrischung gespendet haben!
„Schillers Ankunft — sagt Gemahl in seiner Lebensbeschreibung — erweckte ein
großes Interesse bei den versammelten Badegästen, denn alt und jung schwärmte
noch weit mehr für ihn als für Goethe. Aber wie anders bewegte sich Schiller
in der Gesellschaft Goethe gegenüber! Die bunte Menge beängstigte ihn förmlich,
und Ehrenbezeugungen, die Goethe als etwas selbstverständliches aufnahm, wurden
ihm unheimlich und machten ihn schüchtern. Darum suchte er zunächst die einsamen
Wege auf, um den ewigen Begrüßungen zu entgehn. Er ging gewöhnlich gebeugten
Haupts durch die Massen, jedem, der ihn grüßte, freundlich dankend. Wie ganz
anders war Goethe unter diesem Publikum einhergeschritten, stolz wie ein König
mit hocherhobnem Haupte, dasselbe bei einem Gruße nur gnädig neigend."

So sehen wir noch heute nach einem Jahrhundert im Geiste die beiden
Großen mit ihrem verschieden gearteten Charakter in den Lauchstedter Anlagen
mitten unter den Badegästen einherwandeln. Als dann Schiller 1805 gestorben
war, veranstaltete ihm Goethe am 12. August in Lauchstedt eine Totenfeier. Das
Lied von der Glocke wurde vom gesamten Personal der weimarischen Hofschau¬
spielergesellschaft dargestellt, dann der schöne Epilog von der Becker gesprochen; die
Zuschauer waren so hingerissen, daß die Vorstellung am 19. wiederholt werden
mußte. In den nächsten Jahren, die noch dazu Kriegsjahre waren, wurde es
stiller in Lauchstedt, und wenn auch jetzt das dortige Badeleben fast ganz ver¬
schwunden ist, so bleibe» die Stätten doch ein Heiligtum des deutschen Volks und
sollten nicht angetastet und entweiht werden. Das Volk weiß solche Stätten sehr
wohl zu würdigen, das sehen wir augenblicklich am besten an dem Kampfe um die
R. Arieg Ruinen des Heidelberger Schlosses.


Ein altes Medikament.

Zu deu einst bekannten, dann vergessenen, aber
wieder entdeckte» Heilmitteln gehört auch die salbenartige Substanz, die unter dem
Namen Lanolin heute in jeder Apotheke zu habe» ist. Nach Angabe des Brock-
hausschen Konversationslexikons ist dieses aus Wollfell, wie schon der Name sagt,
hergestellte Präparat erst von Liebreich in die Medizin eingeführt worden. Aber
schon im Altertum gehörte es zu den beliebtesten Heilmitteln. Man nannte es
vt<7v?rog oder ale^roy, auch wohl otsvn^, was im Lateinischen durch och^xus
oder vo^pun wiedergegeben wurde. Das bedeutete ursprünglich den Kot der
Schafe, dann die schmutzige Wolle dieser Tiere, endlich das daraus bereitete Fett.
Über die Art der Herstellung hat Dioskurides, der etwa zur Zeit Neros die
erste mawrig, msäies. verfaßt hat, ausführlich berichtet, und nach ihm Plinius in
seiner Naturgeschichte. Man hatte verschiedne Methoden der Zubereitung. Als die
beste gibt Plinius folgende an: Man tat die frischgeschorne Wolle in ein mit
Wasser gefülltes ehernes Gefäß und erhitzte die Masse bei gelindem Feuer, kühlte
sie darauf ab und sammelte das schwimmende Fett in einem irdenen Gefäß. Das
wiederholte man noch ein oder zweimal. Das abgeschöpfte Fett wurde dann ge¬
hörig ausgewässert, durch ein Tuch geseiht und so lange der Sonne ausgesetzt, bis
es weiß und durchsichtig war. Diese Substanz, die am meisten geschätzt wurde,


