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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches mit Unmaßgebliches

traditivu, und wenn Sie sagen: heirate sie, so ist das ungefähr so, wie wenn Sie
vom Papst verlangen wollten, er solle sich mit dem Gegeupnpst Verbunden.

Doch nicht, denn der Gegenpapst ist Herr seines Willens, und Ihre Cousine
ist das nicht Setzen wir mich für einen Augenblick an ihre Stelle, mich, die
einzige Legitimistin in Sampaolo, sagte sie lächelnd. Was könnte ich tun? Ich
bin im Besitze der gestohlnen Güter. Ich möchte sie, wenn ich könnte, ihrem recht¬
mäßigen Besitzer zurückgeben. Aber das kann ich nicht, denn ich habe nnr die
Nutznießung. Ich kann sie nicht verkaufen, nicht verschenken, noch bei meinem Tode
testamentarisch über sie verfügen. Nach mir fallen sie dem nächsten Anwärter zu.
So bleibt mir, wenn ich sie dem rechtmäßigen Besitzer wieder zustellen will, nichts
andres übrig, 'als ihn zu bewegen, mich zum Weibe zu nehmen.

Wiederum lächelte sie heiter und siegesgewiß wie jemand, der seine Sache gut
begründet hat.

Ach. rief Anthony ungestüm, wenn Sie es wäre", läge die Sache in^ders.

Für Ihre Cousine gibt es keinen andern Ausweg. Zufällig sind Sie von
der Valdeschischen Seite ihr nächster Verwandter und werden also, falls sie acht
heiratet und Kinder bekommt, ihr Erbe sein. Würde sie in ein Kloster gehn und
das Gelübde der Ehelosigkeit und Armut ablege", dann konnte die Nutzmeßuug
ihres Vermögens auf ihren mutmaßlichen Erben übertragen werden, dem die Be¬
sitzungen nach ihre", Tode ja doch zufallen. , . , " , ,

Wir .vollen der jungen Dame kein so trauriges Schicksal wünschen agte
Anthony lachend. Übrigens wird sie ja anch zu ihrem Glück nicht von solchen
Bedenken gequält.

Wie können Sie das wissen? . ^

-cr
Das können wir als erwiesen annehmen! Übrigens haben Sie es eben selbst
gesagt.

Ich hätte es Ihnen selbst gesagt? fragte sie erstaunt.

Sie haben mir erzählt, es sei nur eine einzige Legitimistin in SamPavlo.
Würde meine Cousine von Ihren Bedenken gequält, so wäre sie ja die zweite,
und können Sie sich auf der ganzen Insel eine unwahrscheinlichere zweite vor¬
stellen?

Man sagt. Königin Anna sei im Grund ihres Herzens Jakobincrin gewesen
erinnerte ihn Susanna Ihre Cousine ist noch arg. Man könnte ihr den Fall
vortragen nud ihr ius Gewissen rede". Wäre das einmal geweckt, und Sie trugen
ihr nicht Ihre Hand an, so bliebe ihr gar nichts andres übrig, als zu verzichten
"ut ins Kloster zu gehn. ^ .

-r
Hoffen wir also, daß ihr Gewissen behaglich weiter schlafe, denn sogar um
sie vor dem Kloster zu retten, könnte ich sie nicht heiraten.

(Fortsetzung folgt)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel

^v^lniskirckc ist noch fortgesetzt Gegen-
^ Die Einweihungsfeier der Speyre^ ^es evangelischenstand lebhafter Erörterungen. Die Few par ^ ^ .rnngsfrohen Klang innigerGewissens berührt und ihnen "w"che Um o g " ^le StimmenUberzeuguuqs- und Gla.benstreue entlockt. Dcmeven


Maßgebliches mit Unmaßgebliches

traditivu, und wenn Sie sagen: heirate sie, so ist das ungefähr so, wie wenn Sie
vom Papst verlangen wollten, er solle sich mit dem Gegeupnpst Verbunden.

Doch nicht, denn der Gegenpapst ist Herr seines Willens, und Ihre Cousine
ist das nicht Setzen wir mich für einen Augenblick an ihre Stelle, mich, die
einzige Legitimistin in Sampaolo, sagte sie lächelnd. Was könnte ich tun? Ich
bin im Besitze der gestohlnen Güter. Ich möchte sie, wenn ich könnte, ihrem recht¬
mäßigen Besitzer zurückgeben. Aber das kann ich nicht, denn ich habe nnr die
Nutznießung. Ich kann sie nicht verkaufen, nicht verschenken, noch bei meinem Tode
testamentarisch über sie verfügen. Nach mir fallen sie dem nächsten Anwärter zu.
So bleibt mir, wenn ich sie dem rechtmäßigen Besitzer wieder zustellen will, nichts
andres übrig, 'als ihn zu bewegen, mich zum Weibe zu nehmen.

Wiederum lächelte sie heiter und siegesgewiß wie jemand, der seine Sache gut
begründet hat.

Ach. rief Anthony ungestüm, wenn Sie es wäre», läge die Sache in^ders.

Für Ihre Cousine gibt es keinen andern Ausweg. Zufällig sind Sie von
der Valdeschischen Seite ihr nächster Verwandter und werden also, falls sie acht
heiratet und Kinder bekommt, ihr Erbe sein. Würde sie in ein Kloster gehn und
das Gelübde der Ehelosigkeit und Armut ablege», dann konnte die Nutzmeßuug
ihres Vermögens auf ihren mutmaßlichen Erben übertragen werden, dem die Be¬
sitzungen nach ihre», Tode ja doch zufallen. , . , „ , ,

Wir .vollen der jungen Dame kein so trauriges Schicksal wünschen agte
Anthony lachend. Übrigens wird sie ja anch zu ihrem Glück nicht von solchen
Bedenken gequält.

