Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Die Stellung unsrer Sanitätsoffiziere
T>, von Gersdorff von Generalmajor z.

lachst dem Fortschritt der Wissenschaft hatten die blutigen Er¬
fahrungen auf den Schlachtfeldern der Kriegsperiode von 1364
bis 1870/71 eine Reorganisation des Scmitütskorps nötig gemacht.
So wurden denn dessen Verhältnisse durch die Allerhöchste Ver-
lordnnng vom 6. Februar 1873 neu geregelt. Seitdem rangiert
das deutsche Sanitätsoffizicrkorps neben dein Offizierkorps. Hiermit ist die
Gleichberechtigung der Sanitntsoffiziere mit den übrigen Offizieren des Heeres
sanktioniert; trotzdem ist die Gleichstellung der Sanitätsoffiziere noch nicht in
allen Stücken erreicht. Sie stehn, was ihre ökonomischen Verhältnisse und ihre
Dienststellung anlangt, ihren Kameraden von der Waffe noch immer nach.

Die ökonomischen Verhältnisse der Sanitätsoffiziere sind zwar seit dem
Erlaß dieser Allerhöchsten Verordnung vom 6. Februar 1873 wesentlich auf¬
gebessert worden. So erhält ein Teil der Stabsärzte den Gehalt für Haupt-
leute erster Klasse, und die Negimentsärzte beziehn meist den Gehalt eines
Majors. Aber ein großer Teil ist immer noch den Offizieren gegenüber im
Nachteil, und bei der jüngst erfolgten Erhöhung der Gebührnisse der Oberst¬
leutnants der Fußtruppen sind die ihnen im Range gleichstehenden General¬
oberärzte, die als Divisionsärzte wirken, wiederum zu kurz gekommen.

In der Reichstagsitzung vom 11. März dieses Jahres wurde dieses Mi߬
verhältnis dnrch den Abgeordneten Dr. Becker (Hessen) zur Sprache gebracht,
der sich am Schluß dahin äußerte, es müsse eine solche Zurückstellung der
Sanitätsoffiziere bei diesen den unerwünschten Eindruck aufkommen lassen, daß
sie gewissermaßen als Offiziere zweiter Klasse angesehen und hiernach behandelt
würden. Die Sanitätsoffiziere müßten im Rang und im Gehalt den aktiven
Offizieren gleichgestellt werden.

Bei dem hohen Interesse, das alle Kreise um der Gewinnung der besten
Ärzte für die Armee nehmen müssen, kann man sich der Forderung des Ab¬
geordneten Becker nur anschließen. Man bringe hiergegen nicht vor, der
Sanitätsoffizier sei auf seine Privatpraxis neben seinen Gehaltsansprüchen an>
gewiesen. Nur wenig Sanitätsoffizieren ist es zurzeit möglich, sich eine private
Praxis zu schaffen. Hieran hindern sie meist die starke Beschäftigung im Dienst,
vielfache und länger andauernde Abwesenheit ans der Garnison und die häufigen
Versetzungen.

Wie gegenwärtig die Gehaltsverhältnisse unsrer Sanitätsoffiziere gegenüber
denen der übrigen Offiziere beschaffen sind, geht aus folgendem hervor: Das
preußische Sanitütsoffizierkorps hat nach dem Etat eine Generalleutnant- oder
Generalmajorstelle. 13 Oberststellen. 37 Oberstleutnantstellen, 335 Majorstellen.




Die Stellung unsrer Sanitätsoffiziere
T>, von Gersdorff von Generalmajor z.

lachst dem Fortschritt der Wissenschaft hatten die blutigen Er¬
fahrungen auf den Schlachtfeldern der Kriegsperiode von 1364
bis 1870/71 eine Reorganisation des Scmitütskorps nötig gemacht.
So wurden denn dessen Verhältnisse durch die Allerhöchste Ver-
lordnnng vom 6. Februar 1873 neu geregelt. Seitdem rangiert
das deutsche Sanitätsoffizicrkorps neben dein Offizierkorps. Hiermit ist die
Gleichberechtigung der Sanitntsoffiziere mit den übrigen Offizieren des Heeres
sanktioniert; trotzdem ist die Gleichstellung der Sanitätsoffiziere noch nicht in
allen Stücken erreicht. Sie stehn, was ihre ökonomischen Verhältnisse und ihre
Dienststellung anlangt, ihren Kameraden von der Waffe noch immer nach.

