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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Die Damen auf Markby
Mathilde Mailing von (Schluß)

rue Julie, begann Arvid wieder, ihr war es viel schlimmer gegangen
i als mir. Ja, dir kann ich es ja natürlich schon sagen, und du scheinst
es auch erraten zu haben. Sie gestand sofort, daß Erik. . .

Das ist ja ein öffentliches Geheimnis! unterbrach ihn Elu etwas
i geringschätzig mit aufgeworfner Oberlippe. Daß sie sich nicht genierte,
!es zu sagen!

Mir! Ach nein, weißt du was: so wie ich sie in der letzten Zeit vernach¬
lässigt habe .. .

Hast du das wirklich? fragte Elu eifrig, aber versöhnt.

Ja, das weiß Gott! Und du weißt es auch! Na ja, es scheint ja nicht, daß
sie es weiter schlimm aufgenommen hat, die arme Kleine. Es endigte recht gut,
fuhr er schnell fort. Wir können uns nie entzweien, Julie und ich. Aber als das
schlimmste überstanden und ich wieder daheim war, da begann ich ernsthaft über
meine verdammten Geldangelegenheiten nachzudenken. Wie du vielleicht weißt,
wollte der Alte vor ein paar Jahren durchaus haben, daß ich Markby pachten
solle. Das sei ein künstlicher Vorwand, dachte ich damals. Aber es war wohl,
weil er wünschte, ich solle eine Art Stellung in der Umgegend haben, ehe unsre
Verlobung veröffentlicht werde.

Und nun? fragte Elu atemlos. Ihre Augen leuchteten; sie hatte genug von
Geschäften reden gehört, sogleich zu versteh", wo er hinaus wollte. Nun? . . . und
das ist natürlich ein sehr vorteilhafter Kontrakt?

Ja. Ich sehe, daß du gleich weißt, um was es sich handelt. Aber ist es
nicht gemein?

Nein, unterbrach ihn Elu leidenschaftlich. Es ist ja ein Geschäft, wie alles
andre auch. Und du warst ja nicht verlobt, als der Kontrakt aufgesetzt wurde.
Oder doch?

Nein, sagte Arvid zögernd, aber ich wußte, daß es der Alte für sicher
annahm.

Sprich mit Erik! sagte Elu plötzlich energisch. Er hat seine Fehler, aber
kleinlich ist er nicht.

Sprich mit Erik! Geliebte Elu, kannst du denn nicht einsehen, daß es eine
verdammt prekäre Sache für mich ist, darüber mit Erik zu sprechen?

Aber ich könnte es tun, sagte Elu zögernd. Meinst du nicht?

Arvid sah sie mit einem Ausdruck an, den Elu noch nie an ihm ge¬
sehen hatte.

Liebe Elu, sagte er kurz, bis jetzt habe ich noch nie eine Frau für mich eintreten
lassen, und so Gott will, wird das auch nie geschehen, so lange ich lebe. Es wird
mir nicht leicht werden, aber um deinetwillen werde ich mit Erik sprechen.

Elu saß ein paar Minuten ganz still da, und als er sich über sie beugte,
fühlte er, daß ihre Wange naß war.

Arvid, flüsterte sie fast unverständlich, so leise war es. Wenn ich mich
jemals -- verstehst du? -- über irgend etwas beklagen sollte, willst du mich dann
daran erinnern?




Die Damen auf Markby
Mathilde Mailing von (Schluß)

rue Julie, begann Arvid wieder, ihr war es viel schlimmer gegangen
i als mir. Ja, dir kann ich es ja natürlich schon sagen, und du scheinst
es auch erraten zu haben. Sie gestand sofort, daß Erik. . .

Das ist ja ein öffentliches Geheimnis! unterbrach ihn Elu etwas
i geringschätzig mit aufgeworfner Oberlippe. Daß sie sich nicht genierte,
!es zu sagen!

Mir! Ach nein, weißt du was: so wie ich sie in der letzten Zeit vernach¬
lässigt habe .. .

Hast du das wirklich? fragte Elu eifrig, aber versöhnt.

Ja, das weiß Gott! Und du weißt es auch! Na ja, es scheint ja nicht, daß
sie es weiter schlimm aufgenommen hat, die arme Kleine. Es endigte recht gut,
fuhr er schnell fort. Wir können uns nie entzweien, Julie und ich. Aber als das
schlimmste überstanden und ich wieder daheim war, da begann ich ernsthaft über
meine verdammten Geldangelegenheiten nachzudenken. Wie du vielleicht weißt,
wollte der Alte vor ein paar Jahren durchaus haben, daß ich Markby pachten
solle. Das sei ein künstlicher Vorwand, dachte ich damals. Aber es war wohl,
weil er wünschte, ich solle eine Art Stellung in der Umgegend haben, ehe unsre
Verlobung veröffentlicht werde.

Und nun? fragte Elu atemlos. Ihre Augen leuchteten; sie hatte genug von
Geschäften reden gehört, sogleich zu versteh«, wo er hinaus wollte. Nun? . . . und
das ist natürlich ein sehr vorteilhafter Kontrakt?

Ja. Ich sehe, daß du gleich weißt, um was es sich handelt. Aber ist es
nicht gemein?

Nein, unterbrach ihn Elu leidenschaftlich. Es ist ja ein Geschäft, wie alles
andre auch. Und du warst ja nicht verlobt, als der Kontrakt aufgesetzt wurde.
Oder doch?

Nein, sagte Arvid zögernd, aber ich wußte, daß es der Alte für sicher
annahm.

Sprich mit Erik! sagte Elu plötzlich energisch. Er hat seine Fehler, aber
kleinlich ist er nicht.

Sprich mit Erik! Geliebte Elu, kannst du denn nicht einsehen, daß es eine
verdammt prekäre Sache für mich ist, darüber mit Erik zu sprechen?

Aber ich könnte es tun, sagte Elu zögernd. Meinst du nicht?

Arvid sah sie mit einem Ausdruck an, den Elu noch nie an ihm ge¬
sehen hatte.

Liebe Elu, sagte er kurz, bis jetzt habe ich noch nie eine Frau für mich eintreten
lassen, und so Gott will, wird das auch nie geschehen, so lange ich lebe. Es wird
mir nicht leicht werden, aber um deinetwillen werde ich mit Erik sprechen.

Elu saß ein paar Minuten ganz still da, und als er sich über sie beugte,
fühlte er, daß ihre Wange naß war.

Arvid, flüsterte sie fast unverständlich, so leise war es. Wenn ich mich
jemals — verstehst du? — über irgend etwas beklagen sollte, willst du mich dann
daran erinnern?


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/585>, abgerufen am 03.05.2024.