Wie können Sie das wissen? . ^

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Das können wir als erwiesen annehmen! Übrigens haben Sie es eben selbst
gesagt.

Ich hätte es Ihnen selbst gesagt? fragte sie erstaunt.

Sie haben mir erzählt, es sei nur eine einzige Legitimistin in SamPavlo.
Würde meine Cousine von Ihren Bedenken gequält, so wäre sie ja die zweite,
und können Sie sich auf der ganzen Insel eine unwahrscheinlichere zweite vor¬
stellen?

Man sagt. Königin Anna sei im Grund ihres Herzens Jakobincrin gewesen
erinnerte ihn Susanna Ihre Cousine ist noch arg. Man könnte ihr den Fall
vortragen nud ihr ius Gewissen rede». Wäre das einmal geweckt, und Sie trugen
ihr nicht Ihre Hand an, so bliebe ihr gar nichts andres übrig, als zu verzichten
"ut ins Kloster zu gehn. ^ .

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Hoffen wir also, daß ihr Gewissen behaglich weiter schlafe, denn sogar um
sie vor dem Kloster zu retten, könnte ich sie nicht heiraten.

(Fortsetzung folgt)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel

^v^lniskirckc ist noch fortgesetzt Gegen-
^ Die Einweihungsfeier der Speyre^ ^es evangelischenstand lebhafter Erörterungen. Die Few par ^ ^ .rnngsfrohen Klang innigerGewissens berührt und ihnen "w"che Um o g » ^le StimmenUberzeuguuqs- und Gla.benstreue entlockt. Dcmeven


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[0611] Maßgebliches mit Unmaßgebliches traditivu, und wenn Sie sagen: heirate sie, so ist das ungefähr so, wie wenn Sie vom Papst verlangen wollten, er solle sich mit dem Gegeupnpst Verbunden. Doch nicht, denn der Gegenpapst ist Herr seines Willens, und Ihre Cousine ist das nicht Setzen wir mich für einen Augenblick an ihre Stelle, mich, die einzige Legitimistin in Sampaolo, sagte sie lächelnd. Was könnte ich tun? Ich bin im Besitze der gestohlnen Güter. Ich möchte sie, wenn ich könnte, ihrem recht¬ mäßigen Besitzer zurückgeben. Aber das kann ich nicht, denn ich habe nnr die Nutznießung. Ich kann sie nicht verkaufen, nicht verschenken, noch bei meinem Tode testamentarisch über sie verfügen. Nach mir fallen sie dem nächsten Anwärter zu. So bleibt mir, wenn ich sie dem rechtmäßigen Besitzer wieder zustellen will, nichts andres übrig, 'als ihn zu bewegen, mich zum Weibe zu nehmen. Wiederum lächelte sie heiter und siegesgewiß wie jemand, der seine Sache gut begründet hat. Ach. rief Anthony ungestüm, wenn Sie es wäre», läge die Sache in^ders. Für Ihre Cousine gibt es keinen andern Ausweg. Zufällig sind Sie von der Valdeschischen Seite ihr nächster Verwandter und werden also, falls sie acht heiratet und Kinder bekommt, ihr Erbe sein. Würde sie in ein Kloster gehn und das Gelübde der Ehelosigkeit und Armut ablege», dann konnte die Nutzmeßuug ihres Vermögens auf ihren mutmaßlichen Erben übertragen werden, dem die Be¬ sitzungen nach ihre», Tode ja doch zufallen. , . , „ , , Wir .vollen der jungen Dame kein so trauriges Schicksal wünschen agte Anthony lachend. Übrigens wird sie ja anch zu ihrem Glück nicht von solchen Bedenken gequält. Wie können Sie das wissen? . ^ -cr Das können wir als erwiesen annehmen! Übrigens haben Sie es eben selbst gesagt. Ich hätte es Ihnen selbst gesagt? fragte sie erstaunt. Sie haben mir erzählt, es sei nur eine einzige Legitimistin in SamPavlo. Würde meine Cousine von Ihren Bedenken gequält, so wäre sie ja die zweite, und können Sie sich auf der ganzen Insel eine unwahrscheinlichere zweite vor¬ stellen? Man sagt. Königin Anna sei im Grund ihres Herzens Jakobincrin gewesen erinnerte ihn Susanna Ihre Cousine ist noch arg. Man könnte ihr den Fall vortragen nud ihr ius Gewissen rede». Wäre das einmal geweckt, und Sie trugen ihr nicht Ihre Hand an, so bliebe ihr gar nichts andres übrig, als zu verzichten "ut ins Kloster zu gehn. ^ . -r Hoffen wir also, daß ihr Gewissen behaglich weiter schlafe, denn sogar um sie vor dem Kloster zu retten, könnte ich sie nicht heiraten. (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel ^v^lniskirckc ist noch fortgesetzt Gegen- ^ Die Einweihungsfeier der Speyre^ ^es evangelischenstand lebhafter Erörterungen. Die Few par ^ ^ .rnngsfrohen Klang innigerGewissens berührt und ihnen "w"che Um o g » ^le StimmenUberzeuguuqs- und Gla.benstreue entlockt. Dcmeven

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/611>, abgerufen am 27.04.2024.