Die ökonomischen Verhältnisse der Sanitätsoffiziere sind zwar seit dem
Erlaß dieser Allerhöchsten Verordnung vom 6. Februar 1873 wesentlich auf¬
gebessert worden. So erhält ein Teil der Stabsärzte den Gehalt für Haupt-
leute erster Klasse, und die Negimentsärzte beziehn meist den Gehalt eines
Majors. Aber ein großer Teil ist immer noch den Offizieren gegenüber im
Nachteil, und bei der jüngst erfolgten Erhöhung der Gebührnisse der Oberst¬
leutnants der Fußtruppen sind die ihnen im Range gleichstehenden General¬
oberärzte, die als Divisionsärzte wirken, wiederum zu kurz gekommen.

In der Reichstagsitzung vom 11. März dieses Jahres wurde dieses Mi߬
verhältnis dnrch den Abgeordneten Dr. Becker (Hessen) zur Sprache gebracht,
der sich am Schluß dahin äußerte, es müsse eine solche Zurückstellung der
Sanitätsoffiziere bei diesen den unerwünschten Eindruck aufkommen lassen, daß
sie gewissermaßen als Offiziere zweiter Klasse angesehen und hiernach behandelt
würden. Die Sanitätsoffiziere müßten im Rang und im Gehalt den aktiven
Offizieren gleichgestellt werden.

Bei dem hohen Interesse, das alle Kreise um der Gewinnung der besten
Ärzte für die Armee nehmen müssen, kann man sich der Forderung des Ab¬
geordneten Becker nur anschließen. Man bringe hiergegen nicht vor, der
Sanitätsoffizier sei auf seine Privatpraxis neben seinen Gehaltsansprüchen an>
gewiesen. Nur wenig Sanitätsoffizieren ist es zurzeit möglich, sich eine private
Praxis zu schaffen. Hieran hindern sie meist die starke Beschäftigung im Dienst,
vielfache und länger andauernde Abwesenheit ans der Garnison und die häufigen
Versetzungen.