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[0495] Maßgebliches und Unmaßgebliches irischen Schlage getroffen zu sein. Man jubelt, und aus den Fenstern ruft man sich zu: Wissen Sie nicht, was heute gespielt wird?" Professoren und Studenten und wer sonst irgend Zeit und Geld hatte, zogen dann zu Fuß, zu Pferde oder zu Wagen hinaus nach dem Landstädtchen Lauchstedt und dessen Musentempel. Jeder einzelne Stein davon, sollte man meinen, predigt Denkmalschutz und Denkmal¬ pflege! In zwei Ministerien ist man über die Wichtigkeit der Denkmäler einig, und trotzdem sollte es möglich sein, daß vielleicht ein drittes Ministerium die Niederlegung der Lauchstedter Anlagen beschließt, nur weil sie nichts mehr ein¬ bringen? Wie viel höhere Summen werden oft von Staats wegen für ein einziges Bild ausgegeben, und hier handelt es sich um ein lebendiges Bild, das uns in die Zeiten unsrer besten Dichter zurückversetzt, wenn wir im Schatten derselben Bäume wandeln, die jenen schon Erholung und Erfrischung gespendet haben! „Schillers Ankunft — sagt Gemahl in seiner Lebensbeschreibung — erweckte ein großes Interesse bei den versammelten Badegästen, denn alt und jung schwärmte noch weit mehr für ihn als für Goethe. Aber wie anders bewegte sich Schiller in der Gesellschaft Goethe gegenüber! Die bunte Menge beängstigte ihn förmlich, und Ehrenbezeugungen, die Goethe als etwas selbstverständliches aufnahm, wurden ihm unheimlich und machten ihn schüchtern. Darum suchte er zunächst die einsamen Wege auf, um den ewigen Begrüßungen zu entgehn. Er ging gewöhnlich gebeugten Haupts durch die Massen, jedem, der ihn grüßte, freundlich dankend. Wie ganz anders war Goethe unter diesem Publikum einhergeschritten, stolz wie ein König mit hocherhobnem Haupte, dasselbe bei einem Gruße nur gnädig neigend." So sehen wir noch heute nach einem Jahrhundert im Geiste die beiden Großen mit ihrem verschieden gearteten Charakter in den Lauchstedter Anlagen mitten unter den Badegästen einherwandeln. Als dann Schiller 1805 gestorben war, veranstaltete ihm Goethe am 12. August in Lauchstedt eine Totenfeier. Das Lied von der Glocke wurde vom gesamten Personal der weimarischen Hofschau¬ spielergesellschaft dargestellt, dann der schöne Epilog von der Becker gesprochen; die Zuschauer waren so hingerissen, daß die Vorstellung am 19. wiederholt werden mußte. In den nächsten Jahren, die noch dazu Kriegsjahre waren, wurde es stiller in Lauchstedt, und wenn auch jetzt das dortige Badeleben fast ganz ver¬ schwunden ist, so bleibe» die Stätten doch ein Heiligtum des deutschen Volks und sollten nicht angetastet und entweiht werden. Das Volk weiß solche Stätten sehr wohl zu würdigen, das sehen wir augenblicklich am besten an dem Kampfe um die R. Arieg Ruinen des Heidelberger Schlosses. Ein altes Medikament. Zu deu einst bekannten, dann vergessenen, aber wieder entdeckte» Heilmitteln gehört auch die salbenartige Substanz, die unter dem Namen Lanolin heute in jeder Apotheke zu habe» ist. Nach Angabe des Brock- hausschen Konversationslexikons ist dieses aus Wollfell, wie schon der Name sagt, hergestellte Präparat erst von Liebreich in die Medizin eingeführt worden. Aber schon im Altertum gehörte es zu den beliebtesten Heilmitteln. Man nannte es vt<7v?rog oder ale^roy, auch wohl otsvn^, was im Lateinischen durch och^xus oder vo^pun wiedergegeben wurde. Das bedeutete ursprünglich den Kot der Schafe, dann die schmutzige Wolle dieser Tiere, endlich das daraus bereitete Fett. Über die Art der Herstellung hat Dioskurides, der etwa zur Zeit Neros die erste mawrig, msäies. verfaßt hat, ausführlich berichtet, und nach ihm Plinius in seiner Naturgeschichte. Man hatte verschiedne Methoden der Zubereitung. Als die beste gibt Plinius folgende an: Man tat die frischgeschorne Wolle in ein mit Wasser gefülltes ehernes Gefäß und erhitzte die Masse bei gelindem Feuer, kühlte sie darauf ab und sammelte das schwimmende Fett in einem irdenen Gefäß. Das wiederholte man noch ein oder zweimal. Das abgeschöpfte Fett wurde dann ge¬ hörig ausgewässert, durch ein Tuch geseiht und so lange der Sonne ausgesetzt, bis es weiß und durchsichtig war. Diese Substanz, die am meisten geschätzt wurde,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/495>, abgerufen am 27.04.2024.