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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Der oberösterreichische Bauernaufstand

heran nach dem Schlachtfeld und überbrachte den Befehl Benedeks, unter
Vermeidung jedes Gefechts vor allem die Vereinigung mit der Hauptarmee
im Auge zu behalten. Das war die verspätet eingetroffne Antwort auf des
Kronprinzen Anfrage an Benedek, ob die österreichische Hauptarmee bei
Gitschin einzutreffen gedenke. Die beiden Heerführer sahen sich genötigt, das
für sie günstig verlaufuc Gefecht abzubrechen und den Rückzug zu befehlen,
der mit den Rückzugsgefechteu zu einer Niederlage der Verbündeten führte.
Das war das erste Mißgeschick der Sachsen.




Der oberösterreichische Bauernaufstand
(Schluß)

IN März 162.1. wurde den Oberösterreichern durch ein kaiserliches
Patent bekannt gemacht, daß das Land pfandweise dem Herzog
von Bayern überlassen sei. Von diesem hatten die Bewohner
noch weniger zu erwarten als vom Kaiser, der doch wenigstens
!ihr Landesherr war; erbitterte Gegner ihres Glaubens waren
beide. Vom Kaiser und vom Herzog wurde als Statthalter Freiherr Adam
von Herbersdorf eingesetzt, der in der Zeitgeschichte das Los aller Männer
geteilt hat, die in aufgeregten Zeitläuften, namentlich aber in Religionskriegen,
eine hervorragende Rolle gespielt haben und von der einen Partei hoch erhoben,
von der andern tief verlästert zu werden Pflegen. So sagt sein über zwei Meter
hoher Grabstein aus rotem Marmor in der Kirche zu Altmünster, auf dem er
lebensgroß in voller Rüstung dargestellt ist, von ihn", er sei "eine große Sepie
und Beschützer der heil. Kathvl. Kirche geWest," während die von ihm unter¬
drückten Protestanten behaupteten, der Teufel in eigner Person habe ihn geholt,
als er am 11. September 1629, bei dem Herzog Maximilian wegen seiner
Geldforderungen in Ungnade gefallen, auf seinem Schlosse Orth plötzlich an
der Schwindsucht gestorben war. Von Person rauh, hart und unbeugsam, teilte
er durchaus die Anschauung des Kaisers und des Herzogs Maximilian, daß
Oberösterreich als erobertes Land zu betrachten sei, und daß man sich um die
Rechte der rebellischen Stände nicht zu kümmern brauche. Das rief wohl bei
diesen die größte Erbitterung hervor, die sich aber nicht auf die Bauern übertrug,
da diese nach den Vorgängen von 1600 für ihre Grundherren keine Anhänglich¬
keit mehr hatten. Herbersdorf bemühte sich auch anfangs, den Bürgern und
den Bauern die Lasten zu erleichtern und sie durch Milde zu gewinnen.

Der Krieg in Deutschland zog Herbersdorf zunächst zum Heer der Liga,
wo er den Rang eines Gencralwachtmeisters bekleidete und sogar im Winter
1622/23 in Vertretung Tillhs den Oberbefehl führte. Währenddem nahmen
die Prozesse gegen die rebellischen Stände und die Güterkonfiskationen ihren
Fortgang. Herbersdorf kehrte im Herbst 1623 zurück und benutzte die Geiegni-
heit, Herrschaften und Güter in Oberösterreich, Böhmen und Steiermark für


Der oberösterreichische Bauernaufstand

heran nach dem Schlachtfeld und überbrachte den Befehl Benedeks, unter
Vermeidung jedes Gefechts vor allem die Vereinigung mit der Hauptarmee
im Auge zu behalten. Das war die verspätet eingetroffne Antwort auf des
Kronprinzen Anfrage an Benedek, ob die österreichische Hauptarmee bei
Gitschin einzutreffen gedenke. Die beiden Heerführer sahen sich genötigt, das
für sie günstig verlaufuc Gefecht abzubrechen und den Rückzug zu befehlen,
der mit den Rückzugsgefechteu zu einer Niederlage der Verbündeten führte.
Das war das erste Mißgeschick der Sachsen.




Der oberösterreichische Bauernaufstand
(Schluß)