Wie gegenwärtig die Gehaltsverhältnisse unsrer Sanitätsoffiziere gegenüber
denen der übrigen Offiziere beschaffen sind, geht aus folgendem hervor: Das
preußische Sanitütsoffizierkorps hat nach dem Etat eine Generalleutnant- oder
Generalmajorstelle. 13 Oberststellen. 37 Oberstleutnantstellen, 335 Majorstellen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0217" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/295436"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341879_295218/figures/grenzboten_341879_295218_295436_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Stellung unsrer Sanitätsoffiziere<lb/><note type="byline"> T&gt;, von Gersdorff</note> von Generalmajor z. </head><lb/>
          <p xml:id="ID_967"> lachst dem Fortschritt der Wissenschaft hatten die blutigen Er¬<lb/>
fahrungen auf den Schlachtfeldern der Kriegsperiode von 1364<lb/>
bis 1870/71 eine Reorganisation des Scmitütskorps nötig gemacht.<lb/>
So wurden denn dessen Verhältnisse durch die Allerhöchste Ver-<lb/>
lordnnng vom 6. Februar 1873 neu geregelt. Seitdem rangiert<lb/>
das deutsche Sanitätsoffizicrkorps neben dein Offizierkorps. Hiermit ist die<lb/>
Gleichberechtigung der Sanitntsoffiziere mit den übrigen Offizieren des Heeres<lb/>
sanktioniert; trotzdem ist die Gleichstellung der Sanitätsoffiziere noch nicht in<lb/>
allen Stücken erreicht. Sie stehn, was ihre ökonomischen Verhältnisse und ihre<lb/>
Dienststellung anlangt, ihren Kameraden von der Waffe noch immer nach.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_968"> Die ökonomischen Verhältnisse der Sanitätsoffiziere sind zwar seit dem<lb/>
Erlaß dieser Allerhöchsten Verordnung vom 6. Februar 1873 wesentlich auf¬<lb/>
gebessert worden. So erhält ein Teil der Stabsärzte den Gehalt für Haupt-<lb/>
leute erster Klasse, und die Negimentsärzte beziehn meist den Gehalt eines<lb/>
Majors. Aber ein großer Teil ist immer noch den Offizieren gegenüber im<lb/>
Nachteil, und bei der jüngst erfolgten Erhöhung der Gebührnisse der Oberst¬<lb/>
leutnants der Fußtruppen sind die ihnen im Range gleichstehenden General¬<lb/>
oberärzte, die als Divisionsärzte wirken, wiederum zu kurz gekommen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_969"> In der Reichstagsitzung vom 11. März dieses Jahres wurde dieses Mi߬<lb/>
verhältnis dnrch den Abgeordneten Dr. Becker (Hessen) zur Sprache gebracht,<lb/>
der sich am Schluß dahin äußerte, es müsse eine solche Zurückstellung der<lb/>
Sanitätsoffiziere bei diesen den unerwünschten Eindruck aufkommen lassen, daß<lb/>
sie gewissermaßen als Offiziere zweiter Klasse angesehen und hiernach behandelt<lb/>
würden. Die Sanitätsoffiziere müßten im Rang und im Gehalt den aktiven<lb/>
Offizieren gleichgestellt werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_970"> Bei dem hohen Interesse, das alle Kreise um der Gewinnung der besten<lb/>
Ärzte für die Armee nehmen müssen, kann man sich der Forderung des Ab¬<lb/>
geordneten Becker nur anschließen. Man bringe hiergegen nicht vor, der<lb/>
Sanitätsoffizier sei auf seine Privatpraxis neben seinen Gehaltsansprüchen an&gt;<lb/>
gewiesen. Nur wenig Sanitätsoffizieren ist es zurzeit möglich, sich eine private<lb/>
Praxis zu schaffen. Hieran hindern sie meist die starke Beschäftigung im Dienst,<lb/>
vielfache und länger andauernde Abwesenheit ans der Garnison und die häufigen<lb/>
Versetzungen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_971" next="#ID_972"> Wie gegenwärtig die Gehaltsverhältnisse unsrer Sanitätsoffiziere gegenüber<lb/>
denen der übrigen Offiziere beschaffen sind, geht aus folgendem hervor: Das<lb/>
preußische Sanitütsoffizierkorps hat nach dem Etat eine Generalleutnant- oder<lb/>
Generalmajorstelle. 13 Oberststellen. 37 Oberstleutnantstellen, 335 Majorstellen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0217] [Abbildung] Die Stellung unsrer Sanitätsoffiziere T>, von Gersdorff von Generalmajor z. lachst dem Fortschritt der Wissenschaft hatten die blutigen Er¬ fahrungen auf den Schlachtfeldern der Kriegsperiode von 1364 bis 1870/71 eine Reorganisation des Scmitütskorps nötig gemacht. So wurden denn dessen Verhältnisse durch die Allerhöchste Ver- lordnnng vom 6. Februar 1873 neu geregelt. Seitdem rangiert das deutsche Sanitätsoffizicrkorps neben dein Offizierkorps. Hiermit ist die Gleichberechtigung der Sanitntsoffiziere mit den übrigen Offizieren des Heeres sanktioniert; trotzdem ist die Gleichstellung der Sanitätsoffiziere noch nicht in allen Stücken erreicht. Sie stehn, was ihre ökonomischen Verhältnisse und ihre Dienststellung anlangt, ihren Kameraden von der Waffe noch immer nach. Die ökonomischen Verhältnisse der Sanitätsoffiziere sind zwar seit dem Erlaß dieser Allerhöchsten Verordnung vom 6. Februar 1873 wesentlich auf¬ gebessert worden. So erhält ein Teil der Stabsärzte den Gehalt für Haupt- leute erster Klasse, und die Negimentsärzte beziehn meist den Gehalt eines Majors. Aber ein großer Teil ist immer noch den Offizieren gegenüber im Nachteil, und bei der jüngst erfolgten Erhöhung der Gebührnisse der Oberst¬ leutnants der Fußtruppen sind die ihnen im Range gleichstehenden General¬ oberärzte, die als Divisionsärzte wirken, wiederum zu kurz gekommen. In der Reichstagsitzung vom 11. März dieses Jahres wurde dieses Mi߬ verhältnis dnrch den Abgeordneten Dr. Becker (Hessen) zur Sprache gebracht, der sich am Schluß dahin äußerte, es müsse eine solche Zurückstellung der Sanitätsoffiziere bei diesen den unerwünschten Eindruck aufkommen lassen, daß sie gewissermaßen als Offiziere zweiter Klasse angesehen und hiernach behandelt würden. Die Sanitätsoffiziere müßten im Rang und im Gehalt den aktiven Offizieren gleichgestellt werden. Bei dem hohen Interesse, das alle Kreise um der Gewinnung der besten Ärzte für die Armee nehmen müssen, kann man sich der Forderung des Ab¬ geordneten Becker nur anschließen. Man bringe hiergegen nicht vor, der Sanitätsoffizier sei auf seine Privatpraxis neben seinen Gehaltsansprüchen an> gewiesen. Nur wenig Sanitätsoffizieren ist es zurzeit möglich, sich eine private Praxis zu schaffen. Hieran hindern sie meist die starke Beschäftigung im Dienst, vielfache und länger andauernde Abwesenheit ans der Garnison und die häufigen Versetzungen. Wie gegenwärtig die Gehaltsverhältnisse unsrer Sanitätsoffiziere gegenüber denen der übrigen Offiziere beschaffen sind, geht aus folgendem hervor: Das preußische Sanitütsoffizierkorps hat nach dem Etat eine Generalleutnant- oder Generalmajorstelle. 13 Oberststellen. 37 Oberstleutnantstellen, 335 Majorstellen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/217
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/217>, abgerufen am 03.05.2024.