IN März 162.1. wurde den Oberösterreichern durch ein kaiserliches
Patent bekannt gemacht, daß das Land pfandweise dem Herzog
von Bayern überlassen sei. Von diesem hatten die Bewohner
noch weniger zu erwarten als vom Kaiser, der doch wenigstens
!ihr Landesherr war; erbitterte Gegner ihres Glaubens waren
beide. Vom Kaiser und vom Herzog wurde als Statthalter Freiherr Adam
von Herbersdorf eingesetzt, der in der Zeitgeschichte das Los aller Männer
geteilt hat, die in aufgeregten Zeitläuften, namentlich aber in Religionskriegen,
eine hervorragende Rolle gespielt haben und von der einen Partei hoch erhoben,
von der andern tief verlästert zu werden Pflegen. So sagt sein über zwei Meter
hoher Grabstein aus rotem Marmor in der Kirche zu Altmünster, auf dem er
lebensgroß in voller Rüstung dargestellt ist, von ihn», er sei „eine große Sepie
und Beschützer der heil. Kathvl. Kirche geWest," während die von ihm unter¬
drückten Protestanten behaupteten, der Teufel in eigner Person habe ihn geholt,
als er am 11. September 1629, bei dem Herzog Maximilian wegen seiner
Geldforderungen in Ungnade gefallen, auf seinem Schlosse Orth plötzlich an
der Schwindsucht gestorben war. Von Person rauh, hart und unbeugsam, teilte
er durchaus die Anschauung des Kaisers und des Herzogs Maximilian, daß
Oberösterreich als erobertes Land zu betrachten sei, und daß man sich um die
Rechte der rebellischen Stände nicht zu kümmern brauche. Das rief wohl bei
diesen die größte Erbitterung hervor, die sich aber nicht auf die Bauern übertrug,
da diese nach den Vorgängen von 1600 für ihre Grundherren keine Anhänglich¬
keit mehr hatten. Herbersdorf bemühte sich auch anfangs, den Bürgern und
den Bauern die Lasten zu erleichtern und sie durch Milde zu gewinnen.

Der Krieg in Deutschland zog Herbersdorf zunächst zum Heer der Liga,
wo er den Rang eines Gencralwachtmeisters bekleidete und sogar im Winter
1622/23 in Vertretung Tillhs den Oberbefehl führte. Währenddem nahmen
die Prozesse gegen die rebellischen Stände und die Güterkonfiskationen ihren
Fortgang. Herbersdorf kehrte im Herbst 1623 zurück und benutzte die Geiegni-
heit, Herrschaften und Güter in Oberösterreich, Böhmen und Steiermark für


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[0255] Der oberösterreichische Bauernaufstand heran nach dem Schlachtfeld und überbrachte den Befehl Benedeks, unter Vermeidung jedes Gefechts vor allem die Vereinigung mit der Hauptarmee im Auge zu behalten. Das war die verspätet eingetroffne Antwort auf des Kronprinzen Anfrage an Benedek, ob die österreichische Hauptarmee bei Gitschin einzutreffen gedenke. Die beiden Heerführer sahen sich genötigt, das für sie günstig verlaufuc Gefecht abzubrechen und den Rückzug zu befehlen, der mit den Rückzugsgefechteu zu einer Niederlage der Verbündeten führte. Das war das erste Mißgeschick der Sachsen. Der oberösterreichische Bauernaufstand (Schluß) IN März 162.1. wurde den Oberösterreichern durch ein kaiserliches Patent bekannt gemacht, daß das Land pfandweise dem Herzog von Bayern überlassen sei. Von diesem hatten die Bewohner noch weniger zu erwarten als vom Kaiser, der doch wenigstens !ihr Landesherr war; erbitterte Gegner ihres Glaubens waren beide. Vom Kaiser und vom Herzog wurde als Statthalter Freiherr Adam von Herbersdorf eingesetzt, der in der Zeitgeschichte das Los aller Männer geteilt hat, die in aufgeregten Zeitläuften, namentlich aber in Religionskriegen, eine hervorragende Rolle gespielt haben und von der einen Partei hoch erhoben, von der andern tief verlästert zu werden Pflegen. So sagt sein über zwei Meter hoher Grabstein aus rotem Marmor in der Kirche zu Altmünster, auf dem er lebensgroß in voller Rüstung dargestellt ist, von ihn», er sei „eine große Sepie und Beschützer der heil. Kathvl. Kirche geWest," während die von ihm unter¬ drückten Protestanten behaupteten, der Teufel in eigner Person habe ihn geholt, als er am 11. September 1629, bei dem Herzog Maximilian wegen seiner Geldforderungen in Ungnade gefallen, auf seinem Schlosse Orth plötzlich an der Schwindsucht gestorben war. Von Person rauh, hart und unbeugsam, teilte er durchaus die Anschauung des Kaisers und des Herzogs Maximilian, daß Oberösterreich als erobertes Land zu betrachten sei, und daß man sich um die Rechte der rebellischen Stände nicht zu kümmern brauche. Das rief wohl bei diesen die größte Erbitterung hervor, die sich aber nicht auf die Bauern übertrug, da diese nach den Vorgängen von 1600 für ihre Grundherren keine Anhänglich¬ keit mehr hatten. Herbersdorf bemühte sich auch anfangs, den Bürgern und den Bauern die Lasten zu erleichtern und sie durch Milde zu gewinnen. Der Krieg in Deutschland zog Herbersdorf zunächst zum Heer der Liga, wo er den Rang eines Gencralwachtmeisters bekleidete und sogar im Winter 1622/23 in Vertretung Tillhs den Oberbefehl führte. Währenddem nahmen die Prozesse gegen die rebellischen Stände und die Güterkonfiskationen ihren Fortgang. Herbersdorf kehrte im Herbst 1623 zurück und benutzte die Geiegni- heit, Herrschaften und Güter in Oberösterreich, Böhmen und Steiermark für

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/255>, abgerufen am 03.05.2024.